Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    Sim-Off:

    Sorry, irgendwie übersehen :(


    Ursus merkte sehr wohl, daß der Trubel auf den Straßen Varus durchaus gefiel. Da hatte Rom wohl wieder einen neuen Liebhaber gefunden. Na, was er wohl erst sagen würde, wenn sie das forum romanum erreichten? Die Pracht dort war wirklich ungeschlagen und hatte noch jedem Begeisterung abgerungen.


    "Nun, natürlich verbringe ich jeden Tag ein paar Stunden auf dem forum romanum. Dort erfährt man alle Neuigkeiten in der Stadt, die wichtigen und die unwichtigen." Er lachte. Mancher Tratsch war wirklich fast ein wenig albern. Doch an manchen Tagen geschah eben nicht viel und da griff man auch auf solche Dinge zurück. "Viele Leute, die glauben, etwas zu sagen zu haben, halten ihre Reden. Und ganz nebenbei kann man sich ein gutes Bild von denjenigen machen, die in Rom noch etwas werden wollen. - Ja, der Markt ist ja in direkter Nähe, da schlender ich auch gerne ein wenig drüber. Und dann - nicht zuletzt, gehe ich auch ganz regelmäßig in die Thermen. Abgesehen von der körperlichen Ertüchtigung erfährt man hier, was man auf dem Forum vielleicht verpaßt hat. Tja, ansonsten... Ich trainiere täglich, um in Form zu bleiben und um meine Kampfesfertigkeiten zu verbesser. Sollte ich doch noch Tribun werden, möchte ich mich nicht völlig blamieren. Bei der Armee hält man so oder so schon nicht viel von den senatorischen Tribunen. Außerdem lese ich gerne, verfolge die Familiengeschäfte mit und verbringe auch Zeit mit meinen Verwandten. - Du siehst, ein Tag hat schlicht zu wenig Stunden." Er lachte. Natürlich tat er nicht immer alles an einem Tag. Das wäre wirklich nicht zu schaffen. Und oft genug saß er bis spät Abends noch über der Buchführung oder seiner Arbeit als vigintivir. Gut, letzteres war ja jetzt so gut wie beendet.

    Das konnte Ursus gut verstehen, wenn die Pferde doch genau so an ihr hingen wie sie an ihnen. Außerdem konnte sie von der Ferne aus ja nie sicher sein, daß die Tiere in ihrem Sinne versorgt und behandelt würden. Wenn er so wertvolle Tiere besitzen würde, so war er sich sicher, daß er ebenso darauf drängen würde, sie möglichst bald wieder in seiner Nähe zu haben. "Nun, ich bin sicher, Prisca wird Dich gerne empfangen, um das mit Dir zu besprechen. Soll ich Tilla zu ihr schicken, um sie zu fragen, wann es ihr recht wäre?"


    Sie spazierten durch den frühlingshaften Garten und genossen die zwar noch frische, aber dennoch nicht zu kalte Luft. Es war angenehm heute und Ursus war von daher recht froh, daß Clara ihn für eine Weile von seinem Schreibtisch entführt hatte.


    "Niemand weiß so genau, was er hat. Und gerade das beunruhigt mich am meisten. Wäre es etwas harmloses, dann gäbe es ja keine Probleme, es öffentlich zu machen. - Naja, wir werden es erfahren, nehme ich mal an. Es hat keinen Sinn, sich allzu große Sorgen zu machen, bevor man keine genauen Informationen hat. - Lassen wir es also auf uns zukommen. Sicher wird Valerianus bald in Rom eintreffen. Und dann wird es auch zuverlässige Berichte geben. Hoffen wir das beste." Er lächelte Clara zuversichtlich an.

    Nun ging es wahrhaftig los! Der Senator und Aedil Germanicus Avarus ließ sie alle wissen, daß er das Wagenrennen veranstaltete und Ursus war bereit, ihm das sehr positiv anzurechnen. Sein erstes Wagenrennen nach so langer Zeit! Viel zu lange hatte es auf sich warten lassen!


    Die einzelnen factiones und ihre Fahrer wurden vorgestellt. Und die Aurata stellte sogar zwei Wagenlenker! Ursus wußte nichts über die Männer. Doch heute hatte er die Gelegenheit, sich ein Bild zu machen. Von ihren Fähigkeiten. Und von den Fähigkeiten der Lenker der anderen factiones.


    Als die Fahrer der Aurata vorgestellt wurden, brüllte er natürlich mit der Menge.


    "AURATA VICTRIX! AURATA VICTRIX!"


    Die Männer da unten sollten wissen, daß sie nicht ohne Unterstützung aus der Menge waren.


    Erst danach wandte er sich wieder Varus und Stella zu. "Soso, Du wolltest mir also unterschlagen, daß Du eine der nettesten jungen Damen in der Stadt kennengelernt hast. Verstehe schon." Er lachte und zeigte damit deutlich, daß er ihm die kleine Unterschlagung von Tatsachen nicht übel nahm. Wenn er noch nichts von Rom gesehen hatte, dann war er auch praktisch noch nicht in Rom gewesen. "Und Glückwunsch zur Diploma. Dafür hat es bei mir leider nicht gereicht." Was ihn nicht weiter störte. Bestanden war bestanden.

    Ein Iulier und ein Decimer. Ob Labeo wohl mit Cincinnatus verwandt war? Höchstwahrscheinlich schon. Und dann ausgerechnet ein Decimer. Immerhin waren die Familien befreundet, sie unterstützten sogar die gleiche factio. Eine entsetzliche Geschichte! Und noch dazu waren sie einer Patrouille der Urbaner begegnet, die nun wohl auch Bescheid wußten! Verflixt und zugenäht!


    "Sehr erfreut, euch beide kennenzulernen, auch wenn ich mir dafür wahrhaftig andere Umstände gewünscht hätte."


    In diesem Moment hatte Ursus wahrhaftig nicht übel Lust, diese Sklavin im Circus den Löwen zum Fraß vorwerfen zu lassen. Oder ihr eigenhändig die Gurgel umzudrehen. Dabei verabscheute er solche Brutalitäten normalerweise. Doch Caelyn war jetzt nicht dran. Noch nicht.


    "Nun, zuallererst möchte ich mich bei euch beiden für das schändliche Benehmen meiner Sklavin in aller Form entschuldigen. Was fordert ihr als Entschädigung für die von euch erlittene Unbill? Das Diebesgut zumindest hast Du schon vollständig zurückerhalten, entnehme ich Deinen Worten?"


    Eine Diebin! Obwohl sie hier alles hatte! Obwohl er ihr sogar Geschenke gemacht hatte! Und ihr ermöglicht hatte, zu lernen, damit sie eines Tages in der Lage war, höherwertige Tätigkeiten zu verrichten. Undankbares Weibsstück! Er war vermutlich zu nachgiebig, zu weich gewesen. Hatte Anteil genommen an ihrem traurigen Schicksal und ihr eine Chance auf ein anständiges Leben geben wollen. Doch sie hatte sein Vertrauen rücksichtslos mißbraucht.

    Es dauerte einige Minuten, bis Ursus mit ernstem Gesichtsausdruck das atrium betrat. Er nahm sich die Zeit, Caelyn mit kühlem Blick zu mustern. Ihr Anblick war wirklich alles andere als vorzeigbar. Doch wenn sie so bis hierher gekommen war, würde sie es auch noch ein paar Minuten länger aushalten.


    "Salvete", grüßte er die Herren, die Caelyn zur Villa geleitet hatten. "Titus Aurelius Ursus", stellte er sich höflich vor und hätte fast noch hinzugesetzt, der echt gestrafte Herr dieser unglückseligen Sklavin. Doch das verkniff er sich, auch wenn es schwer fiel.


    Ebenso wie er jetzt Caelyn ignorierte. Sie hatte wahrhaftig schon genug angerichtet. Jetzt mußte er erst einmal hören, was überhaupt geschehen war. Um dann zu überlegen, wie er die Angelegenheit, zumindest diesen Männern gegenüber, wieder hinbiegen konnte. Und später würde er dann überlegen, wie er mit Caelyn in Zukunft verfahren wollte. Vertrauen konnte er ihr jedenfalls nicht mehr.


    "Darf ich fragen, mit wem ich die Ehre habe? Und was eigentlich genau vorgefallen ist?" Er nahm die Angelegenheit sehr ernst. Und ihm war auch klar, daß diese Angelegenheit hätte wesentlich übler ausgehen können, wenn sie nicht hierher gebracht worden wäre.

    Ursus war ziemlich froh, daß der Gardist sie zum officium des procurator ab epistulis führte, denn er fürchtete, daß er den Weg nicht so ohne weiteres selbst gefunden hatte. Das war ja doch alles ziemlich weitläufig hier.


    "Vielen Dank", nickte er dem Mann zu, der sie herbegleitet hatte, und klopfte dann an der entsprechenden Tür an.

    Erst jetzt fand Ursus Zeit, auch Modestus zu begrüßen. "Salve, Kollege", lächelte er ihm zu. "Hattest Du Dich auch um ein Tribunat beworben?" Das war ja eigentlich anzunehmen. Ob sich Aquilius auch beworben hatte? Sie hatten sich nicht mehr gesprochen, aber damals hatte er zumindest vorgehabt, nach dem Vigintivirat ein Tribunat abzuleisten. Daß er jetzt nicht hier war, hatte ja noch nichts zu sagen. Er konnte schon früher eingetroffen sein oder auch gleich noch kommen.


    "Vielen Dank", nickte Ursus dem Gardisten zu, der die Auskunft erteilt hatte, und folgte dann dem anderen.


    [SIZE=7]Edit: Fehlerteufel[/SIZE]

    Dann wußte Lucanus das also gar nicht so genau, ob Aquilius auch so begeistert von der Seefahrt war wie er selbst? Doch natürlich hatte er recht, die Vermutung lag nahe, da auch Aquilius am Meer aufgewachsen war. "Ich würde mich jedenfalls sehr freuen, wenn Aquilius auch mitkommen würde." Er mochte den Amtskollegen sehr gut leiden und hatte den Nachmittag in den Thermen damals nicht vergessen.


    "Ein Spaziergang durch den Garten hört sich sehr gut an. Es ist heute ja wirklich schon einigermaßen mild draußen. Es wird nicht mehr lange dauern und wir stöhnen über die Hitze." Er lachte, denn die Hitze machte ihm eigentlich wenig aus. Um dieser Aufforderung zum Spaziergang nachzukommen, erhob Ursus sich schon einmal und ordnete kurz seine Toga.


    "Du bist also auch mit solchen Gefährten diesen Berg hinuntergebrettert. Ich kann mir vorstellen, daß das ein riesiger Spaß gewesen ist. Ich hoffe, Du hast Dich dabei nie ernsthaft verletzt? Ich stelle es mir etwas schwierig vor, solche Dinger zu bremsen." Vermutlich benutzte man zum bremsen alle Gegenstände und Personen, die sich einem in den Weg stellten. Eine gefährliche, aber auch ziemlich komische Vorstellung. "Hat denn schon eine der hiesigen factiones Deine Sympathi erringen können?"


    "Die Aurata natürlich!" Ursus lachte, das war ja nun wohl wirklich keine Frage gewesen. Doch er war gespannt, wem die beiden anderen ihre Sympathie schenken würden.


    "Es ist uns eine Ehre, Dir noch ein wenig Platz zu schaffen, Stella. Wir waren frühzeitig da, deshalb konnten wir diese guten Plätze ergattern."


    Inzwischen war der Stier fortgetragen und sicherlich würden die Spiele bald offiziell eröffnet werden. Bis dahin aber konnte man durchaus noch ein wenig plaudern. "Sagt mal, woher kennt ihr zwei euch eigentlich?" Wenn sie schon Zeit dafür hatten, konnte er auch gleich neugierig nachfragen. Für ihn war das mehr als erstaunlich. War denn Stella mal in Mantua gewesen? Das mußte wohl so sein, denn wie sonst sollte das möglich sein?

    An diesem Tag war Ursus ohne Begleitung durch einen Sklaven unterwegs. Er hatte keine Besorgungen zu machen, daher sah er die Notwendigkeit einer derartigen Begleitung nicht ein. Er ahnte natürlich nichts Gutes, wenn er an den Inhalt des Briefes dachte. Andererseits hätte man ihm eine Absage doch auch einfach mitteilen können, oder? Na, vielleicht gab es ja doch noch Hoffnung.


    Er trat auf den Wachsoldaten zu. "Salve. Ich bin der vigintivir Titus Aurelius Ursus und möchte den procurator ab epistulis Quintus Nonius Balbus sprechen. Dieses Schreiben hier soll mir den Einlass gewähren. Und es wäre sehr freundlich von Dir, wenn Du mir sagen würdest, wie ich zum officium des Nonius Balbus hinfinde." Falls er nicht sowieso hingeführt wurde.



    Q. NONIUS BALBUS PROCURATOR AB EPISTULIS PALATII
    VIGINTIVIRO TITO AURELIO URSO


    Wegen deines Schreibens, Aurelius Ursus, dass du an Lucius Ulpius Iulianus richtetest, bitte ich dich, mein Officium in der Domus Tiberiana auf dem Palatin aufzusuchen. Dieses Schreiben wird dir den Einlass gewähren.


    --PROCURATOR AB EPISTULIS--
    ADMINISTRATIO IMPERATORIS



    Hektor war natürlich eine gute Wahl, ganz ohne Frage. Er war zuverlässig und verstand etwas von Pferden. Daher nickte Ursus zu ihrer Wahl. Daß sie Hektor bereits kannte, macht die Sache natürlich noch besser. Da mußte er sich keine Sorgen um sie machen und konnte sicher gehen, daß Clara und ihre Pferde sicher hierher gelangen würden.


    "Das freut mich, daß Du Hektor schon kennst und daß Du seine Begleitung annimmst. Er wird Dich nicht enttäuschen, da bin ich mir sicher. Wann hast Du vor, nach Brundisium aufzubrechen?"


    Er legte den Kopf leicht schief, als sie ihre Befürchtungen, daß es zu einem Bürgerkrieg kommen könnte, äußerte. "Sein Sohn Valerianus scheint von allen anerkannt zu werden. Von daher brauchen wir uns erst einmal keine Sorgen zu machen. Doch er ist krank. Wir können nur hoffen, daß er wieder gesund wird und noch lange regieren wird. Ich würde es mir wünschen." Auch wenn er Valerianus nicht persönlich kannte, mußte er doch ein fähiger Mann sein. Denn Iulianus hatte ihn immerhin adoptiert und zu seinem Nachfolger bestimmt. Das hätte er sicherlich nicht getan, wenn es sich um jemand Unfähigen handeln würde.


    Der Themenwechsel zum Garten kam ihm eigentlich ganz recht, denn er fand, daß Clara sich nicht so viele Sorgen machen sollte. Zumindest im Moment war das wirklich noch nicht vonnöten. "Es wird nur noch wenige Tage dauern, dann sieht der Garten schon ganz anders aus. Wenige warme Sonnentage genügen, um die Natur geradezu explodieren zu lassen. Ich bin sicher, der Garten wird Dir gefallen, wenn erst einmal alles blüht. Gerade im Frühling ist er einfach herrlich."

    Ursus lachte und verschluckte sich fast am Wein. "Ach, das ist zu liebenswürdig von Dir, daß Du dafür Sorge tragen willst. Aber ich will dann doch lieber versuchen, gar nicht erst verbannt zu werden, bevor ich am Ende noch Deinen wohlgemeinten Freundschaftsdienst in Anspruch nehmen muß." Lange hatte Ursus sich nicht mehr so amüsiert, wie bei diesem Gespräch. Lucanus hatte wirklich eine erfrischende Art. Ursus selbst fand sich viel zu ernst und humorlos, doch auch wenn er selbst nicht gerade vor Humor sprühte, so genoß er doch die Gesellschaft von Menschen, die diese angenehme Eigenschaft an sich hatten.


    "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Ein Boot sollte doch wohl zu beschaffen sein. Wieviel kostet so etwas? Ich habe ein bißchen was gespart. - Das mit dem Liegeplatz... auch, auch das sollte sich organisieren lassen. Und Aquilius ist also auch ein verkappter Seemann? Hat er mir überhaupt nicht erzählt. Dann sollten wir ihn doch mal fragen, ob er auch mitkommen möchte?" Hörte sich doch nach einer echt netten Partie an. Auch wenn Ursus vom Bootfahren nicht die geringste Ahnung hatte. Mußte er ja auch nicht, wenn die anderen sich auskannten, oder?


    Dieses mal verschluckte er sich wirklich am Wein und hustete, während er lachte. "Obstkistenrennen?" Er hustete nochmal und schlug sich leicht mit der Faust auf die Brust. "Und hast Du nur zugesehen, oder auch mitgemacht?" Er konnte sich recht gut vorstellen, daß Lucanus bei solch einem verrückten Rennen mitmachen würde. Noch immer lachte er und schüttelte den Kopf. "Naja, Rennen sind Rennen, nicht wahr? Auf wen wettest Du bei diesem Rennen?" Wetten waren schließlich A und O bei einem Rennen, nicht wahr?


    "Oh gegen gute Gladiatorenkämpfe ist nichts einzuwenden. Wenn es um gute Kampftechniken geht und nicht ums reine Abschlachten. Zu oft werden völlig unerfahrene Kämpfer gegen gut ausgebildete in den Kampf geschickt. Und das hat wirklich nichts mehr mit Unterhaltung zu tun. - Aber auch ich habe weit mehr für Wagenrennen übrig. Viel zu lange habe ich kein großes Rennen mehr miterlebt. Es wird Dir bestimmt gefallen!" Daß Lucanus bei der Organisation mitarbeitete, fand er großartig. Da konnte dann ja nichts schief gehen...

    Erstaunt drehte Ursus sich um und erkannte Stella, die sich offenbar zu ihnen durchkämpfte. "Stella! Welch eine Überraschung und Freude. Komm, wir haben bestimmt noch ein Plätzchen für Dich hier. - Und Du kennst Varus schon?" Er kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Hatte Varus nicht gesagt, daß er noch nicht in Rom gewesen war? Woher kannte er dann Stella? Das war sicherlich eine hörenswerte Geschichte. Und wenn sie nicht freiwillig damit rausrückten, würde er gnadenlos danach fragen.


    "Und, welche der factiones darf sich darauf freuen, von Dir angefeuert zu werden?", fragte er mit breitem Grinsen, während er für Stella etwas Platz schuf. Er hatte sie schon ziemlich lange nicht mehr gesehen, wie er nun mit etwas schlechtem Gewissen feststellte. Längst hätte er schon mal wieder bei ihr in der Schola hereinschauen sollen auf einen kleinen Plausch. Irgendwie hatte die Zeit nie gereicht oder etwas anderes seine Aufmerksamkeit zu sehr auf sich gezogen, so daß es viel zu lange her war, daß sie sich das letzte mal gesprochen hatten.

    Zitat

    Original von Decimus Annaeus Varus
    Varus lief immer dicht bei Ursus, so konnte er ihn nicht aus den Augen verlieren, denn wenn man sich bei der Menschenmenge einmal aus den Augen verloren hat, ist es schwer wieder Anschluss herzustellen. Während des ganzen Weges hin zum Circus nervte Varus, Ursus mit Fragen über Fragen. Aber Ursus beantwortete alles was Varus wissen wollte und interessierte mit großer Ausdauer. Zwar hatte Varus schon mehrmals an Opferungen teilgenommen, dies hier aber war keinerlei Vergleich. Auch die Plätze die Ursus ausgesucht hatte waren hervorragend, Varus konnte alles sehen und überblicken. "Wie hält man eigentlich beim Wagenrennen die Factiones auseinander?" Flüsterte Varus, Ursus zu, da es in diesem Moment recht ruhig war, denn die Opferzeremonie war in vollem gange.


    Erst als das Opfer vollzogen war, antwortete Ursus auf die Frage von Varus. "An den Farben. Jede der factiones hat eine bestimmte Farbe. Und zwar... - Ach, nein. Finde das mal selbst heraus. Die Sprechchöre der factiones sind durchaus hörenswert. Und daran erkennst Du dann schon was zu wem gehört." Er grinste breit. Varus würde hier sicherlich auf seine Kosten kommen. Und nun hatte er sogar einen guten Grund, genau hinzuhören, was die Anhänger der einzelnen factiones an Schlachtrufen zum besten gaben.


    "Ich gehöre übrigens mittlerweile der Aurata an. Also wundere Dich nicht, wenn ich zwischedurch ein wenig ausfallend herumbrülle. Das gehört eben dazu. Und leider haben wir dieses mal nur wenig Chancen auf den Sieg. Doch unmöglich ist es nicht! Warten wir es ab. Außerdem ist ein spannendes Rennen immer ein gutes Rennen."


    Die Zuschauer waren spürbar aufgeregt. Eine unglaubliche brodelnde Stimmung, die einen unwillkürlich mitriß. Ein herrliches Gefühl, da mittendrin zu stehen.

    Das war doch mal eine Aussage! Ursus betrachtete das Pferd mit leuchtenden Augen. Was für ein herrliches Tier! Und er durfte es reiten! Er würde diese Möglichkeit so bald wie möglich nutzen. Solch eine Möglichkeit würde sich ihm schließlich nicht so schnell wieder bieten.


    "Wenn Du Begleitung brauchst, dann sage es nur. Es sind genug zuverlässige Sklaven im Haus. Hektor zum Beispiel kennt sich gut mit Pferden aus. Und Sertorio ist auch ein sehr zuverlässiger Mann, auch wenn er es mit Pferden nicht so hat." Immerhin hatte er es zu Pferd bis Mantua und wieder zurück geschafft. Das war doch für einen Fischer eine anerkennenswerte Leistung.


    "Aber natürlich können wird gerne wieder ins Haus gehen. Und Du wolltest ja auch noch den Garten sehen." Er bot ihr seinen Arm an und führte sie zurück ins Haus, durch das atrium und zum Garten, in dem jetzt natürlich nicht viel blühte. Doch der Frühling kündigte sich mit zarten Knospen und einigen wenigen frühen Blumen bereits an. Es würde nicht mehr lange dauern, bis der Garten in seiner ganzen Pracht erblühen würde.


    "Es heißt, der Kaiser sei von einem parthischen Pfeil getroffen worden. Zuerst sah es wohl nicht so schlimm aus, doch dann ist er doch daran gestorben. Es ist wirklich sehr traurig, er war ein guter Kaiser und über seinen Nachfolger weiß ich nur wenig. Doch da ihm die Legaten und soweit gehört habe, auch die Senatoren bereitwillig die Treue geschworen haben, muß er ein ebenso guter Mann sein. Wäre es anders, hätte sich sicherlich jemand gefunden, der ihm seinen Platz versucht hätte, streitig zu machen."

    Natürlich ahnte Ursus nicht im Geringsten, was für Gedanken Lucanus da hegte. Für ihn selbst kam das auch überhaupt nicht in Frage, er hatte an Männern in dieser Hinsicht kein Interesse. Sertorio kam ihm heute nur so in den Sinn, weil er wie Lucanus aus Hispania stammte und Fischer gewesen war, bevor ihn das Schicksal zum Sklaven werden ließ.


    Da war es ganz gut, daß das Thema gewechselt wurde und Ursus jeden Gedanken an den Sklaven verdrängte. Er lachte, als Lucanus von Verbannung sprach. "Na, eben hattest Du noch Sehnsucht nach der Heimat und nun sprichst Du von Verbannung. Weißt Du, was Du willst?", er schüttelte den Kopf und lachte immer noch, während er nach ein paar Weintrauben griff.


    "Ich glaube, eines Tages mußt Du mir diesen denkwürdigen Ort zeigen, der einerseits solche Sehnsüchte wecken kann und andererseits sich so sehr für eine Verbannung eignet. Einsam und schön, wenn es recht verstehe? Klingt nach einem guten Ort für den Lebensabend." Von dem sie beide jedenfalls noch sehr weit entfernt waren.


    Ursus ahnte ja nicht, daß seine Schwimmkünste vielleicht nicht ganz ausreichend waren und so nickte er in festem Entschluß. "Ja, abgemacht. Jetzt brauchen wir nur noch einen Termin zu finden." Er grinste, das würde sicherlich schon ein wenig problematischer. Denn in nächster Zeit konnte er nicht aus Rom fort. Und dann war er vermutlich ein ganzes Jahr weg. Aber das war ja noch nicht sicher. Abwarten, etwas anderes blieb nicht.


    "Wirst Du auch zu dem Wagenrennen gehen? Es hat ja schon ewig keines mehr stattgefunden. Bist Du überhaupt schon einmal bei einem großen Rennen dabei gewesen? Oder interessierst Du Dich nicht dafür?"

    Ursus nickte. Es hätte ihn auch sehr gewundert, wenn Varus die Position eines Stationarius wirklich gereizt hätte. Doch diese Position als Absprungbrett zu nutzen, war eine Möglichkeit, die man vielleicht nicht unterschätzen sollte. Und wertvolle Erfahrungen konnte man bei jeder Arbeit sammeln.


    "Da es das erste Wagenrennen seit langer Zeit ist, wird sich dort sicherlich alles herumtreiben, was Rang und Namen hat. Die wirklich wichtigen Leute werden allerdings auf der Senatorentribüne sitzen und dort kann ich uns leider keine Sitze verschaffen. Noch nicht. Corvinus hat sich ja zur Wahl zum Quästor gestellt. Mit etwas Glück wird er nach dieser Amtszeit in den Senat berufen. Und dann sieht das natürlich schon anders aus. Aber auf den normalen Tribünen ist auf jeden Fall mehr Stimmung als bei den Senatoren. Du wirst schon sehen, wenn man mitten dazwischen steht, dann packt einen die Rennleidenschaft, ob man will oder nicht." Er lachte und seine Augen leuchteten dabei vor Vorfreude.


    "Und leider gelingt mir lange nicht alles, was ich mir vornehme. Der Trick ist, sich das nicht anmerken zu lassen." Er grinste ein wenig frech, obwohl dabei auch Ernst in seine Augen getreten war. Nach außen hin mochte ihm alles gelingen. Doch innerhalb der Familie schaffte er es nicht, sich Anerkennung zu verschaffen. Etwas, was er sich natürlich Varus gegenüber nicht anmerken ließ.


    "Gut, laß uns gehen." Ursus wies einen Sklaven an, ihnen ihre Mäntel zu bringen. "Ich hoffe, Du bist gut zu Fuß? Denn so schön Rom ist, so ist doch nichts in Rom wirklich nahe." Und eine Sänfte kam für gesunde junge Männer auf keinen Fall in Betracht! Gut gelaunt verließen sie die Villa Aurelia und spazierten gemütlich in Richtung Stadtzentrum.

    Kaum hatten die beiden jungen Männer das Villenviertel hinter sich gelassen, empfing sie schon der Trubel und die Geschäftigkeit, die stets in den Straßen Roms herrschten. Für Ursus war das ganz normal und er genoß es auch. Bis zum forum romanum war es noch ein ziemlich weiter Weg, doch bis dahin gab es für Varus ja auch schon einiges zu sehen.


    Es war ein milder Tag, daher spielte sich das Leben bereits wieder auf der Straße ab. Hin und wieder gab Marktstände, die sich irgendwo in die Nischen gedrängt hatten, unter den Säulengängen standen Gruppen von Menschen, die sich angeregt unterhielten und Lehrer, umringt von großen Gruppen von Schülern, die ihren Unterricht wortgewaltig abhielten. Auf der Straße priesen Händler, die ihre kleinen Karren vor sich herschoben, eifrig ihre Waren an und kichernde junge Mädchen steckten ihre Köpfe zusammen, um zu tuscheln.


    "Also, ich würde Dir nun als erstes das forum romanum zeigen. Es wird umringt vielen prachtvollen Tempeln, der Curia, den Marcati Traiani, ach und unzähligen Sehenswürdigkeiten mehr. Schon allein hier kann man einen ganzen Tag zubringen, ohne sich zu langweilen." Es war natürlich nur ein Vorschlag, wenn Varus etwas anderes mehr am Herzen lag, dann konnten sie natürlich auch woanders hingehen.

    "Wenn die beiden anderen nur halb so rassig sind wie diese beiden, dann zweifle ich nicht an ihren Fähigkeiten", lächelte Ursus, während er den Hengst streichelte, der sich das erstaunlich willig gefallen ließ.


    Als sie ihm anbot, das Tier einmal zu reiten, leuchteten seine Augen vor Freude auf. "Es wäre mir wirklich eine große Ehre, dieses edle Tier reiten zu dürfen. Vielen Dank für das Angebot, Clara. Ich werde es mit Freuden annehmen." Er mußte ebenfalls lachen, als der Hengst auf Claras Frage zu antworten schien. Aber er tat es nicht laut und plötzlich, sondern leise in sich hinein, denn er wollte die Pferde ja nicht erschrecken. "Ja, ich glaube auch, wir zwei verstehen uns gut", stellte er fest und bereute nun, nicht auch einen Apfel mitgenommen zu haben.


    "Nun, eigentlich hätte ich längst etwas hören müssen. Aber ich nehme an, daß einfach der Tod des Kaisers dazwischen gekommen ist. Streng genommen haben wir zur Zeit keinen Kaiser. Und die Tribune werden nun einmal vom Kaiser ernannt. Wir werden sehen. Vielleicht holt er das nach, wenn er in Rom eingetroffen ist und als Kaiser bestätigt wurde. Oder es wird eben nächstes Jahr etwas." Er zuckte die Schultern. Ihm blieb nichts weiter, als abzuwarten.


    "Es ist nicht so schlimm. Zu tun gibt es immer etwas. Nur die Ungewißheit macht mich unruhig. Doch laß uns nicht über dieses leidige Thema sprechen. Tun können wir ja doch nichts. Also, wann werden die beiden anderen Pferde hier eintreffen? Du läßt sie doch sicher hierher bringen?"