Beiträge von Prosekon tou Mouseiou

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    ~ Sosimos von Korinth ~


    Sosimos schloss die Augen, während der Quintilier erzählte, und auch, als dieser geendet hatte, sagte er einen Moment lang noch immer nichts mit beständig geschlossenen Augen, so dass der Eindruck entstanden sein mochte, er wäre wieder eingeschlafen. Schließlich kam ein langgezogenes “Hmmmm“ von dem alten Mann, ehe er sich in seinem bequemen Stuhl etwas mehr aufrichtete und den Soldaten vor sich musterte.
    “Athen ist eine altehrwürdige Stätte von höchster Bildung, allerdings reicht auch ihre Weisheit nicht an die unsere heran, seit der göttliche Alexander beschlossen hat, diese Stadt zu erbauen mit dieser Stätte der Muse und Bildung.“
    Sein Blick richtete sich direkt auf den jüngeren Mann vor sich. “Dein Dienst wird dir kaum die Zeit lassen, hier ein Leben als Schüler zu führen, mit den anderen Schülern hier zu lernen und zu arbeiten und einem der zahllosen Philosophen hier als Schüler deine ganze Aufmerksamkeit zu widmen. Zumal die Zeichen der Zeit eher so aussehen, als ob bald Krieger mehr zu tun haben als Männer, die sich den schönen Künsten verschrieben haben.
    Gemessen an dieser Tatsache denke ich nicht, dass du Schüler des Museions wirst sein können. Allerdings ist dein Wunsch nach höherer Bildung löblich, so dass ich dir die Erlaubnis gewähre, hier deine Studien zu vertiefen und den weisen Männern zu lauschen. Vielleicht kannst du etwas ihrer Weisheit aufsaugen und mitnehmen in die weniger zivilisierte Welt.“
    Womit er hauptsächlich das römische Imperium meinte.

    Oibalos von Myrina
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    "Bei den Göttern..", fluchte der nackte Gelehrte geräuschvoll in seinen Bart, "Wieso schicken sie uns die Rhomaeer, wenn diese nicht einmal in der Lage sind die einfachsten Dinge zu durchschauen?"


    Mit unfassbar enttäuschter Miene blickte er den Rhomaeer kopfschüttelnd an, raffte sich dann jedoch auf und griff sich an die Toga, die er nicht trug: "Also, noch einmal... und hör mir GANZ GENAU zu, Rhomaeer... du hast zwei Parteien, die miteinander einen Friedensvertrag haben. Diese beiden Parteien haben stets wechselnd Bündnisse und Kriege mit stets wechselnden kleineren Parteien um sie herum. Was kann dabei, oder, nein, was MUSS dabei zwangsläufig geschehen?"
    Herausfordernd blickte er den Römer an, vielleicht kam er ja doch darauf, ohne dass er ihn direkt mit der Nase darauf stoßen musste.



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    ~ Sosimos von Korinth ~


    “Ich bin nicht Epistates, ich übe diese Position nur in Stellvertretung aus, bis es dem Basileus gefällt, einen würdigen Mann auf diesen Posten zu berufen. Oder sollte ich besser sagen, bis es einen Basileos gibt, dem es gefällt, einen würdigen Mann auf diesen Posten zu berufen?“ begann er müde und kam damit wohl direkt auf die momentanen Probleme der Provinz und der gesamten Welt zu sprechen.
    Sein Blick ruhte einen Moment auf dem jungen Mann vor ihm. Eine zivilisierte Sprache konnte er schon einmal, aber dennoch war Sosimos nicht übermäßig angetan. “Und du bist also Soldat und Sohn eines Soldaten“, fasste er zusammen. “Und auch weiterhin wird der Schwerpunkt deines Lebens abseits von Alexandria liegen und darin bestehen, zu kämpfen und Krieg zu führen. Dieser Tage vermutlich noch mehr als ohnehin schon. Also sage mir, Ritter der Rhomäer, was du hier lernen willst, und wie? Die meisten unserer Schüler verbringen ihr halbes Leben in diesen Hallen, dicht bei ihren Lehrern, um von ihrer Weisheit aufzusaugen, und sind vertieft in die Erweiterung ihres Geistes und der schönen Künste, und natürlich dem Dienst an den Göttern, deren Tempel das Museion ist.“

    Der Schreiberling verschwand und kam nach einer kurzen Zeit wieder, ohne den Quintilier jedoch gleich hinein zu bitten. Es dauerte eine Weile, vielleicht eine halbe Stunde, ehe die Tür erneut aufging und ein paar leise geflüsterte Worte gewechselt wurden, ehe der Schreiberling aufstand und zu dem Rhomäer hinüberwinkte. “Du kannst hineingehen, Sosimos von Korinth erwartet dich.“

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    ~ Sosimos von Korinth ~


    Wie immer saß Sosimos im Arbeitszimmer des Epistates und blickte hinaus in die Gärten des Museions. Seine altersfleckige Hand ruhte auf der Lehne seines Stuhls und er ließ sich die warme Sonne ins Gesicht scheinen. So mit geschlossenen Lidern sah er aus, als würde er schlafen, und so ruhig wie er atmete, mochte das auch für einen Moment durchaus so sein.
    Die Bürde des Amtes lastete schwer auf ihm, ebenso wie die Bürde der Geschehnisse außerhalb seines Arbeitszimmers. Die letzte Versammlung hatte ihm ein paar neue Sorgenfalten beschert – von denen er schon übermäßig viele im Gesicht trug. Und wenn er in die Zukunft blickte, dann sah er noch ein paar mehr, die den jetzigen Gesellschaft leisten würden. Eine schlimme Zeit für alle Menschen. Er hatte gehofft, in seinem Alter keinen Krieg mehr miterleben zu müssen. Er hatte gehofft, nach seinem Brief an den Kaiser von diesem oder seiner Kanzlei Antwort zu erhalten, die einen jüngeren und kräftigeren Mann zum Epistates ernennen würde. Zu gern würde er die Last dieses Amtes auf kräftigere Schultern verteilen wollen. Nachdem Nikolaos Kerykes zum Epistates ernannt worden war, hätte er nicht gedacht, noch einmal in diesem Zimmer zu sitzen und sich die Sonne ins Gesicht scheinen zu lassen und über die Zukunft der Menschen zu grübeln, die in den Gebäuden jenseits seines Blickes ihr Leben verbrachten.


    Sosimos hörte, wie die Tür ging, blieb aber noch einen Moment in seinen Gedanken, ehe er müde seine Stimme erhob.
    “Chaire. Setz dich, junger Mann. Man sagte mir, du möchtest gerne Akroates des Museions werden. Erzähl ein bisschen von dir.“ Er öffnete die Augen und besah sich den Jüngeren genauer. Rhomäer waren immer etwas skeptischer zu betrachten.

    Einer der Schreiberlinge schaute von seinen Listen auf, als der Sklave sich zu Wort meldete, und sah dann an ihm vorbei zu dem Herren, den er ganz kurz musterte. Nach dem letzten irren Rhomäer, der hier hereinspaziert war, waren die Schreiberlinge etwas aufmerksamer, was neue Schüler anging. Vielleicht gab es ja wieder was zu lachen?
    "Ist dein Herr einer zivilisierten Sprache mächtig?" Das damit Koine oder Attisch gemeint war, verstand sich für den Schreiberling von selbst. "Wenn ja, kann er einen Moment warten, bis der stellvertretende Epistates Sosimos von Korinth Zeit für ihn findet. Er kann sich dort drüben setzen, wenn er will. Ich werde ihn dann anmelden."

    Oibalos von Myrina
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    "Na, wissen wir das?", mahnte Oibalos mit verschmitztem Grinsen den Athen-Verteidiger, "Vielleicht kann man Athen auch wegen ihrer tyrannischen Vergangenheit einfach eine Affinität zur Macht ankreiden? Vielleicht war es auch einfach nur Zufall?"
    Nachdem der Schüler nach dieser Schelte verstummt war, und auch kein anderer herbeisprang um den Gedanken aufzugreifen wechselte der Gelehrte völlig auf das Sparta-Thema: "Sehr richtig... und wozu konnte das führen? Wozu HAT es letztlich geführt?"
    Unangenehmes Schweigen folgte.. hier und da ein Räuspern, aber wirklich melden wollte sich niemand. Also taperte der nackte Gelehrte näher an die Reihen der Schüler, und suchte sich dem Zufallsprinzip folgend einen Schüler raus, der ihm antworten sollte, und erwischte dabei einen Mann, dessen Namen er freilich nicht kannte, aber anderen als Iullus Sermo von den Quintiliern bekannt war: "DU DA! RHOMÄER!!! Sage mir dies,... wozu kann es letztlich führen, wenn zwei Giganten sich gegenseitig vornehmlich aus dem Weg gehen um einen Krieg zu führen... der eine aber über ständig wechselnde Bündnisse verfügt, während der andere seinen Machtbereich auszuweiten sucht?"



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    Oibalos von Myrina
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    "Jaja, jaja....", wedelte der nackte Gelehrte gelangweilt mit der Hand, als er die Wortmeldung des dürren Rhomäers mit dem komischen Blick hörte, "..das ist ja doch irgendwo alles richtig. Und gleichsam falsch, aber ich trage keinem Rhomäer nach die Tradition der hellenischen Poleis nicht zu verstehen."
    Unter den anderen Besuchern machte sich wenig verhaltenes Gelächter breit, und schließlich hob sich die Hand eines offenbar hellenischen Ursprungs entstammenden Schülers: "Die sagenumwobenen Poleis der hellenischen Welt waren stolz und autarke Wesen, die großen Wert auf ihre Tradition legten. Ihre Vielzahl spiegelte den großen Geist des Hellenentums wieder, der sich nicht nur mit einem Gedanken zufrieden gab... ganz wie die vielen Oikomenes, die die Keimzellen des Hellenentums waren. Die glorreichen Siege über die Meder brachten die Poleis einander näher, ja, aber doch war es ihre wunderbare Vielzahl, die wieder dafür sorgte, dass die Tradition der autonomen Poleis nicht der Tyrannei eines einzelnen untergeordnet wurde! Es war Athen, ja, die Stadt der vielen Werte und Gedanken, die mit dem attischen Seebund gerade in Versuchung geführt wurde sich zu diesem Tyrannen auszuschwingen.. aber dies konnten die anderen fabelhaften Poleis nicht dulden, alleine der langen Tradition wegen! Stabilität, pah! Es wäre närrisch von jeder Poleis sich einem großen Hegemon zu unterwerfen, würde sie damit doch die Größe der eigenen Geschichte mit Füßen treten!"


    Der nackte Gelehrte hörte sich diese Worte mit zunehmender Zustimmung an, und klatschte schließlich so auffordernd laut in die Hände, dass sich kaum ein anderer der Schüler dessen entziehen konnte: "Bravo! Bravo! Wirklich sehr genau... präzise, fantastisch! Wenn doch jeder solch treffende Analyse liefern könnte! Aber zurück zum Thema... Athen, als Stadt der vielen Werte und Gedanken.. wieso verfiel gerade Athen der Verführung der Macht durch den attischen Seebund? Und Sparta? Was ist mit Sparta?"


    Oibalos von Myrina
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    "Durchaus nachvollziehbar..", ließ der nackte Gelehrte vernehmen, und nickte dazu anerkennend dem Kommentator zu. Im folgenden ließ er sich detailliert zu den Strukturen des attischen Seebundes aus, die zur Machtkonzentration auf Athen und zur schon fast zwangsweisen Eingliederung der anderen Poleis im Bund führten.


    "Welche Effekte konnte man dieser Konstellation zuschreiben? Und wie stand diese zur Tradition der Poleis sowohl im griechischen Kernland als auch im ganzen hellenischen Raum?"



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    Oibalos von Myrina
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    Es waren nicht wenige der Studenten anwesend, die sich schon die Kurse über Sparta und Athen zu Gemüte geführt hatten, konnte man doch ohne Probleme von beiden Poleis ohne größere Probleme zum größten Konflikt der griechischen Geschichte überleiten: dem Peloponnesischen Krieg.
    Entsprechend der Art der beiden Dozenten in den Vorgängerkursen war die Spannung auch relativ groß, was für einen Habitus der für diesen Kurs angekündigte Philosophos Oibalos von Myrina an den Tag legen würde... immerhin bot dies für den desinteressierten Lerner weit mehr Unterhaltungswert als die Quintessenz des dargelegten Stoffs. Es gab Gerüchte über die Eigenarten des Philosophos, aber brauchbare Augenzeugen gab es keine... oder diese hielten sich einfach nur bedeckt.
    Als sich schließlich der Vorhang auftat, aus dem normalerweise die Philosophoi traten, hielten viele Studenten vor Spannung die Luft an. Heraus trat ein leicht untersetzter Mann mit freundlich lächelndem Gesicht und vollkommen unspektakulärer Haltung, der lockeren Schrittes in die Mitte der Exedra trat und einige der Studenten gar beim Namen grüßte. Kein erstauntes Raunen, kein garnichts... die Studenten schwiegen beim Anblick des Philosophos, der den Eindruck eines Allerweltsmannes machen... könnte,.. wäre er nicht vollkommen unbekleidet.


    Ansonsten schien der Mann sich so zu geben als wäre es das normalste der Welt gänzlich nackt Kurse im Museion abzuhalten.. und an der Miene der erfahreneren Studenten konnte man ablesen, dass es zumindest in diesem Fall anscheinend so war.
    Lässig lehnte sich der Gelehrte an einem größeren Tisch ab, auf dem ein Haufen Papyri lag, wahrscheinlich von einer vorhergehenden Sitzung vergessen worden.


    "Werte Schüler...", begann der Gelehrte seinen Vortrag, "...ihr habt euch hier eingefunden um etwas über die große Krise der Hellenischen Welt zu erfahren... den großen Krieg der die Zeiten für alle Zeit verändern sollte. Alle von euch sollten von den großen Poleis Sparta und Athen gehört haben... und die meisten von euch sollten wissen, wie diese Poleis verfasst waren. Ich werde euch heute erzählen, warum es gerade die größten Poleis waren, die das Ende der Hochzeit der Griechen besiegeln sollten. Wer kann mir sagen, was der Attische Seebund war?"


    Es dauerte mehrere Momente, bis sich zögernd die Hand eines der Lernwilligen hob, und er dem Gelehrten und damit auch allen anderen von der Natur und der Entwicklung des Attischen Seebundes erzählte.
    "Genau dies... aber letztlich wurde er wohl zum bloßen Machtinstrument einer immer mächtigeren Polis Athen!", setzte der Gelehrte schließlich hinzu, "Weil sie die Kontrolle über die mächtige Flotte hatte... und seine angeschlossenen Poleis nurmehr zu Geldgebern für diesselbe wurden die sich nicht mehr von diesem lösen konnten ohne ihn gegen sich aufzubringen... hatte Athen also wie gerade richtig dargestellt die Möglichkeit so ihren Einflussbereich massiv auszuweiten... oder etwa nicht? Was bedeutete dies für die restlichen Poleis? Besonders die auf der Peloponnes?"



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    IM NAMEN DER HEILIGEN BRUDERSCHAFT DER MUSEN UND DES APOLLON ZU ALEXANDRIA ERKLÄRE ICH, DASS


    TITUS DUCCIUS VALA


    den am Museion abgehaltenen Kurs


    Geschichte, politische Verfassung und Heer der lakonischen Polis Sparta



    mit größtem Erfolg abgeschlossen hat. Er erhält hierfür vom Museion zu Alexandria eine


    die Zeugnis gebe von seinem erworbenen Wissen.


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    gez.
    Amyntor von Knossos



    Amyntor von Knossos
    [wrapIMG=left]http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/47.jpg[/wrapIMG] Am kommenden Tage, als es der Ankündigung nach um militärische Aspekte gehen sollte, konnten die eintreffenden Studenten sehen, dass der gesamte Boden der Exedra mit Punkten übersäht war. Es waren nicht nur vier verschiedenfarbige, sondern zig. Die Studenten, die als letztes kamen, hatten nicht die geringste Ahnung welche der Frühkommer es gewesen waren, und diejenigen, die es wussten, hielten mit diebischem Grinsen dicht.
    Als Amyntor von Knossos schließlich die Szene betrat, so würdevoll und erhaben wie eh und je, steigerte sich so manches Grinsen ins unermessliche, und hatten die Studenten schon in den vorigen Sitzungen keine Probleme gehabt sich ruhig zu verhalten, so machte sich nun erwartungsvolle Grabesstille breit, als würde jeder die Luft anhalten um bloß nicht den Moment zu versauen, in welchem der Gelehrte die Bodenbemalung bemerken würde. Dieser Moment kam relativ schnell, denn dem Gelehrten viel schon wenige Schritte später auf, dass er sich bereits in einem ganzen Feld von Punkten befand, und mit zurückgelegter Wegstrecke immer irritierter dreinblickte. Als er in der Gegend angekommen war, in der eigentlich sein per rotem Punkt markierter Stammplatz markiert worden sein sollte, begann der Gelehrte erst ziellos durch die Gegend zu laufen, bis er sich schließlich in einer Wanderspirale wiederfand und irgendwann einfach nur noch auf einem Fleck rotierte.. bis er schließlich schlichtweg umkippte und mit dem Gesicht auf dem Boden liegen blieb. Das daraufhin aufkommende Raunen der Studenten unterbrach sich abrupt als der kleine dicke Mann eintrag, gefolgt von den beiden Malern.. und sich einfach auf irgendeinen wahllosen Punkt stellte, und den großen Amyntor vollkommen ignorierend zu dozieren begann.


    "Der große Amyntor von Knossos...", begann er wie immer, als würde der große nicht wenige Schritte entfernt reglos auf einem von bunten Punkten übersähten Boden liegen, "...der unerschütterliche Mittler des alten Wissens, wird euch heute von der sagenhaften Armee Spartas erzählen lassen, welche sämtliche Spartiates über dreissig Jahre beinhaltete. Die spartanische Armee gliederte sich in..."
    Die Studenten waren ziemlich irritiert von der Tatsache, dass man den großen Amyntor einfach auf dem Boden liegen ließ, und so dauerte es seine Weile, bis die Studenten sich wieder auf das konzentrieren konnten, was der kleine dicke Mann ihnen dozierte.


    Man mochte es der fehlenden Funktion des Amyntor zuschreiben, oder einfach der Tatsache, dass die Exedra mit Studenten der verschiedensten Reichsteile.. aber eben vor allem Hellenen.. gefüllt war. Aber man mochte sich nicht vorstellen, dass jemand einfach "MOMENT!! Wie war das gerade?" gerufen hätte, wenn der große Knosser noch gerade stand... und eben nicht flach lag.
    Der kleine dicke Mann hielt irritiert inne: "Wie soll was gerade gewesen sein?"
    "Na, das mit der Aufstellung der Hopliten!", wiederholte der Rufer, was viele Studenten dazu veranlasste den Kopf zu wenden und nach ihm Ausschau zu halten.
    "Du solltest besser aufpassen.", schalt der kleine dicke Mann ihn, und wiederholte was er gerade über die Aufstellung der spartanischen Hopliten gesagt hatte... von der großen Mora bis zum einzelnen Hopliten hinab.
    "Du hast da was weggelassen, was du eben gesagt hast!", rief der Rufer wieder dazwischen, als der kleine dicke Mann nach der Wiederholung fortfahren wollte.
    "Was soll ich schon weggelassen haben?", runzelte der kleine dicke Mann die Stirn.
    "Gerade eben hast du noch gesagt: Und dies machte die spartanische Armee zur Besten und Gefürchtetsten der hellenischen Welt!!", protestierte der Rufer erneut, was ein Raunen der anderen Studenten zur Folge hatte.
    "Und?", antwortete der kleine dicke Mann, "Das war doch auch so!"
    "NEIN! WAR ES EBEN NICHT!", schrie der junge Mann mit dichtem Lockenkopf darauf hin, "Die spartanische Armee war nur ein feuchter Abklatsch der von Athenern entwickelten Phalanx! Nichts anderes!"
    "Wie heißt du, junger Mann?", wandte sich der kleine dicke Mann an den Störenfried.
    "Ich...?", stolperte der Angesprochene kurz über seine eigene Zunge, "..ich.. ich bin Patroklos..."
    "Patroklos von....????", hakte der kleine dicke Mann nach.
    "...von... von... Sigeon.."
    "...von wo? Lauter bitte... meine Ohren, weißt du...", stichelte der kleine dicke Mann weiter.
    "VON SIGEON!!", gab der Störenfried zerknirscht zu.
    "HAH!!!", machte der kleine dicke Mann daraufhin siegessicher, "Sigeon... einer der ältesten und treuesten Kolonien der attischen Polis... Athen?"
    "Das hat nichts zu bedeuten!", protestierte der Student trotzig, "Die spartanische Armee war trotzdem nur ein feuchter Abklatsch..."
    "Feuchter Abklatsch?!", rief nun ein weiterer Student dazwischen, "Das ist ja wohl ein Witz! Die spartanische Armee war die gefürchtetste der ganzen hellenischen Welt! Ihre Disziplin sagenumwoben, ihre Schlagkraft unglaublich und ihre Geschlossenheit suchte ihresgleichen!"
    "Das war doch sowas von klar.. hört den Spartaner! Amonos von Sparta! Hast du auch Argumente, die für dich sprechen?", giftete der Sigener.
    "Selbstverständlich!", grollte der Spartaner, "Die Armee war ein in sich verzahntes Bollwerk! Wie war das? Die Athener verzichteten auf größere Ordnung? In Sparta hat jeder Hoplit seinen Platz... jeder Hoplit hat seinen Offizier, jeder Offizier hält seine Ordnung in den Enemotia, die Pentekostys..."
    "Ach, komm mir nicht damit!", unterbrach ihn der Sigener, "Eure Ordnung war doch nicht mehr als ein reines Schauspiel für euch selbst! Ihr habt euch eure Siege erkauft, ihr ehrloses Pack!"
    "Sag das nochmal, Hund eines Atheners...", spottete der Spartaner zurück.
    "Ich zeig dir gleich was der Hund eines Atheners so alles kann, du zahnloser Ochse!", stand der Sigener auf und reckte die Brust kampfeslustig heraus...
    "Meine Herren...", wollte der kleine dicke Mann unterbrechen, doch da war es schon zu spät, der nur wenig entfernt sitzende Spartaner hatte sich seinen Weg flugs durch die anderen Studenten gebahnt und sich mit Gebrüll auf den Sigener geworfen.. eine Keilerei entbrannte, die so langsam auch auf andere Studenten übergriff, weil sich die überall aufflammenden Diskussionen durch das Beispiel der beiden Streithähne ebenfalls in handfeste Auseinandersetzungen mündeten.
    Es dauerte eine ganze Weile bis der kleine dicke Mann sich entschloss Hilfe zu holen während die beiden noch rumstehenden Maler dem Schauspiel mit sichtbarem Amüsement zuschauten.. als dann schließlich Ordnungskräfte eintrafen um die Massenschlägerei aufzulösen.. als der Trubel sich verflogen hatte, die Studenten der Exedra verwiesen wurden und der Kurs für abgeschlossen erklärt wurde, lag der große Amyntor immernoch am Boden.



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    ~ Sosimos von Korinth ~


    Eine alte und fast ein wenig leise Stimme erhob sich aus dem Gewirr des Gemurmels.
    “Ich muss Philetos Chatidakis insoweit zustimmen, dass wir wirklich eine freie Polis sind und dies auch durch Gesetze sowohl unserer Stadt als auch der Rhomäer geschützt ist. Und ich muss ihm ebenfalls zustimmen und beglückwünsche ihn zu seiner guten Rechtskenntnis, dass eine Änderung an diesen Gesetzen herbeizuführen und damit die Freiheit, Eigenständigkeit und Demokratie dieser Stadt und ihrer Bewohner zu beschneiden als Hochverrat angesehen wird und als eben solche mit dem Tode bestraft wird.“
    Sosimos holte kurz Atem. Diese Sitzungen strengten ihn an, fast noch mehr als die Verwaltung des Museions. Er war schon alt und der Regen machte seinen Knochen zu schaffen, und im Grunde war er mehr als gewillt, sowohl den Platz des Epistates als auch den des Gelehrten hier einem jüngeren, kräftigeren Mann zu überlassen. Nur konnte er auch nicht in Frieden seinen Lebensabend verbringen, wenn ein derart hitzköpfiger junger Mann zu solchen Reden griff. Und bevor dieser also seinen Sieg mit einem weiteren Kommentar fixierte, fuhr der alte Mann fort.
    “Deshalb bin ich mir auch sicher, dass der ehrenwerte Gymnasiarchos dieses Wort nur unüberlegt gesprochen hat und nicht in der Weise gemeint hat, wie du es hier interpretiert hast, Philetos. Immerhin sind wir seit über hundert Jahren den Rhomäern nun in Freundschaft verbunden, weshalb wir ihnen gerne das Getreide geben und dem Basileos unsere Steuern als Geschenk schicken. Seit über hundert Jahren halten wir uns an die Verträge, die wir in der Erkenntnis, dass der rhomäische Kaiser unser Schutzgott und der wiedergeborene Alexander ist, geschlossen haben. Und wenngleich der Basileos und sein Erbe nun verschieden sind und noch kein neuer Herrscher für Rom und vergöttlichter Alexander für Ägypten gefunden ist, so ist sein Stellvertreter, der Eparchos, noch sehr am Leben. Und auch ihm sind wir in Freundschaft verbunden.“

    Amyntor von Knossos
    [wrapIMG=left]http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/47.jpg[/wrapIMG] Der folgende Tag wurde von noch längerer Wartezeit für die Schüler bestimmt. Gut eine Stunde lang ließ der Philosophos von Knossos auf sich warten, bevor er schließlich mit der altgewohnten Würde und so weiter in die Exedra geschritten kam. Als er sich jedoch dem alten Platz näherte, an dem er in den beiden Tagen zuvor gestanden hatte, blieb er auf einmal abrupt stehen und starrte auf den Boden. Da war kein roter Punkt. Sein Mund öffnete sich... und schloss sich wieder. Mit einem Mal richtete sich Amyntor von Knossos wieder auf, Unglauben im Blick, und sah zurück zu dem verhangenen Durchgang, aus welchem er soeben gekommen war. Wieder öffnete sich sein Mund... und schloss sich wieder. Und noch einmal... nur um sich wieder zu schließen. Es folgte peinliche Stille... und der Philosophos begann ziellos im Raum herum zu laufen. Mit Ungläubigkeit und Sorge im Gesicht wanderte der Gelehrte durch den Raum, und dieses Schauspiel zog sich mehrere Minuten lang hin, bis ein vollkommen abgehetzt wirkender Diener mit vier Pötten Farbe durch den Vorhang geeilt kam, irgendwas brabbelte und sich schließlich auf die Knie niederzulassen um in sorgsamster Kleinstarbeit vier Punkte an vier verschiedenen Stellen auf dem Steinboden aufzumalen. Einen in Rot, einen in Blau, einen in Grün, und einen in Schwarz. Nachdem er dieses getan hatte, nahm der Diener mit den vier Farbeimern sorgsam Aufstellung über dem schwarzen Punkt, sehr wohl darauf bedacht, die frische Farbe nicht zu berühren. Als dies geschehen war, und der Philosophos bei seiner unruhigen Wanderung durch die Exedra in der nähe des roten Punktes vorbeikam hielt er überrascht erneut inne, betrachtete sich den roten Punkt sehr genau... und stellte sich sogleich darüber auf, ohne Rücksicht auf die frische Farbe zu nehmen. Als er dies getan hatte, starrte er seine Schüler weitere fünf Minuten lang unentwegt an. Nach diesen fünf Minuten erhob er wieder den linken Arm, hielt in dieser Pose inne, und wartete darauf, dass der Diener vom Vortag kam um auf dem grünen Punkt Aufstellung zu nehmen und nach einer Weile zu schnippsen, was schließlich den kleinen dicken Mann veranlasste die Exedra zu betreten. Als dies alles geschehen war folgten weitere zehn Minuten der Stille.


    "Der große Amyntor von Knossos...", begann der kleine dicke Mann nach dieser Zeit, "..der sich noch nie dazu herablassen musste sein Wissen in Rom den Barbaroi zu verkaufen... wird heute von der Verfassung Spartas erzählen lassen. Merkt auf, ihr Unwissenden, denn dies ist wichtig um das Wesen der Polis Sparta zu verstehen. Lykurgos von Sparta war es, der wie ihr wisst Sparta ihre Verfassung in alter Zeit gab, und der heutige Tag soll davon handeln wie diese Verfassung sich gestaltete. Zu allererst sei auf die verschiedenen Teile der Bevölkerung des Staates hingewiesen. Da seien die Spartiates, die mit dem Bürgerrecht versehenen Männer über dreissig Jahren, die dazu befähigt waren an den politischen Instanzen seines Staates teilzunehmen. Die Natur des spartanischen Staates brachte es, dass diese Spartiaten von Kindesbeinen an einer harten Erziehung unterworfen waren, die sich an den lykurgischen Idealen der Sparsamkeit, der körperlichen und militärischen Ertüchtigung, der bürgerlichen Gleichheit und dem Dienste am Staate ausrichtete. Aus diesem Grunde wurden sie in Kasernen mit gleichaltrigen untergebracht und fortwährend auf den Kampf in einer spartanischen Phalanx gedrillt. Im Erwachsenenalter wurde ihnen jegliche Arbeit außer der eines Bauern verboten um sicher zu gehen, dass die Spartiates sich nur auf die Dinge konzentrierten, die ihrer Schicht zugeschrieben wurden. Im Alter von dreissig Jahren bekamen sie das Bürgerrecht und damit auch die Möglichkeit an den Staatsorganen teilzunehmen. Mit zumeist weniger als zehntausend Mann war diese Gruppe die kleinste in Sparta."
    Den spartanischen Frauen, also den Gynaikes, kam eben wegen der besonderen Natur des Staates eine ebenso besondere Rolle zu. Durch die Kasernierung der Männer und die wiederkehrenden Kriegszüge besaßen die Frauen im Haushalt selbst größtmögliche Freiheiten und Bestimmungsrechte, und selbst im spartanischen Staate wurden sie oft um Rat gefragt. Dies begann schon bei der Erziehung, wo die Mädchen mit den Jungen in körperlicher Tüchtigkeit geübt wurden, frei nach dem Motto: nur starke Frauen können starke Männer gebären. So waren es eben auch spartanische Frauen, die als erste bei den olympischen Spielen Wettkämpfe gegen Männer gewannen. An den Institutionen des Staates konnten sie dennoch nicht teilnehmen, dies war ihren Männern vorbehalten. Im direkten Vergleich mit anderen hellenischen Poleis trugen Frauen in Sparta größtmögliche Bedeutung.
    Männer ohne Bürgerrecht wurden Periöken genannt, und siedelten meist im Umland außerhalb Spartas, so an den Küsten und in den Bergen. Im Gegensatz zu den Spartiates konnten diese jeglichen Berufen nachgehen und hatten entsprechend ein quasi-Monopol inne. Zudem besaßen sie ihre eigene Sozialstruktur und konnten eigene Sklaven besitzen, jedoch bei außenpolitischen Fragen nicht mitbestimmen. Im Gegensatz zu den Heloten konnte die große Gruppe der Periöken auch Schwerbewaffnete für das Heer stellen, auch wenn sie ihre Ausrüstung selbst finanzieren mussten.
    Vor den eigentlichen Sklaven kam noch die Klasse der Heloten in von den Spartiates eroberten Landstrichen. Diese durften keinen eigenen Besitz haben und arbeiteten auf den Ländereien der Spartiates, was diesen erlaubte sich vollkommen auf Staat und Militär zu konzentrieren. Um die Spartiates auch vor ihrem dreissigsten Geburtstag im Kampf zu üben wurde den Heloten jedes Jahr auf's neue der Krieg erklärt.. was stets in vielen Toten endete.


    Oberste politische Instanz des spartanischen Staates waren die beiden Basileis, die jeweils aus den alten Häusern der Agiaden und der Eurypontiden stammten. Die Hauptaufgabe der Könige bestand vor allem in der für die Spartaner sehr wichtigen Führung des Hees, aber auch priesterliche Funktionen wurden von den Königen wahrgenommen.
    Beraten wurden die Könige von der Gerusia, dem Ältestenrat Spartas, welcher sich aus 28 Mitgliedern aus der Apella zusammensetzte und zu dem die Mitglieder auf Lebenszeit gewählt wurden. Vor allem dies bedingte das sensationell hohe Mindestalter von sechzig Jahren. Die Gerusia hatte außerdem die Strafgerichtsbarkeit in großen Fällen inne, also jene, die in der Verbannung, dem Entzug des Bürgerrechts oder gar der Todesstrafe münden konnte. Zudem konnten die Geronten, wie die Mitglieder der Gerusia genannt wurden, Beschlüsse der Apella verhindern oder wiederrufen.
    An den Sitzungen der Apella, der Volksversammlung, konnte theoretisch jeder Spartiat über dreissig Jahre teilnehmen so ihm dieses Recht nicht aberkannt worden war. Hier wurden die größten Entscheidungen des Staates getroffen, wobei im Kontrast zu Athen große Reden verpönt waren und von den Aufsichtsführenden stets unterbunden wurden, da man in Sparta der Auffassung war, dass sie die Wahrheit vernebelten und praktische Lösungen erschwerten. So war das Einbringen von Anträgen nur den Königen, Geronten oder Ephoren erlaubt, und die Apella ward letztlich nur ein reines Abstimmungsorgan. Die Zusammenstellung der Apella bezog sich auf die soziale Struktur Spartas. In den fünf spartanischen Siedlungen waren jeweils Angehörige von drei verschiedenen Stämmen, den Phylen verteilt.
    Die Ephoren, auch Aufseher, waren wohl als kontrollierende Instanz zu den Königen und Geronten von der Apella installiert worden. Sie beaufsichtigten die Arbeit der zuvor genannten und wurden aus der Apella für jeweils ein Jahr gewählt, wobei ein Mindestalter und sonstige Voraussetzungen nicht vorhanden waren. Sie waren in der Lage die Apella einzuberufen und ausländische Gesandte zu empfangen.


    Hier endete die Darstellung der politischen Verfassung Spartas, und wenn man dem Philosophos eine gewisse spartanische Art anlasten wollte, so konnte man doch seinen Unwillen erkennen, dem kleinen dicken Mann so etwas wie eine Diskussionsbereitschaft zu befehlen. So war die einzige Frage, die der kleine dicke Mann den Schülern mit auf den Weg gab die, ob Sparta sich wirklich so sehr von anderen Poleis unterschied.



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    Amyntor von Knossos
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    Am nächsten Tag, als es dem Plan zufolge um die berühmtesten Spartiaten gehen sollte, ließ der Philosophus seine Schüler rund eine halbe Stunde lang warten, bevor er ebenso erhaben und würdevoll wirkend wie am Vortag die Exedra betrat und sich zu dem erneut säuberlich mit einem roten Punkt markierten Flecken Stein begab. Es kamen wieder die Momente, in denen er einfach still und stumm seine Schülerschaft musterte, bis er erneut den linken Arm hob... allerdings nicht schnippte. Er erhob die linke Hand einfach nur. Was folgte war ein Sklave, der herbeigeeilt kam, bei einem auf den Boden gemalten grünen Punkt hinter dem Philosophos Stellung nahm, und einmal für alle laut hörbar mit den Fingern schnippte. So er dies getan hatte ließ der Sklave ehrfurchtsvoll den Kopf sinken und verharrte an seiner Stellung, während einen Moment später der den Schülern bereits bekannte kleine dicke Mann in die Exedra geeilt kam, den Fleck mit dem blauen Punkt suchte und auf diesem Aufstellung nahm. Es folgten weitere Minuten der Stille, in denen der Knosser den Arm wieder sinken ließ und damit fortfuhr starr gerade aus durch die dort sitzenden Schüler hindurchzustarren.


    "Heute...", erklang schließlich die schrille Stimme des kleinen dicken Mannes, "..wird der berühmte Amyntor von Knossos, einem Leuchtturm des Wissens, euch von den größten Spartiaten ihrer Zeit erzählen lassen. Sparta hat einige der bekanntesten Persönlichkeiten ihrer Zeit hervorgebracht. Die Bekannteste unter ihnen dürfte ohne jeden Zweifel König Menelaos sein, der sagenhafte Gatte der Helena von Sparta, die nach ihrem Raub ward bekannt als Helena von Troja!" Murmeln im Saal, doch der Sprecher regte sich nicht, wie auch der weiterhin still dastehende Philosophos. "Ja, eben dieser Menelaos soll König von Sparta gewesen sein, und mit seinen Streitern seinen Teil zum Fall der von Homer besungenen Feste beigetragen haben, immer darauf bedacht seine Ehre wiederherzustellen und den Frevel an seiner Ehe zu ahnden. Aber diese beiden waren nicht die einzigen Großen unter den Söhnen Spartas."
    Lykurgos war der Spartiat, der als nächster vom kleinen dicken Mann beschrieben wurde, weil er als beinahe schon legendärer Gesetzgeber Spartas galt und somit das Fundament ihrer Größe mit eigenen Händen gelegt habe. Die große Rhetra, wie die Gesetzessammlung genannt wurde, hatte er mit niemand anderem als dem Orakel von Delphi selbst erarbeitet. Dabei formte Lykurgos selbst die oberste spartanische Maxime: Gleichheit unter den Bürgern, militärische Tüchtigkeit und äußerste Sparsamkeit. Es wurde gesagt, dass Lykurgus sich dem Recht des Staates und den spartanischen Prinzipien derart verschrieben hatte, dass er aus Rücksicht auf den Staat seine Ämter niederlegte und jahrelang ins kretische Exil ging um seine Unbescholtenheit zu beweisen. Als er zurückkehrte legte er den Spartanern die neue Lebensweise wie folgt nahe: er erzog zwei Hundewelpen. Das eine gewöhnte er an Gehormsam, Disziplin und Selbstbeherrschung, das andere hingegen ließ er frei laufen und leben wie es ihm gefiel. Als er später die beiden erwachsenen Hunde den Spartanern vorführte, waren die Zuschauer vor allem von dem Hund fasziniert, der sich selbst angesichts eines Brocken Fleisches nicht vergaß, während sie an dem anderen Hund vor allem seine Freiheit in Beschlag nahm.
    Man sagte sogar, dass Lykurgos Aegyptus besucht habe, und hier die Trennung von Heer und Arbeitern erlebt habe, welche später Sparta von allen anderen helenischen Poleis unterschied. Als er nach Sparta zurückgerufen wurde, in Zeiten größter Not für den Staat, entschied er sich dafür der spartanischen Gesellschaft starke Veränderungen zu verordnen, die er vor allem mit dem Orakel des Apoll in Delphi beschloss. Ein Orakelspruch deutete ihm, dass jener Staat, welcher sich seinen Gesetzen unterwerfen würde, letztlich zum bekanntesten der damaligen Zeit würde, und so kehrte Lykurgos nach Sparta zurück um sein Werk zu beginnen, von welchem in der folgenden Sitzung noch die Rede sein würde.
    Auch von Chilon von Sparta erzählte der kleine dicke Mann, einem der sieben Weisen der helenischen Welt. Es war die Errungenschaft des Mannes im Sinne Spartas gegen die Tyrannei einer befreundeten Polis zu kämpfen und die Ephoren zu einer beratenden Instanz für die Könige zu machen. Ihm wurden zahlreiche Sprüche nachgesagt, die sich vor allem im spartanischen Sinne auf die Befolgung der Gesetze bezogen. Als sein Sohn bei den olympischen Spielen im Boxen gewonnen hatte, soll Chilon vor Freude gestorben, und im Beisein sämtlicher helenischer Abordnungen bestattet worden sein.
    Leonidas I. war ein Name der wohl allen Schülern bekannt war, ist er es doch schließlich gewesen, der mit nur 300 Spartiaten gegen die Meder unter Xerxes I. nach Norden an einen schmalen Pass bei den Thermopylen nördlich von Delphi gezogen war. Mit nur dieser geringen Anzahl an Spartiaten und wenigen Tausenden anderer helenischer Heeresteile soll es ihm gelungen sein das mehrere hunderttausend Mann starke Heer der Meder ganze Tage lang aufzuhalten. Die Schüler, die noch nie von dieser Leistung gehört hatten hielten vor Ehrfurcht den Atem an, und als es dazu kam, dass er vom medischen Heer überwältigt wurde, entließen sie enttäuscht wieder die Luft aus ihren Lungen. Ein Verräter soll den Erfolg des kleinen helenischen Heeres zunichte gemacht haben, und so entließ Leonidas den größten Teil seiner kleinen Schar und verblieb nur mit seinen Spartiaten und wenigen getreuen Gefolgsleuten aus anderen helenischen Poleis um den Rückzug der größeren Truppe zu ermöglichen. Das spartanische Gesetz verbot es ihnen das Feld zu verlassen, allerdings stand es ihm frei die anderen helenischen Männer in Sicherheit zu schicken.
    Seine Frau, Gorgo, wurde vom kleinen dicken Mann als Beispiel für die Tugendhaftigkeit der spartanischen Frauen angesehen. In Abwesenheit ihres Mannes verstand sie es den Staat an seiner statt zu führen, und stand in der Apella mit ihrer Klugheit in gutem Ruf. Dass die spartanischen Frauen auch Männern gebieten konnten stand in keinem guten Ruf bei den anderen helenischen Poleis, und so wird ihr eine Diskussion mit einer attischen Frau nachgesagt, in welcher letztere wissen wollte, warum nur in Sparta Frauen über Männer herrschen könnten. Gorgo selbst soll darauf erwidert haben, dass eben nur Spartanerinnen wahre Spartiaten gebären könnten. Die sagenhafte spartanischen Frauen waren es auch, die zuerst in den olympischen Spielen von sich reden machten: Prinzessin Cynisca soll es gewesen sein, die einen Wettkampf in den Spielen gewonnen hat. Wohlgemerkt gegen Männer.


    Diese und andere Geschichten brachte der kleine dicke Mann vor um die Natur Spartas zu erläutern, und als dieses getan war, wartete Amyntor von Knossos wieder einige Momente, bevor er sich abrupt umwandt um die Exedra zu verlassen. Gefolgt von dem kleinen dicken Mann, und dem Schnipssklaven.



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    Amyntor von Knossos
    [wrapIMG=left]http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/47.jpg[/wrapIMG] Ein Raunen ging durch den Saal, als der alte Philosophus den Raum betrat. Mit würdevollen Schritten bewegte sich die aufgerichtete Gestalt mit hoch erhobenem Kopf durch die Exedra auf den Punkt zu, den zuvor ein Diener des Museion akribisch mit roter Farbe markiert hatte. Als Amyntor von Knossos den Punkt erreicht hatte, wandte er sich mit ebenso würdevoller Geste seinen Eleven zu.. und musterte sie vollkommen still bestimmt eine ganze Viertelstunde lang. Der Mann hatte eine so erhabene und würdevolle Ausstrahlung, dass sich in dieser Zeit niemand auch nur zu räuspern wagte. Es war mucksmäuschenstill, nicht einmal das geschäftige Treiben von draußen, das an besonders lauten Tagen wie diesen auch in das Zentrum des Museion hineinklang, war zu hören... man hatte das Gefühl, man könnte einer Feder fallen lauschen.
    Nachdem der Knosser sämtliche Schüler eindringlich und ausgiebig gemustert hatte, erhob sich der linke Arm des Mannes, und mit einer behenden Geste, als wäre sie allein in der Lage das Elend der Welt zu bessern, legte der Gelehrte die Finger aneinander, und schnippste einmal... was kläglich misslang. Kein appropriat schnalzender Ton entglitt den Fingern, nur ein missliches Reiben, kaum mehr als der Schatten des Schatten eines Schnippsens. Doch Amyntor verzog keine Miene.. weiterhin mit hoch erhobenem Kinn in die Menge seiner Schüler schauend, Großzügigkeit und Milde im Blick, verharrte er in dieser Geste, als hätte es so funktioniert wie es wahrscheinlich intendiert war. Und tatsächlich: keine zwei Sekunden später eilte ein kleiner dicker Mann zu ihm, und nahm schnaufend auf einem Punkt Platz der vorher von dem zuvor erwähten Diener mit blauer Farbe markiert worden war. Als er diesen Platz eingenommen hatte, wartete man weitere fünf Minuten darauf, dass sich etwas tat. Erst als diese Zeit vorangeschritten war, ließ der Gelehrte seinen linken Arm sinken, und fasste sich mit Ehrerbietung fordernder Art an das Revers seiner Toga, das Kinn weiterhin hoch erhoben.


    "DIES....", begann anstelle des Gelehrten der kleine dicke Mann hinter ihm mit schriller Stimme, "..ist Amyntor von Knossos. Er vereint Wissen in seinem Kopf, von dem die meisten von euch nicht einmal zu träumen wagen werden... er wird euch heute von einer der mächtigsten, gewaltigsten aber auch tragisch gescheiterten helenischen Poleis der zivilisierten Welt erzählen lassen... Sparta. "
    Während der kleine Mann dies kundtat, zuckte der Gelehrte nicht einmal mit den Mundwinkeln, sondern stand ebenso würdevoll und ehrfurchtgebietend auf dem roten Fleck, wie er es schon vor fast einer halben Stunde getan hatte.
    "Die Natur der Spartaner ist gegeben durch manigfaltige Zuwendung der olympischen Götter. Selbst von einem Sohn des Zeus, Lakedaimon, abstammend erhielten die Spartiaten durch niemand anderes als Herkules ihren Anspruch auf Lakonien festigte... und welchen die Nachkommen desselben schließlich als Spartaner erlangten.", fuhr der kleine dicke Mann mit seiner schrillen Stimme fort, und während er weitererzählte wurde durch die Bewegungslosigkeit und den abwesend-überlegenen Blick des Knossers klar, von wem die heutige Sitzung gehalten wurde. Während der folgenden Stunde bekamen die Schüler den Gelehrten kein einziges Mal zu hören. Nicht einmal tat er auch nur den Mund auf, sondern verblieb in der ganzen Zeit in seiner Haltung, ohne auch nur den Finger zu rühren.
    Der kleine dicke Mann fuhr hingegen mit seinen Erzählungen über die Geschichte der Polis Sparta fort. Dass die sozialen Unruhen, die sämtliche Regionen der Helenen und darüber hinaus erfasst hatten, auch Sparta in ihrem Würgegriff hielten, bis Lycurgos von Sparta schließlich die große Rhetra verfasste und Sparta seine Verfassung gab, die im Gegensatz zu der Athens in den folgenden Jahrhunderten nahezu unangetastet bleiben würde. Mit einer gewissen Häme in der Stimme erwähnte der kleine dicke Mann, dass während Rom gerade noch ein popeliges kleines Bauerndorf war, Sparta schon die westlich gelegene Region Messenien unterwarf. In eben dieser Zeit soll es auch geschehen sein, da die Spartaner aus ihrem Heer die zu Lande kaum zu bezwingende Maschine machten, die sogar heute noch gefürchtet war. Wehrtauglichkeit, Arbeit und Tüchtigkeit waren die Ideale der Spartiaten, nach denen sich jeder Bürger messen lassen musste, und was schließlich auch dazu führte, dass Sparta explizite Schutzherrin der Olympischen Spiele war. Zu einer Zeit in der Athen noch größtenteils mit sich selbst beschäftigt war hatte Sparta sich bereits zum Hegemon unter den peleponnesischen Poleis hochgearbeitet, ihr Heer hatte den Ruf unbesiegbar zu sein, und als absolutes Novum... und dies unterstrich der kleine dicke Mann... hatte Sparta als maßgebliche Polis ihrer Zeit KEINE Stadtmauern.
    Die Treue, die die Spartiaten den Göttern und ihren religiösen Festtagen gegenüber einhielt sorgte dafür, dass die sagenumwobenen Krieger Spartas im ersten Krieg gegen die Meder, unter Dareios I., zu spät kamen, und die Schlacht bei Marathon ohne sie geschlagen wurde. Im zweiten Krieg, den der Sohn des Mederkönigs, Xerxes I., vom Zaum brach, gelangten die Spartiaten zu unvergessenem Ruhm, als sich eine kleine Armee von nur 300 Spartiaten und mehreren tausend helenischen Bündnisgenossen im Nordosten Achaias bei den Thermopylen nördlich von Delphi gelegen dem riesigen Heer der Meder entgegenstellte... und dies tagelang aufhielt, so dass die restlichen helenischen Poleis Zeit genug hatten ihre Armeen zu ordnen. Als der Krieg schließlich entschieden wurde, auf See bei Salamis, auf dem Lande bei Plataiai, taten sich die Spartiaten durch größtmögliche Kampftüchtigkeit hervor und zeigten wieder einmal die überlegene Natur des spartanischen Militärs.
    Doch der Sieg über die ausländischen Meder führte schließlich zum Konflikt zwischen den beiden mächtigsten helenischen Staaten: Athen und Sparta.
    Hier betonte der kleine dicke Mann, während Amyntor weiterhin regungslos blieb, dass Sparta es niemals offen auf einen Krieg angelegt hatte, sondern sich nach dem Krieg gegen die Meder vor allem in der Konsolidierung seiner Macht auf den Peleponnes übte. Die Expansion des athenischen Machtbereichs führte schließlich dazu, dass Sparta über seine verbündeten Poleis in den größten Krieg seiner Zeit hineingezogen wurde, in dem Athen seine Macht auf See und Sparta seine Überlegenheit zu Lande ausspielten. Am Ende wurde Athen durch die Raubzüge der Athener und eine große Pest innert der Stadtmauern schließlich in die Knie gezwungen, und der sogenannte Nikiasfrieden wurde vereinbart. Dieser währte jedoch nicht lange, und so entflammten die Kämpfe wenige Jahre später erneut, und endeten nach einem beispiellosen Niedergang Athens in einer Einnahme durch Spartiaten.
    Die folgende Zeit wurde durch den Hegemon Sparta geprägt, welche allerdings mit der Aufgabe einer vorherrschenden Stadt überfordert war. Veränderungen in und außerhalb der Stadt und die großen Anforderungen an den politischen Führer Sparta sorgten schließlich wenige Dekaden später für den Ausbruch des korinthischen Kriegs, welcher diplomatisch beigelegt werden konnte. Die Vorherrschaft Spartas wurde schließlich gebrochen, als ein zweiter attischer Seebund sich gründete und boötische Poleis sich von Sparta abwandten. Bis zur Eroberung der helenischen Regionen durch die Makedonen unter Philipp II. konnte Sparta sich nicht von dieser Schwächung seiner Position erholen.. eine Rebellion gegen Alexander den Großen führte schließlich dazu, dass die Poleis so vernichtend geschlagen wurde, dass die ehemals nur durch ihre reine Mannstärke verteidigte Stadt sich gezwungen sah, zum ersten Mal in der Geschichte Spartas Mauern zu errichten. Als Achaia durch die italische Stadt Rom erobert wurde, konnte sie wie Athen auch gewisse Privilegien behaupten. So musste Sparta nur Freundschaftsdienste gegenüber Rom erfüllen.. allerdings zeigten die vergangenen Jahre, dass römische Kaiser in Zeiten größerer finanzieller Not diese 'Freundschaftsdienste' neu definierten.. was folglich zu einer schleichenden Einbindung Spartas in den Pflichtenkatalog besetzter Poleis gegenüber Rom führte.


    Als diese Ausführungen geendet hatten, schwiegen sowohl der Gelehrte als auch der kleine dicke Mann eine kurze Weile, bis der Gelehrte sich schließlich ruckartig umwandte und die Exedra verließ... in einigem Abstand gefolgt von dem kleinen dicken Mann.



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    IM NAMEN DER HEILIGEN BRUDERSCHAFT DER MUSEN UND DES APOLLON ZU ALEXANDRIA
    findet folgender KURS statt


    Geschichte, politische Verfassung und Heer der lakonischen Polis Sparta




    Bemerkungen:


    Dieser Kurs richtet sich an jene Männer und Frauen, die die berühmteste und gefürchtetste Polis der Peleponnes studieren und ihre Geschichte verstehen wollen.





    ANGEMELDETE TEILNEHMER:
    Titus Duccius Vala


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    IM NAMEN DER HEILIGEN BRUDERSCHAFT DER MUSEN UND DES APOLLON ZU ALEXANDRIA ERKLÄRE ICH, DASS


    TITUS DUCCIUS VALA


    den am Museion abgehaltenen Kurs


    Geschichte und politische Verfassung der attischen Polis Athen


    mit größtem Erfolg abgeschlossen hat. Er erhält hierfür vom Museion zu Alexandria eine


    die Zeugnis gebe von seinem erworbenen Wissen.


    ________________
    gez.
    Charisis von Samothrake



    Charisis von Samotrake
    [Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/45.jpg]


    "Hah!", lachte der Philosophos auf eine der Erwiderungen seiner Schüler, nachdem sie sich wieder einmal eingefunden und Platz genommen hatten, um darauf zu warten wie der Gelehrte mit seinem stets gleichen Ritual das Odeon betrat, "Da trauert wohl jemand den Gracchen hinterher, eh? Gerechtere Verteilung, dass ich nicht lache... die Leute, die nichts hatten hatten auch weiterhin nichts. Man hat die bestimmende Schicht nur um eine handbreit geöffnet, und das reichte schon, um in der Kiste für Ruhe zu sorgen.. zumindest für einige Jahre, ihr Trottel! Das hat nichts mit Verteilung oder rechtmäßigen Eliten zu tun, sondern gänzlich und allein mit politischem Pragmatismus. Ihr müsst versuchen, Rom aus euren Köpfen zu bekommen... Athen war kein frühes Rom, und ist daher auch kaum zu vergleichen. Rom ist Rom, Athen ist Athen. Das vorherrschende Prinzip war: diejenigen, die viel wirtschaftlich viel dem Staate zur Verfügung stellen können, haben auch das größte Mitbestimmungsrecht.. aber, und dazu werden wir jetzt gleich kommen, auch dies war keine Lösung auf Dauer..."


    Es war die später sprichwörtlich und den Römern mit Iulius Caesar nur allzu bekannte Tyrannei, die den Ausführungen des Philosophus entsprechend dem frühen beinahe-demokratischen Gebaren Athens ein Ende bereitete. Peisistratos war der Name des Mannes, der es noch vor dem Tod des Solons fertig brachte genug politische Macht (selbstverständlich mit genug bewaffneter Rückendeckung) auf seine Person zu vereinen um die durch Solon geschaffene Gewaltenteilung und Ausbalancierung zwischen Adeligen und Bürgern zwar nicht abzuschaffen, aber stets in seinem Sinne derart zu beeinflussen, dass sich im politischen Prozess Athens stets sein Wille wiederfand. Die Tyrannen gelten heute als verabscheuungswürdige Vergewaltiger des Allgemeinwohls, welches sie ihren eigenen Interessen unterwarfen. Sie schufen über ihre eigene Lebenszeit hinaus eine so tragfähige Konzentration politischer Macht, dass sie in der Lage waren die Tyrannis quasi zu vererben und auf ihre Nachkommen zu übertragen, was die verfassungswidrige Staatslage auf mehrere Generationen ausdehnte. Im Jahr 510 wurden schließlich die Söhne des Peisistratos aus der Stadt verjagt und erschlagen, und die Restauration der durch die Tyrannen beschädigten Staatsorgane begann.


    "Kleisthenes ist einer jener Namen, die ihr euch unbedingt merken müsst, denn er drückte der Restauration der Polis Athen durch seine Reformen einen Stempel auf wie zuletzt Solon es getan hat.", fuhr der Gelehrte schließlich mit dem finalen Akt der Verfassungsgeschichte der Polis Athen fort, in dem er zu erst einmal die geographische Beschaffenheit des athenischen Staats in die politische Organisation übernahm und einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Teilen Stadt, Land und Küste anstrebte. Die Phyla und Trittyes waren dabei den Demoi übergeordnete Kategorien, die sich schließlich in der Zusammensetzung der Ekklesia wiederfand, um Konzentrationen von politischen Interessen zu verhindern und einen Kommunikationsprozess zwischen den Parteien gar zu erzwingen. Ein wichtiges Instrument war das sogenannte Ostrakismos, das Scherbengericht. Einmal im Jahr kamen dabei die Mitglieder der Ekklesia zusammen, schrieben auf jeweils eine Scherbe den Namen eines Bürgers, der es ihrer Meinung nach zum Tyrann bringen konnte, und ließen diese danach auszählen. Derjenige, der die meisten Stimmen auf sich vereinte musste die Polis verlassen und für zehn Jahre ins Exil.
    Die Bule wurde entsprechend der Neuaufteilung des Staatsgebiets auf fünfhundert Mitglieder erweitert und wurde gegenüber den Archonten und dem Aeropag aufgewertet. Letzterer büßte noch mehr Kompetenzen ein als bei Solon, und diente letztlich nurnoch als Blutgericht bei besonders schweren Vergehen.. zudem wurden nun auch Mitglieder der zweiten Klasse zu diesem zugelassen. Neu war auch die Prytaneia, welche aus fünfzig Mitgliedern der Bule gewählt wurde und für 36 Tage die Regierungsgeschäfte der Polis führte, so dass in einem Jahr alle Mitglieder der Bule an den Geschicken des Staates beteiligt waren.


    Als der alte Philosophos mit seinen Ausführungen geendet hatte, sah er seine Schüler noch einmal eindringlich an, und warf zum vorläufigen Abschluss des Geschehens folgende Frage in den Raum: Wofür das alles?



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