Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    Ihr hübsches verschmitztes Lächeln wirkte sehr ansteckend und so lächelte Ursus unwillkürlich zurück. Anscheinend nahm sie ihm seine Skepsis nicht übel und das fand er sehr freundlich von ihr. "Und nun bin ich auch noch einer von denen, die Dir Deine Freizeit rauben. Nein, ich habe den cursus res vulgares noch nicht absolviert, das ist der Grund, warum ich Dich frage. Denn wenn ich recht gehört habe, wird auch dieser zur Zeit nicht angeboten?"


    Er hatte ohnehin vorgehabt, die Schola bald aufzusuchen. Doch wenn sich schon die Gelegeheit ergab, konnte er sie ja beim Schopfe packen. Doch er war sich natürlich darüber bewußt, daß es für Stella recht unangenehm sein mußte, ständig auf ihre Arbeit angesprochen zu werden, statt daß man einfach nett mit ihr plauderte.


    "Wie kann ich meine Frechheit wieder gutmachen, daß ich Dich mit dienstlichen Angelegenheiten belästige? Darf ich Dich auf einen kleinen Imbiß einladen? Dort hinten an einem Stand gab es heiße kleine Kuchen, die sehr gut aussahen. Darf ich Dir einen davon anbieten?" Zumal er so noch ein wenig Zeit gewann, um das Gespräch mit ihr noch etwas fortzuführen.

    Ursus freute sich, daß sie ihm anscheinend nicht zürnte und sogar bereit war, sich auf eine kleine Plauderei einzulassen. Anscheinend eine sehr freundliche und offene Person. "Sehr erfreut, Dich kennenzulernen, Furia Stella", erwiderte er lächelnd und wunderte sich ein wenig, daß sie wohl so eine öffentliche Person war, daß sie es gewohnt war, einfach so angesprochen zu werden. Er fand das ausgesprochen ungewöhnlich.


    Sie arbeitete also in der Bibliothek der schola Atheniensis. Da war es nicht weiter verwunderlich, daß sie mit vielen Leuten zu tun bekam. Sicherlich auch mit sehr unterschiedlichen Menschen, das stellte er sich interessant und nervig zugleich vor.


    "Du arbeitest für die schola atheniensis? Da hätte ich gleich eine Frage an Dich. Ich hoffe, es stört Dich nicht, wenn ich Dir eine dienstliche Frage stelle in Deiner Freizeit?" Es war mehr eine rhetorische Frage, deshalb stellte er seine eigentliche Frage sogleich: "Mir scheint, daß es schon länger keine Kurse mehr gegeben hat. Ist bald mit der Einrichtung neuer Kurse zu rechnen?"


    Auch wenn er die letzten Jahre in Athen verbracht hatte, war er doch der Meinung, daß er sich noch ein wenig weiterbilden sollte. Und diese berühmte Schule sollte ihm da durchaus dienlich sein können.

    Ursus lachte amüsiert. "Geht man nicht eigentlich in die Thermen, um möglichst Leute zu treffen?" Er jedenfalls tat das. Und bestimmt würde er sich kein Wagenrennen zugunsten der Thermen entgehen lassen. Die Thermen liefen schließlich nicht weg.


    "Apropos Wagenrennen. Wer ist denn im Moment der Favorit?" Cotta hatte die Frage ja neulich elegant umgangen. Vielleicht konnte Ursus jetzt die Antwort erhalten.

    Die beiden jungen Männer hatten mittlerweile die Thermen erreicht. Sie betraten die prächtigen Räumlichkeiten und begaben sich in die Umkleideräume im Männerbereich. "Mir wäre für den Anfang nach einem erfrischenden Bad im Kaltwasserbecken. Wie sieht das mit Dir aus?", fragte Ursus, während er sich seiner Schuhe, der eleganten Toga und seiner Tunika entledigte und sie sorgfältig zusammenlegte.


    Er kannte Marsus ja noch kaum und wußte daher nicht, was er so bevorzugte. Ursus für seinen Teil fing meistens mit einem erfrischenden Bad an, ging dann in den Athletikbereich, um dann gemütlich mit Dampfbad und weitere Bädern den Thermenbesuch abzuschließen.

    Ursus hatte ja keine Ahnung, daß er einen Meister herausgefordert hatte. Natürlich konnte er ringen. So wie man eben ringen konnte, wenn man nahezu täglich die Thermen aufsuchte und mit anderen jungen Männern seinen Spaß suchte. Also ahnte er noch nicht, daß er vermutlich einer Niederlage entgegenging. Doch selbst wenn er es gewußt hätte: So etwas hatte ihn noch nie davon abgehalten, seinen Spaß zu haben. Außerdem konnte auch ein Spitzenkämpfer mal einen schlechten Tag haben, daher war es nicht unmöglich, doch noch zu siegen.


    "Ja, dann laß uns mal gehen", nickte Ursus und folgte Marsus hinaus. "Ist das Deine übliche Zeit, in die Thermen zu gehen? Wen triffst Du für gewöhnlich dort?" Meistens hatte man doch seine bestimmten Leute, mit denen man sich traf. Auch wenn das immer mal wieder wechselte.

    Ursus lachte ein wenig verlegen. Da hatte er ja wirklich voll daneben gelegen. Zum Glück schien sie es ihm nicht übel zu nehmen. "Ja, ich fand zumindest, daß Du so aussiehst und wollte nur helfen. Verzeih also bitte meine Unverschämtheit, Dich einfach angesprochen zu haben", entschuldigte er sich förmlich.


    Dann trat aber ein schalkhaftes Blitzen in seine Augen und er beschloß, die Gelegenheit zu einer netten Unterhaltung zu nutzen. "Aber da es nun einmal geschehen ist, kann ich mich auch gleich ordentlich vorstellen. Ich bin Titus Aurelius Ursus." Er verneigte sich leicht, während er sich vorstellte. Nicht zu sehr natürlich.

    Gemächlich schlenderte Ursus weiter über den Markt und sah mittlerweile schon ein wenig gelangweilt aus. Mittlerweile war er schon soweit, vielleicht doch einfach heimzugehen, da ja kaum jemand brauchbares unterwegs war. Was war nur aus Rom geworden, wenn die Menschen nicht mehr miteinander über das Tagesgeschehen plauderten?


    An einem Obst- und Gemüsestand war es unerwartet voll, wahrscheinlich gab es hier auch außergewöhnliche Früchte, und Ursus mußte einen Bogen um die anstehenden Menschen machen. Dabei fiel ihm abseits des Standes eine hübsche junge Frau auf, die auf ihn irgendwie etwas verloren wirkte.


    "Salve. Verzeih, wenn ich Dich einfach so anspreche. Aber Du siehst aus, als suchtest Du etwas oder jemanden? Kann ich Dir irgendwie behilflich sein?" Er konnte ja nicht ahnen, daß er die Situation völlig verkannte. Und vielleicht war es der Wunsch nach einem netten Gespräch, der ihn ihren Blick fehlinterpretieren ließ. Doch er sprach sie tatsächlich mit den allerbesten Absichten an.

    Damit war das Gespräch wohl beendet. Zumindest was ihn anging, da nun allein Cotta angesprochen war. Was Ursus nicht weiter störte, denn Sophus - und auch Cotta - hatten ihm einiges zum grübeln gegeben. Er lehnte sich daher bequem zurück, nahm einen Schluck aus seinem Becher und bediente sich an den Leckereien, die von der Sklavin bereits vor einer Ewigkeit hergestellt worden waren. Dabei hörte er weiterhin aufmerksam zu, was gesprochen wurde. Oft genug waren es die beiläufigen Bemerkungen, die wertvolle Informationen enthielten.

    Still war Ursus Corvinus in die ihm fremden Räumlichkeiten gefolgt. Er blickte sich neugierig um, denn in Zukunft würde er sich wohl häufiger mal hier aufhalten. "Salvete", grüßte er die Anwesenden höflich, als Corvinus ihn kurz vorstellte, hielt sich aber ansonsten erst einmal im Hintergrund. Er kannte niemanden von ihnen, doch das würde sich ja sicherlich sehr rasch ändern. Auf jeden Fall hielt er es für besser, als Neuling erst einmal den Mund zu halten und abzuwarten, was geschah.

    Ein wenig verblüfft blickte Ursus den Vetter schon an. Es war doch normal sauber? So und nicht anders sollte es sein. Doch die Antwort wurde ihm von der eifrigen Sklavin abgenommen, was er mit einem breiten Grinsen quittierte. "Da hörst Du es. Ja, es ist hier immer so sauber."


    Da antwortete Corvinus auch schon auf das Klopfen und sie traten ein. Ursus öffnete gerade den Mund, um die Ankunft des Vetters zu verkünden, da hatte Corvinus ihn auch schon entdeckt und erkannt. Kopfschüttelnd schloß Ursus den Mund wieder und trat in den Hintergrund, um die herzliche Begrüßung zwischen den beiden nicht zu stören. Das Antworten überließ er Philonicus. Ob er sich vielleicht einfach verdrücken sollte? Nein, lieber nicht, das wäre doch irgendwie unhöflich. Vielleicht brauchte Philonicus ja jemanden, der ihm den Weg zeigte.

    Sim-Off:

    Glückwunsch! :D


    Ursus schüttelte bedauernd den Kopf. "Vom wirtschaften verstehe ich leider noch überhaupt nichts. Aber es ist wohl tatsächlich besser, wenn man sich gerade in diesen Dingen nicht nur auf Angestellte oder gar Sklaven verläßt. Cotta, Du arbeitest Dich bereits ein? Darf ich Dir dabei in Zukunft Gesellschaft leisten?" Natürlich wußte er, daß es so etwas wie Buchführung gab. Doch bisher hatte er damit noch nichts zu tun gehabt.


    Es war wirklich freundlich vom Onkel, sich für einen Briefwechsel zur Verfügung zu stellen, zumal er so schwer beschäftigt sein würde. Doch wie sollten sie wissen, wo er sich gerade befand? Er schien ja eine ganze Reihe von Zielen zu haben. Besser, wenn Ursus keine Versprechungen bezüglich ausführlicher Briefe machte. Er konnte sich erinnern, wie selten er in Athen dazu gekommen war, an die Familie zu schreiben. Was Ratschläge anging, würde er sich dann wohl zunächst an Corvinus halten. Natürlich nahm er sich trotzdem vor, mal an den Onkel zu schreiben.


    Und Freunde... Freunde würde er schon finden. Vielleicht stellte sich ja Marsus bereits als Freund heraus. Und es gab sicherlich noch viele andere junge Männer, mit denen er Freundschaft schließen konnte. Auch Cotta war immerhin jemand, mit dem er eine Freundschaft nicht für unmöglich hielt. Sie kannten sich ja kaum. Was Ursus zu ändern gedachte, denn eigentlich fand er den Vetter bisher ganz in Ordnung.

    Mit einem breiten Grinsen im Gesicht wartete Ursus, bis der Sklave Marsus von den Stoffmassen befreit hatte. "Du hast eine beneidenswerte Geduld. Ich glaube, ich hätte dem Schneider so einiges an den Kopf geworfen, wenn er bei mir so lange gebraucht hätte. Verrätst Du mir seinen Namen?" Er brauchte noch so einiges an neuer Kleidung. Aber bei diesem Schneider würde er sie gewiß nicht bestellen.


    "So, dann mal los, sonst ist der Tag verstrichen, ehe wir die Thermen erreichen. - Was hältst Du vom Ringen? Wer den anderen als erstes am Boden hat, zahlt den Wein, den wir anschließend trinken?" Es war nur so eine spontane Idee, eine Schnapsidee, wie sie ihn auch schon in Athen des öfteren in Schwierigkeiten gebracht hatten. Man konnte doch auch nicht ständig bierernst sein!

    Ursus nickte zu den Worten des Onkels. Ja, das war ein sehr weiser Rat. Wer konnte sich selbst schon richtig beurteilen? Ein Freund, es mußte ein guter Freund sein, der sich nicht scheute, die Wahrheit zu sagen, konnte es sicher viel besser beurteilen. Es war nicht leich zu erkennen, wer einem ein wahrer Freund war, doch wenn man einen solchen gefunden hatte, sollte man an ihm festhalten und die Freundschaft sorgfältig pflegen. "Du sprichst sehr weise und wir können Dir für Deine wertvollen Ratschläge nur danken, Onkel. Und auch für dieses sehr anregende Gespräch."


    Schon, daß er sich die Zeit genommen hatte, sich mit ihnen zu beschäftigen, fand Ursus nach dem, was er von Sophus wußte, erstaunlich. Oder war er früher nur zu jung gewesen, um der Aufmerksamkeit des Onkels würdig zu sein? Nicht, daß sie sich überhaupt oft begegnet waren.


    Die Sklavin eilte nach der Posca für Sophus und kam bald mit einem weiteren Krug zurück. Becher standen ja genug auf dem Tisch. Sie schenkte ihm ein und reichte ihm mit einer anmutigen, ehrerbietigen Geste den wohlgefüllten Becher.


    Doch das waren Nebensächlichkeiten. Viel interessanter war eine andere Aussage von Sophus. "Das ist wahrlich eine weite Reise, Onkel", staunte er und wunderte sich noch mehr über etwas anderes. "Einiges zu tun? Ist denn dort etwas vorgefallen? Ich kann mich gar nicht erinnern, etwas gehört zu haben."


    Natürlich war es auch Neugierde, die ihn fragen ließ, doch er wollte auf keinen Fall damit respektlos sein. Es war eine ganz schlichte Frage eines jungen Mannes, der gerne den Überblick behalten wollte. Und wenn ein Mann wie Sophus sich genötigt sah, trotz kaum überstandener Krankheit, die Strapazen einer solch weiten Reise auf sich zu nehmen, dann mußte es dafür schwerwiegende Gründe geben, die vielleicht alle betrafen. Er nahm dabei sogar an, daß alle anderen, auch Cotta, durchaus wußten, was Sophus zu seiner Reise veranlaßte. So vieles lief aufgrund seiner langen Abwesenheit an ihm vorbei, daß er es schon als normal ansah, daß ihm Informationen fehlten. Und dies ließ ihn ohne Scheu Fragen stellen, die er sonst vermutlich nicht so ohne weiteres gestellt hätte.

    Dieses ganze Gespräch war eine Diskussion ganz nach Ursus' Herzen. Er genoß es, die verschiedenen Herangehensweisen an dieselben Probleme auseinander zu nehmen, die Ansichten und Vorschläge der beiden Verwandten zu hören. Sophus klang für ihn dabei allerdings schon sehr desillusioniert, etwas, was ein junger Mann wie Ursus noch nicht nachempfinden konnte. Dennoch hatten seine Worte ihn durchaus beeindruckt. Ebenso wie die Cottas.


    "Onkel, Deine weisen Worte werden mich gewiß noch eine ganze Weile beschäftigen. Und Deinen Rat, für die Sitten der Vorfahren einzutreten, will ich mir gerne zu Herzen nehmen." Zumindest die, die ihm sinnvoll erschienen, setzte Ursus in Gedanken hinzu. Aber über die guten, sinnvollen hatten sie ja auch schließlich gerade gesprochen.


    Doch eine andere Äußerung von Sophus lenkte Ursus vom ursprünglichen Gesprächsthema ab und veranlaßte ihn zu einer weiteren Frage. "Du willst verreisen? Wohin soll es denn gehen?" Erstaunen lang in der Stimme des jungen Aureliers, denn soweit er vorhin gehört hatte, war Sophus doch gerade erst von einer Krankheit genesen?

    "Hm." Ursus legte nachdenklich eine Hand an sein Kinn und ging einmal um den eitlen Octavier herum. "Also... ich weiß nicht." Er ging ein weiteres mal herum. "Irgendetwas fehlt."


    Sein Gesicht war völlig ernst. Nur ein übermütiges Blitzen in seinen Augen verriet, daß er Marsus auf den Arm zu nehmen versuchte. Er tat so, als würde er ihn wirklich aufmerksam betrachten, dann nickte er. "Jetzt weiß ich es, ganz eindeutig. Es ist der rote Streifen. Der fehlt bei dem edlen Stück." Er lachte und klopfte Marsus kameradschaftlich auf die Schulter. "Sie steht Dir sehr gut. Der Stoff fällt wirklich perfekt. Der Schneider hat aber auch wirklich lange genug gebraucht dafür."


    Auf jeden Fall wollte Marsus mit in die Thermen, das war doch schon mal was. Vielleicht kam Cotta ja auch noch dorthin? "Also, bist Du dann fertig für die Thermen?" Er tat so, als würde er ernsthaft annehmen, daß Marsus die gute, neue Toga anlassen würde.

    Ursus hörte aufmerksam zu und mußte abermals erkennen, was für ein kluger Kopf Cotta war. Er hatte den Vetter bisher deutlich unterschätzt, das mußte er nun erkennen. Was natürlich für ihn nur ein Grund sein konnte, sich selbst mehr anzustrengen. Denn keinesfalls wollte er hinter ihm zurückbleiben!


    Wie souverän er das Gespräch lenkte und den Onkel damit aus der Reserve lockte! Genial, einfach genial. Man konnte es nicht anders sagen, Ursus war neidisch. Doch lange konnte er über diese Erkenntnis nicht nachgrübeln, denn die Worte des Onkels forderten abermals eine Erwiderung.


    "Du sagst, ein guter Politiker lenkt das Volk nach seinem Belieben. Doch was geschieht denn, wenn jeder Politiker für sich dieses Ziel verfolgt? Die Politik wird handlungsunfähig." Diese Behauptung stellte Ursus einfach mal auf, so wie ja auch Sophus einfach Behauptungen aufgestellt hatte.


    "Ich stimme Dir zu, wenn Du sagst, daß das Volk Führung benötigt, daß nicht jeder Angehörige des Pöbels in der Lage ist, die Führung des Volkes mitzugestalten. Deswegen sitzt nicht irgendwer im Senat. Sondern Männer, meist hoher Geburt und hoher Bildung, die durch die Ableistung öffentlicher Ämter bewiesen haben, daß sie die Zusammenhänge im Staatswesen verstehen, daß sie verläßlich und bereit sind für Rom Opfer zu bringen und hart zu arbeiten. Doch die Führung des Volkes sollte dennoch nicht auf persönlichem Belieben eines jeden Politikers beruhen, sondern sollte auf das Wohlergehen des Volkes und die Sicherung des Reiches gerichtet sein. - Und somit dient der Politiker dem Volk, indem er es führt. Und zwar durchaus mit fester Hand führt."


    Ursus war von der Richtigkeit seiner Worte absolut überzeugt. Sicher klang es nach einem Ideal und er wußte selbstverständlich um Korruption, heimliche Absprachen und die Verfolgung selbstsüchtiger Ziele, ja gar Erpressung mochte manches Mal im Spiel sein. Doch im Großen und Ganzen stimmte es doch!


    "Sieh Dir unseren Kaiser an, er besitzt sehr viel Macht für einen einzelnen Mann. Glaubst Du, er entscheidet nach seinem Belieben, auch wenn er es könnte? Ich glaube das nicht. Ich glaube, er entscheidet so, wie er es für ganz Rom, für das Volk, für das Reich für richtig hält. Und ich sage immer noch: Das Volk, das gesamte Volk, ist Rom, denn ohne das Volk ist Rom nichts. Und hier stimme ich wieder ganz mit Dir überein: Rom muß Ziel der Politik sein."

    Ursus lachte. "Dann nehme ich Deine Entschuldigung hiermit an und entschuldige mich in aller Förmlichkeit bei Dir." Er machte dazu sogar noch eine leicht übertriebene Verbeugung, wobei er seine Glaubwürdigkeit durch ein breites Grinsen natürlich völlig verlor. Aber er hatte es ja schließlich auch nicht auf Glaubwürdigkeit angelegt.


    "Nein, ich war noch nicht in den Thermen. Allerdings wollte ich sie heute noch aufsuchen. Vielleicht hast Du ja Lust, mitzukommen? Ich bin erstaunt, wie wenig auf dem Forum los ist. Früher brummte dort das Leben. Ist irgend etwas geschehen, von dem ich wissen sollte?" Er kannte es nicht anders, als daß auf dem Forum diskutiert und geschwatzt wurde, jeder mit jedem und alle politischen Neuigkeiten sowie der Klatscht tagtäglich von neuem durchgekaut. Hatte sich dies etwa in die Thermen verlagert? Auch der Marktplatz war recht unergiebig gewesen.


    Der Schneider brauchte aber lange für eine einfache Toga. Ursus nahm sich vor, von Marsus den Namen des Mannes zu erfragen, damit er keinesfalls den Fehler machte, ihn anzufordern. Was war eine Toga schon mehr als eine einfache Bahn Stoff? Wie oft wollte er an Marsus denn noch abmessen und herumzupfen? Es war wirklich bewundernswert, wie der Octavier das ertrug und nicht mal seine gute Laune dabei verlor. Er selbst hätte den Mann sicher schon entlassen.

    "Die Götter erzürnt? Ich? Ach, woher denn", tat Ursus, als könnte er kein Wässerchen trüben. Allerdings hatte er schon länger kein Opfer mehr gebracht, das sollte er vielleicht mal wieder tun.


    "Mir ist es gut ergangen, ich arbeite immer noch daran, mich in Rom wieder einzuleben. Und ist es Dir auch gut ergangen?" Er beobachtete, wie Marsus wieder das Podest bestieg und sich abermals einwickeln ließ. Das Ganze sah für Marsus reichlich unbequem aus und Ursus war froh, daß er nicht da oben stehen mußte.


    "Natürlich entschuldige ich dies. Ich bin es ja, der unangemeldet hereingeplatzt ist. Vielleicht sollte eher ich mich entschuldigen." Außerdem war es doch ganz amüsant, das gequälte Gesicht des Octaviers zu beobachten, während der Schneider seine offensichtliche Freude daran hatte, den Stoff um ihn herum zu drappieren.

    Daß es ein Wahlbündnis mit den Octaviern gab, war Ursus auch noch neu. Es war eben doch schwer, nach Jahren zurückzukehren. Was er wohl noch alles nicht wußte? Er konnte nur die Augen und Ohren offenhalten und versuchen, seine Wissenslücken so schnell wie möglich zu schließen.


    "Marsus ist wenige Jahre älter als wir und hat es ebenfalls darauf abgesehen, eines Tages den Senat mit seiner Anwesenheit zu beehren." Schon allein deshalb war es bestimmt nicht schlecht, den Kontakt aufrecht zu erhalten.


    Die direkte und fordernde Frage von Sophus konnte Ursus erst einmal nur fest und spontan mit: "Ja" beantworten. "Und ob ich in die Politik möchte!"


    Die Antwort von Cotta auf die Frage nach der Sittlichkeit war sehr philosophisch und zeugte von seiner hohen Bildung. Doch Ursus wollte sie lieber einfach und schlicht beantworten, schon weil er das Gefühl hatte, mit Cotta nicht ganz mithalten zu können. Doch zugegeben hätte er das natürlich nie. "Für mich ist Sittlichkeit der ehrenhafte Umgang miteinander und damit unter anderem auch die Verläßlichkeit auf das Wort. Wie könnte man überhaupt gemeinsam handeln ohne dies? Und was das Volk ist? Das ist Rom. Das Volk ist es, was Rom ausmacht. Dient man dem Volk, dient man Rom. Stärkt man das Volk, stärkt man Rom. Und glaube nicht, daß ich uns Patrizier nicht zum Volk zähle." Natürlich waren sie etwas besonderes, nahmen eine hohe Stellung innerhalb der Gemeinschaft ein.


    "Natürlich habe ich noch viel zu lernen auf dem Weg in die Politik. Doch ich bin bereit, zu lernen, was immer nötig ist." Er war dazu fest entschlossen und wollte diesen Weg jetzt, wo er endlich wieder in Rom war, mit Eifer verfolgen. Schritt für Schritt.

    Ursus hatte keine Ahnung von den Tätigkeiten eines Schneiders und er interessierte sich auch nicht dafür, solange das Ergebnis seiner Arbeit nachher brauchbar war. So ignorierte er den fleißig herumhantierenden Mann völlig und erwiderte die übliche Andeutung einer Umarmung wie es eben üblich war.


    "Da hast Du allerdings recht", grinste er auf die Bemerkung zur Hektik hin. "Ich fühle mich übrigens ausgesprochen geehrt, daß Dein Vater selbst mich eingelassen hat." Sein breites Grinsen zeigte natürlich deutlich, daß er sich des Zufalls bewußt war, dem er diese Ehre zu verdanken hatte. Doch es war viel schöner so zu tun, als wäre es wegen der Wichtigkeit seiner Person geschehen.