Nach und nach trafen weitere Mitglieder der Sodalität ein und Ursus grüßte hier und da, wie es sich gehörte, gab sich aber ansonsten für ihn ungewohnt zurückhaltend. Er wußte eben, daß man von Neulingen in derartigen Gremien erwartete, daß sie sich eher im Hintergrund hielten und sich nicht in den Vordergrund drängten. So gab er die Rolle des stillen Beobachters. Noch wurden private Gespräche geführt, doch auch sie offenbarten die Eigenschaften einiger Leute. Wie in jeder Gemeinschaft gab es den Witzbold, der über seine eigenen Witze am lautesten lachte, den ewigen Nörgler, der an allem etwas auszusetzen hatte und den Angeber, bei dem alles schwerer, alles größer und heldenhafter war, als bei jedem anderen.
Endlich ergriff Corvinus das Wort und eröffnete gewandt und gekonnt die Sitzung. Gut, er machte das vermutlich nicht zum ersten mal. Aber manchmal war es zum kotzen, wie alles von ihm scheinbar kinderleicht erledigt wurde und wie am Schnürchen klappte. Er setzte damit hohe Maßstäbe. Sehr hohe. Und doch war Ursus entschlossen, den Onkel eines Tages zu übertrumpfen!
Nun war es an Cotta und ihm, sich vorzustellen, damit die Mitglieder anschließend entscheiden konnten, ob sie der Aufnahme wert waren. Cotta ergriff gleich das Wort. Das störte Ursus nicht weiter, sollte der Vetter sich ruhig zuerst vorstellen, das würde dem eigenen Ansehen keinen Schaden zufügen.
Nachdem Cotta geendet hatte, wartete Ursus einen Moment, damit die anwesenden Herren, die nicht alle ganz jung waren, die Worte verdauen konnten. Dann trat auch er vor. "Salvete, verehrte Soldales", grüßte er zunächst höflich mit einer angedeuteten Verneigung. Er sprach deutlich und selbstbewußt, schaffte es aber dennoch, seinen Ton nicht zu forsch klingen zu lassen. "Mein Name ist Titus Aurelius Ursus, Sohn von Decimus Aurelius Maxentius und Claudia Tusca. Ich bin ein Kind Roms und habe auch meine gesamte Kindheit hier verbracht, bis ich vor einigen Jahren nach Athen ging, um dort meine Ausbildung fortzuführen. Erst vor wenigen Tagen kehrte ich in die Heimat zurück. Trotzdem ich noch dabei bin, mich wieder einzuleben, habe ich doch bereits das dringende Bedürfnis, mich im religiösen Leben stärker zu engagieren. Und zwar gerne hier in diesem Gremium, - wenn ihr mir die große Ehre erweisen wollt, mich aufzunehmen." Er nickte den Anwesenden noch einmal respektvoll zu und trat dann wieder zurück, an Cottas Seite.