Quintus bedachte seinen Vetter mit einem milden Lächeln und legte Spatha und Wetzstein beiseite.
Schon gut, was gibt es?
Quintus bedachte seinen Vetter mit einem milden Lächeln und legte Spatha und Wetzstein beiseite.
Schon gut, was gibt es?
CHIIINK... CHIIINK...
Das schleifende Geräusch des Wetzsteins hatte etwas Beruhigendes, das alle Soldaten schätzten. Eine scharfe Klinge war das wichtigste Werkzeug auf dem Schlachtfeld, eine unerlässliche Lebensversicherung, denn alle Schilde und Rüstungen hielten dem Ansturm des Feindes nur solange stand, bis sie schließlich ermüdeten und brachen. Man konnte einen Kampf nie nur defensiv führen, er würde ebenso verloren gehen, wie ein Kampf, der nur aus einem Ansturm bestand.
Solcherlei Gedanken hing Quintus nach, während er seine Waffen schärfte und pflegte, als es plötzlich klopfte.
Herein!
Nickend nahm Quintus das große Messer entgegen, die Runenzeichen auf der Klinge traten jetzt deutlich dunkelrot auf der verschmierten Klinge hervor.
Der Feind den Göttern zum Geschenk, murmelte der Eques, als er die Waffe in ihr Futteral an seinem Waffengurt zurücksteckte.
Von Romanus gestützt machte er ein paar Schritte, die, von den stechenden Schmerzen abgesehen, erstaunlich gut gelangen. Er konnte sich also langsam bewegen und auf jeden Fall auch reiten...
ZitatOriginal von Decimus Atius Romanus
Finger weg du Tollpatsch ich helf dir! Jeder Soldat hatte etwas zum verbinden einer Wunde dabei und so verband Romanus provisorisch die Wunde von Eburnus bis ein Medicus sich das ansehen konnte!
Den Tollpatsch nehm' ich dir übel. Beim nächsten Mal werfe ich etwas weiter nach rechts!
Quintus grinste breit, als er die Worte zwischen den Zähnen hindurch hervorpresste. Mittlerweile war er sich seiner Schmerzen voll bewusst und musste sich eingestehen, dass er sie gerade so aushalten konnte. Glücklicherweise war der Schnitt am Bein nur eine große Fleischwunde, sehr schmerzhaft aber völlig ungefährlich. Eine weitere Narbe, erworben im Dienst für das Imperium.
Danke für die Hilfe, Romanus. Kannst du mir aufhelfen? Ich will wissen, ob ich stehen kann.
Als das Jubelgeschrei über den Sieg losbrach, trat Quintus zwei Schritte zurück und rammte seine Schwerter in den Waldboden. Mit seiner blutigen Rechten fuhr er sich durchs Gesicht, wo er die Mischung aus Blut und Schweiß nur verschmieren, nicht aber wegwischen konnte. Er begann jetzt die Schwere in seinen Armen zu merken, den fehlenden Schlaf und die klaffende Wunde an seinem Bein. Auch der tiefe Schnitt auf seiner Wange brannte wie Feuer und schien wieder zu bluten.
Sich einer Verfolgung zu Fuß anzuschließen, daran war nicht zu denken. Fakt war, dass der Eques sich noch gerade so auf den Beinen halten konnte...
Am Nachmittag versammelte Quintus seine "Schüler" wieder um sich. Da sie nun die grundlegenden Bewegungen und Schläge kannten, war es an der Zeit, den Kampf Mann gegen Mann zu üben.
Hierzu hatte der Eques ein paar einfache Rundschilde aus der Waffenkammer geholt und sich selbst mit seiner Parma ausgestattet. Im Garten stehend erklärte er nun die Übung.
Gut, wir wollen jetzt einmal sehen, ob ihr euch gegen einander verteidigen könnt. Phelan gegen Witjon und Silko gegen mich, Körpertreffer werden gezählt, nach zehn Treffern ist der Kampf beendet. Danach wechseln wir die Gegner, Phelan versucht sich gegen mich und mein Bruder gegen Silko. Im letzten Durchgang dann Silko und Phelan und Witjon gegen mich.
Quintus sah in die Runde, alle schienen verstanden zu haben.
Versucht, euren Körper mit dem Schild zu schützen. Ihr könnt völlig frei agieren, aber es zählen nur Treffer, die mit der Übungswaffe geführt wurden. Also los!
Immer noch mit zwei Schwertern fechtend zog sich auch Quintus langsam zurück. Er war mittlerweile von Kopf bis Fuß mit Blut bespritzt und verschmiert, dem Blut seiner Gegner und auch seinem eigenen. Seine Arme wiesen einige Schnitte auf, die aber allesamt nicht sonderlich tief waren. Die schlimmste Wunde klaffte in seinem Oberschenkel, wo ein Schwertstreich einen etwa zehn Zentimeter langen Schnitt hinterlassen hatte. Blut quoll daraus hervor, doch der Eques hatte keine Zeit darüber nachzudenken. Er spürte auch nichts von der tiefen Wunde, denn der Kampfrausch durchströmte seinen Körper und und ließ ihn weder die Schmerzen noch den Blutverlust bemerken.
Statt dessen hieb er weiter auf Banditen ein, die den Reitern nachgestürmt kamen und meinten, im Gefecht die Oberhand gewonnen zu haben. Der vermeintliche Sieg ließ die Räuber unvorsichtig werden und so taumelten sie ihrem endgültigen Untergang entgegen...
Als der Hüne gefallen war, hatte er den Blick auf Romanus freigegeben, der von einem Pfeil getroffen von seinem Pferd fiel. Das Vexillium landete dabei ebenso im Schnee wie der Vexillarius.
Kurz bevor er wieder angegriffen wurde, konnte Quintus gerade noch sehen, dass Romanus wieder auf den Beinen war und sich nun zweier Germanen erwehren musste. Der Eques hieb seinen Gegner mit schnellen Streichen seiner beiden Klingen zu Boden und wollte gerade loslaufen, als er erkannte, dass er seinen Kameraden nicht mehr rechtzeitig würde erreichen können. Bedrohlich holte Romanus' Gegner mit seiner Axt aus...
Etwas Schweres prallte gegen den Vexillarius, der im Moment des nahmenden Todes die Augen geschlossen hatte, und riss ihn zu Boden. Als er die Augen öffnete, sah er das Gesicht seines Gegners, der ihm keuchend und röchelnd seinen schlechten Atem ins Gesicht blies. Er befreite sich von dem Sterbenden und gewahrte in dessen Rücken ein großes germanisches Messer, dessen Klinge bis zum Griff eingedrungen war...
War mir ein Vergnügen...
Der Hüne stand völlig ohne Deckung da. Quintus nutze den Moment und hieb mit dem Gladius nach dem Hals, während er mit der Spatha nach dem Körper stach. Tiefrot schoss das Blut aus den Wunden, der Schrei des Germanen verging in einem gurgelnden Geräusch. Das Monstrum, seiner Lebenskraft beraubt, kippte starr nach hinten.
Die beiden Equites wechselten einen Blick, mehr Zeit zum Verschnaufen hatten sie nicht, denn schon rückten zwei neue Gegner nach...
Da wird er sich aber anstrengen müssen, sagte Quintus grinsend. Mein Bruder und ich haben zwar eine ampsivarische Mutter und sind daher in der Lage, einen angepassten Dialekt zu sprechen, aber eigentlich sind wir Ubier. Ich denke aber dennoch, dass du dich auch mit unserem angepassten Dialekt des "Germanischen" (er zeigte die Anführungszeichen mit den Fingern an) gut wirst verständigen können.
Der Eques sah zur Hros herüber. Wo war nur dieser Phelan schon wieder geblieben? Er hätte längst seine letzte Runde beendet haben müssen...
Quintus hatte sein Schild bereits losgelassen, als er auf dem Waldboden aufschlug. Er rollte sich nach links weg und entging so der Axt, die mitsamt der Parma dort einschlug, wo er gerade noch gelegen hatte.
Der Eques rollte in eine hockende Position hinein und zog den Gladius vom Rücken. Dann wirbelte er herum, gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie Merowech seine Hasta in die Seite des Hünen rammte und dort stecken ließ.
Der Riese schrie auf, zuckte dann nur kurz und griff nach der Lanze. Doch statt sie herauszuziehen, brach er sie einfach ab. Er riss seine Axt erneut hoch und wandte sich nun dem neuen Gegner zu. Gefährlich wirbelte er die Waffe in seinen Händen, die schwere Wunde in seiner Seite schien er gar nicht wahrzunehmen.
Quintus brauchte nur Bruchteile von Sekunden, um einzuschätzen, dass weder Merowech noch er diesen Gegner alleine würde besiegen können. Also stürmte er los, um mit wirbelnden Schwertern die Flanke des Germanen zu attackieren...
Als der Befehl Cupidos zum Absitzen kam, glitt Quintus sogleich aus dem Sattel und reihte sich in den Wall ein, den die Equites nun bildeten, um die nächste Pfeilsalve abzuwehren. Wie die anderen Pferde auch, rannte Fuhon seinem Fluchtinstinkt folgend davon.
Die schießen ganz schön gut dafür, dass es angeblich nur Bauern sind und wir hier mitten im Wald stehen.
Das aber ganz sicher, ertönte es neben Quintus, der aus den Augenwinkeln Brandulf zu erkennen meinte.
Als das Prasseln der Pfeile auf die Schilde der Reiter aufhörte, rückten diese vor und gingen sogleich in den Kampf Mann gegen Mann. Auf einen Außenstehenden, der das Gefecht zufällig beobachtete, mochte dieser Kampf ungleich wirken, hatten doch die römischen Einheiten den besseren Ausbildungsstand, die bessere Bewaffnung und waren auch besser gerüstet. All diese Vorteile aber versuchten die germanischen Angreifer durch den Mut der Verzweiflung wieder wett zu machen.
Quintus geriet an ein besonders großes, breites und hässliches Exemplar seines Volkes, ein wahrer Riese mit wildem Bart und fehlenden Zähnen. Der Mann hatte eine breite Narbe quer durchs Gesicht und verfilzte, schmutzige blonde Strähnen. Er schwang eine gewaltige Axt in einem Wirbel um sich herum und hielt den Eques so auf Abstand.
Räudiger Römling! brüllend ließ er das Monster aus Metall und Holz niedersausen. Die Wucht, mit der die Axt Quintus' Parma traf war so gewaltig, dass sie den Eques von den Füßen holte, während das Holz des Schildes längs gespalten wurde...
Quintus stieß dem nächstbesten Germanen, der auf ihn zugestürmt kam, die Hasta mitten in die Brust und ließ die Lanze dann los. Mit den Schenkeln dirigierte er Fuhon herum und zog dabei die Spatha, um dem nächsten Gegner mit einem Streich zu empfangen.
Der Pfad war zu schmal, um darauf vernünftig manövrieren zu können. Als Reiter waren sie hier definitiv im Nachteil. Quintus wollte schon den anderen Eques den Befehl zum Absitzen zubrüllen, als ihn die Erkenntnis durchzuckte, dass er hier nicht das Kommando hatte.
Er zog stattdessen an den Zügeln, worauf Fuhon sich aufbäumte und mit den schweren Hufschuhen einen der heranstürmenden Germanen am Kopf traf. Der Man taumelte blutüberströmt zurück und fiel ins Unterholz...
Eigentlich völlig überflüssig, aber dennoch wie gelernt, brüllte Quintus beim Erschallen des Horns und dem darauf folgenden Angriff:
Hinterhalt!
Quintus war beeindruckt ob der Weisheit, die der Nubier an den Tag legte. Ehe er in Gefangenschaft und damit in die Sklaverei gelangt war musste er ein Offizier oder zumindest ein Unteroffizier gewesen sein. Der Eques war sich sicher, dass Loki keine Ahnung hatte, welch ausgezeichnetes Geschäft er da abgeschlossen hatte.
Er nickte bestätigend und sagte dann zu seinem Bruder:
Genau darum geht es. Es ist nicht wichtig, ob du ein großer Krieger bist oder nicht, denn groß wird man durch Kriege niemals! Glaube mir, ich habe Dinge sehen und getan, auf die ich kaum stolz sein kann. Das Leben als Soldat ist ziemlich belastend, und man muss mit jedem Einsatz darum kämpfen, seine eigene Ehre zu behalten.
Dieses Training hier soll dir die Möglichkeit geben, dich gegen Diebsgesindel, Straßenräuber und Feinde der Familie zu verteidigen. Sollte es hart auf hart kommen, wird Silko genug damit zu tun haben, sich um die Frauen des Hauses zu kümmern.
Auch wenn sich Quintus nicht wirklich sicher war, ob Eila so dringend Hilfe brauchen würde...
Diese Weisheit ist schon richtig und natürlich sollte man auch den Umgang mit Fernkampfwaffen üben, aber diese sind leider nur für das freie Feld sehr gut geeignet. In der Stadt oder in dichten Wäldern sind sie wenn nicht nutzlos, dann zumindest hinderlich. Bei den Übungen hier geht es ja auch nur darum, das Nötigste für die Selbstverteidigung zu vermitteln. Ich glaube kaum, dass wir aus den beiden hier noch große Krieger machen können.
Quintus grinste seinen Bruder an.
Nichts für Ungut, Witjon.
Er wandte sich wieder an Silko.
Sag mal, wenn deine sonstigen Pflichten es zulassen, könntest du dann mit den Jungs weiterhin Übungen durchführen? Es muss nicht täglich sein, aber einigermaßen regelmäßig vielleicht. Ich werde morgen zu meiner Einheit in Confluentes zurück müssen, und kann daher nicht darauf achten, dass sie ihr Training nicht einfach wieder aufgeben.
Quintus deutete mit dem Gladius in Phelans Richtung.
Er zumindest hat einen. Ich denke aber, dass in der Waffenkammer auch noch welche sind. Wieso fragst du?
Er hielt jetzt ganz in seiner Übung inne und betrachtete die Anstrengungen seines Bruders.
Gut, Bruder, aber du musst einen etwas festeren Stand einnehmen. Wenn der Stamm zurückschlagen würde, würdest du umkippen.
Falsche ID...
Verschlafen, soso... Quintus schüttelte den Kopf und deutete mit dem Übungsgladius auf die restlichen Holzwaffen.
Nimm dir schon mal einen Gladius und dann mach dich warm. Fünf Runden um Hros und Garten sollten genügen. Danach kommst du wieder her. Ab dafür!
Der Eques sah dem Jüngling nach, wie er ein Schwert aufklaubte und dann lostrabte. Dem würde schon auch noch Disziplin beibringen...
Als Cupidus herangeritten kam, hob Quintus die Hand. Ein kleiner Spaß würde die Moral der Männer heben.
Salve, Duplicarius, morituri te salutant!
Einige der Männer brachen in Gelächter aus, man konnte jedoch nicht wirklich sagen, ob es das Lachen mutiger oder verzweifelter Männer war.
Als Cupidus ihnen dann die Wurststücke zuwarf, fing Quintus es auf, hob es kurz zum Gruß hoch und steckte es dann ein.
Die esse ich morgen früh auf unser aller Wohl!
Er grinste, lenkte dann Fuhon herum und reihte sich in die Reihe der Equites ein, Brandulf reichte ihm seine Hasta...