Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    Ursus lachte ebenfalls. "Ja, das kann man auf jeden Fall auch schon als Tradition bezeichnen. Und Deine Familie scheint es weit zu bringen. Tribun bei den Praetorianern, das ist wahrhaftig nicht jedem vergönnt." Er nahm einen Schluck aus seinem Becher und lächelte dann. "Danke für Deine gute Meinung von mir. Ich hoffe, die Senatoren sehen das genauso. Manchmal reicht gute Arbeit nicht aus. Schon gar nicht, wenn gerade der Kaiser gewechselt hat. Ich hoffe es einfach. Wenn nicht... der Weg zum Militär steht ja irgendwie immer offen. Und zur Not... ich besitze etwas Land. Aber ich gebe zu, mich als Bauern vorzustellen, fällt mir doch etwas schwer."


    Er leerte den Becher und erhob sich dann. "Hab Dank für das gute Gespräch und Deine Bereitschaft, in der Villa hin und wieder nachzuschauen. Wir sehen uns sicher in den nächsten Tagen noch. Auf jeden Fall vor meiner Abreise!"

    Ursus blickte auf. "Guten Abend, Louan. Komm, setz' Dich doch." Er deutete auf eine der Clinen. Es war schon klar, daß der Junge sich unwohl fühlte in dieser ihm völlig unvertrauten Umgebung. Irgendwie war das ja auch richtig so. Er sollte sich schon bewußt machen, daß ihm hier Ehren zuteil wurden, die nicht gewöhnlich und schon gar nicht selbstverständlich waren.


    "Caelyn bringt gleich das essen. Und vielleicht setzt sie sich dann auch zu uns." Sie hatte sich ja noch nicht klar darüber geäußert, ob sie mitessen wollte. "Und? Hast Du Dich entschieden? Oder hast Du vielleicht noch Fragen? Habe keine Scheu zu fragen. Es ist mir wichtig, daß Du alles richtig verstehst, damit Du Deine Entscheidung nicht eines Tages bereust." Natürlich konnte das immer noch geschehen, doch wenigstens war dann nicht mangelndes Verständnis der Grund dafür.

    Einige Stunden nach dem Gespräch erschien Ursus wieder und sprach den scriba an. "Der Legat wünschte einen schriftlichen Bericht von mir. Hier ist er. Sollte er dazu noch Fragen haben, brauchst Du mich nur rufen lassen, ich bin in meinem officium." Er legte die Wachstafel auf den Schreibtisch.



    Bericht über den Fortschritt der Arbeiten am Limes


    Beginnend an der Grenze zur Provinz Raetia wurde der Limes der Provinz Germania Superior mit einem einfachen Graben, Wall und Holzpalisade befestigt.


    Fertig gestellt wurden bis jetzt etwa 50 Meilen. ((Entspricht etwa der Strecke Lorch – Osterburken, siehe Karte))


    Bisherige Aufwendungen/Verluste:


    Äxte 50 Stück
    Grassodenausstecher 20 Stück
    Hammer 30 Stück
    Nägel 3.000 Stück
    Verpflegung 6.720 Sesterzen
    Maultierkarren 2 Stück
    Maultiere 2 Stück


    Verluste bei den Mannschaften hat es bisher nicht gegeben.


    Im Zuge der Arbeiten konnte der baumfreie Streifen um etwa 5 Passus verbreitert werden.



    An Werkzeugen/Verbrauchsmaterialien für die Arbeiten noch im Einsatz bzw. auf Vorrat sind noch:


    Äxte 300 Stück
    Grassodenausstecher 80 Stück
    Hammer 200 Stück
    Nägel 8.000 Stück



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    Mogontiacum, ANTE DIEM XV KAL IUL DCCCLVIII A.U.C. (17.6.2008/105 n.Chr.)




    Tatsächlich fiel es Ursus schwer, mit Lachen aufzuhören. Mit welchem Ernst sie es gesagt hatte! Unglaublich. Wieder schüttelte Ursus den Kopf und räusperte sich dann entschlossen. Das gab es doch gar nicht, er mußte sich doch wohl beherrschen können! Und nun gelang es auch. Obwohl es vermutlich daran lag, daß Caelyn aus seiner Sicht verschwunden war. Nun war es ihm auch möglich, sich auf das Opfer zu konzentrieren. Er zündete ein paar Räucherstäbchen an, zerbröselte ein paar Kekse und vergoß etwas Wein. Er sprach nicht laut, was er zu sagen hatte, es war auch nicht viel. Im Grunde lobte er die Ahnen und bat sie um ihren Schutz, mehr nicht.


    Als er ins Triclinium herüber ging, dachte er, wie schon häufiger in den letzten Tagen, über die Familie nach. Sie hatten ewig nicht geschrieben. Seit Monaten war kein Brief mehr gekommen. Hoffentlich war nichts passiert! Vielleicht sollte er doch noch einen kurzen Brief schicken. Und wenigstens schon mal ankündigen, daß sie bald heimkehren würden.


    Seufzend ließ er sich auf einer Cline nieder. Warum schrieben sie nicht mehr? Weder von seiner Schwester, noch von Helena war überhaupt ein Brief gekommen, was er schon sehr enttäuschend fand. Doch Corvinus hatte am Anfang so rasch geschrieben. Und auf einmal gar nicht mehr. Was war da nur los?

    "Nicht mehr neu ist noch lange nicht alt", stellte Ursus sachlich fest und wußte nur zu genau, daß ihr das durchaus klar war. Doch er wollte deswegen jetzt auch keinen Affenzirkus veranstalten. Sie wußte Bescheid und damit war es gut. "Louan kann mit mir essen, dann können wir alles besprechen. Wenn Du möchtest, kannst Du auch mitessen. Alleine essen ist sowieso langweilig und irgendwie betrifft Dich das alles ja schließlich auch. Ich hoffe, es gibt etwas Gutes, ich habe einen Hunger..."


    Offenbar hatten die Geschwister wirklich schon miteinander gesprochen, das war gut. Daß Louan sich mittlerweile freute, und zwar sehr zu recht, denn er hatte nun Möglichkeiten, von denen so mancher nur träumen konnte, war doch eine gute Nachricht. Doch als Caelyn plötzlich erwähnte, sie wüßte gar nicht, woher das kam, daß Louan manchmal zickig war, geschah etwas, was man getrost als mittleres Wunder bezeichnen konnte: Ursus lachte lauthals los. "Nein, das verstehe ich auch nicht, woher er das wohl hat." Noch immer lachend schüttelte er den Kopf, während er zum Altar herüberschlenderte, um den Ahnen und Hausgeistern ein kleines Opfer darzubringen. Doch bevor er das tun konnte, mußte er sich erst einmal wieder zu dem nötigen Ernst zwingen.

    Na, da hatte aber jemand ausgesprochen gute Laune. Unwillkürlich lächelte Ursus zurück, wenn auch es auch ein wenig erschöpft ausfiel. "Dir auch einen guten Abend. - Hilf mir doch mal aus der Rüstung, ja?" Er hatte die meisten Riemen schon geöffnet, doch an andere kam er nicht so gut ran, da war es besser, wenn sie es machte.


    Nachdem er das schwere Ding los war, zog er sich noch die Tunika über den Kopf und wusch sich erst einmal gründlich. Ja, so war das schon wesentlich besser. Mit einem zufriedenen Seufzer schlüpfte Ursus in die Tunika, die sie ihm bereit gelegt hatte. Und bei dieser Tätigkeit fiel ihm auch gleich die Sache mit Louan und seiner Tunika wieder ein. "Also, in Zukunft nimmst Du Sachen von Sertorio. Nur so lange, bis Du für Deinen Bruder ein paar Kleidungsstücke besorgt hast, sind wir uns da einig? Meine Tunika zu nehmen, war schon eine ziemliche Anmaßung." Vor allem den letzten Satz sprach er in recht strengem Tonfall. "Und, hat Dein Bruder mit Dir über das gesprochen, was ich ihm vorgeschlagen habe?" Seit Louan angekommen war, hatte Ursus kaum Gelegenheit gehabt, mal allein mit Caelyn zu sprechen und so nutzte er die Gelegeneheit, die sich jetzt bot.

    Ursus hatte einen wahrlich anstrengenden Tag hinter sich, zumal er auch noch trainiert hatte, doch als er heimkam, hatte er noch keinen Feierabend. Sondern ihm standen noch Gespräche mit Caelyn und Louan bevor. Gut, das würde - hoffentlich - nicht gar so anstrengend werden. Er fühlte sich verschwitzt und schmutzig. Müde natürlich. Und hungrig war er...


    "Caelyn?", rief er, kaum daß er die Casa betreten hatte und blickte sich nach seiner Sklavin um. Er brauchte eine Waschmöglichkeit, eine frische Tunika - und etwas zu essen. All das hatte seine brave Sklavin (:D) bestimmt schon für ihn vorbereitet.

    Ursus legte den Kopf schief. Hatte man diese Verantwortung nicht auch schon als Tribun? Und auch als Centurio? Er hatte einige Entscheidungen allein getroffen in den letzten Wochen. Bei einigen davon waren auch Männer in Gefahr geraten und hätten auch sterben können. Das war ihm durchaus auch bewußt gewesen, doch das Militär war dafür da, um gefährliche Aufgaben zu erfüllen. Der Tod war Teil des Lebens, hier mehr als anderswo. Es war niemand gestorben und darüber war Ursus auch sehr froh. Doch wenn jemand den Tod gefunden hätte, so war die Frage, ob dies vermeidbar gewesen wäre. Man durfte eben nicht leichtfertig entscheiden, sondern mußte stets sorgfältig abwägen.


    "Es mag sein, daß ein Legat mehr als andere, oder vielmehr direkter, über das Schicksal von Menschen entscheidet. Doch auch in den anderen Ämtern darf man den Einfluß auf das Leben anderer nicht unterschätzen. Wenn wir uns für den Cursus Honorum entscheiden, dann entscheiden wir uns dafür, das Leben anderer zu verändern. Dann entscheiden wir uns für eine große Verantwortung." Er trank den letzten Schluck aus seinem Becher und grinste. "Ja, je länger ich darüber nachdenke, umso komischer wird der Fisch. Gut, daß der nicht auseinandergefallen ist, so wie der herumgeschleudert wurde."

    Ursus mußte unwillkürlich grinsen. "Ja, die Männer sind da so rücksichtslos und grausam wie die brüllenden Vögel. Mich haben die nämlich schon aus dem Schlaf gerissen, kurz bevor die Männer anfingen, Lärm zu machen." Er sehnte sich doch irgendwie danach, mal wieder in einem ordentlichen Bett zu schlafen. Und mal ein paar Stunden mehr als die letzten Nächte.


    "Dann danken wir uns eben gegenseitig", lachte Ursus schließlich, um dem Dilemma ein Ende zu bereiten. Als ihm Sedulus freundschaftlich auf die Schulter klopfte, erwiderte er diese Geste lächelnd und sah dann zu, wie der Quästor die letzten Gegenstände verstaute. "Hast Du schon gefrühstückt?"

    Ursus nahm noch einen Schluck, während er aufmerksam zuhörte. "Was würde Dich daran stören, ein Legat zu sein?" Eigentlich hatte er den Eindruck gehabt, daß auch Sedulus nicht ungern Tribun gewesen war. Gut, Legatus Augusti Pro Praetore war sicher ein Posten, der alles andere als einfach auszufüllen war und um den Ursus Vinicius nicht unbedingt beneidete. Doch Legat? Warum nicht?


    "Und was hat Dir am Amt des Quästors besonders gefallen?" Immerhin hatte er vor, sich um ein solches Amt zu bemühen. Da konnte es nicht schaden, nochmal genauer nachzufragen.

    Ursus betrat also das Zelt, wo der Quästor schon praktisch fertig war. "Guten Morgen", wünschte er lächelnd und unterdrückte ein Gähnen, denn müde war er zugegebenermaßen immer noch. "Das Lager wird schon abgebaut, ich denke, wir können bald aufbrechen. Habe ich Dir eigentlich schon gedankt dafür, daß Du mich mitgenommen hast? Ich habe in den letzten Tagen viel gelernt." Er wollte das auf jeden Fall noch loswerden, bevor er am Ende nicht mehr dazu kam.

    Ursus nickte. Natürlich mußte der Legat da nachforschen und sicher würde er sich auch noch anderweitig umhören. Ursus zweifelte nicht daran, daß von anderer Seite ebenso lobend über den Centurio gesprochen werden würde.


    "Nun, dann habe ich jetzt alles vorgebracht, das mir auf der Seele lag. Den schriftlichen Bericht über den Stand der Arbeiten am Limes werde ich Dir natürlich noch heute zukommen lassen." Wenn der Legat nun nichts hatte, was er mit ihm noch besprechen oder ihm auftragen wollte, dann war er eigentlich fertig. Doch es war natürlich an Lucianus, das Gespräch zu beenden.

    Ursus nickte und lächelte nun geradezu freundlich. "Was man einmal gelernt hat, ist schnell wieder gelernt. Caelyn liest und schreibt mittlerweile ganz ordentlich. Sie kann Dir sicher helfen, Deine Kenntnisse aufzufrischen. Du kannst natürlich hier bei mir wohnen. Vorerst erwarte ich nicht viel von Dir. Allerdings schon, daß Du Dich darum bemühst, zu lernen. Und vielleicht auch Deine Sprache zu verbessern. Umso besser wird die Stellung sein, die ich Dir verschaffen kann. Gut rechnen zu können, ist schon eine gute Voraussetzung, doch allein das wird nicht genügen."


    Erst jetzt, als etwas Ruhe eingekehrt war, bemerkte Ursus, was für eine Tunika der Junge da trug. Seine Augenbraue hob sich, sonst ließ er sich nichts anmerken. "Richte bitte Deiner Schwester aus, daß ich mich beizeiten mit ihr über Deine Kleidung unterhalten möchte." Das konnte alles bedeuten, zumal er nicht bedrohlich gesprochen hatte. Doch Caelyn würde schon wissen, was er meinte. Denn immerhin hätte auch eine Tunika von Sertorio genügt. "Wir unterhalten uns heute Abend noch einmal, ja?" Bis dahin hatte sich das Gehörte auch bei dem Jungen gesetzt. Und auch Ursus hatte sich bis dahin noch ein paar Gedanken machen können, was er mit dem Bengel denn nun eigentlich anfing.

    Ursus saß noch bequem am Feuer auf einem Baumstamm, wo er gefrühstückt hatte und hielt einen Becher mit einem belebenden Kräuteraufguß in der Hand, als Centurio Artorius herantrat und salutierte. Ursus erwiederte den Salut und deutete auf einen Platz neben sich. "Salve, Centurio Artorius. Hast Du schon gefrühstückt?" Er deutete auf die Reste seiner Mahlzeit, die noch locker für eine weitere Person reichten. Brot, Käse, etwas Rauchfleisch und sogar ein gekochtes Ei.


    "Hm, laß mich mal nachschauen." Er nahm eine Wachstafel zur Hand, auf der er die verschiedenen Arbeitseinsätze für die verschiedenen Tage notiert hatte. "IV. Centurie... Heute steht für euch buddeln und Palisade errichten an. Also harte Arbeit. Aber das Wetter sieht gut aus, nicht zu heiß und doch trocken. Und wir erhalten von den Germanen am Abend etwas anständiges zu essen, so daß für die Männer das Kochen entfällt. Das sollte sie zumindest ein bißchen motivieren."

    "Dreizehn Jahre sind schon mehr als die Hälfte Deiner Dienstzeit. Und Du hast wirklich viel erreicht, das kann man nicht anders sagen." Ursus grinste, als Raetinus ihn darauf aufmerksam machte, daß für einfache Soldaten das Militärleben ungleich schwerer war. "Nun, ich bin wahrhaftig nicht unglücklich darüber, daß ich kein einfacher Soldat bin, das gebe ich offen zu. Doch ich bin wirklich überrascht, wie gut ich mich hier eingelebt habe. Ich verstehe nun, warum das Militär in meiner Familie eine gewisse Tradition besitzt." Er war wirklich froh, daß er sich entschlossen hatte, freiwillig ein Tribunat abzuleisten. Und er schloß nicht aus, daß er dies vielleicht im Laufe seiner Karriere nochmals tun würde.


    "Was ich zu tun gedenke? Nun, erstmal werde ich in Rom all den Klatsch und Tratsch nachholen müssen, den ich im vergangenen Jahr verpaßt habe. Und natürlich dafür sorgen, daß die richtigen Leute Notiz von mir nehmen. Denn zur nächsten Wahl möchte ich als Quästor kandidieren. Oder spätestens zur übernächsten. Dafür muß ich noch ein wenig die Werbetrommel für mich rühren, sonst werde ich nicht gewählt."

    "Danke, das wünsche ich Dir auch", erwiderte Ursus, "Gute Nacht." Auch er stolperte in Richtung seines Zeltes und war kurze Zeit später auch schon eingeschlafen.


    Der nächste Morgen begann sehr früh. Ursus erwachte von dem unerträglichen Gebrüll der Vögel. Da er davon ausgehen mußte, daß die Germanen sehr früh erscheinen würden, man hatte ihnen ja Begleitung bis zum Limes versprochen, quälte er sich von seinem Feldbett und versuchte seine Lebensgeister mit dem eisigen Wasser der Waschschüssel zu wecken, was sogar einigermaßen gelang. Er gönnte sich ein karges Frühstück und trat dann aus dem Zelt. Die Männer waren natürlich schon wieder munter und eifrig dabei, das Lager abzubauen. Sehr gut. Das bedeutete, daß sie frühzeitig abreiten konnten.


    Vorausgesetzt, der Quästor war ebenfalls schon wach. Ursus trat an das Zelt des Germanicers heran. "Quästor Germanicus? Bist Du wach?", fragte er durch die Zeltbahn hindurch.

    Ursus runzelte ernst die Stirn. Diese Sache mit den drei Soldaten war ihm ebenfalls mächtig merkwürdig vorgekommen. "Nun, ich kann leider nicht viel zuverlässiges dazu sagen, mit einem Tribun sprechen die Männer nicht unbedingt in vertraulicher Weise. Doch über Umwege ist mir zu Ohren gekommen, daß die Entlassung der drei vor allem unter den Probati für große Erleichterung gesorgt hat. Sie haben wohl jüngere Soldaten, vor allem die völlig Unerfahrenen, in jeder Hinsicht getriezt. Weit über das normal übliche Maß hinaus. Centurio Artorius hatte sie dafür wohl angemessen streng bestraft. Und hierfür wollten sie sich rächen." Dies alles hatte er aus verschiedenen beiläufigen Bemerkungen der Männer und dem Bericht des Centurios herausgehört. Natürlich wußte er nicht, was genau vorgefallen war.


    "Ich glaube nicht, daß Centurio Artorius in dieser Sache ein Vorwurf zu machen ist. Diese Männer haben sich nicht eingefügt, waren überaus unkameradschaftlich und haben klare Befehle mißachtet. Auch meine. Auf jeden Fall ist es unglaublich, daß sie so etwas überhaupt gewagt haben. Daß sie angenommen haben, mit so etwas durchkommen zu können. Sie glaubten wohl, durch den Sack, den sie dem Centurio übergestülpt hatten, könnten sie unerkannt bleiben." Ursus schüttelte den Kopf. Die ganze Sache war ihm immer noch unbegreiflich. "Soweit ich es beurteilen kann, hat der Centurio sich vollkommen korrekt verhalten. Manch anderer hätte vielleicht die Gelegenheit genutzt, den Männern mit den eigenen Fäusten noch einen ordentlichen Denkzettel zu verpassen. Doch er hat sich wegen der Schwere des Vergehens an Dich gewandt, um eine gerechte Bestrafung herbeizuführen und auf eine kleinliche Rache verzichtet. Ich fand gerade auch dieses Verhalten vorbildlich und bemerkenswert."

    Ursus lachte. "Nein, er ist nicht mein Klient, auch wenn es so klingen mag. Er ist tatsächlich so gut. Nur manchmal ein wenig voreilig und arg entscheidungsfreudig, was aber wieder daran liegen mag, daß sein Decurio ihm so ziemlich alles überlassen hat. Gaius Terentius Primus heißt der Mann und er ist zur Zeit Duplicarius der Turma II." Daß der Legat sich noch anderweitig über den Mann erkundigen würde, war klar. Schließlich war eine Beförderung zum Decurio keine Kleinigkeit. Ursus konnte nur eine Empfehlung aussprechen, mehr nicht. Und diese sprach er mit voller Überzeugung aus.


    "Es gibt auch noch einen zweiten Mann, auf den ich Deine Aufmerksamkeit lenken möchte. Centurio Servius Artorius Reatinus, er ist Centurio der IV. Centuria, II. Cohorte. Zwar bin ich nicht sein Vorgesetzter, doch im Zuge der Limesarbeiten hatte ich mit verschiedenen Offizieren zu tun. Centurio Artorius ist mir dabei besonders positiv aufgefallen und ich habe ihn auch ab und an bei seiner Ausbildungstätigkeit hier im Castellum beobachtet. Der Mann leistet wirklich außergewöhnlich gute Arbeit. Nicht zuletzt ihm ist es zu verdanken, daß die Arbeiten am Limes so rasch und gut vorangeschritten sind. Ich möchte ihn daher für eine Auszeichnung vorschlagen." Wenn einer eine solche verdient hatte, dann der Artorier.

    "Ja, das auch, auf jeden Fall." Obwohl er, nach allem was man bisher hörte, nicht annahm, daß Valerianus wegen nichtiger Kleinigkeiten Köpfe rollen ließ, so durfte man diese Möglichkeit natürlich niemals ausschließen. Macht war ein gefährliches Ding. Sie veränderte Menschen. Und selten zum Vorteil.


    "Ich sehe, wir sind uns da ganz einig. Zwar habe ich schon einen gewissen Ehrgeiz, was meine Karriere angeht. Doch es gibt Grenzen, die ich nicht überschreiten möchte. - Du denkst daran, ein weiteres mal als Quästor zu kandidieren? Hat Dir das Amt so gut gefallen?" Es war nichts ungewöhnliches, ein Amt nochmals auszuüben. Und es konnte nie schaden, zusätzliche Erfahrungen zu sammeln.