Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    Ursus erwiderte den Salut, musterte die Männer sehr aufmerksam und prägte sich ihre Namen ein. Sie machten auf ihn einen recht guten Eindruck. Als Alienus ihm mitteilte, daß er sich nicht mal die Zeit genommen hatte, seinen Namen zu nennen, mußte er ein Schmunzeln unterdrücken. Bei dieser ersten Begegnung wollte er so etwas lieber vermeiden. Auch auf die Gefahr hin, daß sie ihn für einen humorlosen, trockenen Knochen hielten.


    "Sehr erfreut, euch kennenzulernen", nickte er den Offizieren zu. "Nun, mein Name ist Titus Aurelius Ursus. Und neben dem Kommando über die Reiterei obliegt mir die Organisation des Limesausbaus. Da die Pläne hierfür bereits von meinen Vorgänger erstellt wurden, habe ich vor, recht schnell zur Tat zu schreiten, was das angeht. In der ersten Zeit allerdings möchte ich den Dienstbetrieb genau kennenlernen. Das heißt, daß ich mich der einen oder anderen Patroille anschließen werde, mich immer mal wieder in den Ställen umschaue und auch dem Training beiwohnen, wenn es meine Zeit erlaubt." Man konnte schlecht über etwas bestimmen, wenn man es nicht kannte. Außerdem wollte er auch die Männer möglichst kennenlernen. Er hielt nichts davon, ein Fremder für die Männer zu sein, die seinen Befehlen folgen sollten.

    "Dann bis gleich." Ursus blickte Alienus noch einen Augenblick nachdenklich hinterher. Naja, er würde zur Not schon irgendwie einen Trainingspartner finden, das sollte unter Tausenden von ausgebildeten Kämpfern nicht so schwer sein.


    Einen kurzen Blick warf Ursus noch in das Haus, das für ein Jahr sein Heim sein sollte. Es war wirklich nicht übel. Also, bisher gefiel es ihm nicht schlecht bei der Legion. Blieb zu hoffen, daß das so blieb.


    Mit diesen doch eher positiven Gedanken machte er sich auf den Weg zu seinem officium.

    Ursus nickte. Das hörte sich doch sehr gut an. Die Truppe schien straff organisiert und gut geführt zu werden. Hoffentlich war er nicht völlig überflüssig, wenn alles so gut lief. "Das ist erfreulich zu hören. Ich werde mich also auch sofort wieder zum officium begeben. Aber eine Frage hätte ich noch: Wie ist das Waffentraining für die Stabsoffiziere organisiert? Wenn ich schon bei der Legion bin, möchte ich nach Möglichkeit auch meine Waffenfertigkeiten verbessern. Außerdem kann es schließlich selbst mir passieren, daß ich in eine Situation gerate, in der ich zur Waffe greifen muß." Vor allem im Hinblick darauf, daß er die Arbeiten am Limes organisieren und überwachen sollte.

    Ursus grinste. "Ich bin sicher, die Unterschiede sind nur minimal." Zumindest was die Unterkünfte anging.


    Wegen des Vorschlages mit den Stallungen überlegte er einen Moment. Natürlich wollte er sie gern sehen, doch die Reihenfolge erschien ihm nicht passend. "Ich würde sagen, wir treffen uns in meinem officium und ich sehe mir die Ställe an, wenn ich die Offiziere kennengelernt habe. Das scheint mir doch passender zu sein."

    Ursus lachte. "Vielen Dank für die prompte Lieferung."


    Neugierig betrat er das Haus. Es war wirklich gar nicht so übel. Und geräumiger als erwartet. Natürlich blickte Ursus kurz in jeden Raum. Und war nicht unzufrieden. Eigentlich war es für eine Person sogar schon deutlich zu groß. "Glaube mir, in Athen habe ich wesentlich beengter gelebt. Ich denke, ich werde es hier aushalten können." Zumal Caelyn sicher dafür sorgen würde, daß es etwas gemütlicher wurde.


    "Ich würde dann ganz gerne einen Boten zur Villa Aurelia schicken, um meine Sklaven herzuzitieren. Sie warten dort mit dem Gepäck auf weitere Nachricht. Und wäre es dann vielleicht möglich, die Offiziere der Reiterei kennenzulernen?" Hier gab es für ihn vorerst nichts zu tun, seine Sklaven mußten erst einmal ankommen und alles in eine einigermaßen annehmbare Ordnung bringen.

    Ursus folgte Alienus zu den Offiziershäusern und betrachtete das Haus, welches für ihn vorgesehen war, mit Interesse. Es glich den Nachbarhäusern wie ein Ei dem anderen. Nichts anderes hatte er erwartet. "Sieht doch gar nicht so übel aus", grinste er und trat dann auf die Eingangstür zu, "Wenn es ein bequemes Bett gibt und eine ordentliche Küche, in der Sertorio sich zurechtfindet, dann habe ich eigentlich schon alles, was ich brauche." Er lachte und öffnete die Tür, um einzutreten. Schließlich war er ziemlich neugierig auf seine neue Behausung.

    "Ich denke, hier komme ich schon zurecht. Wollen wir dann die Casa ansehen gehen?" Er erwartete auch von der Casa nicht sonderlich viel. Aber natürlich war er bereit, sich positiv überraschen zu lassen.


    Ursus schickte sich an, das officium zu verlassen, überließ aber Alienus den Vortritt. Zwar würde er die Häuser zu finden wissen, wußte damit dann aber immer noch nicht, welches für ihn vorgesehen war.

    Ursus' Blick folgte der Geste von Alienus und er nickte. Und grinste. "Es kann nie schaden zu wissen, wo man im Zweifelsfall fragen kann." Es machte ihm nichts aus, zuzugeben, daß Fragen wohl vor allem am Anfang nötig sein würden. Es war noch kein Meister vom Himmel gefallen und ihm war bewußt, daß Theorie und Praxis mitunter wesentliche Unterschiede aufwiesen.


    "Wohnlich?" Er lachte. "Das letzte, was ich von einem officium, vor allem wenn es sich in einem castellum befindet, erwarte, ist Wohnlichkeit." Noch während er das sagte, öffnete er die Tür. Und fand dahinter, was er erwartet hatte: Schlichte, schmucklose, nüchterne Einrichtung. Pragmatisch bis zum letzten. "Genau so wohnlich, wie ich es mir vorgestellt hatte", stellte er grinsend fest.


    Neugierig trat er an die Regale heran, schaute auf die Beschriftungen und nickte dann. "Ich kann mich bei meinem Vorgänger wohl nur bedanken. Oder habe ich das hier Dir zu verdanken?" Hoffentlich gelang ihm am Ende seiner Zeit hier eine genau so ordentliche Übergabe.

    Ursus war nicht minder froh, endlich angekommen zu sein. Kaum hatte der Wagen gehalten, schickte er Alexandros los, um eine Medicus zu holen. Er gab dem Sklaven nicht mal die Zeit, etwas zu trinken oder auch nur das Haus zu betreten. "Aber einen guten, keinen Pfuscher, hörst Du?" Denn daß es Merit wirklich schlecht ging, war nicht zu übersehen.


    Eigentlich hatte er kaum Zeit für sowas, doch da die Frauen nun allein bei der Kranken standen, - wo waren die Männer eigentlich hin?, - blieb ihm kaum etwas anderes übrig. "Siv, geh vor und mach ein Bett soweit bereit, daß wir sie reinlegen können." Er schob seine Arme unter den zarten, heißglühenden Körper und hob die schöne Ägypterin hoch. Dann eilte er mit ihr hinter Siv her. "Siv, Du kümmerst Dich um sie. Kühle Umschläge im Nacken und um die Waden könnten helfen. Und sorg dafür, daß sie trinkt! Sie wirkt ja schon ganz ausgetrocknet. Ich kann nicht bleiben, ich muß mich melden. Alexandros holt gerade einen Medicus. Achte darauf, was er tut. Und wenn Du den Eindruck hast, er ist nicht gut, dann holt einen anderen! Ich möchte hier keinen Pfusch, hast Du verstanden?" Er sprach zwar möglichst langsam und deutlich, doch das Latein der Germanin war eben noch nicht sonderlich gut. Merit hatte er mittlerweile auf einem Bett abgelegt. Den Rest würden Siv mit Hilfe der anderen schon machen.


    Ursus kehrte in das atrium zurück und wurde gleich von Caelyn gefragt, wo sie mit seinem Gepäck hinsollte. "Du und Sertorio, ihr bleibt erst einmal hier. Ich muß mich erst einmal melden und schauen, wo wir wohnen werden. Das dauert sicher eine ganze Weile. In der Zeit packt ihr meine und eure Sachen auf eines der Pferde. Dann richtet euch manierlich her, eßt etwas, ruht euch aus. Arbeit werdet ihr dann später noch genug haben, gönnt euch also hier eine Pause, bis ein Bote euch holen kommt. - Und jetzt für den Moment: Bring mir eine Schale Wasser, Seife und ein Handtuch, ich möchte mich wenigstens eni wenig säubern, bevor ich mich vorstelle."

    Die Herberge war zwar für diese Nacht soweit ganz gut, doch einen Medicus fanden sie hier nicht. Und es wurde bald klar, daß sie hier weder die nötigen Mittel, noch die nötige Ruhe für Merit erhalten würden. Also kaufte Ursus den Wirtsleuten noch ein paar Decken und Felle und auch ein paar einfache Kleidungsstücke ab. Damit bewaffnet machten sie sich also am nächsten Tag wieder auf den Weg. Hoffentlich überlebte die Ägypterin bis zum nächsten Tag!

    Die Casa ist vom Grundriß her genauso aufgebaut, wie die anderen Häuser, die für die hohen Offiziere zur Verfügung stehen. Es ist ein typisch römisches Haus, mit einem atrium als Empfangsbereich und einer ganzen Reihe von Räumen, die von diesem abgehen. Das Haus ist natürlich bei weitem nicht so groß wie die Villa Aurelia, doch das ist ja auch gar nicht nötig und würde den Sklaven nur unnötig Arbeit machen.


    Zwei Sklaven leben hier zusammen mit dem Tribun: Caelyn, eine schöne, junge Keltin, die für den Empfang von Gästen, allgemein für die Bedienung und auch die Sauberkeit im Haus zuständig ist, und Sertorio, hispanischer Herkunft und nicht nur für die Küche, sondern auch für die eher körperlich schweren Arbeiten zuständig.


    Insgesamt ist das Haus gemütlich und warm eingerichtet, man spürt hier deutlich die ordnende Hand der Sklavin, die wohl doch wesentlich mehr Sinn für schöne Dinge hat, als das bei Männern - und insbesondere Soldaten - für gewöhnlich der Fall ist.

    Ursus nickte dem Legaten nochmal zu. "Danke, Legatus Vinicius. Vale."


    Er folgte Alienus aus dem officium des Legaten heraus und ließ sich zu seinem zukünftigen officium führen. "Ja, bitte", erwiderte Ursus auf die Frage, ob Alienus vorgehen sollte. "Dein officium befindet sich doch sicherlich auch in der Nähe?" Es konnte nicht schaden zu wissen, wo er den Kollegen finden konnte.

    Das officium war nüchtern und schlicht eingerichtet. Der große Schreibtisch beherrschte den Raum. Ein Stuhl dahinter bot dem Tribun einen bequemen Platz und für eventuelle Besucher standen zwei Stühle vor dem Schreibtisch bereit. Regale, in denen Schriftrollen und Wachstafeln ordentlich abgelegt waren, standen an den Wänden.


    Auf dem Schreibtisch selbst befanden sich einige Schreibutensilien, ansonsten war er absolut leer.


    Ursus' Vorgänger hatte offensichtlich großen Wert darauf gelegt, alles ordentlich zu hinterlassen. Dies würde dem neuen Tribun die Einarbeitung in seine Aufgabe sicher enorm erleichtern.

    Ursus nickte. Natürlich wußte er im großen und ganzen, was die Aufgaben der Reiterei waren. Nur wollte er sichergehen, daß er in dem Bereich tatsächlich allumfassend zuständig war. Selbstverständlich war das schließlich nicht, da sie nicht wissen konnten, ob er dieser Aufgabe tatsächlich gewachsen war.


    "Selbstverständlich. Ich danke Dir für Dein Vertrauen und werde Dich gewiß nicht enttäuschen." Ein Versprechen, das vielleicht leichtfertig klang, aber doch mit eisernem Willen und aus tiefstem Herzen gesprochen war. Es mochte ihm an Erfahrung und in einigen Bereichen auch an Wissen mangeln, doch beides konnte man nachholen. Und gewiß würden ihm auch mal Fehler unterlaufen, doch er würde aus ihnen lernen und sie nach besten Kräften ausbügeln.

    Ursus nickte ernst. "Natürlich, ich werde ihr entsprechende Anweisungen geben." Eine hübsche junge Frau unter Tausenden von Männern in den besten Jahren, denen es nicht erlaubt war, zu heiraten und die nur selten die Erlaubnis hatten, das Castellum zu verlassen. Man brauchte nicht viel Phantasie, um sich vorstellen zu können, was eine solche Frau an Schwierigkeiten hervorrufen konnte.


    "Was genau werden meine Pflichten die Reiterei betreffend sein? Und welche Befugnisse habe ich? - Und welche habe ich nicht?" Es war wichtig, den Rahmen zu kennen, in dem man sich bewegen konnte.

    "Ah, vielen Dank, Tribun." Wie erwartet hatte Alienus solche Dinge parat.


    Ursus grinste ein wenig schief, als es um die Werkzeuge ging. "Na, dann weiß ich doch wenigstens, womit ich anfangen sollte", stellte er sachlich fest. Denn ohne Werkzeuge würde schwer zu arbeiten sein. Anscheinend war gerade die Planungsphase abgeschlossen und Ursus konnte gleich zum praktischen Teil übergehen. Und davon ausgehen, daß bisher keinerlei Arbeiten erfolgt waren. Ein guter Punkt, um anzufangen, fand er.


    "Da das Gespräch ohnehin gerade auf die Casa kommt, in der ich wohnen werde: Ich habe zwei Sklaven aus Rom mitgebracht, eine davon ist eine Frau. Stellt das ein Problem dar?" Er war sich ja nicht sicher, wie sich das hier mit der Anwesenheit von Frauen verhielt. Obwohl natürlich im Zweifelsfall ohnehin auch die Familien der hohen Offiziere im Castellum wohnten und da sicherlich sowohl weibliche Familienmitglieder als auch weibliches Personal dabei war. Doch er wollte lieber fragen, bevor er mit Caelyns Anwesenheit in ein Fettnäpfchen trat. Falls es sich als ein Problem herausstellte, würde sie eben einfach den anderen aurelischen Sklaven helfen, das Stadthaus in Ordnung zu bringen und dann mit den anderen nach Rom zurückkehren. Und an dem armen Sertorio würde alle Arbeit hängenbleiben.

    Ah, das war natürlich außerordentlich praktisch, daß er einen der wichtigsten Ansprechpartner hier gleich kennengelernt hatte. "Das trifft sich ja gut." Er lächelte leicht und sprach dann weiter, da der Legat gerade ohnehin in seinen Unterlagen herumsuchte. "Ich würde gerne so bald wie möglich die Offiziere der Reiterei kennenlernen. Und benötige den letzten Truppenstärkebericht, um mir einen Überblick zu verschaffen." Wenn die Verantwortung zuletzt in den Händen von Alienus - und einem Decurio seines Vertrauens gelegen hatte, dann konnte er bestimmt davon ausgehen, daß die Truppe gut organisiert war und funktionierte. Eine gute Ausgangslage für Ursus, um es gleich richtig zu lernen.


    Inzwischen war der Legat fündig geworden und reichte ihm eine Schriftrolle mit den Planungen für den Limesausbau. "Demnach ist mit den Arbeiten noch nicht begonnen worden? Sind denn die Werkzeuge schon in Auftrag gegeben?" Als er die Liste ansah, vermißte er Schaufeln und Äxte. Doch das war vermutlich zu selbstverständlich, damit waren die Truppen ja ohnehin ausgerüstet.