Caius war sich nicht ganz im Klaren, was er von Helvetius Sulla halten sollte. Dessen fabelhaftes Gedächtnis überraschte ihn, als er ohne einen Blick in den Gesetzestext die passende Norm genauestens zitiert hatte. Das war beeindruckend, allerdings war ihm der recht sichere Umgang mit dem Gesetzestext auch bei anderen Prozessbeteiligten schon früher aufgefallen. Den Prozessen gegen die Verschwörer war wohl eine äußerst gründliche Vorbereitung aller Beteiligten vorausgegangen, was nicht verwunderlich war, wenn man deren Bedeutung in Betracht zog.
An der Rechtmäßigkeit des Verfahrens hatte er dagegen nur wenig Zweifel. Dass der Angeklagte den ranghöchsten Praefecten in Abwesenheit des Kaisers der Befangenheit beschuldigte, grenzte fast schon an Verzweiflung. Die genauen Fundstellen im Gesetz könnte Caius nicht aus dem Stegreif zitieren, dazu war er noch nicht erfahren genug. Jedoch meinte er im Codex Universalis etwas von dem Praetorianerpraefect im Zusammenhang mit der Stellvertreterregelung des Kaisers gelesen zu haben. Diesen also der Befangenheit zu beschuldigen war so, als würde man den Kaiser selbst der Befangenheit beschuldigen. Letzterer jedoch war de lege lata gegen jeglichen Verdacht der Befangenheit immun. Nichts anderes konnte für seinen Stellvertreter gelten.
Aber solche komplizierten Fragen boten viele Gelegenheiten für einen Irrtum und sich den Kopf darüber zu zerbrechen, war nicht die Aufgabe des jungen Patriziers. So beließ er es bei seiner Meinung, dass der Prozess schon in Ordnung ging. Freilich war er anders, als der gegen Pompeius Strabo. Das hieß natürlich nicht, dass er weniger spannend und interessant war. Caius bereute es keinesfalls, hier als Zuschauer dabei zu sein. Das Verhalten des Angeklagten passte zu dem Bild, das Caius sich anhand dessen Aussagen von ihm machte. In Corduba hatte Helvetius Sulla in Ansehung der Aussichtslosigkeit eigener Lage es auf den Kampf gegen die Praetorianergarde ankommen lassen, statt den Aufstand zu beenden oder zumindest den Versuch zu wagen. So auch hier. Aus purer Verzweiflung schien er nichts unversucht zu lassen und führte seinen Kampf hier vor dem Gericht auf verlorenem Posten fort.
Caius war gespannt, was der Zeuge, der von der Anklage aufgerufen wurde, zu berichten wusste.