Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    Ursus war den ganzen Tag zwischen den einzelnen Trupps hin- und hergelaufen. Hatte Anweisungen erteilt, gelobt, mit dem einen oder anderen gesprochen, ohne einen Unterschied wegen des Ranges zu machen. Natürlich hatte er nicht so schwere Arbeit geleistet wie sie, doch er merkte durchaus, daß er nicht tatenlos geblieben war. Nun war er gerade ins Zelt gegangen, um sich ein wenig zu erfrischen, als Primus sich bemerkbar machte. "Ich komme sofort, Duplicarius." Er trocknete sich ab, rückte seine Uniform wieder zurecht und trat dann vor das Zelt.


    Wie er sehen konnte, war wieder einmal alles vortrefflich vorbereitet gewesen und die Germanen hatten offenbar ihr Wort mehr als gehalten. Als Ursus näher kam, lief ihm bei dem Duft schon das Wasser im Munde zusammen. "Salve, Alwin. Ich muß schon sagen, das sieht alles hervorragend aus. Ich habe den Vertrag schon vorbereitet, bitte folge mir doch in mein Zelt." Er machte eine einladende Geste in die entsprechende Richtung und ging dann voran.


    Als sie das Zelt betraten, lag der Vertrag auf einem kleinen Tisch bereit, dazu Feder und Tintenfaß. "Darf ich Dir einen Becher Wein anbieten, während Du den Vertrag durchliest?"

    Ursus atmete tief durch. "Ich halte nichts von der Peitsche. Schon gar nicht bei Offizieren. Die Peitsche macht einen guten Mann zu einem schlechten Mann. Und einen schlechten zu einem noch schlechteren.* Doch eine Soldkürzung ist mir auch zuwenig. Ich denke, ich werde sie arbeiten oder Sondertrainingseinheiten absolvieren lassen. Schwitzen ist außerordentlich gut gegen übermäßigen Alkoholgenuß, finde ich. So wird die Würde und die Autorität der Offiziere gewahrt und die Männer sehen doch, daß solch ein Verhalten nicht geduldet wird." Gerade Offiziere bestrafen zu müssen, empfand Ursus als ausgesprochen unangenehm. Doch er hatte nicht vor, sich zu drücken, denn das wäre wahrhaftig fatal für die Truppe.


    "Dann fragen wir mal Duplicarius Terentius, ob er der Meinung ist, daß die Tiere ein Tempo durchhalten, das uns heute noch nach Mogontiacum bringt. Er versteht sehr viel von Pferden, mit Sicherheit mehr als ich. Und ich vertraue seinem Urteil."


    Die Worte zu Sedulus waren weiterhin recht leise gesprochen, doch nun drehte er sich zu Primus um und sprach etwas lauter. "Duplicarius Terentius, auf ein Wort." Als Primus heran war, fragte er sogleich nach. Er hatte kein Problem damit, zuzugeben, daß er diese Entscheidung nicht allein treffen wollte. Niemand konnte sich mit allem auskennen. Man mußte nur wissen, wo man zuverlässig in Erfahrung bringen konnte, was man selbst nicht wußte. "Ich hätte gerne eine Einschätzung von Dir. Ist es möglich, heute noch Mogontiacum zu erreichen oder stellt das für die Pferde eine zu hohe Belastung dar?"



    Sim-Off:

    Zitat aus "Des Königs Admiral" - Ich möchte mich ja nicht mit fremden Federn schmücken :D

    Ursus war sehr früh aufgestanden und er führte die unübersehbar schlechte Laune Caelyns auf genau diese Tatsache zurück, denn natürlich mußte sie dann auch sehr früh aufstehen, sich um seine Kleidung und um das Frühstück kümmern. Als sie ihm Brot, Käse, Butter, Honig und Mlch brachte, seufzte er leise auf. Denn er wollte ihr noch von den Geschehnissen in Rom berichten. Und das würde ihre Laune ganz sicher nicht heben.


    "Caelyn, bitte setze Dich einen Moment. Ich... muß Dir etwas sagen, was Dich sehr erschrecken und traurig machen wird. Ich erhielt gestern einen Brief aus Rom. Und er enthielt wahrlich schlechte Nachrichten. - Bitte setz Dich, es wird nötig sein, glaube mir." Er machte eine einladende Geste, damit sie sich auch wirklich hinsetzte.

    Das hörte sich ja an, als wäre sie traurig darüber? Merkwürdig. Er hatte geglaubt, daß sie sich nach Rom zurücksehnte, weil es ihr hier doch an Gesellschaft fehlte und sie sich hier auch nur sehr eingeschränkt bewegen konnte. "In einigen Tagen, den genauen Termin sage ich Dir, sobald ich ihn weiß. Vermutlich reisen wir mit dem Quästor Germanicus Sedulus zusammen." Ganz sicher war auch das nicht. Sie mußten sehen, ob sie ihre Rückreisen koordiniert bekamen. Doch Ursus würde sich sehr darüber freuen, wenn die gemeinsame Reise zustande kommen würde.

    Ursus nickte. "Gut, das freut mich. Solange wir noch hier sind, wird Caelyn schon mal Deine Kenntnisse im Lesen und Schreiben auffrischen, ohne das geht ohnehin nichts. - So... Wenn Du nun keine Fragen mehr hast, werde ich mir noch ein Bad gönnen." Was ein Hinweis an Caelyn war, ein solches vorzubereiten. "Caelyn, danach brauche ich Dich dann nicht mehr. Achja, es wäre vielleicht ganz gut, wenn Du in den nächsten Tagen schon mal anfangen würdest, Dinge, die wir nicht mehr brauchen, zu packen."

    Auch Ursus sah, daß die Männer unruhig waren, auch wenn es sich zum Glück in Grenzen hielt. Er runzelte die Stirn. Und die Furchen vertieften sich noch, als Sedulus ihn darauf ansprach. "Die beiden Decurionen hatten sich bereits gestern Nacht völlig betrunken. Sie hatten daraufhin von mir den ausdrücklichen Befehl erhalten, dergleichen zu unterlassen und sich das für Mogontiacum aufzusparen. Sie hielten es nicht für nötig, diesen Befehl zu beachten." Natürlich sprach Ursus gedämpft, so daß nur Sedulus ihn verstehen konnte.


    "Heute morgen, als der Geruch, der sie umgab, eindeutig war, habe ich dann nur befohlen, daß sie sich bei mir melden, sobald wir wieder in Mogontiacum sind. Ich wollte sie nicht vor den Männern zurechtweisen, das hätte ihre Autorität untergraben und hier draußen brauche ich sie noch. Ich weiß, daß sie es auch so schon verstanden haben, ihre Blicke waren eindeutig." Ursus seufzte und schüttelte den Kopf. "Sie stehen am Ende ihrer Dienstzeit. Und riskieren so leichtsinnig ihre doch in so vielen Jahren mühselig erarbeiteten Anerkennungen. Verstehe das, wer will, ich verstehe es nicht."


    Er blickte den Quästor an. "Wenn Du nichts dagegen hast, würde ich gerne heute noch in Mogontiacum ankommen. Ich weiß, daß wird dann ein anstrengender Ritt. Doch wenigstens können wir dann in einem ordentlichen Bett schlafen."

    Wie erklärte man Geometrie, wenn der Gesprächspartner von Mathematik keine Ahnung hatte? "Rechnen mit Formen und Flächen", sagte er also einfach und konnte sich schon vorstellen, daß Louan Schwierigkeiten damit haben würde, sich das vorzustellen. "Das klingt unmöglich, aber das geht. Es gibt ein paar Regeln, die muß man einfach kennen, dann kann man praktisch alles berechnen." Gut, ein paar mehr Regeln. Und man brauchte eine Menge Grundlagen dafür. "Es wird sich ein Lehrer für Dich finden. Am Anfang ist es langweilig. Aber man braucht die Grundlagen, um die interessanten Sachen machen zu können. Wenn Du den Willen hast, zu lernen, dann wirst Du es auch schaffen." Darauf kam es im Grunde an. Auf den Lernwillen.


    Ursus tunkte mit einem Stück Brot letzte Reste der Soße von seinem Teller, dann nahm er sich noch ein paar Weintrauben, während er sich bequem und wunderbar satt zurücklehnte.

    Ein Legionär gab eine Schriftrolle ab und legte das Geld passend dazu. Ohne viel Worte zu machen, verließ er das officium auch gleich wieder.



    Ad
    Marcus Aurelius Corvinus
    Villa Aurelia
    Roma
    Provincia Italia




    Salve, Marcus!


    Bestürzung ist wohl der einzige Begriff, der auszudrücken vermag, was mich beim Lesen Deines Briefes bewegte. Ich sitze, immer noch ganz betäubt von den Nachrichten, hier in meinem Officium und die Feder sträubt sich, vernünftige Worte auf das Papyrus zu setzen. Das wichtigste vielleicht vorneweg: Ich will Fhionns Tat, von der ich aufs äußerste entsetzt bin, nicht beschönigen. Doch was ich von Caelyn über Matho gehört habe, scheint mir eher noch eine Untertreibung gewesen zu sein. Wer weiß, was ich noch erfahren werde, wenn sie hört, dass er tot ist. Insofern scheint es zumindest erhebliche Gründe für Fhionns Tat zu geben, denn hier hat sie keinerlei Aggression gegen Matho gezeigt. Und das kann doch nur bedeuten, dass es seit dem Aufenthalt hier noch schlimmer mit ihm geworden sein muß. Leider wird dieser Brief Dich nicht mehr rechtzeitig erreichen, um etwas an ihrem Schicksal zu ändern, das sich wohl schon lange erfüllt hat.


    Hast Du eigentlich meinen letzten Brief gar nicht erhalten? So wie Du es schreibst, muß ich wohl davon ausgehen. Ich berichtete Dir darin, was ich über Matho gehört habe und was er Siv angetan hat. Vielleicht hätte dieser Brief beider Leben, Mathos und Fhionns, retten können, wäre er angekommen! Ihr Götter… was hat Fhionn nur getrieben, so etwas entsetzliches zu tun? Hier machte sie doch noch einen ganz vernünftigen und fleißigen Eindruck. Unfaßbar!


    Und Tante Camilla ist gestorben! Ich kann Dir gar nicht sagen, wie sehr diese Nachricht mich trifft. Dabei hatten wir doch so gehofft, dass sie sich wieder erholt! Nun, natürlich bin ich etwas enttäuscht, erst jetzt davon zu erfahren. Aber nüchtern betrachtet, was mir allerdings im Moment ausgesprochen schwer fällt, muß man sagen: Ich hätte doch ohnehin nichts zum Trost tun und nicht zur Bestattung kommen können, so gerne ich auch anwesend gewesen wäre. So bleibt mir nur, sie in meiner Erinnerung zu ehren und ihrer in meinen Gebeten zu gedenken.


    Ich habe mir schon seit einiger Zeit große Sorgen gemacht, weil kein Brief mehr kam. Und zu Recht, wie ich jetzt feststellen muß. Das schlimmste ist, dass ich so weit weg bin und nichts tun kann, um zu helfen. Doch mein Tribunat währt nicht mehr lange. Wir sind schon dabei, die Vorbereitungen für die Rückreise zu treffen. Dies wird dann wohl auch der letzte Brief sein, den ich euch aus Germanien schicke.


    Für die Villa hier in Mogontiacum habe ich mittlerweile einen neuen vilicus eingestellt. Sein Name ist Sextus Satrius Livianus. Er wurde mir von verschiedenen Seiten als sehr zuverlässig empfohlen. Damit aber nicht noch einmal so etwas geschieht, wie mit dem letzten, habe ich Deinen Klienten Artorius Raetinus gebeten, hin und wieder mal nach dem Rechten zu sehen. Dein Einverständnis vorausgesetzt, habe ich ihm ebenfalls einen Satz Schlüssel übergeben. Ich halte ihn für absolut vertrauenswürdig und hoffe, dass Du darin mit mir übereinstimmst.


    Genaue Berichte über meine Erlebnisse hier gibt es dann nach meiner Rückkehr. Ich bin wirklich sehr erleichtert, dass ihr anderen wenigstens gesund seid. Bitte grüße alle von mir und umarme Minervina, Helena und Prisca in meinem Namen zum Trost.


    Mögen die Götter ihre schützenden Hände über die Aurelia halten.


    Vale,


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    Mogontiacum, ANTE DIEM XIII KAL IUL DCCCLVIII A.U.C. (19.6.2008/105 n.Chr.)



    Sim-Off:

    Überweisung ist erfolgt

    Seine Hand zitterte, als ihm die Schriftrolle einfach entglitt, nachdem er sie gelesen hatte. So lange hatte Ursus keinen Brief von Zuhause mehr erhalten und sich auch schon große Sorgen deswegen gemacht. Und nun dies! Er schloß für einen Moment die Augen und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. Wie konnte das nur sein? Wie konnte Fhionn so etwas tun? Und warum hatte es niemand verhindert? Er hatte doch geschrieben, was Matho für ein Tyrann war! Der Brief schien nicht angekommen zu sein. Anders konnte Ursus sich das alles nicht erklären. Und nun war nicht nur Matho tot, sondern auch Fhionn!


    Und Tante Camilla... Irgendwie ging die Nachricht über ihren Tod ein wenig unter durch den Schock über Fhionns Tat. Das hatte Tante Camilla auch nicht verdient. Ursus schloß abermals die Augen und atmete tief durch. Es schien fast, als würde ein dunkler Schatten auf der Aurelia liegen. Zürnten ihnen die Götter?


    Zögernd griff Ursus nach einer leeren Schriftrolle und zur Feder.



    Ad
    Marcus Aurelius Corvinus
    Villa Aurelia
    Roma
    Provincia Italia




    Salve, Marcus!


    Bestürzung ist wohl der einzige Begriff, der auszudrücken vermag, was mich beim Lesen Deines Briefes bewegte. Ich sitze, immer noch ganz betäubt von den Nachrichten, hier in meinem Officium und die Feder sträubt sich, vernünftige Worte auf das Papyrus zu setzen. Das wichtigste vielleicht vorneweg: Ich will Fhionns Tat, von der ich aufs äußerste entsetzt bin, nicht beschönigen. Doch was ich von Caelyn über Matho gehört habe, scheint mir eher noch eine Untertreibung gewesen zu sein. Wer weiß, was ich noch erfahren werde, wenn sie hört, dass er tot ist. Insofern scheint es zumindest erhebliche Gründe für Fhionns Tat zu geben, denn hier hat sie keinerlei Aggression gegen Matho gezeigt. Und das kann doch nur bedeuten, dass es seit dem Aufenthalt hier noch schlimmer mit ihm geworden sein muß. Leider wird dieser Brief Dich nicht mehr rechtzeitig erreichen, um etwas an ihrem Schicksal zu ändern, das sich wohl schon lange erfüllt hat.


    Hast Du eigentlich meinen letzten Brief gar nicht erhalten? So wie Du es schreibst, muß ich wohl davon ausgehen. Ich berichtete Dir darin, was ich über Matho gehört habe und was er Siv angetan hat. Vielleicht hätte dieser Brief beider Leben, Mathos und Fhionns, retten können, wäre er angekommen! Ihr Götter… was hat Fhionn nur getrieben, so etwas entsetzliches zu tun? Hier machte sie doch noch einen ganz vernünftigen und fleißigen Eindruck. Unfaßbar!


    Und Tante Camilla ist gestorben! Ich kann Dir gar nicht sagen, wie sehr diese Nachricht mich trifft. Dabei hatten wir doch so gehofft, dass sie sich wieder erholt! Nun, natürlich bin ich etwas enttäuscht, erst jetzt davon zu erfahren. Aber nüchtern betrachtet, was mir allerdings im Moment ausgesprochen schwer fällt, muß man sagen: Ich hätte doch ohnehin nichts zum Trost tun und nicht zur Bestattung kommen können, so gerne ich auch anwesend gewesen wäre. So bleibt mir nur, sie in meiner Erinnerung zu ehren und ihrer in meinen Gebeten zu gedenken.


    Ich habe mir schon seit einiger Zeit große Sorgen gemacht, weil kein Brief mehr kam. Und zu Recht, wie ich jetzt feststellen muß. Das schlimmste ist, dass ich so weit weg bin und nichts tun kann, um zu helfen. Doch mein Tribunat währt nicht mehr lange. Wir sind schon dabei, die Vorbereitungen für die Rückreise zu treffen. Dies wird dann wohl auch der letzte Brief sein, den ich euch aus Germanien schicke.


    Für die Villa hier in Mogontiacum habe ich mittlerweile einen neuen vilicus eingestellt. Sein Name ist Sextus Satrius Livianus. Er wurde mir von verschiedenen Seiten als sehr zuverlässig empfohlen. Damit aber nicht noch einmal so etwas geschieht, wie mit dem letzten, habe ich Deinen Klienten Artorius Raetinus gebeten, hin und wieder mal nach dem Rechten zu sehen. Dein Einverständnis vorausgesetzt, habe ich ihm ebenfalls einen Satz Schlüssel übergeben. Ich halte ihn für absolut vertrauenswürdig und hoffe, dass Du darin mit mir übereinstimmst.


    Genaue Berichte über meine Erlebnisse hier gibt es dann nach meiner Rückkehr. Ich bin wirklich sehr erleichtert, dass ihr anderen wenigstens gesund seid. Bitte grüße alle von mir und umarme Minervina, Helena und Prisca in meinem Namen zum Trost.


    Mögen die Götter ihre schützenden Hände über die Aurelia halten.


    Vale,


    [Blockierte Grafik: http://666kb.com/i/axkoxbf4nh8f12236.gif]


    Mogontiacum, ANTE DIEM XIII KAL IUL DCCCLVIII A.U.C. (19.6.2008/105 n.Chr.)



    Nachdem der Brief endlich vollbracht war, rief Ursus einen Legionär, übergab ihm das nötige Geld und die versiegelte Schriftrolle und schickte ihn, für die Versendung Sorge zu tragen.

    Ursus fand, daß der Vergleich auf sämtlichen Füßen hinkte. Das Seufzen fiel ihm natürlich auf, er hob eine Augenbraue, ignorierte es ansonsten aber. "Wir sind sogar sehr verschiedene Völker. Ich glaube, weit verschiedener als die germanischen Stämme untereinander. Eher wie die germanischen Stämme und die Kelten. Es sind viele Ähnlichkeiten da und doch sind sie sehr unterschiedlich. Und ... eigentlich habe ich überhaupt keine Auffassung von Deinem Heimatgefühl. Ich habe lediglich hinterfragt, was mir aus Deinen bisherigen Worten widersprüchlich schien. Ich kenne Dich viel zu wenig und ebenso Deine alte Heimat, nur Deine neue kenne ich ein wenig. Wie könnte ich da zu einem brauchbaren Schluß kommen?" Zumal Lando mehr als zugeknöpft war und immer nur Bruchstücke preisgab. "Doch ich kann Dir sagen, was ich als Heimat empfinde: Rom. Dort bin ich geboren, dort steht mein Geburtshaus. Ich kenne so ziemlich jede Gasse in dieser Stadt, eine Tatsache, die mein Vater zum Glück nie erfahren hat, meine Familie lebt dort. Und auch wenn nicht immer alle Familienmitglieder dort sind, so ist Rom doch der Dreh- und Angepunkt der Familie. Dorthin kommen immer alle wieder zurück, von dort gehen einige von uns wieder auf Reisen. Dorthin schreiben wir unsere Briefe, von dort kommen die Briefe an uns. Es ist auch mein Dreh- und Angelpunkt. Dort bin ich fest verwurzelt, auch wenn ich mich nicht scheue, zeitweise Aufgaben in den Provinzen zu übernehmen."


    Und wieder hatte Lando einen Hinweis gegeben. Die Menschen, die er liebte, lebten überwiegend hier. Seine Familie lebte also nicht im Gebiet der Cheruski. Oder eben nur ein kleiner, für ihn unwichtiger Teil. Hieß das nun, daß seine Familie schlicht nicht mehr lebte? Oder daß hier eine größere Anzahl Cheruski lebte, als alle annahmen? Ursus wußte, daß er das nicht mehr würde ermitteln können. Doch er nahm sich vor, an entsprechender Stelle Hinweise zu geben, damit es im Auge behalten wurde.


    Das Gespräch verlief nicht sonderlich gut. Vielleicht wurde es Zeit, das Thema zu wechseln? "Das Stadtfest hat mir übrigens sehr gut gefallen. Schön abwechslungsreich. Es wäre nett, wenn Du den Organisatoren mein Lob ausrichten würdest, ich bin nicht sicher, ob ich noch Gelegenheit haben werde, das selbst zu tun." Er nahm einen weiteren Schluck aus seinem Becher, der ohnehin fast leer war. Und eigentlich wurde es auch so langsam Zeit, ins Castellum zurückzukehren.

    Nach dieser Empfehlung probierte Ursus auch noch etwas von besagtem Quark. Und nickte schließlich. "Ja, nicht schlecht. Obwohl ich ein gut gewürztes Moretum doch noch vorziehen würde." Er lächelte und sah zu, wie der Quäastor es sich schmecken ließ, während die Männer das Lager abbauten und alles verstauten.


    Zeitlich paßte alles genau. Sie waren mit essen fertig, als die Männer die letzten Gerätschaften und auch das Geschirr wegpackten und schon wurden ihre Pferde herangeführt. Ursus schwang sich in den Sattel und wartete, bis auch Sedulus aufgesessen war. Der germanische Führer war ebenfalls inzwischen da, es konnte also losgehen.


    "Equetes! Pergite!", befahl er, als alle bereit waren. Und schon setzten sie sich in Bewegung, Mogontiacum entgegen.

    "Das ist es wahrhaftig", bestätigte Ursus leicht amüsiert, als er sah, wie begeistert Louan von dem Essen war. Er konnte sich schon vorstellen, daß so etwas bisher nicht zu seinem Speiseplan gehört hatte. Es würde wohl auch zukünftig eher die Ausnahme bilden, doch immerhin konnte es vorkommen und das war doch schon mal was.


    "Du sagtest heute morgen, daß Du gut rechnen kannst. Zeichnen kannst Du also auch gut. Es könnte also sein, daß Geometrie Dir liegt. Vielleicht können wir Dir ja Architektur näher bringen? Gute Architekten werden immer gebraucht und damit läßt sich auch gutes Geld verdienen. Na, erstmal brauchst Du ohnehin Grundlagen. Lesen und Schreiben zum Beispiel. Und dann solltest Du auch verschiedene Dinge einfach ausprobieren, um zu sehen, was Dir gefällt und was Dir liegt." An Kunstmalerei dachte Ursus eher weniger, denn damit war nur schwer Fuß zu fassen. Das konnte Louan ja immer noch machen, nebenher.

    Ein Heer von Klienten. Ja gut, da hatte Sedulus natürlich recht. "Ich denke, dann muß ich noch ein wenig zulegen, was Klienten angeht. So viele habe ich noch nicht. Aber ich schätze, die laufen mir schon zu, wenn ich erst etwas höher auf der Karriereleiter stehe." Nur, ob er immer Lust hatte, die mit sich herumzuschleppen, da war er sich wahrhaftig nicht sicher.


    "Nun, Du hättest es auch selbst nicht gesehen, dann ist es natürlich weit weniger komisch." Wenigstens nahm Sedulus die kleine Frechheit mit Humor. "Und Du hast mich also schon durchschaut? Verflixt aber auch." Er lachte. Sedulus war wirklich in Ordnung. So mancher in seiner Position hätte nicht so humorvoll reagiert.


    "Oh, entschuldige." Jetzt hatte er für den kameradschaftlichen Schlag auf die Schulter auch noch den falschen Moment erwischt. Gut, daß der Becher so gut wie leer gewesen war, sonst hätte es nun ein Unglück gegeben. Doch zum Glück ging nochmal alles gut. "Ja, genau, fliegende Fische, wilde, trinkfeste Barbaren und finstere, germanische Wälder... Wir haben tatsächlich einiges erlebt hier."


    Die Bedienung kam und kassierte. Dabei ließ sie noch einmal ihre besonderen Reize spielen und lächelte strahlend, wobei sie ihre makellosen weißen Zähne zeigte. Sie war wirklich verdammt hübsch...

    Die Männer hatten wahrhaftig daran gedacht, etwas zu essen für den Quästor und ihn herzurichten! Das war mit Sicherheit nicht den beiden Saufbolden zu verdanken, sondern eher der ganz erstaunlichen Vorausschau des Duplicarius. Und Ursus zögerte auch nicht, dafür ein Lob auszusprechen. "Das ist wirklich vorausschauend von euch gewesen, ich werde das nicht vergessen", sagte er und nickte den beteiligten Männern anerkennend zu. Er kannte ihre Namen nur zu gut, hatten sie sich doch schon mehrfach bewährt. Und er würde dafür sorgen, daß ihre gute Arbeit auch anderweitig belohnt wurde.


    Als Primus ihn nochmal ansprach, atmete Ursus tief durch, um sich besser unter Kontrolle zu bringen, denn es war nicht gut, daß die Männer ihm seinen Unwillen so deutlich ansahen. "Es hat nichts mit Dir oder den Männern zu tun, Duplicarius. Ihr leistet hervorragende Arbeit. - Sehen wir zu, daß wir schnell nach Mogontiacum zurückkommen", sagte er halblaut zu Primus, bevor er dann auch an das Feuer trat und rein der Gesellschaft wegen auch noch ein Stück Brot mit Käse aß.


    Er grinste ein wenig schief, als er sein Wort an den Quästor richtete. "Weißt Du, was ich tun werde, wenn wir zurück sind? Ich werde erst einmal die Thermen aufsuchen. Ich habe es wahrhaftig nötig."

    Ah, da war Caelyn ja, ganz zur rechten Zeit. Und wie das Essen duftete! Ursus ließ sich von ihr gleich einen Becher mit verdünntem Wein füllen und sich von dem Braten und dem Brot geben. "Möchtest Du nicht mitessen, Caelyn?", fragte er und deutete auf einen freien Platz. Das war kein Befehl, wenn sie sich unwohl dabei fühlte, mußte sie sich nicht dazu setzen. Ungewöhnlich war es allemal, doch heute konnte man so eine Ausnahme schon mal machen.


    "Gut. Dann willkommen in meinem Klientel, Louan", sagte Ursus feierlich, hob den Becher zum anstoßen und lächelte dann. "Und jetzt wollen wir es uns schmecken lassen. Sertorio hat sich wieder einmal selbst übertroffen, wie es scheint." Er aß ein paar Bissen, bevor er wieder das Wort ergriff. "Gibt es eigentlich irgend etwas, wofür Du Dich besonders interessierst? Oder etwas, was Du besonders gut kannst?" Begabungen und auch Interessen sollte man durchaus fördern, fand er. Wenn es denn möglich war.


    Sim-Off:

    Du müßtest dann noch im CP bestätigen :)

    "Klient", half Ursus ein wenig nach, als Louan der Begriff nicht gleich einfiel. Und dann hörte er sich den Fragenschwall an, der nicht unerheblich war. Aber eigentlich fand er das ein gutes Zeichen, denn das bedeutete doch, daß auch der Junge Wert darauf legte, es richtig zu verstehen.


    "Ich denke, ich fange mit der letzten Frage an. Also, ich kann es nur vermuten. Ich nehme an, daß sie sich über mich gewundert hat. Sie... hatte etwas gesagt, was in dem Zusammenhang unglaublich komisch war. Und ich habe lauthals gelacht. Das tue ich nur sehr, sehr selten und ich weiß nicht, ob sie überhaupt je dabei war. Sie ist dann sehr schnell geflüchtet. - Inwiefern war sie denn komisch?" Immerhin wußte Ursus ja gar nicht, was sie dann getan hatte. Hoffentlich glaubte sie nicht, er hätte sie ausgelacht, denn das war nicht der Fall.


    "Dann zu Deinen anderen Fragen. Nein, Du mußt da nichts unterschreiben. Das ist eine Abmachung unter Ehrenmännern, könnte man sagen." Das war nun, gerade in Bezug auf Louan, ein wenig übertrieben dargestellt, doch vielleicht würde es die richtige Wirkung erzielen. "Normalerweise bleibt man ein Leben lang Klient seines Patrons. Das ist eine Verbindung... ein wenig wie Familie, das ist es nicht ganz, aber so eine Art. Und Familie gibt man ja auch nicht einfach so ab, weil man gerade keine Lust mehr dazu hat, nicht wahr? Wir binden uns aneinander, jeder von uns geht eine Verpflichtung ein. Und das ist der Grund, warum man da sehr gründlich drüber nachdenken sollte, an wen man sich da bindet."


    Ursus machte mit Absicht eine Pause. Denn er fand, der Teil war echt wichtig. "Was Caelyn angeht: Natürlich könntest Du sie mir abkaufen, wenn Du genug Geld hättest, ich würde mich dem nicht verschließen. - Ein guter Grund, hart zu arbeiten und ordentlich Geld zu verdienen." Daß es Louan schwer fallen dürfte, so viel Geld zusammenzusparen, erwähnte er erst einmal nicht. Es war ein guter Ansporn für den Jungen. Und wenn Ursus Caelyn dann freiließ, hatten sie wenigstens einiges an Erspartem. Aber das stand noch in den Sternen. "Ein freigelassener Sklave wird übrigens automatisch Klient seines vorherigen Herrn", erklärte Ursus noch kurz, bevor es da zu Mißverständnissen kam.

    Ursus nickte und lächelte. "Ja, je weiter man kommt, umso mehr Feinde hat man. Und umso mehr muß man sich Tag für Tag fragen, wann einen doch mal einer erwischt. Was meinst Du, ab wann braucht man einen Leibwächter?" Sein breites Grinsen zeigte an, daß er es nicht so völlig ernst meinte.


    "Also... so eine Flosse auf Deinem Scheitel hätte durchaus etwas gehabt, würde ich sagen." Met. Irgendwie vertrug er das Zeug wohl nicht so gut. Er lachte, denn die Vorstellung war ausgesprochen komisch.


    "Ich glaube, wir sollten langsam aufbrechen. Wenn ich mehr von dem hinterhältigen Zeug trinke, verderbe ich ganz den guten Eindruck, den Du von mir hast. Und den die Soldaten von mir haben." Er lachte abermals und schlug Sedulus kameradschaftlich auf die Schulter. "Wir sollten uns mal privat zuhause treffen. In Rom, meine ich. Dann sind wir nicht so vielen Einschränkungen unterworfen." So richtig getrunken hatte er nicht mehr seit... seit Griechenland eigentlich.

    Ursus lachte. "Ja, habe ich. Aber es ist sicher auch noch etwas für Dich da. Bis wir loskönnen, wird ja noch etwas Zeit vergehen." Sie verließen gemeinsam das Zelt.


    "Salvete", grüßte Ursus die beiden Decurionen, nahm im Vorübergehen den Helm an sich und wollte eigentlich auch schon weiter, als seine Nase einen Geruch wahrnahm, der ihm wahrhaft die Zornesröte ins Gesicht trieb. Er drehte sich zu den beiden um. Seine Stimme war eiskalt und unverkennbar zornig. "Ihr werdet euch nach unserer Ankunft bei mir melden!" Vor den Männern wollte er die Offiziere nicht herunterputzen, das würde ihre Autorität untergraben. Doch durchgehen lassen würde er ihnen das auf keinen Fall! Die hatten getrunken, trotz seines eindeutigen gegenteiligen Befehls! "Und jetzt sorgt dafür, daß wir baldmöglichst aufbrechen können!"


    Dann wandte er sich wieder an Sedulus und mißachtete die beiden Offiziere, die ihn wirklich maßlos enttäuscht hatten. "Da am Feuer gibt es noch etwas zu essen."