Beiträge von Titus Germanicus Cinna

    Cinna hörte seinem Onkel gespannt zu. Dessen Ausführungen schienen logisch und bestätigten den Rekruten, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. Für Cinna sollte die Person des Honorius fortan als Vorbild dienen, konnte er doch von dessen Ansichten und Erfahrungen lernen und sich gewissermassen nach diesen richten.


    "Der Kriegsschauplatz hat sich in den letzten Jahren klar nach Osten verschoben. Entlang des limes nach Germanien passieren ab und zu zwar Scharmützel, aber die Legion führt keinen klassischen Feldzug. Gibt es gegenwärtig oder in naher Zukunft neue Aufgabenfelder oder Einsatzräume für den Verband, Honorius?"

    "Vielen Dank in dein mir gegenüber gebrachtes Vertrauen, Onkel Honorius. In der Tat ist es mein Ziel die Offizierlaufbahn einzuschlagen. Doch stellt sich das Problem, dass ich keinem adeligen Geschlecht angehöre, noch dem Orden der Ritter oder Senatoren angehöre. Wie und warum bist du in den Ritterstand erhoben worden?"


    Cinna kostete den Wein. Diesmal hatte der Sklave des Honorius Würzwein gereicht. Der duftende Geruch breitete sich rasch im ganzen Zelt aus. Die Atmospäre und die Gerüche, obwohl in einem Militärlager, hatten etwas geborgenes für Cinna, etwas heimisches.

    Cinna schnappte sich ein paar Oliven, welche in einer Schale bereit standen.


    "Auch du bist bei der Reiterei gewesen."


    Der Soldat wies auf die Reiterskulptur hin.


    "Dürfte ich dich fragen, Onkel, wie genau du den Weg, geboren in einer plebeischen Familie, die militärische Karriere, zum Stabsoffizier erklommen hast?"

    "Ich bin auf Wunsch des Praefecten der Ala in die Streitkräfte eingetreten. Damals zeichneten sich Unruhen seitens der germanischen Barbarenstämme ab: meine Kenntnisse sollten unserer Seite Vorteile verschaffen. Ich wurde nur für die Zeit der Unruhen verpflichtet. Mein Vater versuchte, dass ich eine politische Karriere in Rom beginnen sollte. Hiervon war ich persönlich nicht sehr angetan. Mit seinem Tode veränderte sich das Szenario.
    Bestünde ebenfalls die Möglichkeit aufgrund meines bisherigen Dienstgrades und unter Betrachtung der Vordienstzeit und besonderen Fähigkeiten mit Abschluss der Ausbildung den alten Unteroffiziersdienstgrad zu erhalten?"


    Der Sklave betrat in diesem Moment das Zimmer. Er brachte eine neue Karaffe mit Wein und schenkte den beiden Soldaten erneut ein. Cinna war ihm regelrecht dankbar. Seine Kehle war langsam trocken geworden. Ein Schluck Wein konnte der Tatsache Abhilfe leisten.
    Der Sklave verlies den Raum.

    Cinna nahm einen weiteren tiefen Schluck Wein aus dem Kelch. Dann richtete er erneut seinen Blick auf den Gegenüber und antwortete:


    "Nach Rom geschickt? Nach meiner Rückkehr aus Germanien bin ich nach Rom zurückgereist, dort oder besser während des Marsches wurde mir die Nachricht über den Tod meines Vaters zugeteilt."


    Ebenso wie der Medicus und weitere andere schien seine Geschichte über die Geiselzeit die Zuhörer zu fesseln. Folglich sollte Cinna auch Hornorius hiervon berichten:


    "Am KAL IAN DCCCLIV A.U.C. [sim-off: 101 n.Chr.] besuchte ich meine Verwandten in Mogontiacum, ich war damals 21 Jahre alt. Im Laufe dieses Besuches unternahm ich einige Ritte außerhalb der Stadt, wobei ich auch den limes überschritt."


    Cinna räusperte sich, kostete erneut vom Wein.


    "Wir gelangten in einen Hinterhalt. Meine Weggefährten opferten die Barbaren ihren heidnischen Gottheiten. Es war abscheulich. Mich hätte selbiges Schicksal getroffen, hätten sie nicht meine Fähigkeiten und Wissen in der griechischen Sprache und der Rhetorik bemerkt. Hieraus schlossen sie, dass ich aus einem angesehen Hause stammen würde, folglich malten sie sich ein grosses Lösegeld aus... Was sie dann auch durch meinen Vater Sophus erhielten. Allerdings erst nach sechs Monaten. Diese Zeit über musste ich bei diesen unzivilisierten Gestalten leben. Ich musste meine Arbeitskraft zur Verfügung stellen, täglich trug ich Furcht in mir, irgendwann ihren Gottheiten geopfert zu werden."


    Der Soldat betrachtete seinen Onkel, auch er hatte ihn lange nicht mehr gesehen. Dennoch tat es gut, mal wieder ein bekanntes Gesicht zu sehen. Der Wein bestärkte Cinna in seinem Redefluss:


    "Dennoch muss ich sagen, dass ich einiges aus meiner Zeit als Geisel gelernt habe: ich verstehe grob die Sprache der Barbaren, ich bin pysisch widerstandfähiger geworden und bin mit den Menschen und dem Gelände vertraut geworden. Hieran schließt sich eine Bitte gegenüber deiner Person an, Honorius.
    Nach meiner Auslösung diente ich temporär für zwei Jahre bei der Auxiliarkavallerie in Celeusum, der Ala I Flavia Singularium. Meine Sprach-, Menschen- und Geländekenntnisse waren hierfür der Grund. Ich diente als Kundschafter, letztlich als Unteroffizier.
    Honorius, ich wünsche mir persönlich nichts anderes mehr, als nach meiner Rekrutenzeit der Reiterei der Legio II zugeteilt zu werden."


    Cinna nahm einen Schluck Wein, der Kelch war damit geleert. Erst dann schaute er zu seinem Onkel, gespannt auf dessen Reaktionen auf die gehörten Erlebnisse und die geäußerte Bitte.

    Als Cinna den Lagerpräfekten sah, stand er auf, ging in Grundstellung und grüßte íhn militärisch: "Salve, Praefekt Germanicus!"
    Auf einen Wink des Gegenübers nahm Cinna wieder Sitzhaltung ein.


    "Ich habe dich aufgesucht, weil ich es für richtig, schließlich stammen wir aus einer gens. In der Armee grüßt man zwar den Dienstgrad und nicht die Person, dennoch möchte ich nach meiner langen Abwesenheit die Bindung zur Familie nicht verlieren. Nach meiner Zeit als Geisel bei den Chatten und nach dem Tode meines Vaters sind einige Jahre vergangen, das ich dich gesehen habe, Honorius."


    Cinna nahm einen Schluck vom Wein. Dieser schmeckte ausgezeichnet, aus Süditalien stammend, vermutete der Soldat.

    Cinna folgte dem Sklaven, der ihn ins tablinum führte...
    Der Sklave deutete ihm in den Raum einzutreten und zu warten. Cinnas Blick musterte die Möbel, Büsten und zur Schau gestellten Waffen. Auf dem Schreibtisch stand eine Skulptur aus Marmor, welche einen Reiter zu Pferde darstellte. Cinna musste schmunzeln, hatte doch der Lagerpräfekt auch in der Kavallerie gedient.
    Der Sklave kam mit einer Weinkaraffe zurück und reichte Cinna einen gefüllten Kelch.
    Hiernach deutete er auf einen Schemel und verschwand aus dem Raum.

    Die Rekruten schauten zu Cinna und nahmen seine Körperhaltung ein. Einige neidische Blicke gingen zu ihm...
    Aber wesentlich wichtiger war für ihn, dass er sich in seinem Traum bestätigt fühlte. Das Lob des Centurios bedeutete für ihn auf dem richtigen Weg zu sein, doch wollte er sich nicht hierauf ausruhen, dies vielmehr als Chance nutzen, sich noch weiter hervorzutun.

    "Ja, ja die Germanen. Die verstehen nichts vom pax romana. Auf der einen Seite reichen sie Rom die Hand, aber hinterrücks stoßen sie zu... Immer unerwartet, wie bei Varus. Aber der verlor nach meinem Kenntnisstand drei Legionen, die XVII., XVIII. und die XIX. Die Jungs tun einem wirklich leid. Hast du davon gehört, dass noch Jahrzehnte nach der Schlacht im Teutoburgerwald gefangene Legionäre befreit wurden?"

    Müde legte sich Cinna auf die Pritsche nieder und streckte seine Beine weit von sich.
    Heute hatte er keine Lust und Kraft mehr nach Dienst etwas zu unternehmen.


    "Hättet ihr morgen Zeit, um auf ein Glas vino in die taberna mitzukommen oder euch in den Thermen die geschundenen Glieder massieren zu lassen?"

    Cinna fasste neuen Mut. Er wollte sich vor den Augen des Centurios keine Schwäche eingestehen. Außerdem wahr er viel zu verbissen und vom Charakter her viel zu stolz, als sich von diesem "Süditaler" fertig machen zu lassen.


    Jetzt wurde er wieder vom Trainigspartner umgeworfen.
    Er setzte auf andere Karten: Kondition und seine eigene psychische Stärke, die wiederum seinem Gegener gänzlich fehlte.


    Mit ein paar unschönen Bemerken erhitzte er das Temperament seines südländischen Gegenübers, der nun seine Deckung vernachlässigte und wild und unkoordiniert auf ihn losstürmte.


    Doch Cinna spielte auf Zeit. Flink wie eine Gazelle wich er ihm immer und immer wieder aus, wobei er nach wie vor stichelte.


    Der Gegner erlahmte, Cinna konnte plötzlich die Initiative ergreifen und ihn umwerfen.


    Auch bei einer Wiederholung gelang es ihm. Die Psyche des Gegners war nun gänzlich gebrochen, seine Ausdauer war am Ende.

    Cinna hörte seinem Gegenüber aufmerksam zu. Feldzugerfahrungen hatte er selbst natürlich nicht, doch hatte er an Spähtruppunternehmen und im Rahmen eines Vorauskommandos auf turma-Ebene teilgenommen.
    Der Rekrut nahm einen weiteren Schluck vom Wein, dann noch einen. Der zinnernde Becher war rasch geleert.
    "Stehen zur Zeit Einsätze unserer Legion bevor? Oder ist die Lage am Limes derzeit ruhig? Ich hörte von Einsätzen der Legio I im Osten des Imperiums. Wäre ich in Rom, würde ich mehr Informationen über die Kriegsschauplätze erhalten. Hier in Mogontiacum erfährt man immer alles später und lange nicht so ausführlich. Dafür bin ich ganz froh den Trudel in Rom los zu sein, insbesondere das Anbiedern und Lästern hinter den Rücken der vermeintlichen Freunde... Wirkliche Freundschaft war da eher die Ausnahme. Bei den Streitkräften ist das anders. Ich sag nur: Kameradschaft."
    Cinna machte eine kurze Pause und blickte auf seinen geleerten Becher. Dann nahm er seine Ausführungen wieder auf:
    "Das muss man den Barbaren aber auch lassen. Freundschaft hat bei denen auch einen ganz anderen Begriff, wobei sich diese Tatsache wohl eher auf deren primitive und unzivilisierte Lebensform begründet."
    Cinne verlagerte die Sitzposition.
    "Medicus, kannst du mir sagen, was mich genau in Mogontiacum nach erfolgreicher Ablegung der Grundausbildung erwarten wird?"

    Die Soldaten taten wie ihnen befohlen. Cinnas Gegner war ein sehr großer und kräftiger Rekrut aus Süditalien.
    Cinna wurde auf den Rücken geworfen. Auch beim zweiten Angriff konnte ihn sein Gegner wieder in den Sand des Exerzierplatzes befördern...
    Der Gegner war zweifelsohne physisch weit überlegen, Cinna musste auf andere Karten setzen...

    Cinna versuchte die Unterredung (sim-off: Unterredung!) weiterzuführen. Er nippte an dem Wein und befand diesen für ausgezeichnet. Seit seiner Abfahrt aus Rom hatte er keinen deratigen mehr genossen...


    Er setzte sich bequem in den Stuhl und schaute seinem Gesprächspartner in die Augen.


    "Hast du eigentlich als Arzt oder bereits vorher als einfacher Soldat einmal an einem Feldzug teilgenommen?"