Valerian zuckte mit den Schultern. "Allzu gut kenne ich ihn nicht. Auf mich macht er immer einen ziemlich verschlossenen Eindruck. Aber er ist schon lange bei der Truppe und kennt jeden der Männer." Etwas, das Valerian auch zu erreichen versuchte, aber noch nicht vollständig hinbekommen hatte.
Beiträge von Lucius Quintilius Valerian
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Ein wenig aufgeregt war Valerian schon. Auch wenn er es inzwischen eigentlich gewöhnt sein müßte, sich in der Gesellschaft gehobener Persönlichkeiten zu bewegen. Als er die Casa Germanica erreichte, stellte er fest, daß er zu den ersten Gästen gehörte. Also war er doch ein wenig früh. Denn es war immer besser ungefähr mittig einzutreffen. So war man nicht zu sehr der Neugierde ausgeliefert.
Die Sklaven waren sehr aufmerksam. Sie schmückten ihn mit einem wohlriechendem Kräuterkranz und er wurde auch sogleich mit einem Getränk versorgt. Da er von den Anwesenden niemanden persönlich kannte, stand er nun ein wenig allein da. Er überspielte dies, indem er die üppige Dekoration bewunderte und selbstbewußt den einen oder anderen Anwesenden grüßte. Sein Vorteil war, daß er durch seine Arbeit viele erkannte, sie ihn aber nicht.
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Ein wenig erstaunt, daß Balbus nun gerade dieses Thema anschnitt, nickte Valerian. "Ja, so ist es." Worauf wollte der Praefectus nun hinaus? Natürlich versuchte Valerian, unauffällig einen Blick auf diese Liste zu erhaschen. Standen dort nur Namen? Oder auch Hinweise auf personelle Veränderungen? So etwas war schließlich immer von Interesse. Außerdem war Valerian es gewöhnt, immer und überall möglichst viele Informationen zusammenzutragen. Man wußte nie, was man davon mal würde brauchen können.
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"Hast Du dies schon erlebt, Elissa? Ein gebrochenes Herz?" Valerian schaute die Sklavin prüfend an. Er wußte nichts über sie. Nicht, wo sie herkam, ob sie immer schon Sklavin gewesen war oder was in ihrem Leben schon so alles geschehen war. Und so war die Frage keineswegs herabwürdigend oder gar so gestellt, als glaubte er nicht, wovon sie sprach. "Einen solchen Schmerz würde ich Calvena niemals zufügen wollen. Ich habe ihn schon erlebt, Elissa. Ich habe schon einmal geliebt. Und habe geglaubt, daß ich so etwas nie wieder würde fühlen dürfen. Ich bin mir ganz sicher, ein drittes Mal wird es mir nicht mehr vergönnt sein, deshalb möchte ich dieses unerhörte Glück, das mir zuteil wird, festhalten und hüten. Ich glaube, die Gefahr, daß ich zu stark festhalte und allzusehr hüte, ist weit größer, als die Gefahr, daß ich es mutwillig zerstöre." Ob die Sklavin auch so weise war, dies zu verstehen?
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"Nein, er hat noch kein Amt inne. Aber er ist dabei, sich um eines zu bemühen. Er ist ja erst vor kurzem aus Griechenland heimgekehrt. Doch sein Wille ist sehr stark. Und ich glaube, er wird es schaffen." Eigentlich beneidenswert, wie sicher Sermo sich war und wie zielsicher er daran ging. Valerian hatte länger gebraucht um zu wissen, was er wollte.
"Deine Frau... Ich kannte sie leider nicht. Aber... es tut mir leid, ich hoffe, ich habe keine kaum verheilten Wunden wieder aufgerissen." Betroffenheit lag in seiner Stimme. Er hatte ganz vergesse, daß der Senator einen schlimmen Verlust erlitten hatte. Wer frisch und glücklich verliebt war, vergaß allzuleicht großen Kummer anderer.
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Nun war es wieder an Valerian, zu staunen. "Das macht mich stolz, daß Dir meine Familie nicht völlig unbekannt ist. Wir haben es leider in den letzten paar Jahrzehnten nicht so weit gebracht, wie ich es mir gewünscht hätte, aber ich habe den festen Willen, dies zu ändern. Mein Vetter Sermo ebenfalls. Er strebt in die Politik und will sich nun erst einmal den Ordo Senatorius verdienen. Ein hohes Ziel, doch er ist sehr zielstrebig und ehrgeizig. Ich bin sicher, er wird es schaffen." Wenn sie alle zusammenhielten, konnten sie die Familie voranbringen.
"Mir ist es nicht egal, welchem Stand ich angehöre. Calvena hat es verdient, gut versorgt zu sein und einen gewissen Status innezuhaben. Ja, ich weiß, sie selbst würde darauf nie bestehen. Ihr sind andere Werte wichtiger und sie hat als Frau auch damit Recht. Doch ich als Mann habe die Aufgabe, alles für meine Frau, für meine Familie zu tun. Und ich werde mich vor dieser Aufgabe nicht drücken. Ich liebe sie. Sehr sogar. Sie ist nicht nur wunderschön, sie ist auch ungewöhnlich intelligent und lebensfroh. Allein schon ihre Gegenwart läßt alles schöner, heller und freundlicher erscheinen. Wenn sie bei mir ist, werden selbst die gewöhnlichsten Dinge zu Wundern. Sie... sie hat die Gabe, sich auf eine ansteckende Weise zu freuen, daß ich mir wünsche, ihr immerzu Freude machen zu können." Er stockte, denn er merkte, daß er allzu sehr zu schwärmen begann. "Bitte verzeih, es muß Dir merkwürdig vorkommen, mich so reden zu hören."
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Valerian konnte nicht für jeden Centurio die Hand ins Feuer legen. Aber für die meisten. Immerhin hatten waren nur wenige von außen gekommen, sondern dienten schon lange bei den Praetorianer. Und die altgedienten waren verläßlich. "Ja, so ist es. Caecilius Decius ist Princeps. Auch er gehört meines Wissens nach zu den Altgedienten, die es zu schätzen wissen, daß Du nun der Garde vorstehst."
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Der Aufforderung, bequem zu stehen, kam Valerian sehr gerne nach und nickte lächelnd. "Es gab schon einige Veränderungen, Patron. Auf der Ebene der Centurionen nicht so sehr. Einzelne, wie ich, sind aus den Mannschaftsrängen aufgestiegen. Interessant sind die Veränderungen auf der höheren Ebene. Zwei der Tribune sind aus dem Illyricum hierher versetzt worden. Sie scheinen gute Verbindungen zum Praefectus Urbi zu haben. Dafür sind die Tribune Valentius und Amatius auf hochdotierte Verwaltungsstellen gewechselt. In Judäa und Hispania." Weggelobt, wie Valerian glaubte. Er hatte viel von den beiden gehalten, deshalb fand er diese Tatsache um so bemerkenswerter. "Die meisten Offiziere stehen fest hinter Dir. Die einfachen Milites sowieso."
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"Wäre er nicht allein gegangen, dann könnte er heute noch leben." Doch mit hätte und sollte konnte man niemanden wieder lebendig machen. Was geschehen war, war geschehen. "Bitte verzeih, diese traurige Geschichte gehört eigentlich nicht hierher. Es war auch nicht lange danach, daß ich für die Praetorianergarde ausgewählt wurde."
Valerian nahm einen Schluck aus seinem Becher. "Senator, ich hoffe, auf meinem Weg noch weiterzukommen. Vielleicht gelingt es mir gar, eines Tages das nötige Vermögen und den nötigen Landbesitz zusammenzutragen, um für den Ritterstand in Frage zu kommen. Schon andere in meiner Familie haben es so weit gebracht. Und ich habe vor, ebenfalls danach zu streben. Ich sage Dir dies, damit Du die Sicherheit hast, daß Calvena es gut haben wird. Ich mag eigentlich unter ihrem Stand sein. Doch ich hoffe, daß dies nicht lange so bleiben wird."
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Der Scriba schien noch ein klein wenig desorientiert. Doch als Valerian gerade dazu ansetzte, dem Mann zu sagen, daß er obendrein ein Klient des Praefecten war, hatte dieser schon eine Notiz gefunden, die es erübrigte, diese Information hinzuzufügen. Es dauerte nicht lange, bis Valerian die Erlaubnis erhielt, einzutreten.
Als er eintrat grüßte er zackig. "Salve, Praefectus!" Auch wenn seine Miene unbewegt war, zeigten seine Augen deutlich, wie sehr er sich freute, seinen Patron an genau dieser Stelle vorzufinden.
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Nicht lange, nachdem der neue Praefectus Praetorio in die Castra eingezogen war, machte sich Valerian auf den Weg zu ihm. Er sprach den Scriba an, der vor dem Officium seinen Dienst tat. "Salve. Ich bin Centurio Lucius Quintilius Valerian und möchte Praefectus Prudentius sprechen."
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Nun mußte Valerian wieder grinsen und wirkte ein wenig schelmisch dabei. "Das ist schon Absicht, daß kein Außenstehender von dem erfährt, was in der Castra so vor sich geht."
Doch er wurde gleich wieder ernst, als es um Severus ging. "Er hatte Ausgangserlaubnis erhalten. Ich glaube, es war zu den Parentalia, er hatte zum Tempel gehen wollen. In der Stadt ist er überfallen worden. Ein paar Kameraden haben es zwar noch mitbekommen und haben ihm beigestanden, doch er war schon mehrfach mit Messern getroffen worden. Er blutete schrecklich. Der Medicus hat alles versucht, aber... Naja. Für unser Contubernium war das ein sehr schwarzer Tag." Er mußte unwillkürlich an Lupus denken. Er hatte sich ab jenem Tag vollkommen verändert.
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Valerian verzog leicht die Miene, als Sermo so nach dem Sklaven brüllte, sagte aber nichts dazu. Lieber antwortete er auf Sermos Worte. "Da sprichst Du ein wahres Wort gelassen aus. Sie gehört erzogen, wie mir scheint ist sie das überhaupt noch nicht. Sie ist sechzehn, soweit ich weiß? Einer zwölfjährigen sieht man manches nach. Aber nicht einer jungen Frau von sechzehn." Er war schon sehr gespannt auf den Wirbelwind. "Es wäre für keinen von uns beiden gut, wenn Melina sich weiterhin so aufführt. Nicht, wenn Du es erst meinst mit der Politik. Wie sieht es überhaupt aus? Hattest Du schon Gelegenheit, mit der einen oder anderen Persönlichkeit in der Stadt zu sprechen?"
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"Sie hat ihr irgendwas an den Kopf gedonnert. Mag natürlich sein, daß die Alte etwas übertrieben hat, sie machte auf mich so einen Eindruck. Aber gelogen hat sie sicherlich nicht. Nunja, ich habe mich im Namen der Familie in aller Form entschuldigt und ihr als kleine Wiedergutmachung ein Geschenk in Aussicht gestellt. In den nächstenTagen werde ich ihr etwas hübsches zukommen lassen." Valerian machte eine wegwerfende Handbewegung. Mit dieser Laevina, das bekam er schon in den Griff.
"Was mir mehr Sorgen macht, ist eben Melina. Wir müssen das Mädchen bändigen. Ich hatte überhaupt noch gar keine Gelegenheit, mit ihr zu sprechen. Wir kennen uns praktisch nicht. Deshalb kam ich heute her: Um sie kennenzulernen und ein ernstes Gespräch mit ihr zu führen."
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Da mußte selbst Valerian kurz nachgrübeln. "So ungefähr eineinhalb Jahre*. Er hat in der Truppe einige organisatorische Änderungen vorgenommen. Nunja, für Außenstehende vermutlich weniger interessant." Er zuckte mit den Schultern. Außerdem war natürlich auch manches schlicht nicht für die Ohren Außenstehender gedacht. "Als sein Sohn bei der Secunda war und ums Leben kam, warst Du da schon fort? Er gehörte zu meinem Contubernium. Und ich stand Wache am Tor, als sie ihn brachten..." Das war ein furchtbarer Tag gewesen. Für sie alle.
Sim-Off: *Also Amtszeiten
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Eigentlich hatte Valerian ja gehofft, daß die kleine Göre sich mal blicken ließ. Aber Sermos Anblick war natürlich angenehmer und so deutete Valerian auf einen Stuhl. "Salve, Iullus. Setz Dich doch. Bin hier gerade fertig. Ja, die Lage... einerseits gut, andererseits schlecht. Ich habe bei Senator Germanicus vorgesprochen. Und er hat der Heirat zugestimmt. Nun muß ich noch eine Heiratserlaubnis erwirken. Das war die gute Nachricht. Die schlechte: Melina hat einer Verwandten von Calvena Schmerzen zugefügt, war auch noch unhöflich und sehr ungepflegt. Ich habe da wirklich schlecht dagestanden. Und so etwas möchte ich nicht noch einmal erleben. Ist Melina da? Ich habe mit ihr deswegen ein gehöriges Hühnchen zu rupfen." Zumal er sich nun auch noch überlegen mußte, was er Laevina als Entschädigung zukommen lassen konnte.
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"So kurz war er auch wieder nicht Kommandant", lachte Valerian, als er merkte, wie der Senator sich herauszureden versuchte. "Eigentlich hat er sogar viel gemacht und den Laden gut im Griff gehabt. Sein Verschwinden wurde nicht an die große Glocke gehängt. Oder war vielmehr sogar eine Geheimsache. Es ist lange nicht nach draußen gedrungen." Ein verschwundener Reichspraefect, ein kranker Kaiser, das war keine gute Zusammenstellung.
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Nun war es an Valerian, ein wenig ungläubig zu staunen. Er hüstelte ein wenig verlegen. "Nun, der Nachfolger von Caecilius Crassus war Artorius Avitus. Dieser verschwand einige Monate später spurlos und das war wohl auch der Grund, warum die Stelle so lange nicht wiederbesetzt wurde. Die Ermittlungen nach seinem Verbleib liefen auf Hochtouren und es war immer die Hoffnung da, daß er wieder auftaucht."
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"Gut, dann erwarte ich Dich und Deine Männer in drei Tagen in der Casa Quintilia. Vale, Annaeus Varus." Er ergriff die dargebotene Hand und drückte sie herzlich. Damit war das Geschäft besiegelt. Dann folgte Valerian dem Sklaven nach draußen. Er hatte das gute Gefühl, diesen Auftrag, der immerhin Auswirkungen auf mehrere Generationen von Quintilier haben würde, in die richtigen Hände gelegt zu haben.
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Valerian lachte und winkte ab. "Verwaltungsmühlen mahlen langsam. Wenn ich etwas gelernt habe bei meinem Dienst im Palast, dann das. Bis die hohen Herrschaften einen Entschluß gefaßt haben und dieser dann über alle Ebenen bis zu dem gelangen, der diesen Entschluß ausführt und dann wieder alles über alle Ebenen zurück nach oben gelangt, um dort abgezeichnet und gesiegelt zu werden und dann wieder über alle Ebenen hinunter, damit der Mensch ganz unten es veröffentlicht und verteilt, vergeht eben ein Haufen Zeit."