Cursor nahm das Pferd, das er sich ausgesucht hatte, am Zügel.
Noch war es ein Pferd, ein Wallach, wahrscheinlich sogar ohne vornehme Abstammung. Aber das schien Cursor nicht wichtig. Er hatte sich bereits einen Namen für seinen neuen Kameraden zurechtgelegt: Incitatus. So wollte er es nennen, und diesem Namen sollte es Ehre machen!
Nun lag es an ihm, mit dem Pferd zurechtzukommen. Er war sich darüber im klaren, dem Tier niemals seine eigene Stärke und die Schwäche seines Reiters merken zu lassen. Er mußte zuerst die Freundschaft des Pferdes gewinnen.
Und so fing er, während Incitatus neben ihm am Zügel ging, leise mit ihm zu reden. Das Pferd spitzte die Ohren, als ob es seinen künftigen Reiter verstehen würde.
Cursor begann nun mit der Arbeit an der Hand. Er hielt sich mit seiner rechten Schulter dicht an der linken Seite des Tieres. Er hatte sich ein Stöckchen mitgebracht, mit dem er Incitatus wieder in die gerade Richtung verwies, wenn dieser mit der linken Hinterhand auszubrechen versuchte.
Dann kamen die Kommandos. Cursor begann mit Halt. Das Pferd reagierte nicht. Woher sollte es auch wissen, was damit gemeint war. Noch einmal Halt und ein leichter Zügeldruck. Incitatus stand. Cursor hielt seinem "Ausbildling" ein Stück Karotte, das er sowohl als Belohnung als auch als Bestechung organisiert hatte, mit der flachen Hand hin. Genüßlich verputzte das Pferd seine Belohnung.
Und noch einmal: Marsch, ein paar Schritte, Halt, Belohnung und noch einmal und noch einmal. Cursor fiel auf, daß sein Pferd sehr gelehrig war. Und das wollte er sich zunutzen machen.
Als nächstes kam das Aufsitzen. Nachdem das Pferd seinem künftigen Reiter das nicht gerade fachgerechte Auflegen des Sattels nicht übelgenommen hatte, machte sich Cursor keine weiteren Gedanken über das Aufsitzen, Aufspringen und was es sonst noch für Raffinessen gab, um sein Pferd zu besteigen.
Es ging wie bei Pegasus; keinerlei Schwierigkeiten, weder beim Pferd, noch beim Reiter. Cursor drückte seine Schenkel leicht an das Pferd ... und Incitatus marschierte.
Den Schenkel ein wenig nach hinten ... und Incitatus trabte leicht an.
Und das war der Beweis: Incitatus war angeritten. Wann und von wem, das war nicht wichtig. Entscheidend war, daß das Pferd noch mehr können mußte.
Jetzt noch der Galopp: Cursor nahm seinen Außenschenkel etwas nach oben ... und Incitatus galoppierte ruhig an. Cursor fühlte sich wie in Abrahams Schoß. Schenkel wieder etwas nach unten ... Trab, Schenkel etwas nach oben ... Galopp.
Cursor war mit dem, was sein Pferd gezeigt hatte, zufrieden. Für heute , meinte er, war es genug. Beim nächsten Mal wollte er sich vermehrt der Arbeit mit der Stimme widmen. Wenn es einmal so weit sein sollte, daß er seine Hände nicht mehr für die Zügel frei hatte und auch die Schenkelhilfen nicht wirken konnten, war nur noch die Stimme, die das Pferd kannte und die ihm vertraut war.
Er ritt zum duplicarius, saß ordnungsgemäß ab, steckte Incitatus ein Stück Karotte zu, nahm Grundstellung ein und meldete
"Befehl ausgeführt, duplicarius Tiberius!"