Ursus lächelte leicht, als dann doch noch weitere Fragen kamen. Nicht weniger als das hatte er von den Mitgliedern der Sodalität erwartet. Denn würde er dort sitzen und über die Aufnahme neuer Mitglieder abzustimmen haben, würde er auch mehr wissen wollen. Trotzdem war das kein Grund für ihn, gleich mit seiner ganzen Lebensgeschichte herauszurücken. Er war zwar noch kein aktiver Politiker, doch eines war ihm bereits jetzt klar: Man sagte besser weniger als mehr, dann konnte man auf nichts festgelegt werden, was man später vielleicht bereuen mußte.
Er wartete zunächst ab, was Cotta zu sagen hatte. Und ein weiteres Mal mußte er dem Vetter zugestehen, daß er ein außergewöhnliches Talent hatte, seine Gedanken in Worte zu kleiden. Elegant und höflich sagte er viel, ohne dabei viel von sich zu offenbaren. Denn im Grunde sagte er nichts anderes, als daß er lieber in die Politik wollte und keine Karriere im Cultus Deorum anstrebte. Etwas, was man ohne Probleme in einem kurzen Satz ausdrücken konnte. Wenn man das wollte.
Wieder ließ er ein wenig Zeit verstreichen, damit Cottas Worte ihre Wirkung auch wirklich erzielen konnten. Sie waren hier ja keine Konkurrenten, sondern strebten einfach beide das gleiche Ziel an: In diese Sodalität aufgenommen zu werden.
"Verehrte Sodales", begann Ursus noch einmal förmlich und mit ausgesuchter Höflichkeit. "Viele Jahre verbrachte ich in Athen und lernte von den Griechen in dieser Zeit vieles, was mir auf dem weiteren Lebensweg nützlich sein wird. Du willst wissen, wie es um meine römische Wissensader steht, Flavius Lucullus?", hoffentlich hatte er sich den Namen richtig gemerkt. Er war sich nicht sicher, ließ sich von dieser Unsicherheit aber nichts anmerken, "Wer könnte solch eine Frage zutreffend beantworten? Ich weiß vieles. Doch wer kann schon von sich behaupten, alles zu wissen? Oder wenigstens alles notwendige? Man sollte niemals aufhören zu lernen, weswegen ich auch hier in Rom meine Studien fortsetze."
Er machte eine kurze Pause an dieser Stelle, da er nun gedachte auf den zweiten Teil der Frage einzugehen. "Wie mein Vetter sehe ich meine Zukunft nicht in einer Karriere im Cultus Deorum, sondern strebe den cursus honorum an. Allerdings glaube ich nicht, daß das eine das andere unbedingt ausschließen muß. Wie könnte das Leben funktionieren ohne das Wohlwollen der Götter? Ich sehe meine Pflichten ebenso im Dienst für die Götter, wie im Dienst für das Reich und das Volk. Beides gehört doch schließlich unweigerlich zusammen!" Warum nicht auch mal das eine oder andere religiöse Amt ausüben? Ganz abgesehen von der sicherlich kostbaren Erfahrung, brachte es nicht nur das Wohlwollen der Götter ein, sondern auch Ansehen.
"Eine Mitgliedschaft bei den Salii Collini sehe ich als große Ehre an. Und als eine Möglichkeit für mich, die Götter durch persönlichen Einsatz zu ehren", schloß er schließlich seine Ansprache und fragte sich, ob er nicht schon zuviel gesagt, zuviel über sich offenbart hatte.