Ursus hörte aufmerksam zu und mußte abermals erkennen, was für ein kluger Kopf Cotta war. Er hatte den Vetter bisher deutlich unterschätzt, das mußte er nun erkennen. Was natürlich für ihn nur ein Grund sein konnte, sich selbst mehr anzustrengen. Denn keinesfalls wollte er hinter ihm zurückbleiben!
Wie souverän er das Gespräch lenkte und den Onkel damit aus der Reserve lockte! Genial, einfach genial. Man konnte es nicht anders sagen, Ursus war neidisch. Doch lange konnte er über diese Erkenntnis nicht nachgrübeln, denn die Worte des Onkels forderten abermals eine Erwiderung.
"Du sagst, ein guter Politiker lenkt das Volk nach seinem Belieben. Doch was geschieht denn, wenn jeder Politiker für sich dieses Ziel verfolgt? Die Politik wird handlungsunfähig." Diese Behauptung stellte Ursus einfach mal auf, so wie ja auch Sophus einfach Behauptungen aufgestellt hatte.
"Ich stimme Dir zu, wenn Du sagst, daß das Volk Führung benötigt, daß nicht jeder Angehörige des Pöbels in der Lage ist, die Führung des Volkes mitzugestalten. Deswegen sitzt nicht irgendwer im Senat. Sondern Männer, meist hoher Geburt und hoher Bildung, die durch die Ableistung öffentlicher Ämter bewiesen haben, daß sie die Zusammenhänge im Staatswesen verstehen, daß sie verläßlich und bereit sind für Rom Opfer zu bringen und hart zu arbeiten. Doch die Führung des Volkes sollte dennoch nicht auf persönlichem Belieben eines jeden Politikers beruhen, sondern sollte auf das Wohlergehen des Volkes und die Sicherung des Reiches gerichtet sein. - Und somit dient der Politiker dem Volk, indem er es führt. Und zwar durchaus mit fester Hand führt."
Ursus war von der Richtigkeit seiner Worte absolut überzeugt. Sicher klang es nach einem Ideal und er wußte selbstverständlich um Korruption, heimliche Absprachen und die Verfolgung selbstsüchtiger Ziele, ja gar Erpressung mochte manches Mal im Spiel sein. Doch im Großen und Ganzen stimmte es doch!
"Sieh Dir unseren Kaiser an, er besitzt sehr viel Macht für einen einzelnen Mann. Glaubst Du, er entscheidet nach seinem Belieben, auch wenn er es könnte? Ich glaube das nicht. Ich glaube, er entscheidet so, wie er es für ganz Rom, für das Volk, für das Reich für richtig hält. Und ich sage immer noch: Das Volk, das gesamte Volk, ist Rom, denn ohne das Volk ist Rom nichts. Und hier stimme ich wieder ganz mit Dir überein: Rom muß Ziel der Politik sein."