"Ich nicht hergekommen, weil wollen feiern Tatsache, dass sein Sklave," meinte sie recht trocken und betrachtete die sorgsam gewählte Dekoration sinnierend. So viel Aufwand für ein so absurdes Fest, sie würde diese Römer wohl nie verstehen. Schon gar nicht, warum sie zu erwarten schienen, dass es einem Sklaven Spaß machen konnte, so etwas auch noch zu feiern. Jetzt, mit etwas mehr Zeit, erblickte sie mehr und mehr Menschen, die sie kannte - Bridhe, die fahl wie der Tod aussah, aber glücklicherweise in Fionas Gesellschaft zu sein schien, die mit ihr sprach, Severus, der neben Siv stand und sich mit ihr und Minna wohl angeregt unterhielt, dann Ursus und Corvinus, die feierglücklicher aussahen als die meisten der Sklaven, dazu Tilla, die geradezu strahlte und etwas in Händen hielt - und die restlichen Menschen kannte sie nicht. Gutaussehende Männer, aber eben auch unbekannter Männer. Die Stirn runzelnd, überlegte sie, wie sie diesen Abend überstehen sollte, ohne sich zu betrinken.
"Ein bisschen Wein nicht kann schaden," sagte sie schließlich und nickte Caelyn zu, wenngleich noch nicht ganz überzeugt. Sehr viel aufmerksamer betrachtete sie den Mann mit der schwarzen Haut, der Leone so ähnlich sah, aber er schien noch etwas dunkler zu sein als dieser. Wie konnten Menschen nur so dunkel werden - sie wusst inzwischen, das dies keineswegs ein Spiegel ihrer Seele war, aber furchteinflößend fand sie diese Hautfarbe doch. Wie ein Dämon ...
Beiträge von Cadhla
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Sie war einige Augenblicke lang blind für das, was in ihm vorgehen mochte, denn Cadhla musste all ihre Kraft dafür aufwenden, was in ihrem eigenen Inneren geschah. Hin- und hergerissen zwischen Gefühlen, die in ihrer Form und Heftigkeit neu waren, und wenn nicht neu, dann so erschreckend intensiv, dass es ihr schwer fiel, überhaupt noch zu wissen, was sie wollte, was sie fühlte und ob es richtig war, was sie tat. Es war kein verzweifeltes Weinen, sondern ein vollkommen hilfloses, das einer Frau, die nicht mehr weiter wusste, aber auch nicht mehr zurückweichen konnte, weil alles schon viel zu weit fortgeschritten war. Wäre dies ein Schlachtfeld gewesen, sie hätte genau gewusst, was wann zu tun gewesen wäre, welche Waffe, welche Form des Kampfes sie benötigte, um den Sieg und ihr Leben zu retten. Aber hier, in diesem dunklen Raum, in einer villa, die inzwischen zwangsweise zu ihrem Zuhause geworden war, in den Armen eines ehemaligen Feindes, ihres Besitzers, waren all ihre Kenntnisse sinnlos, und je mehr sie fühlte, dass er sie begehrte, desto hilfloser wurde sie. Hätte sie doch nur nicht nachgedacht. Vielleicht mehr Wein getrunken, sich ihm ergeben, dann hätte sie das ohnehin Unvermeidliche bald hinter sich gehabt, aber gleichzeitig waren nun endlich diese elenden Stimmen verstummt, deren Hass auf sich selbst so oft präsent waren.
Und wieder war sie schwach geworden, hatte ihren Gefühklen erlaubt, ein Schlupfloch zu finden, um den Panzer zu durchbrechen, hinter dem sie sich die letzten Tage und Wochen immer versteckt hatte, wenn sie nicht mehr weiter gewusst hatte. Was recht oft der Fall gewesen war, seit sie zur Sklavin gemacht worden war. Diese Tränen, die sie gleichsam hasste und doch ... es war ein Ventil, das ab und an notwendig war, wenn sich zuviel anstaute, und die Tränen liefen und liefen, ohne aufhören zu wollen. Als er sie an sich zog, hatte es etwas tröstliches an sich, die Lust schien verflogen, die sie beide auf den Boden heruntergezogen hatte, sie konnte es an ihrem Schoß überdeutlich fühlen. Die Hitze war noch da, aber nicht die verräterische Härte. Ihre Arme um ihn legend, drückte sie sich an ihn, ohne zu wissen warum, denn wirklichen Trost würde er ihr nicht spenden können, und sie ihm sicher auch nicht. Dennoch, er war da, er war warm, er hielt sie. Mehr wollte sie in diesem Augenblick nicht, mehr brauchte sie auch nicht. Nach so vielen Jahren des Lebens in der Distanz zu anderen Menschen entdeckte sie erst wieder, wie es sein konnte, jemanden zu berühren - und dass es gut tun konnte, wenn es einem selbst schlecht ging. Seine Worte jedoch ließen sie inne halten in ihrem Bemühen, irgendwie etwas Wärme zu finden und führten sie in die Wirklichkeit zurück.
Sie spürte seinen Kopf gegen den ihren sinken, und seufzte leise. "Es sein so schwer, zu sein immer stark. Immer helfen anderen. Immer sein vorne, und stehen allein. Und niemals ... Liebe." Eine kurze Pause entstand, in der sie sich von ihm löste und ihm im Halbdunkel des Raumes ins Gesicht blickte. "Ich nicht glaube, dass Du nicht können lieben. Du nur ... stark sein müssen für Familie. Und Liebe machen schwach, lenken ab, führen Geist und Herz weg von Pflicht. Meine Mutter sagen, dass Liebe können machen sehr stark, wenn lieben richtigen Menschen. Aber ..." Und wieder entstand eine kleine Pause, in der sie hinab blickte, seinem Blick auswich und tief einatmete. "Aber finden Menschen, den können lieben richtig, sein schwer. Oft finden nur falschen Mensch. Vielleicht Du nur nicht gefunden Mensch der ist richtig für Liebe. Ich noch nie gefunden Mensch der ist für mich richtig. Und wahrscheinlich ... nie finde." Es klang traurig, als hätte sie erst gemerkt, dass dies ein Verlust war, den ein Mensch bedauern konnte. "Warum Du glauben dass Du nicht kannst lieben? Du kannst sein ... zärtlich. Du kannst lachen. Du sein ... Mensch mit Anstand. Ich nicht sehe Grund, warum Du nicht können lieben."
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Zitat
Original von Caelyn
Aber da war auch Cadhla! Sie stand ganz alleine da und ich hatte so den Eindruck, bei ihr eine gewisse Abneigung gegen dieses Fest bemerkt zu haben. Ich beshloß, mal zu ihr rüber zu gehen.
"Salve Cadhla! Na ,wie schaut´s?"Als Caelyn auf se zutrat, atmete Cadhla innerlich auf - ein bekanntes Gesicht unter so vielen Fremden zu sehen tat gut. Sie hatte auch Siv erspäht, aber diese schien sich gerade gut zu unterhalten, und wie so oft fühlte sich die Keltin in Gegenwart von Fremden eher gehemmt und unsicher, es nicht zeigen zu wollen kam dann auch noch hinzu. "Salve, Caelyn. Du mir kannst vielleicht sagen, was ist Sinn von Fest, bei dem alle spielen, sie gleich? Ich nicht verstehen warum reiche Römer glauben, dass Fest mit Fremden können machen Spaß, wenn räumen Rest des Jahres ihren Dreck weg." Zweifelnd legte sie den Kopf schief und blickte sich abermals um. Diese Szenerie war irgendwie ziemlich absurd und würde es für Cadhlas Geschmack wohl immer so bleiben. Was sollten sie ausgerechnet hier tun? Am liebsten wäre sie jetzt auf dem Rücken eines Pferdes unterwegs und vor allem weitab dieser vielen Römer.
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Schweigend beobachtete sie seine Bewegungen, achtete genau auf die Abläufe, und schüttelte schließlich den Kopf. Er kämpfte zwar, aber nicht so, als wollte er wirklich sein Leben verteidigen, und das war sicher nicht Sinn und Zweck der ganzen Sache. So nahm sie ihm, als er seine Demonstration beendet hatte, kurzerhand das Stock-gladius wieder weg und hielt es fest mit einer Hand umschlossen.
"Du kämpfen wie Mädchen, das glauben, dass bald Rettung kommen, aber wenn Du in Schlachtfeld, beste Rettung Du bist selbst. Ihr Römer habt Eure Schwerter kurz, also Du nicht beginnen zu fechten, das Du immer verlierst gegen Mann mit längerer Waffe. Keine Schwünge, keine Hiebe. Einziger Vorteil den Du haben ist Schild und Schwert gemeinsam - und dann damit machen harten, klaren Stich." Sie winkelte den linken Arm so an, als würde sie ein Schild tragen, und aus dem Schutz dieses imaginären Schildes deutete sie mehrere heftige Stiche mit dem Stock an, die alle in der Höhe der Organe lagen und schätzungsweise einen Gegner allein schon wegen des Schmerzes in den Eingeweiden kampfunfähig machen würden. "Du nicht kämpfen damit schön aussehen, sondern um überleben. Wenn Du tragen kurzes Schwert, Du must gehen nah an Gegner, um treffen, und dann Du musst treffen schnell und tödlich." -
Eigentlich hatte sie diese Feier einfach nicht besuchen wollen. Noch mehr Römer, noch mehr Dinge, die sie nicht kannte, noch mehr potentielle Verwirrung, vor allem, weil sie sich sicher war, dass sie sich mit den wenigsten dieser Menschen würde unterhalten können. Nichts war schlimmer als auf einem Fest zu erscheinen, auf dem sie kaum jemanden kennen würde, und auch nicht unbedingt erscheinen hatte wollen. Aber Siv hatte sie darum gebeten, und der Germanin hatte sie diese Bitte nicht abschlagen wollen und können, nicht, nachdem sie sich gegenseitig einmal ausgesprochen hatten und sie in Siv jemanden erkannt hatte, den sie schätzte.
So hatte sie sich die weinrote tunica angezogen, die noch von der Meditrinaliafeier in ihrer Unterkunft gelagert gewesen war, hatte das Haar ausgekämmt, bis es glänzte, und mehr hatte sie nicht getan. Sie wollte weder schön aussehen noch allzu viel Zeit mit lauter Fremden verbringen, die ohnehin wohl alle Römer sein würden. Schon am Eingang war sie fast wieder soweit gewesen, sich umzudrehen und zurück zur villa Aurelia zu laufen, es waren ihr einfach zuviele Leute, und ausser in einem Kampf mochte sie Menschenaufläufe nicht. Aber sie hatte es Siv versprochen, also schob sie sich vorsichtig und langsam am Rande der vielen unbekannten Gesichter in den Raum hinein, um dort im Schatten einer Säule zu verharren und sich umzublicken, die aufkommende Panik herunterkämpfend.
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Die Hitze in ihrem Schoß brannte, und sie wusste genau, wie er in diesem Moment aussehen musste, hatte sie das doch auch schon im balneum gesehen. Es war seltsam, dass ein so kleines Stück Körper solch einen Einfluss auf einen Menschen zu nehmen imstande war, aber Cadhla musste feststellen, dass es ihr selbst nicht besser erging. Gleichzeitig zu wollen, dass es alles irgendwie weiterging, und doch nicht zu wollen, dass der Lauf der Dinge sich so entwickelte, wie es die Natur seit vielen Jahren nun einmal forderte, überforderte die Keltin vollkommen. Seine bebenden Lippen auf den ihren zu spüren, konnte den süßen Brand in ihrem Inneren nicht löschen, sie wollte mehr, und gleichzeitig konnte sie sich dafür nur verachten, nur hassen, denn sie tat genau das, was wohl alle anderen Frauen auch taten, wenn sie zu ihm kamen. Und Du willst anders sein, Cadhla? Du bist nicht anders als sie.
Die Stimmen in ihrem Inneren höhnten. Seine warmen Hände auf ihrer Haut, die ihre tunica hochgeschoben hatten, hinterließen ein prickelndes Echo, und nun atmete sie nicht nur, sondern sie keuchte, leise, aber hörbar, durch seine Laute nur befeuert. Durfte es sein, dass das bloße Hören solcher Geräusche dieses Feuer nur noch heftiger lodern ließ? Sein Blick traf den ihren, erschütterte sie bis ins Mark, und mit einem Mal wusste sie, dass sie Angst hatte. Dass dieses Spiel etwas war, von dem sie viel zu wenig wusste, um überhaupt entscheiden zu können, was sie wollte.
Seine Finger um ihre Handgelenke ließen sie innehalten, Stille trat ein, bis er sie fragte, ob sie dies wirklich wolle - und sie konnte ihn nur stumm anstarren, ohne ein Wort, ohne eine Lösung zu wissen. Im Grunde schrie plötzlich alles in ihr, dass sie weglaufen sollte, fort von ihm, fort von diesem Haus, fort von allem, was so fremd und eigentümlich war, in ihr Leben eingebrochen, ohne dass sie darum gebeten hatte. Ihre Wangenknochen mahlten, und mit einem Mal waren sie wieder da, die verfluchten Tränen, die sich nicht wegblinzeln lassen wollten. Es war kein so tröstlicher Moment wie jener, den sie mit Ursus erlebt hatte, in diesem Augenblick fühlte sie sich einfach nur unendlich nackt und verletzlich, ohne jeden Stolz, denn den nahmen ihr die höhnenden Stimmen ihres Inneren.
"Ich weiss nicht," flüsterte sie mit einem panischen Unterton in ihrer Stimme. Römerhure! Und dieser eine Gedanke war der, der zuviel war. Eine Träne rann ihre Wange herab, dann eine zweite, und ehe sie sich daran hintern konnte, weinte sie stumm, ihn anstarrend, ohne einen Schluchzenslaut, ohne irgend einen Hinweis darauf, was in ihrem Inneren wirklich vorgehen mochte, bis auf eben jene Tränen, die nicht aufhören wollten. "Du mich nicht liebst," fügte sie leise an. "Wenn ich irgendwann treffen Mann den ich lieben, dann ich haben nichts mehr für ihn. Weil ich Dir gegeben. Und Du können haben jede Frau. Ich nur eine von vielen."
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Sie lächelte kurz, ein sehr flüchtiges Lächeln, und doch erreichte es die grünen Augen, bevor sie den Kopf nach vorn wandte und den Lauf aufnahm - sie kannte den Garten recht gut, und auch die Wege, auf denen sie von der villa aus nicht gesehen werden würden. Schweigend lief sie über die ausgelegten Wegplatten, auf denen im Sommer wohl die Mitglieder der Familie lustwandelten, und schien dabei weder sehr viel schneller zu atmen noch in anderer Form angestrengt zu sein - laufen war der ideale Beginn, wenn man trainieren wollte, und sie tat es gerne, da man dabei die Gedanken wunderbar wandern lassen konnte. Sie passierten Statuen, kahle Bäume, jene Stelle, an der sie vor einigen Tagen mit Siv Blätter geharkt hatte, und gelangten schließlich in den hinteren Bereich des Gartens, der seltenere Pflanzen aus anderen Ländern enthielt, die einer besonderen Pflege bedurften - aber für diese interessante Landschaft hatte sie wenig Blick.
Immer wieder warf sie einen kontrollierenden Blick zur Seite, wartete offensichtlich auf etwas - und als Ursus schließlich anzusehen war, dass ihm von der Bewegung der Schweiß ausbrach, nickte sie zufrieden und hielt inne. "Wir genug gelaufen," sagte sie knapp und deutete auf eine freie Rasenfläche, auf der noch einige letzte Blätter lagen. "Hier guter Ort für üben," meinte sie dann und blieb vor ihm stehen. "Wir beginnen mit Angriffbewegung. Wenn Du haben Schwert in Hand," damit drückte sie ihm einen etwa unterarmlangen dickeren Ast in die Hand, dessen Länge einem römischen gladius durchaus zu entsprechen wusste, "..wie Du würdest stehen, wenn wollen angreifen sicher, und verlieren nicht Stand dabei?"
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Still blickte Cadhla die junge Frau an, in deren Augen sie so vieles erkennen konnte und durfte, das ihr bekannt schien. Das seltsam vertraut war - denn sie hatte es selbst erlebt, dieses Schwanken zwischen Hoffnungslosigkeit und Zorn, dieser Hass auf die Römer, auf die Fremdbestimmung, auf alles, was man nicht mehr selbst entscheiden durfte, dieses Klammern an den Zorn, der als einziges geblieben schien. Und auch wenn sie in diesem Moment die Klammern ihrer eigenen Existenz stärker um sich schneiden fühlte, so empfand sie doch vor allem Mitgefühl für Siv, die so verzweifelt schien.
"Leben immer muss haben Schönes, Siv. Auch wenn Du nicht wollen. Was Du wollen tun, wenn Zorn ist weg? Wenn nur noch Hass ist in Deinem Herz? Du willst wirklich nur hassen? Ich gesehen viel Blut, viel Tod in Leben, und zu kämpfen hilft Hass und Zorn. Aber irgendwann es nicht mehr ist genug. Dann da muss sein Schönes, woran Du erinnern, um wieder stehen auf und gehen weiter. Denn wenn nicht haben wenigstens ein Ding, wofür lohnt leben, dann Du Dich kannst gleich töten. Leben für Hass die Götter nicht wollen. Sie wollen dass Du glücklich. Dass Du hast schöne Momente, dass Du lachen und bist fröhlich."Sie seufzte leise und richtete sich wieder auf, um dann den Blick in eine Ferne zu richten, in der ihr das Erinnern leichter fiel. "Nach Kampf wir immer gefeiert, Krieger unter Kriegern, haben gut gegessen, getrunken, gelacht, damit Schmerz ist weniger groß. Alle mit Wunden auch gewesen bei Feier, denn wenn lachen, alles heilt besser. Wenn Du hast wenigstens einen Mensch, der verstehen, wenn Du traurig, dann alles leichter." Langsam nahm sie weitere Blätter auf und legte sie sorgfältig in den Korb, als gelte es, ihre Blätter besonders sauber zu stapeln - aber es half auch, bei so vielen gewichtigen Worten nicht durcheinander zu kommen. Auf Latein die Dinge zu sagen, die wirklich wichtig waren für sie, fiel ihr schwer, und es würde ihr wohl immer schwer fallen.
"Ja, ich erinnern an Mutter, an Geschwister, an Vater - und sie immer gute Frau gewesen. Ich nicht weiss ob sie noch leben, aber ich hoffen, dass sie tun. Sie mich hat viel gelehrt, und war nicht glücklich, als ich gegangen Weg von Kriegerin. Aber sie immer hat gesagt wenn ich glücklich damit, dann sie auch glücklich. Ich sie vermissen sehr." Vor allem ihr Lachen fehlte Cadhla, diese immerwährende Fröhlichkeit, die auch die dunkelste Stube hatte erhellen können. "Ich auch nicht bin stark, Siv. Aber solange stehen, dann noch nicht ich bin Sklavin in Herz." -
Der Morgen des ersten anberaumten Trainings war herangenaht, und seltsamerweise hatte Cadhla diesen Tag mit seltener Ruhe erwartet. Seit dem Nachmittag im Garten, an dem Ursus sie mit ihrer Schreibübung erwischt hatte, und sie an seiner Schulter geweint hatte, empfand sie eine wohltuende Stille im Inneren. Eine Leere, die einen großen Teil der Verzweiflung fortgespült hatte, nachdem sie ihre Tränen geweint hatte. Nein, aufgeregt war sie nicht ob dieses Trainings, nicht einmal nervös. Es schien, als hätte dieser Augenblick seltsamer Intimität die Fronten zwischen ihr und Ursus auf eine Weise geklärt, die sie ihn nicht mehr meiden ließ. Sie wusste schlichtweg nicht, was sie ihm gegenüber empfand, ausser etwas, das sich schwer fassen ließ und noch schwerer in Worte fassen.
Früh war sie an diesem Tag erwacht, überhaupt fiel es ihr nicht schwer, zu Morgengrauen bereits aufzustehen, hatte sich um die Bedürfnisse ihres Herrn gekümmert, soweit er überhaupt etwas anderes hatte haben wollen als das Frühstück ans Bett und ansonsten Nicht-Anwesenheit in seinen privaten Räumen, morgens war Corvinus meist ohnehin nicht ansprechbar - Cadhla hatte sich schon auf einer Runde um die villa warm gelaufen, den Körper in Gang gebracht und schritt nun ruhig und mit einer schlichten, dunkelbraunen tunica angetan, die bis zu den Knien reichte, durch den Garten, um den etwas abseits gelegenen Platz anzuvisieren, der für die Übungen vorgesehen war. "Salve, dominus!" begrüßte sie ihren zukünftigen Schüler munter und anscheinend guter Laune, bevor sie sich im Garten umblickte. "Wir gleich beginnen mit laufen Runde durch hortus, damit Dein Körper wird warm, sonst Du hast morgen üble Schmerz in Armen und Beinen." Es war ein leichter, lockerer Ton und verriet nichts von dem, was gewesen war, offensichtlich hatte sie beschlossen, es erst einmal auf 'gut-Freund' Ebene zu versuchen.
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Verborgen in der Dunkelheit schien es doch so zu sein, als könnte er alles sehen, was sie tat, und wüsste genau, was er daraufhin zu tun hatte, um sie noch ein bisschen mehr zu verwirren, sie in diesem seltsamen Taumel zwischen Verstand (der sich sagte, dass es ohnehin nur etwas war, was er mit so ziemlich allen Frauen tat, die er in sein Bett holte und deswegen nichts besonderes sein durfte) und Gefühl (das einfach auf seine Lippen reagierte, seine Gegenwart, und die Wärme, die sein Körper verströmte) zu ziehen, aus dem sie nicht glaubte, sich noch einmal befreien zu können. Vielleicht war das eine unmittelbare Folge ihrer bisherigen Enthaltsamkeit, die sich selbst auf Berührungen erstreckt hatte - dass nun ihr Körper umso heftiger und ungezügelter nach seinem lange vorenthaltenen Recht verlangte, ausgerechnet bei ihrem Besitzer, der Mann, bei dem sie eigentlich am allerwenigsten nachgeben sollte. Vor allem war der Gedanke bitter, dass es für ihn weit weniger besonders war als für sie - sie hatte die Frauen gesehen, die bei ihm gewesen waren, zuerst voller Vorfreude und gespannter Erwartung, danach gesättigt und erfüllt. Wer so viel Abwechslung brauchte, hängte sich nicht an Einzelmomente. Und doch, vielleicht war es gerade deswegen umso prickelnder.
Zu wissen, dass er sie nur benutzte, weil er gerade eine Frau brauchte oder wollte, und ebenso zu wissen, dass sie nicht benutzt werden wollte. Sie war in so vielem dem Willen anderer ausgeliefert, in wenigstens dieser Sache wollte sie es nicht sein. Es war ihr ohnehin so wenig nur von dem geblieben, was sie wirklich ausmachte, an einen achtlosen Reihenverschlinger wollte sie nicht das einzige vergeben, das sie noch zu bieten hatte, ihre Unberührtheit, so durfte es nicht kommen. Er zog sie zu sich heran und Cadhla atmete unwillkürlich schneller, sich selbst dafür beschimpfend, dass sie diese Nähe genoss. Seine Haut schien zu beben, als er sie abermals küsste, und diesmal kam sie ihm mit ihren Lippen nach, folgte der weichen Wärme derselben, und suchte die Nähe des Kusses von sich aus, tastend und kostend zugleich.
Was machst Du nur? flüsterten die Stimmen in ihr, und sie konnte darauf nicht einmal eine Antwort geben. Sie hätte es auch nicht gewollt, denn wahrscheinlich wäre es keine schöne Antwort gewesen. Römerhure. Es war so leicht, von ihrem Sitz herunter zu gleiten, auf ihn zu, immer der Wärme seines kräftigen Körpers nach, bis sich ihr Leib an den seinen schmiegte und sie auf seinem Schoß zu sitzen kam, so nahe wie möglich.Wie erhitzt er war! Und wie heiß seine Haut schien, überall wo sie ihn berühren konnte schien er zu glühen, besonders an jenem Ort etwas weiter unten, der sich fast wie von selbst an ihre Leibesmitte zu schmiegen schien. Ein heißer Stich fuhr ihr im Innersten empor, rotglühendes Verlangen, das sie ungleich mehr erschreckte. Sie hatte doch noch nichts getan, ihn nur berührt, konnte es wirklich sein, dass man nur durch eine einfache Berührung so etwas fühlte? Du bist wie alle Frauen. Für einen Moment lang blickte sie das vage vom Mondlicht erhellte Gesicht des Corvinus überrascht an, folgte mit ihrem Blick den Linien seines Gesichts, um dann sein Gesicht mit den Händen zu fassen, fest, diesmal mit der Kraft einer Kriegerin - und diesmal war sie es, die ihn küsste, die ihn hielt, und es nach ihrem eigenen Vergnügen tat, ihn schmeckte, wie sie es wollte, und ihm, als er sich ihr entgegen bewegte, diese Nähe nicht versagte. Wenn man es so machte, dann wollte sie es richtig tun. Römerhure.
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"Ja."
Es war der erste Augenblick seit langen Wochen, seit fast endlos wirkenden Wochen, in denen sie sich nicht mehr wie eine Sklavin fühlte, sondern wieder wie ein Mensch. Wie jemand, der mit einem anderen auf Augenhöhe gesprochen hatte, sich über etwas ausgetauscht hatte, das wichtig war, bedeutsam für beide, ohne viel sprechen zu müssen. Und für den Moment reichte ihr das vollkommen, um sich besser zu fühlen. Sie blickte dem Römer noch einige Augenblicke lang nach, wie er sich zum Haus wandte, seine ruhigen Bewegungen, die ohne Hast schienen, ohne Eile, eine Ruhe offenbarten, die sie jetzt endlich selbst wieder gefunden hatte. Was er wohl denken mochte?
Sie selbst dachte eigentlich nicht mehr nach. Die Unsicherheiten, die vielen Zweifel, die Bitterkeit, selbst der allgegenwärtige Zorn waren vorerst verstummt und hatten einer wohltuenden Leere Platz gemacht, einer Ruhe, die ihr endlich Zeit ließ, durchzuatmen und einen Druck von ihr genommen hatte, den sie seit ihrer Gefangennahme stets gespürt hatte. Und für einen flüchtigen Augenblick lächelte die Keltin selbstvergessen, bevor sie die Wachstafel geschlossen in ihren Gürtel stopfte und sich dem Garten zuwandte, mit schnellen, geschmeidigen Schritten auf dem Weg entlang lief und schließlich zwischen den Bäumen verschwand.*~* FINIS *~*
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Es war ein so seltsames Gefühl, von jemandem gehalten zu werden. Gleichsam fremdartig, denn immerhin kannte sie ihn kaum, hatte bisher nur wenige Male mit ihm gesprochen, einmal gegen ihn gekämpft, und andererseits vertraut. Ihre Mutter hatte sie früher so gehalten, sie vor der Welt sicher in den Armen haltend, sodass sie sich immer gefühlt hatte, als würde nichts mehr ihr passieren können, als sei sie vollkommen sicher vor allem, was als Gefahr oder Sorge auf sie einprasseln könnte. Geborgenheit. Als Schildmaid war sie es gewesen, zu der junge Mädchen mit Sorgen gekommen waren, die sie ihren Müttern nicht hatten verraten wollen. Unter Kriegern war es leicht zu leben, aber wirklich innigen Kontakt hatte sie mit keinem Menschen mehr gepflegt, nur in Gebeten, im stillen Gesang ihrer schmerzenden Muskeln nach langem Training. Aber seit sie den Speer ergriffen, die Gelübde geleistet hatte, die sie an die Götter banden, nicht mehr an die Menschen, war sie allein gewesen und hatte Abstand gewahrt. Jetzt war es fast, als sei die Cadhla, die sie gekannt hatte, gestorben, beim Angriff der Römer zu Tode gekommen, und nun musste sie erst die neue Cadhla entdecken, die sie noch nicht kannte. Die Cadhla, die sich von einem Römer trösten ließ.
Nach einer gewissen Zeit spürte sie, dass die Tränen nachließ, die Kehle vom unausgesprochenen Schmerz nicht mehr zugeschnürt war - und das Atmen leichter vonstatten ging als zuvor. Jetzt konnte sie auch seine Wärme deutlicher fühle, seine Gestalt unter dem allzu dünnen Stoff seiner tunica, die doch breiten Schultern eines Mannes, der seine Körper nicht verkommen ließ. Kräftige Schultern, die Halt geben konnten ...
Langsam löste sie sich aus seinen Armen, der feucht wirkende Fleck auf seiner Schulter, der von ihren Tränen stammte, wirkte wie ein Mahnmal auf Cadhla. Es war tatsächlich passiert. Sie hatte in Ursus' Armen geweint, und sie konnte darüber nicht einmal Bestürzung empfinden. Langsam, mit einer sehr ruhigen, sicheren Geste wischte sie sich den letzten Rest glitzernder Tränen aus den Augen und hob den Blick wieder zu ihm. "Danke." Nur ein Wort, aber es sagte zur gleichen Zeit alles, was sie sagen konnte. -
Langsam streckte Cadhla eine Hand aus und lehnte sich an den Baumstamm der Birke, an die weißlich-helle Rinde, die so hoch und fast gerade gewachsen war, dass es nur die sorgsame Pflege einer ruhigen Hand sein konnte, die zu jenem Gelingen der natürlichen Wuchsessenz hatte beitragen können. Überhaupt war dieser Garten in vielem eine interessante Kombination aus Wildheit und sorgfältiger Pflege, und sie konnte nur schwer ermessen, wo das eine aufhörte und das andere begann, sie konnte es nur mit den Augen einer Frau betrachten und bewundern, die bisher nichts als natürliche Wildheit gekannt hatte. Siv passte in diese Umgebung, und sie konnte sich die Germanin gut in der freien Natur vorstellen, bei der Jagd, bei einem fröhlichen Spiel mit Menschen aus ihrer Sippe, oder einfach nur beim Laufen durch eine sommergetränkte Wiese, das Leben genießend. Und wie gut konnte sie verstehen, wie es ihr ergehen musste!
"Zorn Dich bringt voran, Siv, er Dir geben Kraft um immer zu hoffen. Aber er nicht genug um finden in Leben von jetzt genug, dass auch bleiben lebenswert. Um finden auch hier Dinge, die sind schön. Die Dir geben Kraft auf andere Weise. Ich würden so gern kämpfen Weg frei aus villa. Mit Waffe, wie ich gelernt, wie ich getan seit viele Jahre. Aber es nicht geht gegen so viele Gegner, und überleben in gleicher Zeit. Halt Dir gibt Zorn nicht allein. Schönes Dir gibt mehr Halt."Manchmal waren es nur wenige Worte, aus denen man Kraft schöpfen konnte. Nur wenige Momente, geisterhaft vorbeistreichende Augenblicke, die man nicht einmal zur Gänze erfassen konnte. Aber sie waren da, und man konnte auf sie bauen. Zumindest war dies etwas, was Cadhla zu erkennen glaubte, einige Wochen und Monate, seitdem sie Sklavin des Aurelius Corvinus geworden war.
"Wenn Du fühlen schwach, dann ich Dir geben Halt, Siv. Du Geist von Kriegerin in Herz, ich sehen deutlich. Du vielleicht nie gelernt hast Führen von Speer, aber Du Mut. Du noch stehen, auch wenn haben nichts anderes als Zorn. Du noch gehen aufrecht in Herz. Das wichtig. Sie Dir können nehmen alles, aber nicht nehmen Mut und Herz und .." Langsam hob sie ein Blatt vom Boden auf. ".. sie Dir nicht nehmen Erinnerung an alles, was gewesen ist gut und schön. Und vielleicht finden neues, das ist schön." Langsam legte sie das Blatt zu den anderen in ihren Korb, bückte sich, und sammelte weiter jene Blätter ein, die sich zwischen der Beetbegrenzung und den Baumwurzeln verfangen hatten. Beherrschte, ruhige Bewegungen, ohne Hast, als hätte sie alle Zeit der Welt. Seit jenem Nachmittag der Tränen war sie ruhig geworden, ruhig im Inneren, als hätte sie zumindest ein klein wenig dessen zurückerlangt, was ihr verloren gegangen war. -
Ob er verstehen würde, wenn sie sagte, dass sie auch jetzt schon niemandem wirklich trauen konnte? Den anderen Sklavinnen vielleicht, aber keinem der Römer, von denen nur wenige Worte ihr Leben beenden konnten, ohne dass sie viel dagegen tun könnte. In einer solchen Lebensatmosphäre gedieh die zarte Pflanze Vertrauen nicht, da musste sie zwangsläufig verdorren und verrotten. Aber diesmal schwieg sie, denn im Grunde hatte sie alles gesagt, was sie sagen konnte. Erst, wenn er einmal dasselbe erlebt haben würde, was sie erlebt hatte, würde er verstehen können, wie es einem Sklaven erging, und das würde wohl niemals geschehen. Dafür war er in seiner Welt zu behütet, zu sicher, der Sohn einer hohen Familie, mit glänzenden Aussichten für seine Zukunft. Irgendwann würde er wohl über seine Versuche, mit einer Sklavin über Freiheit zu diskutieren, lachen. Auch dieser Gedanke schmerzte seltsam intensiv, auch wenn sie es sich nicht erklären konnte, wieso. Er durfte für ihr Leben nicht wichtig werden, denn sie wusste insgeheim sehr wohl, dass sie es für das seine nicht war - eine unter vielen. Eine Sklavin. Wäre sie wirklich irgendwann geflohen, würde man sich eine neue Sklavin kaufen.
Als er sie an sich zog, nicht fordernd, mehr freundlich, fast liebevoll und zärtlich, pochte ihr das Blut in den Wangen, diese freundliche Geste war angesichts ihrer Gedanken von eben beschämend. Aber auch beschämend dadurch, dass sie schwach geworden war und dies auch noch gezeigt hatte - sie hörte die Stimmen in ihrem Inneren streiten, die sie Römerhure schimpften, die sie schwach und dumm nannten, die Stimmen ihrer lange erlernten Kriegertradition, die sich dagegen wandten, dass sie einem Römer zugestand, sie zu berühren, dass er sie zu trösten versuchen durfte.
Und doch, es gab noch eine andere Stimme in ihrem Inneren, eine neue Stimme, die zuerst zu leise gewesen war, dass sie selbst sie hören konnte. Diese Stimme war anders als die anderen, zu jung, um von jenen ernst genommen zu werden, und doch unerwartet stark: Wäre er kein Römer, dürfte er mich dann trösten? Ihre Arme legten sich um den sehnigen Leib Ursus' und Cadhlas Kopf sank an den seinen, während sie sich anlehnte, nur leicht, aber doch fühlbar, stumm weinend, denn diese Stimme der Trauer durfte niemals zu laut werden, geschweige denn hörbar erklingen. Dass es jedoch starke Gefühle waren, die in ihrem Inneren tobten, ließ sich am Griff ihrer Finger ermessen, die ihn hielten, als müsste er im Augenblick die ganze Welt tragen. -
Cadhla betrachtete schweigend die Bäume und Gewächse, die Siv zu erkennen schien, und so einige davon kannte sie selbst auch aus ihrer Heimat. Dennoch, wirklich zuhause fühlte sie sich hier nicht. Ihr fehlte der so oft am Morgen sichtbare Nebel, die weiche, nieselkalte Decke, unter der die Welt noch atmen konnte, einige wenige Stunden des Tages versteckt blieb, um sich im strahlenden Sonnenschein umso schöner zu präsentieren. Ein schöner Ort, soviel war sicher, und sie mochte den Garten, aber wirklich zuhause fühlte sie sich auch dort nicht.
"Matho ist jemand der brauchen Gefühl von sein jemand. Sein wichtig und mächtig. Wenn er nicht fühlen, dann er sich fühlen schlecht und sein zornig. Er mich nicht mögen, weil ich nicht Angst vor ihm. Ich glauben, er wissen, dass ich nicht würde zurückhalten vor töten," erklärte Cadhla und schmunzelte kurz. Im Grunde gab es niemanden in diesem Haushalt, den sie wirklich fürchtete - wenigstens in diesen Dingen war sie sich ihrer selbst sicher genug, um nicht in stetiger Angst oder dem Gefühl einer überwältigenden Schwäche leben zu müssen. In sofern wunderte sie sich auch nicht darüber, dass Matho mit Siv wenig anfangen konnte, schien sie doch auch nicht gerade zu den beugsamen Jasagerinnen zu gehören, von denen es nach Cadhlas Geschmack ohnehin zuviele gab.Gemächlich bückte sich die Keltin und begann, Blätter unter einem Laubbaum einzusammeln, der seiner Silhouette und der Stammfärbung nach eine Birke sein musste. Das war wirklich eine erträgliche, wenngleich langweilige Arbeit, und sie fragte sich, was man wohl im Sommer tun musste - Blätter von den Wegen klauben?
"Du gekannt hast wie ist Freiheit, und dann Zorn ist normal. Nicht können entscheiden über wohin gehen oder was tun, ist Demütigung, die kommt neu jeden Tag. Ich kennen Gefühl, das Du haben, Siv." So klar hatte sie es bisher nur bei einem Menschen formuliert, und dieser hatte es nicht unbedingt vollständig verstanden, zumindest dachte Cadhla das. Aber wie konnte ein Römer auch ermessen, wie es war, in seinem Leben bereits einen Platz gefunden zu haben, der einem einfach ohne jeden Grund genommen wurde?
"Aber Zorn nicht genug , Siv. Zorn macht blind irgendwann. Du nur noch siehst Wut und Hass, nicht mehr Wesentliches. Wenn Du wollen sehen, dann Du musst sehen alles. Ich wissen, weil versuchen oft genug und es sein sehr schwer. Ich nicht geboren zu kriechen vor anderen," einige Blätter stopfte sie etwas heftiger in den Korb und atmete dann tief ein. Die scharfe, kühle Luft tat gut, und sie fühlte sich wenigstens für den Moment von den engen Mauern der villa frei. -
Sie wusste nicht so recht, was sie tun sollte, als er vor ihr in die Hocke ging, wie der Vater vor einem verängstigten Kind. In diesem Moment fühlte sie sich fast wie ein Kind, denn das, worauf er wohl doch aus war, war nichts, worüber sie allzu viel wusste. Was sie hätte gut einschätzen können. Körperlichkeiten und alles, was damit einher ging, waren verwirrend, anziehend und abstoßend zugleich, sie konnte es nicht anders sehen. Allein der Gedanke, man könnte so viel dieses Prickelns im Inneren haben, dass man aufhörte zu denken, dass man sich ganz diesem Gefühl überließ - es war befremdlich, beängstigend, und doch .. es war verlockend zugleich, ohne verlockend sein zu dürfen.
Ihre Lippen teilten sich, als sie für einige Momente lang ansetzte, ihm zu antworten, doch tat sie es nicht, entließ nur leise den angehaltenen Atem und schloß schließlich die Augen, wie er es ihr geboten hatte. Was kam nun? Wollte er sich ganz ausziehen? Oder küssen? Wahrscheinlich war es das. Sie wollten einen doch immer küssen, wie es Ursus getan hatte, und Corvinus küsste sicherlich auch viele Frauen. Dass sie selbst überhaupt erst einen Kuss erhalten hatte, und den vor wenigen Tagen, war eine ganz andere Sache. Über dieses Erlebnis war sie immernoch nicht ganz hinweg. Eine Erinnerung, die gleichsam erschreckend wie aufwühlend war ... sie atmete schneller, wohl wissend, dass man es hören konnte.Seine Hände zögerten nicht, die Bewegungen waren sanft, aber sicher, und sie ahnte, dass er genau wusste, was er tat, was er tun musste, um ihr Innerstes in wilden Aufruhr zu versetzen. Im Grunde war es fast demütigend, dem Können eines anderen so ausgesetzt zu sein, ohne zu ahnen, wie man sich wehren musste, um nicht gänzlich diesem süßen Prickeln anheim zu fallen, das seine Finger hinterließen. So sanft, so zärtlich. Wie hatte es Ursus gesagt? Mit jemandem, dem man wahre, tiefe Gefühle entgegen brachte, war es reine Freude. Und das hier war ... verwirrend. Seine Lippen zu fühlen ließ sie kurz zusammenzucken, es kam nun doch überraschend, hatte sie sich doch im Nachspüren seiner Finger vollends verloren. Und weich waren sie, nicht fordernd wie in jener Nacht die Ursus', sondern kostend. Er ließ sich Zeit, erkundete sie, und sie fühlte, wie sich ihre Lippen etwas öffneten, sie ihn schmeckte wie er sie - Wein, die Häppchen, und noch etwas anderes, etwas, das zu jenem Mahl nicht gehört hatte. Es musste die letzte Geschmacksnote sein, die den Menschen verriet, ihn ausmachte, und der würzige Käse, der liebliche Wein und er selbst schmeckten zusammen ausgesprochen berauschend. Herbsüss. Ja, das war es. Ihr Gesicht lag so warm in seinen Händen, die weich waren, ein stiller Augenblick einer selten gekannten Wärme.
Erst seine Stimme durchbrach diesen Kokoon an aufstürmender Empfindung, Verwirrung, Erstaunen, einem seltsam neuen Hunger, der wünschte, sie könnte nochmals kosten, nochmal genauer schmecken, was ihn nun ausmachte, die Lippen der Keltin schimmerten feucht, als ihre Zunge kurz darüber glitt, die Rauhheit fortnehmend. Zitternd atmete sie aus, ihn anblickend, und sie bewegte sich nicht, als fürchte sie, den Moment endgültig zu zerbrechen. "Es immer so ist?" Im Grunde war die Frage eine Lüge, sie wusste ja nun, dass es Unterschiede gab. Aber dennoch ... warum nur wollte sich der Wunsch nicht vertreiben lassen, er hätte nicht aufgehört?
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"Warum Du glauben ich würden nicht machen Flucht wie kluger Mensch, wie Krieger - nicht wie armseliges Kind, das folgen Gefühl? Ich Dir gesagt, dass Du nur gewinnen, wenn überraschen Gegner, und das können tun in vielem. Wenn wissen mehr über Römer, über Sprache, über alles. Es sicher gibt Sklaven die gehabt Erfolg mit Flucht, weil gewesen klug. Weil geplant sorgfältig, weil gehabt Geduld und Einsicht. Nicht jeder muss sein eilig, und werden deswegen gefangen," gab sie zu bedenken und kämpfte die Bilder zurück, so energisch sie konnte. Die Schreie, die Erinnerung an diesen letzten Kampf, bei dem alles in Flammen aufgegangen war, woran sie sich noch als Kind entsinnen konnte. Die Hütte von Cedwyn, dem freundlichen Schäfer, der ihr einst beigebracht hatte, wie man Schafe schor. Oder Magthanns kleines Gasthaus, bei dem es den süßesten Met von allen gegeben hatte - ein in Rauch und Asche aufgegangener Hort eines süßen, vertrauten Friedens. Alles war verloren und würde wahrscheinlich nie wieder aufgebaut werden. Wieder stiegen ihr die verfluchten Tränen in die Augen, brennend intensiv, schmerzhaft fast, denn sie hatte sie in den letzten Tagen so gut unterdrückt wie nur möglich, um stark zu bleiben. Würde sie einmal straucheln, wusste sie nicht, ob sie noch einmal aufstehen würde.
Beider Blicke trafen sich und dieses Mal entkam sie den seinen nicht mehr, blieb daran hängen wie eine Fliege im zähen Honig, gefangen, innerlich zappelnd, und doch unfähig, sich zu befreien. Es klang so verlockend, was er beschrieb, so warm, so schön, so vollkommen. Nicht allein zu sein. Mit jemandem zusammen zu sein und dann wäre es nur noch Freude. Tiefe Gefühle. Reinste, wahrste Freude. Die Liebe ist für alle da, Cadhla.
Seine Fingerkuppe berührte ihre Haut, so zart, so vorsichtig, so ... zärtlich. Und dann geschah es doch. Es war zuerst nur eine Träne, die sich einem Späher gleich ihre Wange entlang schlich, hinab glitt, lautlos, ohne ein Schluchzen oder einen sonstigen begleitenden Laut, dann kam die nächste, und der Blick ihrer grünen Augen blieb auf ihn gerichtet, unerbittlich, unfähig, sich jetzt noch in irgendeiner Form zu regen, und sie weinte, einem warmen Sommerregen gleich, salzige, dicke Tränen, und ohne einen Laut. Man konnte sich gut vorstellen, dass dies die Art war, wie sie immer weinte, schweigend, um ihren Schmerz niemanden sehen zu lassen ... und sie schwieg, mit seiner Hand an ihrer Wange, dem dünnen Blutfaden auf der Haut. Die Lippe war rot von ihrem Blut, seltsam grell zu den sonstigen zarteren Tänen ihrer hellen Haut, ein schreiender Kontrast. -
Cadhla ließ einfach beide sprechen. Es war besser so. Wenn sie reagierte, wenn sie überhaupt irgend etwas tat, dann wusste sie sicher, dass sie das falsche sagen und tun würde. Mit einem Mal wollte sie einfach nur noch weg, laufen, stundenlang laufen, bis das Gefühl, in diesem Raum, in dieser Stadt und unter den tausend und abertausend Römern zu ersticken, weg sein würde. Bis sie so lange gelaufen war, dass sie erschöpft war und kaum mehr gehen konnte, bis die Beine zitterten, die Muskeln schwach waren und sich die Tortur am nächsten Tag rächen würde, aber bis dahin würde sie sich ruhiger fühlen, wenigstens eine Nacht durchschlafen können ohne die Erinnerungen, die blutverschmierten Bilder und das Wissen um die ewige Demütigung der Niederlage.
"Seit ich bin hier ich denken darüber nach wie können fortlaufen vor diesem Ort. Wie können gehen zurück in Heimat," presste Cadhla schließlich mühsam zwischen den Zähnen hervor, die Kiefer fast gänzlich aufeinander geschoben, um sich zu beherrschen, die Wut im Inneren, diese ohnmächtige und zugleich empor lodernde Wut irgendwie im Zaum zu halten. "Sie sein mehr und wir nicht aussehen wie Römer. Also es muss geben Weg der uns erlauben zu reisen ohne aufzufallen. Aber ich noch nicht gefunden Lösung. Ich nicht wissen genug über Rom, über Germania, wenn reisen nach Hause, und nicht sprechen Sprache. Also müssen lernen alles. Es nicht wird gehen schnell. Das ist alles, was ich wissen sicher: Es dauern wird bis wissen genug zu wagen Versuch." Sie hob den Kopf langsam, und in den grünen Augen brannte reines Feuer, als sie Caelyn und Siv betrachtete. "Ihr euch müssen machen klar, dass es nicht gehen wird schnell."
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"Größere Ehre liegt in Kampf den man gewinnen mít weniger Männer als hat Gegner," sagte sie leise und schloß für einen Moment die Augen. Je länger sie darüber sprachen, je länger sie die alten Bilder beschwor, desto schneller kehrten all jene Erinnerungen zurück, die sie in einem der hintersten Winkel ihres Kopfes verborgen gehalten hatte. Erinnerungen voller Blut, Tod und Verzweiflung, die sie manche Träne hatten vergießen lassen, wenn es niemand sah oder hörte. Der Krieg hatte auch Cadhla immer berührt, und noch mehr das Sterben, aber mit den Jahren hatte sie hart werden müssen, um weiterkämpfen zu können. Es ging nicht anders, in Zeiten der Not wurde jede Hand, jeder Mensch des Stamms gebraucht, der eine Waffe führen konnte, und sie hatte das Talent dazu gehabt, es effektiv zu tun.
"Im Krieg Menschen sterben. Das sein natürlich. Jeder Mann, der wählt Weg des Krieges, wissen muss, dass er wird durch Waffe sterben, früher oder später, es sein Schicksal von Kämpfer, dass Tod kommt mit Waffe im Kampf. Das wir alle wissen, dominus. Frau mit Kind niemals hat gewählt diesen Weg und sterben trotzdem durch Waffe von Römer. Was du siehst wenn sehen mich? Sklavin? Kriegerin? Feindin? Du mich nie hast gesehen mit Blut überall, mit Wunden und in Kampf. Du nur sehen schwache Cadhla, nicht Kriegerin."Das klang jetzt ausgesprochen bitter, und sie war es auch. In Rom war sie nicht sie selbst, nur ein grauer Abklatsch der einstigen Schildmaid, etwas, von dem sie selbst nicht wusste, was sie war. Was sie jemals sein würde, werden konnte. Sie wusste es einfach nicht mehr. "Wenn ich könnte gehen nach Hause, ich würden tun. Sofort. Du glauben wirklich das ich gern hier? Es gibt einige Menschen, die hier freundlich. Du waren freundlich. Dominus war freundlich ... andere Sklaven waren freundlich. Aber hier nicht ist Heimat. Hier ich nur bin ... jemand den ich nicht kennen. Der nicht entscheiden darf wohin gehen." Ihre Augen schimmerten mit einem Mal, und sie starrte geradeaus, um seinem Blick nicht begegnen zu müssen. Es war so demütigend, überhaupt das Verlangen zu empfinden, weinen zu müssen. Sie durfte dem nicht nachgeben. Vor allem nicht vor ihm.
"Was Du wollen nur ist Fleisch. Ist etwas, das können geben jede andere Frau auch. Es ist normal dass Mann will Frau und umgekehrt, aber ich finden ... es ist ... nicht richtig. Es überhaupt nichts ist richtig hier!" Sie biss sich heftig auf die Lippe, und während sie schon den metallischen Geschmack wahrnahm, glitt ein Tropfen Blut über ihre Lippen und formte eine dünne Linie bis hinunter zum Kinn. Es schmerzte, aber nicht so sehr wie ihr Inneres. "Was daran soll Freude sein ... tierisches Schnauben, schwitzende Körper, und man nie weiss was richtiges Gefühl!"
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Innerlich hätte sie vor unterdrückter Frustration am liebsten laut gestöhnt. Er schien es wirklich darauf angelegt haben, das Minimum an verwertbaren Gesten und Information in ein Maximum an Schweigen und Gestik zu verpacken, und über alles andere blieb ihr nur zu raten. Im Grunde wusste sie immer weniger, woran sie nun eigentlich war und was er wollte, und vor allem, wieso hatte er ihr das Haar gelöst? Selbst Cadhla konnte nun den vagen Duft der Seife riechen, zuvor war sie zu unauffällig gewesen, um ihre Sinne überhaupt zu touchieren, jetzt brannte dieser süßliche Geruch zwischen den Nasenflügeln wie ein Leuchtfeuer. Was wollte er? Und vor allem, warum wollte er das, was er offensichtlich doch irgendwie zu wollen schien, auch wenn sie nicht mehr zu ahnen glaubte, was es sein könnte, warum wollte er das von ihr? Suchte er einfach nur Nähe? Verständnis? Das war doch etwas, was ihm seine Familie hätte geben sollen, wenn überhaupt. Langsam ballten sich ihre Hände im Schutz der Dunkelheit zu Fäusten, um den Druck in ihrem Inneren wenigstens irgendwie abzuleiten. Er hatte nicht einmal auf ihre herausfordernden Worte reagiert, nur eine Braue gehoben, als ginge ihn das alles nicht wirklich etwas an. Diese Römer waren so steif wie Fische. Niemals wusste man, was sie dachten!
Nicht einmal seine Antwort war eine Hilfe. Genausogut hätte er sagen können, dass der Himmel blau war, weil er eben blau war. Die Lippen fest aufeinander pressend, ließ sie ihren Blick seinen Bewegungen folgen. Am liebsten hätte sie jetzt den ganzen Kelch Wein heruntergestürzt und den restlichen Krug mit dazu. Sie hatte sich nie viel aus Alkohol gemacht, deswegen war sie über diesen Impuls gleichermaßen erstaunt wie entsetzt, aber doch, der Wunsch blieb. Genauso, wie sie am liebsten aus diesem Raum gerannt wäre, um irgendeine andere Sklavin, die es wollte, in seiner Nähe zu belassen. Wollte sie hier sein? Wollte sie neben ihm in seinem Bett liegen? Ihr Atem ging schneller, und sie fühlte ihr Herz schlagen. Es war lange her, dass sie so aufgeregt gewesen war, und das wegen .. nichts. Wegen nicht ausgesprochenen Worten und nicht ausgesprochenen Wünschen. Was, wenn er sie zwingen würde, mehr zu tun als nebeneinander zu liegen? Bisher hatte sie nur sein Wort. Und das Wissen, dass er sich seine Lust bei anderen Frauen holte, wenn ihm danach war - auch wenn sie diese Frauen morgens selten angetroffen hatte, wenn sie ihm sein Frühstück gebracht hatte. Nur einen gleichsam müde wie gesättigt wirkenden Mann unter seinen Laken - und so schnell sie damals hinein gegangen war, war sie auch wieder geflüchtet.
Sie hatte stocksteif dagesessen, bis er sich erhob, und erst, als sie hörte, dass etwas schwereres über den leichteren Stoff seiner tunica glitt, blickte sie zu ihm herüber. Er zog sich aus. Musste sie das jetzt etwa auch? Wahrscheinlich schon. Konnte das nicht alles einfach vorbeigehen? Konnte er sich nicht einfach in sein Bett legen, an die äußerste Ecke, und sie ebenso .. mit viel Platz dazwischen? Aber sie wusste genau, dass ihm dies sicherlich nicht vorgeschwebt hatte. Nachlässig legte er die Kordel auf den Tisch, und stand in der tunica vor Cadhla, die langsam empor blickte wie ein Lamm, das man zur Schlachtbank führte.
"Ich seit vielen Jahren nicht geschlafen mit anderen in Bett," sagte sie leise. "Ich lange nicht berühren anderen Menschen. Auch nicht Mann. Warum es wird für Dich interessant, zu haben mich in Deinem Bett? Du haben Frauen, die man hört seufzen auf Gang. Die kommen weil wollen und haben Freude an sein bei Dir. Warum ich?"