Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    Es würde endlich wieder ein Wagenrennen in Rom geben! Das war eine wirklich gute Nachricht. Und Ursus hatte nicht vergessen, daß er Annaeus Varus versprochen hatte, ihn einzuladen, wenn es wieder Rennen geben würde. Blieb zu hoffen, daß er auch noch in Rom war an dem Tag, an dem das Wagenrennen stattfand.


    Aber selbst wenn nicht, konnte Varus ja hier wohnen und mit jemand anderem aus der Familie hingehen.



    Ad
    Decimus Annaeus Varus
    Casa Annaea
    Mantua
    Italia



    Salve, Varus!


    Lange ist es her, daß wir uns in Mantua kennen gelernt haben. Doch ich habe nicht vergessen, daß Du gerne bei einem Wagenrennen in Rom dabei wärest. Und tatsächlich werden bald Rennen stattfinden.


    Ich möchte Dich herzlich einladen, mich hier in Rom zu besuchen, damit wir gemeinsam die Rennen besuchen können.


    Sie finden am ANTE DIEM IV KAL MAR DCCCLVIII A.U.C. (27.2.2008/105 n.Chr.) im Hippodromos statt.


    Bitte teile mir doch baldmöglichst mit, ob Du meine Einladung annehmen möchtest und wann wir mit Deinem Eintreffen rechnen können.


    Vale,


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    Nachdem er die Schriftrolle versiegelt hatte, fiel ihm ein, daß er eigentlich nicht den Postdienst bemühen mußte. Zumindest nicht, wenn Sertorio reiten konnte. Aber ob er es konnte, ließ sich ja herausfinden. Er schickte also jemanden los, um Sertorio herzuholen.

    Die stürmische Begrüßung paßte dann schon eher zu dem lebhaften Schwesterchen, das Ursus in Erinnerung hatte. Er lachte fröhlich, als sie so ungestüm und wenig damenhaft auf ihn losstürmte und umarmte sie herzlich. "Täusch Dich nicht, ich bin noch genauso vorlaut wie früher", scherzte er und betrachtete sie genauso eingehend wie sie ihn, als sie ihre Umarmung gelöst hatten.


    "Corvinus hätte Dich auch gerne begrüßt, aber er ist leider verhindert. Ich soll Dir aber Grüße und ein herzliches Willkommen von ihm ausrichten. Na, und den Rest bekommst Du schon mit. Wir sind hier momantan nur wenige. Nur Prisca und Helena sind noch anwesend. Du wirst sie sicher bald treffen." Ja, irgendwie war es sehr still geworden in der Villa Aurelia. Aber das würde sich ja nun hoffentlich endlich ändern.


    "Und mir geht es soweit ganz gut, danke übrigens für das Kompliment. Das Amt verursacht reichlich Arbeit, aber es macht auch Spaß, endlich mal richtig was tun zu können und nicht immer nur zu lernen. - Und wie ist das mit Dir? Wie geht es Dir? Ist die Reise gut verlaufen? Oder möchtest Du lieber erst ein Bad nehmen und Dich einrichten, bevor Du erzählst?" Eigentlich sah sie nicht sehr gestreßt aus von der Reise, aber da konnte er sich natürlich täuschen.


    "Ich werde Dich wohl einsperren müssen in der Villa. Eine so schöne junge Frau kann ich auf keinen Fall in diese Stadt voller finsterer Gestalten gehen lassen." Es war ein Scherz, aber er betrachtete sie immer noch voller Unglauben. War das wirklich seine kleine Minervina?

    Seine kleine Schwester war also angekommen. Ursus freute sich. Freute sich sogar sehr. Auch wenn er Minervina schon einige Jahre nicht mehr gesehen hatte und sie noch fast ein Kind gewesen war, als sie das letzte mal beeinander gewesen waren. Endlich jemand, mit dem er sich verbunden fühlen konnte. Im Grunde war er hier im Haus ja sehr einsam. Corvinus und er hatten eben ihre Differenzen, Prisca ließ sich praktisch nicht blicken, nur mit Helena hatte er seit jener Nacht etwas engeren Kontakt. Und so war die Aussicht, daß seine Schwester heimkehrte, für Ursus eine sehr erfreuliche, auch wenn er natürlich nicht wußte, ob sie sich überhaupt verstehen würden.


    Als er ins Atrium trat und eine schöne junge Frau da sitzen sah, stockte sein Schritt. "Minervina?", fragte er in ungläubigem Tonfall und staunte das Wunder an. Dann grinste er breit und frech und meinte: "Ich glaube, hier liegt ein Irrtum vor. Ich erwartete meine freche, kleine, sommersprossige Schwester. Und wer genau bist Du?" Er schritt auf sie zu und öffnete die Arme, um sie an sich zu drücken. Es war wirklich erstaunlich, wie sie sich verändert hatte. Er konnte es kaum glauben, daß es sich bei dieser Frau um Minervina handeln sollte. Doch wenn er ihr in die Augen sah, dann wußte er, daß sie es war. Noch immer funkelten sie übermütig und vorwitzig.

    Ursus schmunzelte leicht, als er sah, wieviel Spaß Caelyn mittlerweile daran hatte, den armen Schneider herumzuscheuchen und mit ihrer Kritik in den Wahnsinn zu treiben. Doch sein Mitleid mit dem Mann hielt sich in Grenzen. Immerhin wurde er gut bezahlt, da sollte er auch das bestmögliche liefern. Als Caelyn zu ihm herüber sah, nickte er ihr zu. Abgesehen davon, daß ihre Sprache während der Verhandlungen wieder arg nachgelassen hatte, war er mit ihr durchaus zufrieden. Sollte sie den Schneider ruhig zum Schwitzen bringen!


    Der zuletzt herbeigebrachte Stoff schien vor den Augen der überaus kritischen Sklavin bestehen zu können und so nannte der Schneider den üblichen Preis, der allerdings ein ziemlich stolzer war. Doch er beeilte sich zu versichern: "Bei einer großen Bestellung", und von einer solchen ging er nach den bisher gemachten Äußerungen aus, "kann ich natürlich beim Preis etwas entgegenkommen."


    Jetzt war Ursus ja mal gespannt. Nun würde sich zeigen, welches Verhandlungsgeschick Caelyn an den Tag legte. Und ob der Schneider einer Frau, die bereits die Härte der Straße erlebt hatte, gewachsen war.

    Es war schon sehr gut, daß Ursus keine Gedanken lesen konnte, sonst würde Caelyn vermutlich für den Rest ihres Lebens in der Küche Gemüse putzen oder in der Villa die verschiedenen Fußböden schrubben. Doch er ahnte nichts davon und so nickte er lächelnd. "Wunderbar. Dann mach Dich mal auf den Weg."


    Es wäre ihm eine große Hilfe, wenn Caelyn sich hier als zuverlässig und brauchbar erwies, so daß er sie häufiger mit Nachrichten losschicken konnte. Daß sie sich die allergrößte Mühe geben würde, daran hatte er keinen Zweifel.


    Daß Caelyn auf Lucanus nicht gut zu sprechen war wegen Tilla, konnte Ursus ja nicht ahnen. Sonst würde er sie gewiß nicht zu ihm schicken. Denn daß Caelyn sich schnell mal zu unbedachten Äußerungen hinreißen ließ, das war ihm nicht verborgen geblieben.

    Der Schneider eilte heran und untersuchte den Stoff an der Stelle, auf die sie gedeutet hatte. Er wurde blaß und rot und wieder blaß. Ein Webfehler in einem seiner Stoffe! Noch dazu in einem derart edlen Stoff! Das war einfach unerträglich für einen Perfektionisten wie ihn.


    "Das... das ist ja... Bitte verzeiht. Ich werden meinen Lieferanten... Ich habe noch einen Ballen von diesem Stoff. Ich hole ihn sogleich." In Windeseile klemmte sich der Schneider den Stoffballen unter den Arm und eilte in einen hinteren Raum. Es dauerte eine ganze Weile, bis er zurück kam. Vermutlich hatte er sich erst davon überzeugt, daß dieser Stoff garantiert keinen Webfehler oder ungleichmäßige Färbung aufwies.


    "Bitte, dieser Stoff ist einwandfrei." Er legte den Ballen auf den Tisch und ließ wieder ein Stück herunterhängen. Kleine Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Was für eine Schande!


    Er konnte nur hoffen, daß der Stoff nun dem ausgesprochen kritischen Auge dieser Sklavin standhalten würde. Nur ungern würde er die Aurelier als Kundschaft verlieren.

    Zitat

    Original von Spurius Purgitius Macer
    Macer applaudierte vom Rande der Sprunggrube, als das Ergebnis bekannt gegeben wurde, dass genau seinen Vorstellungen entsprach und wohl auch denen von Aurelius Ursus. "Wir hätten wetten sollen, dann hätten wir jetzt beide gewonnen", freute er sich, dass sie beide richtig lagen mit ihrer Einschätzung. Und darüber, dass es sein Klient war, der gewonnen hatte, freute er sich natürlich ganz besonders.


    "Kennst du diesen Aelius Archias? Ich habe von ihm noch nie gehört", fragte er dann, denn im Weitsprung einen zweiten Platz noch vor dem Praefectus Praetorio zu belegen war durchaus auch eine Art, sich in Rom ins Gespräch zu bringen



    Aquilius war der Sieger! Das war doch mal ein wahrhaft erfreuliches Ergebnis! "Ja, wir hätten wetten sollen", lachte er und freute sich einfach darüber, daß der Flavier den Wettkampf gewonnen hatte. Hoffentlich konnten sie bald an ihn heran, um ihm zu gratulieren. Doch jetzt folgte erst die Siegerehrung.


    "Nein, Aelius Archias kenne ich nicht. Und ich habe auch noch nicht von ihm gehört. Vielleicht war er länger im Ausland? Ein guter Springer scheint er jedenfalls zu sein. Ob er im Ringen genauso gut ist?" Sein Blick wanderte zu dem jungen Mann, der sich in letzter Minute zu dem Wettkampf gemeldet hatte. In letzter Zeit war kein Aelier gestorben, deshalb kannte Ursus deren Stammbaum auch nicht. In manch anderer Familie kannte er sich ja mittlerweile wirklich gut aus. "Hoffentlich meldet sich noch jemand zu den Ringkämpfen. Fünf Teilnehmer sind wirklich eine ungünstige Anzahl."

    Ursus hatte das bißchen Humor, das er sein eigen nannte, heute im Bett gelassen. Oder sonstwo. Hier war es jedenfalls nicht. Und so betrachtete er sie völlig ungerührt. Ja, das hatte er sich schon gedacht. Sie konnte, wenn sie wollte. Hoffentlich wollte sie dann auch. Aber davon ging er nun aus.


    "Genau so, Caelyn." Auch wenn sie natürlich übertrieben hatte, das hatte er durchaus bemerkt. Doch in einem Haus, in dem ein Flavius Gracchus lebte, würde ein wenig geschwollenes Reden nicht weiter auffallen, da war Ursus sich sicher.


    "Also, Du sollst eine Nachricht an Cnaeus Flavius Lucanus ausrichten. Und zwar ihm persönlich. Du sollst ihm ausrichten, daß ich mich über seine Einlandung sehr gefreut habe und sie mit Freuden annehme. Wenn es ihm recht ist, würde ich ihn gerne übermorgen aufsuchen." Eine durch eine hübsche Botin ausgerichtete Nachricht war doch viel persönlicher als ein schlichter Brief. Und wenn Caelyn ihre Sache gut machte, dann konnte er sie häufiger für so etwas einsetzen. "Den Weg zur Villa Flavia findest Du doch gewiß?"

    Nach Arbeit sah es zumindest aus. Listen, Briefe, Aufstellungen... Ursus hatte die Erben ermittelt und jetzt auch die Vermögensaufstellungen der Verstorbenen erhalten. Damit lagen schon wieder diese verflixten Anschreiben an. Sicher würde auch bald Cincinnatus wieder erscheinen und das war gut so. Seine Hilfe konnte Ursus gut brauchen.


    Als es klopfte und Caelyn kurz danach hereinschaute, blickte Ursus auf. "Ah, da bist Du ja. Ich habe eine Aufgabe für Dich." Er machte eine Geste, die sie zum näherkommen aufforderte. "Und zwar sollst Du für mich eine Botschaft ausrichten. Mündlich. Du mußt Dich dann aber mit Deiner Ausdrucksweise schwer zusammenreißen. Meinst Du, daß Du das hinbekommst?" Er traute es ihr eigentlich schon zu. In letzter Zeit hatte sie große Fortschritte gemacht.


    Prüfend blickte er Caelyn an. Er kannte sie inzwischen recht gut und wußte, daß sie gerne Dinge versprach und zusagte, ohne darüber nachzudenken, ob sie das wirklich so leisten konnte. So auf die Art: Ich sage ja, habe meine Ruhe und mogel das dann schon irgendwie hin. Meistens funktionierte es halbwegs und es kam ja meistens auch nicht so drauf an. Aber hier kam es drauf an. Ursus wollte sich sicher sein, daß sie dieser Aufgabe gewachsen war.

    Von eingehender Post erwartete Ursus mittlerweile nichts anderes mehr als Arbeit. Meistens viel Arbeit. Daher freute es ihn umso mehr, auch mal etwas angenehmes in der Post vorzufinden. Eine Einladung von Flavius Lucanus! Das war doch mal was. Ursus hatte den jungen Mann sehr sympathisch gefunden und war durchaus gewillt, die Bekanntschaft mit ihm zu vertiefen.


    Er zog einen Bogen Papier hervor, um zu antworten, überlegte es sich dann aber doch anders. Wozu hatte er denn eine Sklavin, die ohnhin ständig völlig unterbeschäftigt war? (:P)


    Also schickte er einen der Sklaven los, um Caelyn zu holen. Sie ging doch so gerne raus, jetzt hatte sie die Gelegenheit. Und den Weg zur Villa Flavia, der ohnehin nicht weit war, kannte sie ja mittlerweile, damit sollte es also keine Probleme geben. Hauptsache, sie gab sich mit der Sprache Mühe. Lucanus würde es sicher nicht übel nehmen, wenn sie sich nicht gut ausdrückte, doch Ursus wollte, daß sie sich Mühe gab und es gut machte.

    Ursus bemerkte ihr Schmollen durchaus, auch wenn er es geflissentlich ignorierte. Und auch ihr Strahlen bemerkte er, als sie herankam, um ihre Vorstellungen kundzutun. Er lächelte leicht und betrachtete sie, wie sie eifrig erklärte und gestikulierte.


    "Gut. Dann also einen Mantel aus diesem Stoff und eine Tunika aus jenem Stoff. Nicht zu vergessen eine Toga - aus welchem Stoff?" Denn noch immer hatte sie keinen ausgesucht. Anscheinend war es ihr zu langweilig zwischen weißen Stoffen zu wählen. Dabei waren die Qualitäten völlig unterschiedlich.


    "Was für einen Stoff würdest Du mir empfehlen?", fragte er daher den Schneider und nickte ihm auffordernd zu. Der hatte seinen brummeligen Gesichtsaudruck wieder abgelegt, nachdem er begriffen hatte, daß ihm hier tatsächlich ein größerer Auftrag ins Haus stand.


    Er eilte natürlich gleich an das Regal und zog zielsicher einen Ballen heraus. "Dieser Stoff ist das edelste, was ich momentan zu bieten habe. Gern genommen wird allerdings auch dieser Stoff." Er zog noch einen zweiten Ballen hervor und legte ihn daneben. Von beiden wickelte er etwas Stoff ab und ließ die Enden der Bahnen vom Tisch herunterhängen, damit man sehen konnte, wie er fiel.

    Ursus runzelte die Stirn und blickte den Sklavenhändler an, als würde er an dessen Verstand zweifeln. Doch dann wandte er sich wieder an die Sklavin. "Nun, waschen, putzen und kochen sind sehr nützliche Fähigkeiten. Du wirst sicher noch einen guten Herrn finden." Es war ihm irgendwie ein Bedürfnis, dem Mädchen gegenüber einen freundlichen Ton anzuschlagen, auch wenn er sie bestimmt nicht kaufen würde. Und wenn er die Miene seines Onkels richtig deutete, dann er sicherlich auch nicht.


    Blieb noch die Rothaarige. Ihre Sprache war fürchterlich. Und ihre Aufsässigkeit nicht weniger. Doch Corvinus hatte ja eine Schwäche für etwas widerspenstige Sklavinnen. Vielleicht würde er sie doch kaufen wollen. Gespannt beobachtete Ursus das weitere Gespräch zwischen Corvinus, der Sklavin und dem Sklavenhändler. Daß der Mann zum Schlag ausgeholt hatte, würde Corvinus gewiß nicht gefallen.

    Es war so wunderbar, sie in den Armen zu halten! Zu fühlen, wie sie die Küsse genoß, wie sie mit der Zeit mutiger wurde und von sich aus stärkeren körperlichen Kontakt suchte. Ihr schneller werdender Atem verriet, daß ihr Körper mit Leidenschaft reagierte.


    Und der seine nicht weniger! Jede Berührung ihrer Lippen, jedes noch so leichte Reiben ihres Körpers auf dem seinen, schickte eine heiße Welle durch seinen Körper. Sein Atem beschleunigte sich, wie auch der ihre. Und es fiel ihm zunehmend schwerer, nicht die Führung zu übernehmen und sie vorsichtig da hinzuführen, wo sie noch nie gewesen war.


    Seine Hände suchten unwillkürlich einen Weg unter ihre Kleidung. Und es war gut, daß sie sich plötzlich losriß und auf ihn hinabsah. Hatte sie die Reaktion seines Körpers bemerkt? Sicherlich. Immerhin lag sie direkt auf ihm. Es konnte ihr nicht verborgen geblieben sein. Es kostete so viel Kraft, ihrem Blick einfach nur zu begegnen, anstatt sie an sich zu ziehen und der Natur freien Lauf zu lassen.


    Doch er fürchtete, sie zu verschrecken, ihr wehzutun oder sie zu etwas zu zwingen, was sie nicht wünschte. Ein Gedanke, der immer schwerer festzuhalten war. Nur noch etwas mehr und die Leidenschaft würde die Kontrolle über ihn gewinnen.


    Ja, es war gut, daß sie dies unterbrach. Ursus atmete tief durch und langsam, sehr langsam, klärte sich sein Verstand etwas. "Wir.... wir sollten uns einen anderen Ort suchen... Oder... Oder ein kaltes Bad nehmen." Sein Blick ruhte fragend auf ihr. Wollte sie oder wollte sie nicht?

    Ursus legte nachdenklich den Kopf schief. "Ich finde, die Mischung aus beidem macht's. Wenn die Eltern eine gewisse Vorauswahl treffen und mögliche Heiratskandidatinnen nenne - und man dann die Gelegenheit bekommt, sich eine eigene Meinung über die in Frage kommenden Damen zu bilden. Und sie sich über mich. Ich vermisse einfach den Rat meines Vaters in derartigen Fragen. Vielleicht besonders, weil ich so lange fort war. Immer wieder muß ich erkennen, daß es nicht gut war, Rom so lange fern zu bleiben. Sollte ich einmal Kinder haben, werde ich versuchen, ihnen hier eine gute Ausbildung zu ermöglichen und sie nicht nach Griechenland schicken. Bestimmt hat das auch Nachteile, doch Kontakte zu haben und zu halten ist einfach zu wichtig." Es war mehr lautes Denken, als er diese Worte aussprach.


    Und er blickte nun auf und schüttelte leicht den Kopf, um diese Gedanken nun endgültig los zu werden. "Wenn ich ehrlich bin, so würde ich mich lieber erst einmal im tepidarium einweichen und entspannen." Zwar gab es Leute, die es als weichlich ansahen, ins tepidarium zu gehen, doch es gab Dinge, bei denen es Ursus nicht im geringsten interessierte, was andere dachten.


    "Und später dann in die Sauna und ins frigidarium zum abschrecken." Er grinste nicht weniger übermütig als Aquilius.

    Die Enttäuschung auf Caelyns Gesicht war unverkennbar und Ursus tat es nun schon leid, daß er sie so niederschmetternd hatte belehren müssen. Aber immerhin war sie genau aus diesem Grund hier: Um zu lernen.


    "Die drei Stoffe legst Du schon mal extra", wies er den Schneider an, während Caelyn die Qualität der Stoffe prüfte, die für eine Toga in Frage kamen. "Ich finde, die drei Blautöne passen sehr gut zusammen. Was meinst Du? Zwei Tuniken zum übereinandertragen an kalten Tagen und dazu einen Mantel aus dem Stoff, den Du für die Toga gedacht hattest? Das müßte doch eigentlich ganz gut aussehen, meinst Du nicht? Oder was für eine Verwendung hattest Du Dir dafür vorgestellt?"


    Sie hatte doch sicherlich Ideen, was man aus den Stoffen so alles machen lassen konnte. Schließlich hatte sie ihm bisher immer mit solch einer Sicherheit zueinander passende Kleidungsstücke herausgesucht, daß er ihr auch hier ein gutes Gespür zutraute.

    Zitat

    Original von Spurius Purgitius Macer
    "Wer ist dein Favorit?" erkundigte sich Macer im Gegenzug. "Es scheint eine ebenso knappe Entscheidung wie beim Laufen zu werden. Hast du eigentlich eine Ahnung, wie weit professionelle Athleten üblicherweise springen? Ich kenne mich da gar nicht aus." Trotzdem interessierte es ihn, wie gut oder schlecht die Teilnehmer abschnitten, die ja sicher alle nicht regelmäßig den Weitsprung trainierten,



    Ursus legte den Kopf ein wenig schief. "Mein Favorit ist eindeutig Flavius Aquilius." Er mochte den Flavier einfach und gönnte ihm daher den Sieg mehr als den anderen, die er weniger kannte. "Ich habe ihn zwar nie zuvor beim Weitsprung gesehen, doch wir waren mal zusammen in den Thermen und ich konnte mich von seiner guten Form überzeugen. Allerdings ist Modestus anscheinend auch nicht schlecht, ich finde, er hat ebenfalls recht gute Chancen." Crassus war ein durtrainierter Mann, doch ob gerade Weitsprung zu den Übungen gehörte, die er regelmäßig trainierte? Ursus wagte dies zu bezweifeln. Zu den anderen konnte er schon gar nichts sagen. Weder kannte er sie, noch hatte er je von ihnen gehört. Der Aelier, der sich im letzten Moment noch gemeldet hatte, machte natürlich einen recht selbstbewußten Eindruck, da durfte man wohl gespannt sein, auf welchem Platz er landete.

    "Hab Dank für Deine Mühe! Vale", rief Ursus ihr noch hinterher, war sich aber nicht sicher, ob die Vestalin dies noch gehört hatte. Er seufzte und wandte sich dann an Cincinnatus. "Ein Abschiedsgruß. Das ist doch schon mal ein echter Fortschritt. Komm, laß uns sehen, daß wir an die Arbeit kommen. Es gibt noch viel zu tun."


    Voller Elan schritt er die Stufen hinab und machte sich, in der Annahme, daß sein scriba ihm folgen würde, auf den Weg nach Hause.

    Um der Götter Willen! Das war ja wirklich furchtbar, wie sie sprach! Irgendwie tat sie Ursus leid, sicherlich konnte sie nichts für ihren Sprachfehler, aber das änderte nichts daran, daß sie damit ausschied. So sah Ursus das zumindest. Die Bemerkung von Corvinus kam unerwartet und so fiel es Ursus schwer, nicht zu lachen. Doch es gelang ihm gerade noch, seine Gesichtszüge unter Kontrolle zu bringen. Nur die Mundwinkel zuckten etwas. "Oder die Nachfahren beherrschen dann die Schlangensprache", gab Ursus ebenso leise zurück.


    Dann wandte er sich wieder dem Händler zu. Sein Blick drückte deutliche Mißbilligung aus. "Das alles ist doch wohl nicht Dein Ernst, oder? Und was ist mit der letzten hier?" Er deutete auf die bisher völlig unbeachtete junge Frau. Einen sehr schlauen Eindruck machte sie ja nicht. Aber vielleicht täuschte dieser Eindruck ja. "Wie lautet Dein Name? Und was für Fähigkeiten beherrscht Du?", sprach er die fünfte Sklavin nun direkt an.


    Den Namen dieses Händlers mußten sie sich wohl merken. Als Negativbeispiel. Wenn sich jetzt nicht diese Sklavin - oder die Rothaarige, als Glücksgriff erwiesen.


    Im gleichen Moment erwies dann die Rothaarige, daß Ursus ihren Blick richtig gedeutet hatte. Aufsässig. Und ihr Latein war auch nicht besonders. Obwohl es da in der Villa noch deutlich schlimmere Fälle gab.

    Ursus hob eine Augenbraue, als der Händler seine Lobrede hielt, ohne auch nur eine Fertigkeit im Detail zu nennen. Alles war demnach wohl eher nichts. Sie war hübsch und hatte eine wohlgerundete Figur. Aber damit waren ihre Vorzüge offenbar auch schon erschöpft. Sie wirkte völlig uninteressiert an ihrem zukünftigen Schicksal.


    Als Corvinus ihn fragte, schon diese Frage war ein mittleres Wunder, antwortete er ruhig: "Bisher überzeugt das Angebot mich nicht." Auch Ursus wandte seine Aufmerksamkeit mehr den drei verbliebenen Sklavinnen zu und wartete darauf, daß sie auf die Frage von Corvinus antworteten. Mit ihren Antworten war ja vielleicht mehr anzufangen, als mit dem Geschwätz des Händlers.


    Daß dieser seine Sklavinnen rein nach dem Aussehen auszwählen schien, gefiel Ursus nicht besonders. Immerhin sollten die jungen Frauen arbeiten. Aber anscheind glaubte der Händler, daß in diesem Haus nur reine Bettwärmer gebraucht wurden.


    Skeptisch beobachtete Ursus die Mienen und die Bewegungen der drei Sklavinnen, die noch in der Auswahl waren. Die Rothaarige besaß ohne Zweifel Feuer, doch zuviel Feuer brachte für gewöhnlich nur Ärger. Die kleine Dunkelhaarige hatte vielleicht eine etwas üppige Figur, doch sie machte einen interessierten und klugen Eindruck. Na, mal abwarten, was sie zu sagen hatten. Hoffentlich waren sie nicht auch sprachliche Katastrophen. Davon hatten sie wahrhaftig genug im Haus.

    Hoffentlich meinte er auch, was er da sagte. Ursus hatte da so seine Bedenken. Schon zu oft waren Worte und Taten von Corvinus nicht gerade das gleiche gewesen. Und von einem guten Zeitpunkt zu sprechen, war ohnehin der größte Unsinn, den Ursus je gehört hatte. Doch es war zwecklos, dies jetzt einzuwenden. Entweder Corvinus merkte es selbst, - oder Helena würde es ihm beibringen. Diese Nacht würde sie verändern. Entweder wurde sie ein willenloses Schaf, oder sie würde lernen, ihre eigenen Wünsche durchzusetzen und so ihr Glück selbst in die Hand zu nehmen. Dabei konnte Ursus jetzt nicht mal sagen, was davon ihm eigentlich lieber wäre.


    Als Corvinus auf sein Aussehen ansprach, blickte Ursus kurz an sich herunter und zuckte dann mit den Schultern. "Ja, das sollte ich wohl." Er war einfach nur müde. Und auch enttäuscht. Enttäuscht, daß Corvinus nicht begriff, daß Helena Hilfe brauchte und keinen Abstellplatz. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als einfach zu versuchen, Helena Kraft zu geben.


    "Dann, gute N.. nein... Bis später." Er blickte ihn einen Moment lang noch ernst an, dann wandte er sich um und verließ das Zimmer.