Beiträge von Quintus Duccius Eburnus

    Arbjon zog seine linke Augenbraue hoch. Ein untrügerisches Zeichen seiner Verwirrung, das seine engste Familie würde deuten können. Vielleicht auch sein Patron, der ihn während der gemeinsamen Militärzeit immer wieder so gesehen hatte.
    Irgendetwas stimmte bei diesem Opfer nicht... Der Praetorianer konnte nicht fassen, was es war, aber irgendetwas stimmte nicht. Was mochte es bloß sein? Erst als Phelan den Segen der Göttin verkündete, entspannte Arbjon sich und atmete langsam und hörbar aus. Er musste sich wohl geirrt haben...

    Zitat

    Original von Numerius Duccius Marsus


    Ja, das solltest du. Und wenn es ihr unangenehm sein sollte, lass es mich und Lando sofort wissen, damit wir uns was überlegen können. Balbus müssen wir natürlich auch einweihen. Vielleicht lässt sich im Zweifel auch ein anderer Weg finden.


    Wenn Arbjon eines nicht wollte, dann war es, dass die Ehe seines Bruders endete, ehe sie begann. Er musste aber auch daran denken, dass Callistas Onkel sein Patron war, den er nicht verärgern wollte, und außerdem war da noch die familiäre Nähe zum Imperator Augustus...

    Arbjon steiß seinem Bruder mit dem Ellbogen in die Seite. Witjon hatte einen recht glasigen Blick, schien aber noch einigermaßen bei der Sache zu sein.


    Mach dich schon mal darauf gefasst, dass das auch dir bald bevorsteht, raunte der Praetorianer. Wird deine römische Braut das denn auch durchstehen? Ich meine vor Zeugen und so...

    Arbjon sah seiner Base nach, wie diese wieder das Kaminzimmer verließ. Dann schüttelte er den Kopf und kam zu den anderen herüber. Er nahm sich einen Becher Met und einige Oliven.


    Ganz schön seltsam, deine Schwester. Zieht ein Bad einer guten Mahlzeit vor, meinte er zu Phelan. Ich schätze, du kannst Orestes schreiben, dass wir das Erbe annehmen. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass es da viel zu erben gibt, aber wer weiß schon, welche Schätze Dagny vielleicht noch so im Garten vergraben hat.

    Da waren sie also, Elfleda und Lando bezogen ihr neues, gemeinsames Quartier und würde ihre Ehe gleich vor Zeugen vollziehen. Neben einigen Zeugen aus Elfledas Sippe waren als duccische Zeugen Dagmar, Eila, Witjon und er selbst, Arbjon, anwesend.


    Arbjon war weder schüchtern noch prüde, aber irgendwie fühlte er sich alles andere als Wohl in seiner Haut. Lag es vielleicht am Met oder am Bier? Wohl kaum! Dies war ein privater, persönlicher Moment zwischen seinem Vetter und seiner neuen Base, und da wollte er eigentlich nur ungern stören.


    Dennoch war Tradition nun einmal Tradition, und es war vorgeschrieben, dass der erste Akt der Ehe vor Zeugen ablief. Also positionierte sich Arbjon unmittelbar neben dem Fenster, so konnte er im Zweifel immer noch auf die Stadt herunter blicken...

    Der Gedanke an ein Kleid sprang fast unmittelbar zum Gedanken an seine verhasste Toga, und so konnte Arbjon nur schief grinsen.


    Wenn du wüsstest, Kleiner.


    Dabei überragte ihn Ragin sogar um ein paar Zentimeter...

    Ein wenig schmerzverzerrten Blicks und beinahe wieder nüchtern lächelte Arbjon Alrik schräg entgegen, als dieser wieder zurückkam.


    Watt wor datt dann? Häste ene hohle Ast in dinger Schnüss versteck?


    Dann tauchte schon Elfleda auf, die eine Arbjon noch unbekannte junge Frau bei sich hatte. Er erkannte sie als die Brautfrau wieder, vorgestellt hatte man sie ihm aber noch nicht.
    Lando begrüßte seine Frau und wunderte sich dann über Callista, die stumm und fuchtelnd auf der Tischbühne stand.


    Villeisch will et jo en Fleej affwimmele...

    Erben? Von der armen Dagny? Was hatte das Kind denn besessen, das man vererben könnte. Arbjon nahm sich einen Becher und füllte ihn mit Bier. Er glaubte zwar nicht, dass Dagny irgendetwas wirklich Wertvolles, sah man von persönlichen Dingen ab, besessen hatte, das nicht ohnehin schon im Besitz der Familie war, aber der römische Staat sah dies offenbar anders.


    Was hat Dagny denn besessen, das man vererben könnte? Grundsätzlich bin ich natürlich bereit, das Erbe anzutreten, ehe es in der Staatskasse oder in der Sammlung eines reichen Römers verschwindet. Ich kann nur nicht wirklich glauben, dass da was ist.

    Arbjon, der seinen "Urlaub" genoss, solange dieser noch währte, war den ganzen Tag unterwegs gewesen und erst recht spät wieder in die Casa zurückgekehrt. Dort fand er Phelans Nachricht vor und begab sich ohne weitere Umschweife is Kaminzimmer, wo er neben dem Nachrichtenschreiber auch seinen Bruder vorfand.


    Heilsa, ihr zwei. Was ist los?

    Die unbestimmte Handbewegung Albins in ihre Richtung ließ eigentlich nur den Schluss zu, dass Arbjon jetzt an der Reihe war. Schließlich war er sozusagen der Einzige aus ihrer kleinen Runde, der sich noch nicht zum Narren gemacht hatte. Eigentlich war er auch noch viel zu nüchtern, aber was sollte es...


    Gib das mal gerade her.


    Er nahm seinem Bruder den Humpen aus der Hand und leerte ihn in einem Zug. Auf dem Weg zur improvisierten Bühne folgten noch drei Humpen Bier und zwei Becher Met. Den letzteren nahm er sogar noch mit auf die Bretter, die das Ende seines guten Rufs bedeuten würden.
    Er flüsterte den Spielleuten etwas zu, worauf zwei von ihnen erst einmal schallend lachten, dann aber begannen sie zu spielen...


    Keinen Tropfen im Becher mehr
    Und der Beutel schlaff und leer,
    Lechzend Herz und Zunge,
    Angetan hat's mir dein Wein,
    Deiner Äuglein heller Schein
    Lindenwirtin, du junge!
    Lindenwirtin, du junge!


    Bei der ersten Zeile drehte Arbjon den leeren Becher demonstrativ herum und warf ihn dann in die Menge. Und spätestens ab der ersten Wiederholung sangen die Leute dann auch mit, so dass der Duccier schon bei der zweiten Strophe etwas mutiger wurde...


    Angekreidet wird hier nicht,
    Weil's an Kreide uns gebricht,
    Lacht die Wirtin heiter,
    Hast du keinen Heller mehr,
    Gib zum Pfand dein Ränzlein her,
    Aber trinke weiter.
    Aber trinke weiter.


    Tauscht der Bursch sein Ränzlein ein,
    Gegen einen Krug voll Wein,
    Tät' zum Geh'n sich wenden.
    Spricht die Wirtin: Junges Blut,
    Hast ja Mantel, Stab und Hut,
    Trink und lass dich pfänden.
    Trink und lass dich pfänden.


    Jetzt ging die Hochzeitsgesellschaft schon richtig mit, einige tanzten wieder und andere prosteten sich und dem Sänger zu, der im Takt der Musik hin und her schwankte. Bier und Met taten eine erste Wirkung...


    Da vertrank der Wanderknab'
    Mantel, Hut und Wanderstab,
    Sprach betrübt: "Ich scheide.
    Fahre wohl du kühler Trank,
    Lindenwirtin jung und schlank,
    Lieblich Augenweide.
    Lieblich Augenweide.


    Spricht zu ihm das schöne Weib:
    Hast ja noch ein Herz im Leib,
    Lass' mir's trauter Wandrer!
    Was geschah, ich tu's euch kund:
    Auf der Wirtin rotem Mund
    Brannte heiß ein andrer!
    Brannte heiß ein andrer!


    Der dies neue Lied erdacht,
    Sang's in einer Sommernacht
    Lustig in die Winde.
    Vor ihm stund ein volles Glas,
    Neben ihm Frau Wirtin saß
    Unter der blühenden Linde
    Unter der blühenden Linde


    Während die Spielleute noch die letzten Takte des Liedes erklingen ließen, grölte und johlte die Menge und Arbjon schwankte von der Bühne und rief noch Isch will datt die Braut singe dät!. Irgendwer drückte ihm einen Becher in die Hand und zwei weitere Becher später stand er betont aufrecht wieder beim Brautpaar und seinen sonstigen Verwandten.


    Un? Wie wor isch? Bin isch jot jewäs?

    Heilsa Sontje, wir können natürlich gerne später miteinander tanzen. Uhti mag es lieber wild und Albit dürfte kaum in der Verfassung sein, viele Tänze durchzustehen.


    Bei diesen Worten schielte Arbjon zu seinen Schwestern rüber. Uhti, die jüngere, hatte ihn offenbar nicht gehört, aber Albit, die im siebten Moant schwanger war und sich auch gerade den Bauch hielt, blickte ihn nur finster und schmallippig an...

    [Blockierte Grafik: http://img.photobucket.com/albums/v477/skreet/Ildrun.jpg]|Ildrun
    Albin? Albin, bist das wirklich du? Wie geht es dir? Wie ist es dir ergangen?


    Die Freude über das Wiedersehen ließ Ildrun sich fast wieder wie ein junges Mädchen fühlen.


    Ja, dies sind meine Töchter. Ich schätze, meine Söhne kennst du dann ja wohl schon. Ist denn einer von ihnen derzeit hier im Haus? Oder treiben die beiden sich wieder irgendwo herum?


    Sie folgte Albin ins Haus, ihre Töchter trotteten hinterher...

    Als seine Mutter anfing, ihn wie einen kleinen Jungen zu behandeln, wurde es Arbjon allmählich zuviel.


    Mutter! Hör endlich auf damit, mein Gesicht ist sauber, im Gegensatz zu Uhtis. Ist sie in einen Farbtopf gefallen? Und außerdem und überhaupt, du hast doch gesagt, dass ich zur Armee soll, um Disziplin zu lernen. Jetzt leb auch damit, dass du mit Enkeln aus meiner Richtung erst einmal nicht zu rechnen brauchst...


    Einiges Weitere ging murmelnd in Arbjons Bart unter. Das war allerdings auch gut so, sonst käme seine Mutter am Ende noch auf die überaus dumme Idee, ihn über's Knie legen zu wollen...

    Arbjon nickte Vala zu und reichte ihm die Hand.


    Sehr erfreut, Alrik. Darf man fragen, wie es dir in Mogontiacum gefällt?


    Arbjon sprach weiterhin Latein, damit auch Callista das Gespräch verstehen würde. Er wusste zwar nicht, wie Vala mit der Sprache umgehen konnte, aber das ließ sich ja herausfinden. Der junge Mann vor ihm zumindest schien bereits seit Beginn des Festes in Bierlaune gewesen zu sein, denn gewisse Ausdünstungen strömten, wenn auch nur ganz fein, von ihm herüber...

    Sie waren bei einer Seherin?


    Seltsam, sein Bruder hatte ihm gar nichts davon geschrieben. Nunja, er würde sicherlich noch Gelegenheit finden, sich über die jüngsten Abenteuer Witjons aufklären zu lassen.


    Soso, Alrik also. Ich hoffe, er weiß sich zu benehmen.


    Er wendete sich abrupt ab und Sontje zu.


    Willst du dann vielleicht zuerst... Ich warte hier.

    Lass uns nicht länger über die Verfehlungen anderer streiten, Kriege wurden aus nichtigeren Gründen begonnen und verloren...


    Der Schluss war ein Zitat seines Lehrer aus der Schule in der Colonia Agrippina gewesen, aber das musste er Sontje ja nicht auf die Nase binden. Er grinste und blickte sich um. Wo sollte er seine Base jetzt hin entführen? Da fiel sein Blick nochmals auf die Tanzfläche, wo er Aelia Vespa erspähte. Er deutete in ihre Richtung.


    Siehst du die Römerin, die dort tanzt? Das ist die Nichte des Kaisers. Aber wer ist denn ihr Tanzpartner?


    Balbus war es jedenfalls nicht. Arbjon kannte den Germanen nicht. Er hoffte nur, dass es auf diesem Fest nicht zu Verwicklungen kommen würde...