Beiträge von Titus Aurelius Ursus


    Ad
    Germanicam Aeliam
    Domus Praefecti
    Alexandria
    Provincia Aegyptus



    Salve, Germanica Aelia,


    bitte sei Dir meines tiefsten Mitgefühls über den Verlust des Marcus Didianus Gabriel, der ein Freigelassener Deines Bruders Marcus Didius Falco war, versichert, auch wenn ich mir darüber bewusst bin, wie wenig Trost ich Dir mit diesen Worten zu spenden vermag.


    Nur ungern breche ich mit solch banalen Dingen in Deine Trauer ein, doch ist es meine Pflicht als decemvir litibus iudicandis, die weltlichen Hinterlassenschaften der Verstorbenen den gesetzlichen Richtlinien entsprechend auf die Erben zu verteilen.


    Da Dein Bruder zur Zeit unbekannten Aufenthaltes ist und vermutlich nicht innerhalb der festgesetzten Frist zu antworten in der Lage ist, kommst Du für den Fall, dass er nicht antworten sollte, als Erbin in Frage. Das fragliche Erbe beläuft sich auf: 1127.48 Sesterzen


    Ich bitte Dich darum, Dir einen kurzen Moment Zeit zu nehmen, mir mitzuteilen, ob Du gewillt bist, das Erbe anzutreten und mir möglichst bald, spätestens aber bis ANTE DIEM XIII KAL FEB DCCCLVIII A.U.C. (20.1.2008/105 n. Chr.), eine entsprechende Nachricht zukommen zu lassen. Denn sollte ich bis zu ANTE DIEM XIII KAL FEB DCCCLVIII A.U.C. (20.1.2008/105 n. Chr.) weder von Deinem Bruder noch von Dir Mitteilung erhalten haben, bin ich verpflichtet, das Vermögen des Marcus Didianus Gabriel der Staatskasse zuzuführen.


    Mögen die Götter Marcus Didianus Gabriel sicher ins Elysium geleiten und Dir ein langes, glückliches Leben bescheren.


    Vale,


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    ROMA, ANTE DIEM VIII ID IAN DCCCLVIII A.U.C. (6.1.2008/105 n.Chr.)


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    Antwort bitte an die Villa Aurelia, Roma





    Ad
    Iuniam Urgulaniam
    Museion
    Alexandria
    Provincia Aegyptus



    Salve Iunia Urgulania,


    bitte sei Dir meines tiefsten Mitgefühls über den Verlust Deiner Verwandten Appius Iunius Lucullus und Iunia Maecia versichert, auch wenn ich mir darüber bewusst bin, wie wenig Trost ich Dir mit diesen Worten zu spenden vermag.


    Nur ungern breche ich mit solch banalen Dingen in Deine Trauer ein, doch ist es meine Pflicht als decemvir litibus iudicandis, die weltlichen Hinterlassenschaften der Verstorbenen den gesetzlichen Richtlinien entsprechend auf die Erben zu verteilen.


    Da die eigentlichen Erben, Appius Iunius Decula und Iunia Attica zur Zeit unbekannten Aufenthaltes sind und vermutlich nicht innerhalb der festgesetzten Frist zu antworten in der Lage sind, kommst Du für den Fall, dass sie nicht antworten sollten, als Erbin in Frage. Das Erbe des Appius Iunius Lucullus beläuft sich auf: 330.28 Sesterzen, 1 Toga, 1 Mantel, 1 Perlenschmuck, 1 lukanische Würste, 1 Spende für die Acta, 1 Bier (Fass), das Erbe der Iunia Maecia beläuft sich auf: 5021.73 Sesterzen und 1 Werkzeug.


    Ich bitte Dich darum, Dir einen kurzen Moment Zeit zu nehmen, mir mitzuteilen, ob Du gewillt bist, das Erbe anzutreten und mir möglichst bald, spätestens aber bis ANTE DIEM XIII KAL FEB DCCCLVIII A.U.C. (20.1.2008/105 n.Chr.), eine entsprechende Nachricht zukommen zu lassen. Denn sollte ich bis zu ANTE DIEM XIII KAL FEB DCCCLVIII A.U.C. (20.1.2008/105 n.Chr.) weder von Appius Iunius Decula und Iunia Attica noch von Dir Mitteilung erhalten haben, bin ich verpflichtet, den Nachlass Deiner Verwandten der Staatskasse zuzuführen.


    Mögen die Götter Deine Verwandten sicher ins Elysium geleiten und Dir ein langes, glückliches Leben bescheren.


    Vale,


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    ROMA, ANTE DIEM VIII ID IAN DCCCLVIII A.U.C. (6.1.2008/105 n.Chr.)


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    Bitte von der Familienwertkarte abbuchen

    Es war zum auswachsen. Gerade hatte Ursus geglaubt, alle Erben angeschrieben zu haben, da änderten sich die Bestimmungen. Erst heute Morgen hatten die decemviri litibus iucandis die Anweisung erhalten, daß Personen, die unbekannten Aufenthaltes waren, nun doch nicht als Erben in Frage kamen. Das bedeutete, daß Ursus und Cincinnatus in sämtlichen Fällen die Meldelisten und Stammbäume abermals durchsehen mußten. Eine aufwendige, nervenraubende, aber doch notwendige Arbeit.


    Stunden um Stunden wälzten sie die Unterlagen. Und zum Glück waren es letztendlich nur drei Fälle, in denen andere Erben als die bisher ermittelten in Frage kamen. Und in zwei Fällen wurde sogar die gleiche Erbin ermittelt, so daß sie nur zwei weitere Anschreiben verfassen mußten. Da die anderen Schreiben bereits zugestellt worden waren, mußten sie die dort genannten Fristen natürlich abwarten. Es konnte ja sein, daß die Verreisten bis dahin zurückkehrten und das Erbe anzutreten wünschten. Doch das hinderte Ursus nicht daran, schon jetzt die Schreiben an die neuen Erben zu verfassen. Er wollte die Fälle gerne noch während seiner Amtszeit abschließen und da wurde es mit der Zeit langsam eng.



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    Provincia Aegyptus



    Salve, Germanica Aelia,


    bitte sei Dir meines tiefsten Mitgefühls über den Verlust des Marcus Didianus Gabriel, der ein Freigelassener Deines Bruders Marcus Didius Falco war, versichert, auch wenn ich mir darüber bewusst bin, wie wenig Trost ich Dir mit diesen Worten zu spenden vermag.


    Nur ungern breche ich mit solch banalen Dingen in Deine Trauer ein, doch ist es meine Pflicht als decemvir litibus iudicandis, die weltlichen Hinterlassenschaften der Verstorbenen den gesetzlichen Richtlinien entsprechend auf die Erben zu verteilen.


    Da Dein Bruder zur Zeit unbekannten Aufenthaltes ist und vermutlich nicht innerhalb der festgesetzten Frist zu antworten in der Lage ist, kommst Du für den Fall, dass er nicht antworten sollte, als Erbin in Frage. Das fragliche Erbe beläuft sich auf: 1127.48 Sesterzen


    Ich bitte Dich darum, Dir einen kurzen Moment Zeit zu nehmen, mir mitzuteilen, ob Du gewillt bist, das Erbe anzutreten und mir möglichst bald, spätestens aber bis ANTE DIEM XIII KAL FEB DCCCLVIII A.U.C. (20.1.2008/105 n. Chr.), eine entsprechende Nachricht zukommen zu lassen. Denn sollte ich bis zu ANTE DIEM XIII KAL FEB DCCCLVIII A.U.C. (20.1.2008/105 n. Chr.) weder von Deinem Bruder noch von Dir Mitteilung erhalten haben, bin ich verpflichtet, das Vermögen des Marcus Didianus Gabriel der Staatskasse zuzuführen.


    Mögen die Götter Marcus Didianus Gabriel sicher ins Elysium geleiten und Dir ein langes, glückliches Leben bescheren.


    Vale,


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    ROMA, ANTE DIEM VIII ID IAN DCCCLVIII A.U.C. (6.1.2008/105 n.Chr.)


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    Iuniam Urgulaniam
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    Salve Iunia Urgulania,


    bitte sei Dir meines tiefsten Mitgefühls über den Verlust Deiner Verwandten Appius Iunius Lucullus und Iunia Maecia versichert, auch wenn ich mir darüber bewusst bin, wie wenig Trost ich Dir mit diesen Worten zu spenden vermag.


    Nur ungern breche ich mit solch banalen Dingen in Deine Trauer ein, doch ist es meine Pflicht als decemvir litibus iudicandis, die weltlichen Hinterlassenschaften der Verstorbenen den gesetzlichen Richtlinien entsprechend auf die Erben zu verteilen.


    Da die eigentlichen Erben, Appius Iunius Decula und Iunia Attica zur Zeit unbekannten Aufenthaltes sind und vermutlich nicht innerhalb der festgesetzten Frist zu antworten in der Lage sind, kommst Du für den Fall, dass sie nicht antworten sollten, als Erbin in Frage. Das Erbe des Appius Iunius Lucullus beläuft sich auf: 330.28 Sesterzen, 1 Toga, 1 Mantel, 1 Perlenschmuck, 1 lukanische Würste, 1 Spende für die Acta, 1 Bier (Fass), das Erbe der Iunia Maecia beläuft sich auf: 5021.73 Sesterzen und 1 Werkzeug.


    Ich bitte Dich darum, Dir einen kurzen Moment Zeit zu nehmen, mir mitzuteilen, ob Du gewillt bist, das Erbe anzutreten und mir möglichst bald, spätestens aber bis ANTE DIEM XIII KAL FEB DCCCLVIII A.U.C. (20.1.2008/105 n.Chr.), eine entsprechende Nachricht zukommen zu lassen. Denn sollte ich bis zu ANTE DIEM XIII KAL FEB DCCCLVIII A.U.C. (20.1.2008/105 n.Chr.) weder von Appius Iunius Decula und Iunia Attica noch von Dir Mitteilung erhalten haben, bin ich verpflichtet, den Nachlass Deiner Verwandten der Staatskasse zuzuführen.


    Mögen die Götter Deine Verwandten sicher ins Elysium geleiten und Dir ein langes, glückliches Leben bescheren.


    Vale,


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    ROMA, ANTE DIEM VIII ID IAN DCCCLVIII A.U.C. (6.1.2008/105 n.Chr.)


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    Antwort bitte an die Villa Aurelia, Roma


    "Bitte schön", lächelte er, während sie ihren Weg durch die Gänge zwischen den vielfältigen Ständen fortsetzten. Er blickte sie prüfend von der Seite an. Sie war heute definitiv anders als sonst. Vielleicht hatte sie wirklich einmal heraus gemußt aus dem Haus. Sie gehörte anscheinend zu den Menschen, die hin und wieder mal nach draußen mußten, die unter die Menschen gehörten und das pulsierende Leben in der Stadt genossen. Er konnte das gut verstehen, war er doch selbst so ein Mensch.


    Daß sie sich plötzlich um eine bessere Sprache bemühte, fiel ihm ebenfalls auf. Eben noch beim Händler war es fürchterlich gewesen mit ihr. Wenn auch das schon besser war als ganz am Anfang. Doch jetzt sprach sie wirklich gut, verbesserte sich zwischendurch sogar. Er freute sich darüber und das war ihm auch anzusehen. "Ja, solche Tiere gibt es wirklich. Sie sind sehr groß und haben eigentlich gar keine Ähnlichkeit mit einer Kuh. Dafür müssen wir ein Stück laufen, doch es lohnt sich wirklich. Sonst bekommt man so etwas nur im Circus zu sehen."


    Sie kamen zwar jetzt etwas weit vom Weg zum Schneider ab, doch das war Ursus im Augenblick gleichgültig. Sie hatten Zeit und er hatte Lust, ihr die Wunder Roms zu zeigen, das Staunen in ihren Augen zu lesen und auch die Freude.

    Auch wenn Ursus auf Cadhla unbekümmert, fröhlich und unbeschwert wirkte, so hatte er durchaus seine Sorgen und Nöte. Vielleicht waren die seinen nicht vergleichbar mit der Entbehrung der Freiheit, doch er führte beständig einen Zweifrontenkrieg: zum einen in der Politik da draußen, auch wenn der sich zur Zeit noch in Grenzen hielt, und zum anderen innerhalb der Familie. Dies waren Sorgen, die erdrückend sein könnten, wenn er zulassen würde, daß er davon erdrückt wurde. Doch man konnte doch nicht ständig und andauernd Trübsal blasen! Er war der Meinung, daß man dem Leben so viel Glück wie nur möglich abgewinnen mußte, denn freiwillig gab es so etwas nicht her. Und Glück konnte man nur empfinden, wenn man die positiven Dinge, die Freude - auch über Kleinigkeiten - an sich heranließ.


    "Gut, dann sagst Du mir Deinen Wunsch, sobald Dir einer eingefallen ist", nickte Ursus lächelnd. Er würde hin und wieder nachfragen, damit sie nicht vergaß, darüber nachzudenken. Ihr listiges Schmunzeln gefiel ihm, vor allem wie ihre Augen dabei blitzten. Fast wäre er in diesem Anblick versunken, es kostete ihn Mühe, sich davon loszureißen.


    Doch der Vorschlag, wie die Kinder fangen zu spielen, kam ihm fast ein wenig albern vor. Trotzdem akzeptierte er ihn. Und umfing Cadhla in einer blitzschnellen Bewegung mit seinen Armen. "Du meinst fangen im Sinne von so?" Nun waren es seine Augen, die übermütig blitzten. Für einen Moment war er versucht... nein, das wäre nicht richtig. Er lachte und ließ sie wieder los, dann sprintete er los und versuchte, so viele Hindernisse wie möglich zwischen sie und sich zu bringen...

    Ach, was war das für ein Anblick, wie sie den Baum herabkletterte. Ihre geschmeidigen Bewegungen waren wirklich eine Augenweide. Wirklich, wie eine Katze. Ob ihr wohl bewußt war, daß sie Einblicke gewährte, da er von unten beim Klettern zusah? Nun, er würde sie gewiß nicht darauf aufmerksam machen und versuchte auch, sich nichts anmerken zu lassen, als sie dann am Boden ankam.


    Schnell lenkte er davon ab. "Auf Bäume klettern steht also weiter auf dem Programm? Meinetwegen." Er hatte nichts dagegen, das machte schließlich sogar noch Spaß, auch wenn sich ihm nicht ganz erschloß, was sie damit erreichen wollte. Doch sie war die Trainerin und er hatte versprochen, auf sie zu hören.


    "Aber keinen Wunsch zu äußern, gilt nicht. Deinen dringendsten Wunsch kann ich nicht erfüllen, Cadhla, da hast Du recht. Aber vielleicht gibt es etwas kleineres, was ich Dir erfüllen kann. Überleg es Dir und sag es mir morgen, ja?" Natürlich hoffte er in eine bestimmte Richtung, war aber vernünftig genug, damit nicht zu rechnen. Freiwillig würde sie sich bestimmt nicht küssen lassen. Doch es gab genug Dinge, die er ihr geben oder verschaffen konnte. Vielleicht mal einen Ausflug? Auf die Jagd oder so? Einfach irgendetwas, was ihr eine Freude machte, die sie sonst nicht bekommen konnte? Gab es denn wirklich nichts, was sie sich wünschte? "Wenn Dir gar nichts einfällt, lasse ich mir etwas einfallen", drohte er lachend. Das half ihren Ideen doch sicher auf die Sprünge.


    "Dann die gleiche Übung jetzt gleich nochmal?", fragte er sie eifrig. Wenn sie das wollte, würde er auch zehn oder zwanzig mal den Baum rauf und runter klettern. Solange bis sie zufrieden mit ihm war. "Oder hast Du für jetzt eine andere Übung vorgesehen?"

    Endlich. Endlich war der Medicus da. "Cadhla. Den Göttern sei Dank." Ursus stand auf und trat dem Mann entgegen, den er jetzt erst erkannte. "Decimus Mattiacus", sagte er erstaunt. Er hatte gar nicht gewußt, daß er ein Medicus war. Aber offenbar war es so. "Salve. Es ist wirklich dringend. Sie hat sich die Pulsader am Handgelenk aufgeschnitten und ist dann in den Teich gestiegen. Ich denke, ihre Körpertemperatur haben wir schon wieder halbwegs im Griff, doch sie hat viel Blut verloren. Und sie ist kaum noch wach zu nennen. Bis vor wenigen Minuten war sie noch ansprechbar. Wir haben einen Druckverband angelegt..."


    Er sprudelte die Erklärungen einfach so hervor. Seine eigene Erscheinung war dabei auch alles andere als vorzeigbar. Er trug eine nasse Tunika, die noch dazu blutverschmiert war, so wie er auch sonst überall Blut am Körper zu haben schien. Dazu noch feuchte, zerzauste Haare. Er sah vermutlich aus wie ein Massenmörder, der in einen Sturm geraten war.


    Gerade als er dem Medicus Platz machte, damit der sich um Helena kümmern konnte, drückte ihm Siv eine kleine Schriftrolle in die Hand.


    Marcus,
    ein Leben ohne Liebe ist grausam. Aber ein Leben überschattet von einer unerfüllten Liebe ist mehr als ich ertragen kann. Du kannst mich nicht lieben, du willst es nicht und ich kann nichts dagegen tun. Ich wünsche dir, dass du irgendwann die Frau findest, die so für dich empfindet wie ich es tue und das ihr zusammen glücklich werdet. Bitte vergiss mich nicht! Trotz allem.
    Helena


    Das mußte der Brief sein, von dem Helena gesprochen hatte. Er las die Worte, doch konnte es noch immer nicht recht fassen. Wie er schon vermutet hatte: Marcus. Sie war in Marcus verliebt. Warum waren eigentlich immer alle in Marcus verliebt? Vielleicht mußte man rücksichtslos und eigensüchtig sein, um geliebt zu werden. Irgendwas schien Ursus jedenfalls falsch zu machen.


    Den Brief behielt er erst einmal bei sich. Was er damit machen würde, wußte er jetzt noch nicht. Unausweichlich war jedenfalls ein Gespräch mit Marcus. Auch auf die Gefahr hin, es sich mit ihm dann endgültig zu verderben. Für Helena mußte er es zumindest versuchen.


    Doch jetzt war erst einmal wichtig, daß ihr Leben in medizinischer Sicht gerettet wurde. Alles andere hatte Zeit. Ein wenig zumindest.

    Verflixt, sie war ihm voraus! Ursus kletterte, was das Zeug hielt, doch als er an der Stelle angekommen war, die sie vereinbart hatten, mußte er feststellen, daß er ein kleines bißchen langsamer gewesen war als sie. "Na, sieht ganz so aus, als hättest Du einen Wunsch frei", rief er lachend zu dem anderen Baum herüber. Auch wenn ihr Sieg knapp gewesen war, so war es doch ein Sieg.


    Was sie wohl für einen Wunsch äußern würde? Er war wirklich sehr gespannt. Langsam machte er sich an den Abstieg. Warum sollte er sich hierbei auch beeilen? Es war besser, immer erst einen sicheren Tritt zu suchen, bevor er noch abrutschte und doch noch fiel.


    Schließlich erreichte Ursus den Erdboden und ging Cadhla entgegen. "Meinen Glückwunsch zu Deinem Sieg. Du kletterst wie eine Katze, das muß man Dir wirklich lassen. Also... was hast Du für einen Wunsch?", fragte er neugierig. Hoffentlich war es einer, den zu erfüllen er in der Lage war. Ihren sicherlich dringensten Wunsch, ihre Freiheit, konnte er ihr nicht geben. Doch das wußte sie ja.

    Ursus kam gar nicht auf die Idee, daß seine körperliche Nähe nun etwas mit ihrer Verwirrung zu tun haben könnte. Sie war ja auch vorher schon verwirrt und fassungslos gewesen, daher war diese neue Verwirrung für ihn nicht wirklich erkennbar. Doch ihr Lächeln, das war eindeutig. Sie freute sich doch über das kleine Geschenk und für einen Moment war sie gar nicht so kratzbürstig wie sonst.


    "Dann gehört es Dir", sagte Ursus schlicht und erwiderte das Lächeln. "Komm, gehen wir weiter." Er tat einen Schritt und schon war die extreme Nähe wieder aufgehoben. Vielleicht hätte er das nicht getan, wenn er gewußt hätte, was er damit ausgelöst hatte. Vielleicht hätte er dann die Möglichkeit genutzt, ihr klarzumachen, daß seine Nähe nichts schlimmes war.


    "Und? Möchtest Du diese Tiere mal sehen? Die aus africa?" Er blickte sie fragend an. Vielleicht würde das ja ihre Verwirrung ein wenig lösen. Daß so ein kleines Ding aus Bronze so etwas anrichten könnte, hätte er ja auch nicht gedacht. Aber anscheinend war es so. Vielleicht würde sie ihm ja eines Tages erklären, was es für sie bedeutete.

    Siv erwies sich ein weiteres mal als kostbare Hilfe. Ohne lange zu fackeln, hatte sie ein Laken herbeigeschafft und zerrissen. Mit den breiten Stoffstreifen konnten sie nun Helena an das Bett fesseln, ohne ihr weitere Schmerzen zuzufügen. Auf jeden Fall nahm Ursus sich vor, die Sklavin für ihre Hilfe in dieser Nacht zu belohnen. Wie, wußte er noch nicht. Doch verdient hatte sie es sich.


    Helena schien nichts von dem verstanden zu haben, was er sagte. Ihre Augenlider zitterten. Sie war nicht bewußtlos, doch ansprechbar war sie auch nicht. Bewußtlos wäre schlimmer. Doch ihr jetziger Zustand war auch alles andere als gut. Nicht mal das recht unsanfte Klopfen von Siv auf Helenas Wange schien eine Wirkung zu haben.


    Er wußte nicht, was Siv zu Helena sagte. Doch trotzdem sagte er im Grunde das gleiche. "Nicht sterben, Helena! Bleib bei uns! Nach all der Mühe kannst Du uns das nicht antun!" Wenigstens schien sie nicht mehr zu frieren, das war doch schon mal ein Anfang. Die Blutung war auch gestoppt, wenn auch das Bett, die Decken und auch Siv und Ursus selbst abenteuerlich blutverschmiert waren. Es sah nach wesentlich mehr Blutverlust aus, als es war. Zum Glück. Denn sonst wäre Helena kaum noch am Leben. Wenn doch nur der Medicus käme!

    Was tat sie da nur? Ursus konnte gar nicht so schnell reagieren, wie Helana Dummheiten machte. "Nein! Helena!" Er stürzte zu ihr und kam gerade noch rechtzeitig, um sie aufzufangen, als ihre Beine unter ihr wegknickten.


    "Jetzt reicht es aber, ein für alle mal. Siv, wir müssen sie ans Bett binden!" Er sprach langsam und deutlich, damit die Sklavin ihn verstand. Entschlossen legte er Helena wieder ins Bett und legte die heißen Steine wieder direkt an ihren Körper, bevor er sie sorgfältig zudeckte. Dann hielt er sie fest, so daß sie sich weder aufrichten, noch gar aufstehen konnte.


    "Du bleibst jetzt liegen, Helena. Deine Wunde muß genäht werden. Du brauchst Wärme und Ruhe. Alles andere ist unwichtig. Um diesen ominösen Brief werde ich mich kümmern." Was für ein Brief überhaupt? Er wußte nichts von einem Brief. Vielleicht bei ihren Sachen am Teich? Er würde später nachsehen müssen.


    Kopfschüttelnd betrachtete Ursus seine Cousine. "Tu Dir doch nicht noch mehr weh. Ich bitte Dich, gib Dir selbst eine Chance, Helena. Bleib liegen. Der Medicus muß jeden Augenblick hier sein." Hoffentlich! Wenn die Wunde nicht bald genäht wurde...


    Ursus atmete tief durch und ließ dann mit einer Hand los. Während die andere Helena noch immer festhielt, strich er ihr sanft einige Haarsträhnen aus der Stirn. "Bitte halte durch und halt still, ja?" Er blickte sich nach Siv um, die hoffentlich etwas gefunden hatte, womit sie Helena am Bett festbinden konnten.

    Ursus wußte nicht so genau, was Siv da eigentlich fluchte. Doch daß sie fluchte war kaum zu überhören. Der Tonfall war eindeutig. Es war auch unwichtig. Was sie tat war wichtig. Und das war jedenfalls goldrichtig. Sie wußte anscheinend sehr gut, was sie tat.


    "Helena! Bitte leg Dich wieder hin!" Warum sie sich jetzt aufsetzte und gegen die kalte Wand lehnte, war ihm völlig schleierhaft. "Das ist zu kalt, Du bist eh viel zu kalt geworden. Bitte, leg Dich wieder hin." Er sprach drängend und voller Sorge. Verstand sie denn nicht, daß sie sich schadete? Wo blieb nur der Medicus?


    Ursus angelte nach seiner Tunika und zog sich das nasse Ding schaudernd über den Kopf. Erst wenn der Medicus da war, würde er sich den Moment nehmen, um sich umzukleiden. Jetzt war dafür keine Zeit. "Wickel Dich wenigstens richtig in die Decke." Er schob die heißen Steine näher an Helena heran, da sie von ihnen weg gerutscht war, und zog dann die Decke fest um sie, wobei er sorgfältig auf die verletzte Hand achtete.


    "Mach Dir um den Ruf der Familie keine Sorgen. Nachdem Dein Vater gegen den Kaiser intrigiert hat, bist Du kaum in der Lage, dem Ruf unserer Familie wirklich zu schaden. Du kannst ganz ruhig sein. Werde einfach gesund, alles andere klärt sich dann." Hoffte er. Seine Gedanken überschlugen sich. Er hatte Schande für die Familie verhindern wollen? Er? Es gab nicht viele Möglichkeiten, wen sie meinen könnte. Konnte es sein...? Aber...? Marcus? "Du meinst... Marcus? Helena?" Er fragte ganz sanft, ohne Vorwurf. Wie könnte er ihr auch irgendetwas vorwerfen, er hatte die Sachlage ja nicht mal ganz begriffen.

    Ursus lächelte. "Doch, es gehört Dir", sagte er schlicht und nahm ihr das Pferdchen einfach wieder aus der Hand, fädelte es auf das Lederband und band es ihr dann um den Hals. "So, oder etwas länger?", fragte er leise, wo bei seine Lippen ihrem Ohr ganz nahe waren. Sicher konnte sie seinen warmen Atem spüren.


    Sie schien irgendwie völlig bewegungsunfähig. Noch immer... oder noch mehr? ... schimmerten Tränen in ihren Augen. Es mußte sie an irgend etwas erinnert haben. An was wohl? Für einen Moment fragte er sich, ob er nicht einen Fehler gemacht hatte. Hatte er sie am Ende verletzt, statt ihr eine Freude zu machen? Es war wirklich nicht festzustellen, ob sie vor Schmerz oder vor Glück Tränen in den Augen hatte. Daß sie nichts sagte, half auch nicht unbedingt, dies festzustellen.


    "Oder... möchtest Du es am Ende gar nicht haben?", fragte er vorsichtig nach. Schließlich hatte er nicht vorgehabt, ihr weh zu tun. Prüfend betrachtete er ihre Miene.

    "Salve, Cincinnatus", grüßte Ursus und blickte erstaunt von seinen Unterlagen auf. Ein Brief? So früh am Morgen schon? Er nahm die Schriftrolle entgegen und studierte sie sorgfältig. Dann seufzte er. "Laut Meldeliste müßte sie in Rom wohnhaft sein. Wenn sie nur kurz aus Rom fort ist, nun, sie hat ja noch fast drei Wochen Zeit, sich zu melden. Was meinst Du, was los wäre, wenn man ein Erbe einfach so an jemand anderen verteilen würde?" Nein, das Recht ließ so etwas nicht zu. Die Dame mußte sich schon persönlich melden. "Es geht um ziemlich viel Geld, ich kann schon verstehen, daß man sich danach die Finger leckt." Unwillkürlich mußte er an die Geschichte denken, die Decima Lucilla ihm erzählt hatte. Nein, so etwas steckte hier natürlich nicht dahinter. Vermutlich wollte der Verwandte das Erbe nur für die verreiste Erbin retten.


    Seufzend nahm Ursus eine Schriftrolle hervor und begann zu schreiben.



    Ad
    Lucium Iunium Silanum
    Casa Iunia
    Roma
    Provincia Italia



    Salve, Luci Iuni Silane,


    leider ist es nicht möglich, ein Erbe auf ein anderes, mit dem Verstorbenen entfernter verwandtes Familienmitglied zu übertragen, nur weil der eigentliche Erbe gerade verreist ist.


    Laut Meldelisten ist Deine Cousine Iunia Attica in Rom wohnhaft. Sollte sie für längere Zeit verreist sein, so bitte ich Dich um Angabe ihrer aktuellen Anschrift, damit ich sie an ihrem Aufenthaltsort anschreiben kann. Es ist leider zwingend erforderlich, daß sie selbst das Erbe annimmt. Sollte sie dies nicht innerhalb der gesetzten Frist tun, fällt das Erbe an den Staat.


    Vale,


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    ROMA, NON IAN DCCCLVIII A.U.C. (5.1.2008/105 n.Chr.)


    Er versiegelte den Brief und übergab ihn Cincinnatus. "Sorgst Du bitte für die Zustellung? Tut mir ja irgendwie leid für den jungen Mann. Aber das Recht seiner Cousine geht vor. Wenn sie verreist, ohne eine Anschrift zu hinterlassen, so ist dies ihr Risiko und in einem Fall wie diesem eben auch ihr Verlust."

    "Nun, es gibt solche Tiere. Sie stammen aus Africa. Es gibt einen Markt, auf dem sie auch angeboten werden. Für die Circus-Spiele." Ursus legte die Figuren schmunzelnd zurück. Nein, er hatte ohnehin nicht vorgehabt, so etwas zu kaufen. Er hatte nur wissen wollen, ob sie derlei Tiere schon einmal gesehen hatte. Pferde, Hunde und Katzen also mochte sie. Soso. Eigentlich hatte er die Frage allgemeiner und nicht nur auf Tiere bezogen gemeint. Doch es war später noch Zeit, auf die Frage zurückzukommen.


    Schon wollte er weitergehen, als sie ein Bronzefigürchen aufnahm, das ein Pferd darstellte. Eine keltische Darstellung, wie sogar Ursus erkannte. Und ihre feuchten Augen waren ebenfalls nicht zu übersehen. Ganz ergriffen und in Gedanken versunken sah sie nun aus. An was sie wohl denken mochte? Nach dem, was sie erzählt hatte, war ihr bisheriges Leben doch nicht unbedingt schön gewesen. Wonach hatte sie dann Sehnsucht? War es einfach die Heimat?


    Er kannte das ja durchaus von sich selbst. Er hatte in der Fremde immer Sehnsucht nach Rom und seiner Familie gehabt. Und auch wenn zumindest die Rückkehr zur zweiterer eine Enttäuschung gewesen war, so hatte er sein Heimweh nie nur auf Rom selbst zurückgeführt. Er hatte hier immer ein sorgenfreies, angenehmes Leben geführt. Da war es doch klar, daß man sich dahin zurücksehnte. Doch bei ihr lag die Sache ganz anders.


    Was wäre er für ein Mensch, wenn er sich von diesem sehnsuchtsvollen Ausdruck nicht erweichen lassen würde? Er winkte den Händler heran und trat mit ihm ein paar Schritte beiseite, um leise die Verhandlung über den Preis zu führen, während sie noch ganz entrückt dastand. Ein paar Münzen wechselten den Besitzer. Ursus erhielt noch ein zu dem Anhänger passendes Lederband von dem Händler. Dann trat er zu Caelyn zurück. "Hier, binde es Dir um", sagte er sanft und reichte ihr das Lederbändchen.

    Auch Ursus erhob sich, als der Aedil sich zu verabschieden anschickte. "Nun, leider konnte ich Dir nicht viel weiterhelfen. Doch stehe ich Dir selbstverständlich zur Verfügung, solltest Du weitere Auskünfte benötigen, die aktuellere Fälle betreffen." Zu gerne hätte er gewußt, was für Ermittlungen Avarus da durchführte. Doch wenn er tatsächlich einer Straftat auf der Spur war, würde es zu einer Anklage kommen und spätestens dann würde Ursus erfahren, um was es eigentlich ging.


    "Ich wünsche Dir noch einen angenehmen Tag", wünschte er zum Abschied und rief einen Sklaven, der Avarus zur Tür zurück geleiten sollte.

    Dafür, daß sie so etwas nicht brauchte, wußte sie aber ganz genau, was ihr gefiel. Ursus schmunzelte und nickte. "Stimmt, so etwas brauchst Du nicht." Doch der Schalk blitzte aus seinen Augen. Wenn sie sich heute gut führte... nun, dann konnte man durchaus darüber nachdenken. Sie war eine schöne Frau und das konnte man ruhig mal unterstreichen. Doch das brauchte sie jetzt noch nicht zu wissen. Erst einmal abwarten, wie der heutige Tag sich so entwickelte.


    "Aber hübsch ist der Stoff, ganz ohne Zweifel. Du hast wirklich einen erlesenen Geschmack." Sie kamen an einem Stand mit kleinen Statuen und anderen Kunstgegenständen aus aller Welt. Sicher waren da viele Dinge dabei, die Caelyn noch niemals gesehen hatte. Und andere, die vielleicht sogar aus ihrer Heimat stammten. "Hast Du schon mal solche Tiere gesehen?" Er hielt die Statue einer Giraffe hoch. Und die eines Löwen. Vielleicht sollte er sie einmal zu den Spielen mitnehmen? Sie sollte doch zumindest alles einmal gesehen haben.


    "Interessierst Du Dich für so etwas? Oder eher nicht?" Er blickte Caelyn prüfend an. Nun gehörte sie ihm eigentlich schon recht lange und trotzdem hatte er das Gefühl, sie kaum zu kennen.

    Das Wegrutschen hatte nichts gebracht, sie war einfach hinterhergerutscht und schmiegte sich nur noch mehr an ihn. Na, dann mußte er sich eben noch mehr zusammenreißen. Er schloß für einen Moment die Augen und atmete tief durch. Weiterhin hielt er sie in seinen Armen, den zarten, weichen und unglaublich weiblichen Körper. Nein, darüber durfte er überhaupt nicht nachdenken. Er mußte sich auf ihre Worte konzentrieren. Doch das war so schwer. So schwer, überhaupt zu denken. "Dann hast Du das getan, weil Du liebst?", fragte er leise, doch im gleichen Moment wurde die Tür aufgestoßen und Siv kam herein.


    Einerseits war Ursus sehr erleichtert, daß die Sklavin endlich wieder da war. Andererseits hätte er gerade jetzt erfahren können, warum Helena sich das angetan hatte. Die Erleichterung überwog schließlich. Helenas Leben zu retten war jetzt das wichtigste. Die Gründe für ihre Tat konnte man später noch versuchen herauszufinden. Doch daß Siv dann so plötzlich die Decke wegzog, das war denn doch etwas zuviel des Guten.


    Und es hatte katastrophale Folgen, da Helena hektisch nach der Decke griff, wodurch der Druckpunkt des Verbandes verrutschte. "Verfl..." Ursus konnte sich gerade noch zusammenreißen, nicht zu fluchen. "Wir machen den Verband neu, Helena. Ganz ruhig." Er löste die Umarmung, setzte sich auf, ungeachtet seiner Nacktheit, und begann, den Verband zu erneuern. "Siv, schnell. Halt das fest." Das Blut war egal. Hauptsache, der Druck wurde wieder an der richtigen Stelle ausgeübt. "Wo bleibt nur der Medicus?", fragte Ursus, während er den Druckverband wieder richtig anbrachte. Die große Sorge um sie war aus seinen Worten deutlich zu hören. "Es tut gleich nicht mehr weh, Helena. Und ich bin hier. Ich helfe Dir, so gut ich kann, ja? Du wirst leben, wenn Du nur leben willst!"

    "Das wollen wir doch nicht hoffen, daß Du die Saturnalia nicht überlebst", lächelte Ursus und schüttelte den Kopf. Diese Frau war wirklich unglaublich. Auf was für Ideen sie kam? "Weiche also bitte solch lebensgefährlichen Keksen aus." Er zwinkerte ihr zu, beantwortete dann aber sachlich ihre Frage. "Deinem Namen nach zu urteilen bist Du sine manu verheiratet? Dann erbt Dein Ehemann gar nichts. In erster Linie erben Deine Kinder. Wenn Du keine hast, Dein Vater. Wenn der nicht mehr lebt, Deine Geschwister. Deine Neffen und Nichten erben nur, wenn Du keine Geschwister mehr hast. Nimmt der Erbe das Erbe nicht an, dann geht es an den Staat." Im Grunde war es ganz einfach. Aber manchmal waren die Fälle eben doch noch etwas verzwickter. "Wenn Du das so nicht möchtest, - dann mach ein Testament."


    Als sie davon sprach, daß die Familie immer weniger wurde, nickte Ursus ernst. Es schien im Moment allen Familien so zu gehen. Und es starben so viele junge Leute, das war wirklich erschreckend. Wieder mußte er lachen, als sie recht unverfroren nach seinem Familienstand fragte. "Nein, ich bin noch nicht verheiratet und ich habe auch noch keine Kinder. Dafür habe ich noch Zeit, denke ich. Im Moment versuche ich, meine Karriere in Gang zu bringen." Immer schön einen Schritt nach dem anderen. Wenn er auf dem Karriereweg ein bißchen weiter war, hatte er auch bei Verhandlungen um eine Ehefrau einen besseren Stand.


    "Ist es wirklich so arg? Wird so viel geschimpft wegen unwichtiger Kleinigkeiten? Es stört mich gar nicht, wenn irgendwo ein a zuwenig oder in z zuviel ist, wenn ich nur die Information bekomme. Die Information selbst sollte allerdings schon stimmen. Aber da mache ich mir bei der acta eigentlich keine Sorgen. Obwohl ihr meinen Namen und mein Amt ruhig ausdrücklich hättet erwähnen können." Er lachte, denn es störte ihn nicht so sehr. Jetzt noch nicht. Bei höheren Ämtern würde das dann schon anders aussehen. Doch bis dahin war es noch ein weiter Weg. "Ein auctor bekommt auch kein Gehalt? Wenn es Dich tröstet: Ein vigintivir ebenfalls nicht. Ich finde es sehr schade, daß Du dieser Arbeit nicht mehr nachgehen kannst. Meiner unmaßgeblichen Meinung nach hast Du diesen Posten ganz hervorragend ausgefüllt." Auch wenn er das als Außenstehender vermutlich gar nicht richtig beurteilen konnte.

    Ursus mußte lachen, als sie so trocken feststellte, daß der Händler garantiert einen zu hohen Preis verlangt hatte. "Naja, jeder Händler nennt doch erst einmal einen überhöhten Preis. Dann kann man schön handeln, am Ende zahlt der Kunde immer noch zuviel, aber beide fühlen sich gut dabei, weil beide glauben, ein gutes Geschäft gemacht zu haben." Mit großen Schritten ging er voran und merkte erst gar nicht, wie ihre Aufmerksamkeit von einem Tuchhändler besonders angezogen wurde. Erst als sie darum bat, gucken zu dürfen, blieb er stehen.


    "Du hast wirklich eine Begabung, das beste - und teuerste - herauszufinden. Das ist Seide." Er wickelte ein Stück von einem Ballen ab, ohne sich an den strafenden Blicken der Händlerin zu stören, und hielt Caelyn den dunkelgrünen Stoff an. "Nein, noch nicht ganz Deine Farbe würde ich sagen." Er legte den Stoff zurück. "Welchen würdest Du wählen?" Er wußte selbst nicht, was ihn ritt, daß er sie fragte. Er hatte eigentlich nicht die Absicht, ihr so etwas zu kaufen. Aber wenigstens schauen konnten sie ja mal.


    Jetzt war er neugierig, was Caelyn wählen würde. Daß sie einen ausgezeichneten Geschmack hatte, wußte er ja. Deshalb nahm er sie ja mit. Deshalb machte er sich die Mühe, sich selbst zum Schneider zu begeben, der sonst eigentlich ins Haus kam. Sie sollte das gesamte Angebot des Schneiders sichten können, ohne auf seine Vorauswahl beschränkt zu sein.


    Warum sie allerdings so verwirrt dreinschaute, verstand er nicht. Vielleicht hatte sie irgendetwas falsch verstanden?

    Ursus nahm die Fragebögen entgegen und warf erst einmal nur einen kurzen Blick darauf. "Danke", sagte er noch und begab sich dann in den Prüfungsraum, um sich gleich an die Beantwortung der Fragen zu machen.