Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    "Senator! Ja, natürlich! Da hätte ich auch drauf kommen können", lächelte er und schüttelte über sich selbst den Kopf. "Kaufmann, Händler... ja, gut, das leuchtet auch ein." Dann beobachtete er ihre weiteren Gesten und lächelte über ihre Freude. "Das dritte und vierte habe ich also richtig. Gut. Das ist für richtig." Er wiederholte die Geste mit dem erhobenen Daumen.


    "Hm, dieses Kämmen ist recht eindeutig, aber ich finde es arg auffällig und aufwendig. Wie ist es, nur eine Strähn lang zu ziehen? So?" Er tat so, als würde er sich in lange Haare fassen und eine der Strähnen durch seine Finger laufen lassen. "Da würde schon diese Geste reichen." Er deutete das ganze jetzt nur noch kurz an mit spitz zulaufenden zusammengefaßten Fingern, nach oben gerichtet, die Hand ein Stück nach unten führen. "Das ist kurz, knapp und der Zusammenhang ist noch eindeutig genug, daß man es sich gut merken kann." Es war schon mal ein Vorschlag, die Gesten etwas kleiner und unauffälliger zu gestalten.


    "Baby? Kleines Kind? Nein, Kind allgemein!", riet er dann weiter, als sie die wiegende Bewegung machte. Sie spezialisierte sich schließlich nicht sehr, daher mußte es den Oberbegriff bedeuten.


    Es freute ihn, daß sie so sichtlich lockerer wurde. Ihre Angst schien im Moment vergessen. Doch natürlich durfte er das jetzt nicht herausfordern, war ja auch nicht nötig. Sie würde schon mit der Zeit begreifen, daß er ihr nichts antun wollte.

    Ursus verstand das Problem, das sie ihm deutlich machen wollte und legte grübelnd seine Hand an das Kinn. Doch dann zeigte sie ihm schon neue Gesten und er hatte wieder etwas zu erraten. Er mußte zugeben, daß ihm diese Art zu lernen ziemlich viel Spaß machte. Zumal sie offenbar ihre Angst vor ihm langsam vergaß. Zumindest, solange sie damit beschäftigt war, ihm etwas beizubringen.


    "Das erste verstehe ich nicht... Das zweite.. Reicher Mann? Das dritte sieht eindeutig nach Diener oder Sklave aus. Und Bettler, das ist auch leicht zu verstehen. Was heißt das erste? Und das zweite?" Er deutete auf die Wachstafel, während er fragte. Sie sollte es besser aufschreiben.


    "Für Mann könnte man auch das hier machen." Er fuhr sich über das Kinn nach unten, als würde er sich über einen Bart streichen. "Wir Römer tragen zwar keinen Bart, aber ich finde das relativ eindeutig. Und für Frau... Hm. Das ist schwieriger. Vielleicht ihr langes Haar andeuten?" Er blickte sie fragend an. Es war ihre Sprache, er wollte ihr da nicht unbedingt etwas vorschreiben. Nur Vorschläge machen.

    "Ah, gut. Bitte hilf mir." Ursus wiederholte die Gesten, um sie sich besser einzuprägen und nickte dann zufrieden. Das war nicht schwer, die Gesten waren recht eindeutig. Eigentlich schon fast zu eindeutig. Vielleicht konnten sie ja nach und nach neue Gesten erfinden. Unauffälligere. Aber das war Zukunftsmusik, erstmal lernen, was sie konnte.


    Die ersten beiden Sätze waren auch nicht schwer. Wieder waren es sehr eindeutige Gesten, vor allem zusammen mit der Mimik. Aber der letzte Satz schien schon etwas ausgefallener zu sein. Ursus legte den Kopf schief und versuchte zu raten. "Ein Soldat ist da ... Eine reiche Frau mit viel Schmuck ist da?", fragte er und war sich alles andere als sicher, ob er sie verstanden hatte. Es schien ihm zu speziell, bestimmt hatte sie es allgemeiner gemeint? "Oder sollte das Mann und Frau heißen?" Jetzt klang seine Stimme wirklich unsicher, es war etwas weit hergeholt, fand er.

    Ursus beobachtete sie aufmerksam. Ja, das war eigentlich gar nicht so schwer. Er sagte die Worte, die er aus ihren Gesten verstand und hoffte, daß sie ihm zu verstehen geben würde, wenn es falsch war. Also sagte er nach ihrer jeweiligen Geste. "Reden, trinken, essen, schreiben, - - Komm, geh... bitte?" Beim letzten war er sich nicht sicher, ob er die Bedeutung vollständig erfaßt hatte.


    "Ich setze mich mal auf die Bank da, dann ist es bequemer." Er deutete auf eine Bank, der ihren gegenüber und etwas näher bei ihr als sein bisheriger Standort. Damit sie sich nicht fürchtete, kündigte er es ihr an und ging erst dann zu der Bank, auf die er sich setzte.


    "Ich würde jetzt von Dir gerne folgende Sätze lernen: Komm schnell, - -Es ist sehr wichtig, - - Besuch für Dich." Es waren die Dinge, die sie ihm wohl am ehesten zu sagen haben würde, deshalb wollte er das als erstes lernen. Doch er war durchaus gewillt, sie vollständig zu verstehen und nicht nur wenige Sätze. Und er wollte sich ihr auch stumm mitteilen können. Ohne daß andere es verstehen konnten.

    Ursus nahm die Tafel entgegen und las, was sie geschrieben hatte. Ja, er konnte sich schon vorstellen, daß es Dina nervte, ständig jemanden bei sich zu haben. Doch in dem Fall sollte sie sich eben eine sinnvolle Beschäftigung für Tilla einfallen lassen, wie es sich gehörte. Normalerweise hätte er jetzt Dina zu sich gerufen, um ihr das entsprechend klarzumachen. Doch als er sah, daß Tilla tatsächlich mit den Händen reden konnte, verwarf er diesen Gedanken wieder.


    "Du kannst also wirklich mit den Händen reden. Ich habe so gut wie nichts verstanden. Reden habe ich verstanden, das war so." Er machte die entsprechende Geste. "Und dann essen, trinken, schreiben." Er wiederholte auch diese Gesten und nickte dann zufrieden.


    "Gut, damit hast Du Deine erste Aufgabe. Du wirst jeden Tag eine Stunde zu mir kommen und mir diese Händesprache beibringen. Es wäre vielleicht nicht schlecht, wenn Du sie auch den anderen Sklaven beibringen würdest, damit sie Dich auch schnell verstehen, ohne langes Schreiben. Richte Dina das aus. Beides." Er fand das seine sehr gute Idee. Das war wirklich praktisch.

    Ursus las die Tafel. Und sein Mund wurde zu einem schmalen Strich, als er las, daß ihr vorheriger Herr diesem Mädchen die Stimme genommen hatte wegen einer Ungeschicklichkeit beim Einschenken. Sie konnte natürlich nicht wissen, warum sein Gesichtsausdruck schon wieder zu Zorn wechselte. Und er ließ sich auch Zeit damit, das Wort wieder zu ergreifen. Denn er mußte ihre Worte abermals lesen, um wirklich zu glauben, was da stand.


    Mit einem tiefen Atemzug gab er der jungen Sklavin die Tafel wieder. Er brauchte noch einen Moment, bis er einen strengen Blick zustande gebracht hatte. "Es ist sicherlich nichts dagegen einzuwenden, wenn Du Dich mal an diesem Garten erfreust. Auch nicht, wenn Du gerade nichts zu tun hast und eine kurze Pause machst, bevor Du die nächste Aufgabe in Angriff nimmst. Aber gefaulenzt wird hier nicht, verstanden? Es gibt immer genug zu tun." Er konnte schließlich nicht unterstützen, daß dieses Mädchen sich hier einfach in den Garten legte und schlief!


    "Und das andere... So etwas wird Dir hier nicht passieren. Das ist entsetzlich und vollkommen unsinnig!" Warum sollte man seinen Besitz auf eine Weise beschädigen, daß der Nutzen eingeschränkt wurde? Sie hätte auf einfachere Weise und ohne bleibende Schäden sicher ebenso effektiv bestraft werden können. Und so, daß sie daraus lernt. Mißhandlungen führten doch zu nichts!


    "Du hast meine letzte Frage nicht beantwortet. Kannst Du mit den Händen reden?" Er nahm nicht an, daß sie ihm die Antwort mit Absicht schuldig geblieben war. Die Erzählung, wie sie ihre Stimme verloren hatte, dürfte sie einfach zu sehr aufgewühlt haben, um daran noch zu denken.

    Sie hatte sich tatsächlich auf die Bank gesetzt. Nichts anderes hatte er erwartet, denn er war es gewöhnt, von ausgezeichneten, gehorsamen Sklaven umgeben zu sein. "Dann erzähl mir doch mal, warum Du hier im Garten bist? Und wo man Dich eingeteilt hat." Er reichte ihr die Tafel zurück, denn ohne sie würde sie sich kaum mitteilen können.


    Er hielt sein Versprechen, nicht näher zu kommen. Und betrachtete sie eingehend, während sie antwortete. Dabei überlegte er, was es für Vorteile oder Nachteile haben konnte, wenn eine Sklavin stumm war. Eigentlich war sie ja nicht stumm, sie konnte ja lesen und schreiben. Das schränkte den Hauptvorteil, daß sie verschwiegen wäre, gleich wieder ein. Eigentlich überwogen die Nachteile. "Bist Du schon immer stumm gewesen? Ich habe gehört, Stumme können mit den Händen reden. Kannst Du das auch?" Das wäre mal interessant. Dann könnte man sich mit ihr austauschen und so gut wie niemand könnte es verstehen. Das könnte wieder ein großer Vorteil sein

    Sie war wirklich die Verkörperung von Angst. Sogar die Lippe hatte sie sich vor lauter Furcht blutig gebissen. Ursus setzte schon dazu an, etwas zu sagen, da kritzelte sie etwas auf die Wachstafel und legte sie dann wieder auf die Bank. Natürlich brachte sie sich dann wieder schnell in Sicherheit.


    Irgendwie ärgerte es Ursus, daß sie ihm nicht glaubte. Immerhin hätte er längst tun können, was immer sie fürchtete, wenn er es wirklich wollte. Sie waren allein hier. Sie war eine Sklavin und er ein Patrizier, einer ihrer Eigentümer. Im Grunde dürfte er nahezu alles mit ihr tun und müßte sich nicht im Geringsten rechtfertigen.


    Er griff nach der Tafel und blickte sie leicht ärgerlich an, noch bevor er las, was da stand. "Es ist jetzt aber wirklich langsam gut. Wenn ich Dir etwas tun wollte, hätte ich es längst getan. Für was hältst Du mich eigentlich? Nun steh mal auf und setz Dich auf die Bank. Ich tue Dir nichts und ich werde auch nicht zu nahe herankommen, ja?" Er ging sogar noch zwei Schritte zurück und deutete dann nochmal auf die Bank. Langsam wurde es ihm mit diesem ängstlichen Bündel zu dumm.


    Natürlich zweifelte er nicht daran, daß sie ihm gehorchen würde. Es war ihre Pflicht, ihm zu gehorchen. Deshalb sah er nicht mal hin, sondern öffnete die Wachstafel, um zu lesen. Wieder hob sich eine Augenbraue. Eine wahrhaft dumme Angewohnheit, denn es verriet einfach zu sehr, was in ihm vorging.


    Stumm! Wer kaufte denn eine stumme Sklavin? Noch dazu so ein verängstigtes Ding? Mit der war doch kaum etwas anzufangen. Man konnte ihr ja nicht mal einfachste Botengänge anvertrauen, denn in Rom konnte nun mal lange nicht jeder lesen.


    Sein Blick richtete sich wieder auf das Mädchen...

    Was sollte das denn? Vor lauter Angst kroch sie sogar unter der Bank durch? Er hatte ja durchaus schon ängstliche Menschen erlebt, aber das hier war doch außerordentlich. Natürlich blieb er stehen, als er sah, daß sie sich sogar vor lauter Angst verletzte.


    "Du brauchst keine Angst zu haben. Schau, nun hast Du Dich selbst verletzt. Ich kenne Dich nicht, also bist Du wohl neu hier. Hast Du einen Namen? Wie heißt Du, Mädchen?" Er hob ihre Tafel und das Schreibgerät auf und legte sie auf die Bank, die nun zwischen ihnen stand. Er kam auch nicht näher. "Wir mißhandeln niemanden, hörst Du?"


    Natürlich erwartete er langsam mal eine Antwort auf seine Fragen. Schließlich konnte er nicht ahnen, daß das Mädchen stumm war. "Also?", fragte er daher nochmals nach, als sie nicht sogleich antwortete.

    Sie hatte offensichtlich große Angst vor ihm. Und sprach kein einziges Wort. Nur ein Kopfschütteln, das wohl die Antwort auf seine Fragen sein sollte. Also war sie einfach so hier. Faulenzen gehörte eigentlich nicht zu den Dingen, die hier den Sklaven so ohne weiteres erlaubt war.


    Doch bevor er sie deswegen rügen wollte, bückte er sich erst einmal nach der Tafel, die sie ängstlich auf den Boden gelegt hatte. Als er erkannte, was sie da versucht hatte zu zeichnen, hob sich eine Augenbraue. Sie hatte ihn gut getroffen, Talent schien sie also zu haben. Doch sein Gesichtsausdruck war wahrhaftig zum Fürchten. Nunja, warum auch nicht? Es war ja niemand da, den es stören könnte. Und Sklaven zählten nicht.


    "Mach das weg. Wenn Du mich schon malst, dann gefälligst vorteilhaft." Soweit kam das noch, daß der Nachwelt sein grimmigstes Gesicht überliefert wurde. Er reichte ihr die Tafel zurück und trat dafür wieder ganz nahe an sie heran.


    "Ich tue Dir nichts. Zumindest nicht, wenn Du gehorsam bist." Er hielt auch nichts davon, unnötig hart mit Sklaven umzugehen.

    Es dauerte eine ganze Weile, bis Ursus merkte, daß er nicht mehr allein war. Eine junge Frau saß da und kritzelte eifrig auf einer Wachstafel herum. Eine Sklavin, ihrem Aussehen nach zu urteilen. Sie schaute ihn immer wieder an und kritzelte dann weiter. "Was?", herrschte er das Mädchen recht ruppig an, obwohl sie ja nun überhaupt nichts für seinen Ärger konnte.


    "Schickt Dich jemand? Sollst Du mir etwas ausrichten?", fragte er dann etwas ruhiger, weil er sich nun auch noch darüber ärgerte, daß er so unbeherrscht gewesen war. So benahm sich ein Patrizier nicht. Schon gar nicht gegenüber dem Personal.


    Er trat an die Sklavin heran, um einen Blick auf die Tafel zu werfen. Und streckte die Hand danach aus. Eine eindeutige Geste, die danach verlangte, daß sie ihm die Tafel übergab.

    Sim-Off:

    Heyheyhey, laß mir mal die Möglichkeit, zwischendurch was zu machen ;)


    Es ging enfach zu schnell, Ursus hatte keine Chance, sich zu wehren und schon war er wieder in einer nahezu ausweglosen Situation. Doch kaum hatte Marsus sich mit ihm im Schwitzkasten hingekniet, ließ Ursus, statt sich zu wehren, sich einfach fallen, ließ alle Glieder schlaff hängen, als hätte er das Bewußtsein verloren, doch er wartete nur darauf, dem Freund die Beine unter dem Körper wegziehen zu können oder ihn umzustoßen, wenn dieser ihn besorgt aus dem Schwitzkasten entließ, um seinen Gesundheitszustand zu prüfen.

    Da er tatsächlich nichts anderes zu tun hatte, ging Ursus im Garten unruhig auf und ab. Natürlich war niemand hier. Nie war irgendwer irgendwo. Alle hatten schwer zu tun - außer ihm! Es war fast, als würde man ihm aus dem Weg gehen. Das Haus war voller Menschen, doch er bekam niemanden zu Gesicht. Und hatte er doch mal einen Gesprächspartner, wurde er fortgerufen wegen irgendwas wichtigem.


    Verdammt, er wollte etwas tun! Er wollte nicht nutzlos rumhängen wie ein Tunichtgut! Auf dem Markt fand er wahrhaftig mehr Gesprächspartner als hier im Haus seiner eigenen Familie. Nun war er schon eine Ewigkeit wieder hier und hatte immer noch nicht alle im Haus gesehen oder gesprochen. Beim Essen waren nie alle da, Corvinus vergrub sich in seinem Arbeitszimmer, Cotta war der einzige, der sich wenigstens hin und wieder blicken ließ, die Frauen waren gar nicht zu sehen, anscheinend zogen sie es vor, ständig in ihren Zimmern zu bleiben. Nicht mal die kleine Sisenna ließ sich mal blicken.


    Seine Schritte wurden schneller und ausgreifender. Wenn er noch länger so hin und her lief, würde er vermutlich das Gras auf der Linie, die er immer auf und ab lief, ruinieren. Doch das bemerkte er in seinem stillen Ärger nicht einmal.


    Er brauchte eine Aufgabe. Aber woher nehmen und nicht stehlen? Warum hatten sie ihn nur nach Athen geschickt? Das hatte ihn der Familie entfremdet und hatte ihn aus dem Gefüge, das aus den Tätigkeiten der einzelnen Familienmitglieder gebildet wurde, herausgerissen. Nun war da kein Platz mehr für ihn, alles funktionierte und er wurde schlicht nicht gebraucht.


    Sicher, er könnte sich nun hinsetzen und irgendwelche klugen Schriftrollen wälzen. Aber das hatte er in Athen doch wirklich zur Genüge getan. Und ihm fehlte im Moment auch die innere Ruhe für so etwas.


    Verfluchter Corvinus, der alles meinte allein machen zu müssen vor lauter Angst, ein anderer könnte es besser machen als er! Einen anderen Grund konnte es ja nicht dafür geben, daß er keine Aufgaben abgab und sich selbst vor Arbeit zugrunde richtete, während andere an Langeweile starben, oder?


    Ach, verflucht! Hatte er etwa Selbstmitleid? Das hatte ihm gerade noch gefehlt!


    Sein Gesichtsausdruck wurde noch verbissener und zorniger, während er seine Füße immer heftiger aufsetzte beim Gehen. Der reinste Gewaltmarsch...



    Sim-Off:

    Möchte vielleicht irgendwer?


    Edit: Sim-Off

    Ursus lächelte leicht, als dann doch noch weitere Fragen kamen. Nicht weniger als das hatte er von den Mitgliedern der Sodalität erwartet. Denn würde er dort sitzen und über die Aufnahme neuer Mitglieder abzustimmen haben, würde er auch mehr wissen wollen. Trotzdem war das kein Grund für ihn, gleich mit seiner ganzen Lebensgeschichte herauszurücken. Er war zwar noch kein aktiver Politiker, doch eines war ihm bereits jetzt klar: Man sagte besser weniger als mehr, dann konnte man auf nichts festgelegt werden, was man später vielleicht bereuen mußte.


    Er wartete zunächst ab, was Cotta zu sagen hatte. Und ein weiteres Mal mußte er dem Vetter zugestehen, daß er ein außergewöhnliches Talent hatte, seine Gedanken in Worte zu kleiden. Elegant und höflich sagte er viel, ohne dabei viel von sich zu offenbaren. Denn im Grunde sagte er nichts anderes, als daß er lieber in die Politik wollte und keine Karriere im Cultus Deorum anstrebte. Etwas, was man ohne Probleme in einem kurzen Satz ausdrücken konnte. Wenn man das wollte.


    Wieder ließ er ein wenig Zeit verstreichen, damit Cottas Worte ihre Wirkung auch wirklich erzielen konnten. Sie waren hier ja keine Konkurrenten, sondern strebten einfach beide das gleiche Ziel an: In diese Sodalität aufgenommen zu werden.


    "Verehrte Sodales", begann Ursus noch einmal förmlich und mit ausgesuchter Höflichkeit. "Viele Jahre verbrachte ich in Athen und lernte von den Griechen in dieser Zeit vieles, was mir auf dem weiteren Lebensweg nützlich sein wird. Du willst wissen, wie es um meine römische Wissensader steht, Flavius Lucullus?", hoffentlich hatte er sich den Namen richtig gemerkt. Er war sich nicht sicher, ließ sich von dieser Unsicherheit aber nichts anmerken, "Wer könnte solch eine Frage zutreffend beantworten? Ich weiß vieles. Doch wer kann schon von sich behaupten, alles zu wissen? Oder wenigstens alles notwendige? Man sollte niemals aufhören zu lernen, weswegen ich auch hier in Rom meine Studien fortsetze."


    Er machte eine kurze Pause an dieser Stelle, da er nun gedachte auf den zweiten Teil der Frage einzugehen. "Wie mein Vetter sehe ich meine Zukunft nicht in einer Karriere im Cultus Deorum, sondern strebe den cursus honorum an. Allerdings glaube ich nicht, daß das eine das andere unbedingt ausschließen muß. Wie könnte das Leben funktionieren ohne das Wohlwollen der Götter? Ich sehe meine Pflichten ebenso im Dienst für die Götter, wie im Dienst für das Reich und das Volk. Beides gehört doch schließlich unweigerlich zusammen!" Warum nicht auch mal das eine oder andere religiöse Amt ausüben? Ganz abgesehen von der sicherlich kostbaren Erfahrung, brachte es nicht nur das Wohlwollen der Götter ein, sondern auch Ansehen.


    "Eine Mitgliedschaft bei den Salii Collini sehe ich als große Ehre an. Und als eine Möglichkeit für mich, die Götter durch persönlichen Einsatz zu ehren", schloß er schließlich seine Ansprache und fragte sich, ob er nicht schon zuviel gesagt, zuviel über sich offenbart hatte.

    "Vale bene", wünschte auch Ursus und blickte der netten jungen Frau noch eine ganze Weile nach, bis sie in die Menge eintauchte und seinen Blicken entschwand. Das war wirklich eine überraschend angenehme Begegnung gewesen. Schon allein dafür hatte sich der Gang über den Markt gelohnt.


    Sim-Off:

    Vielleicht mag sich ja noch jemand zu mir gesellen?

    "Eine reguläre Arbeit?", fragte Ursus stirnrunzelnd nach. Was Philonicus damit wohl meinte? Ein Patrizier und reguläre Arbeit. Unter Arbeit verstand Ursus die verschiedenen Ämter, die einen weiter brachten. Was sonst könnte man "regulär" tun? Militär vielleicht. Aber danach sah der Vetter ja auch nicht unbedingt aus.


    "Dann will ich Dich auch gar nicht weiter belästigen, Vetter. Ruh Dich nur aus. Wir sehen uns dann sicher noch." Ursus lächelte Philonicus freundlich zu, dann verließ er das Zimmer.

    Dann also kein Bad. Ursus wunderte sich darüber ein wenig, nahm es dann aber kommentarlos hin. Er selbst hatte gerade nach Reisen immer das dringende Bedürfnis, ein ausgiebiges Bad zu nehmen. So war eben jeder anders.


    "Nein, ich glaube nicht, daß es uns wirklich geschadet hat. Er war zum Schluß wohl ziemlich verrückt. Ich meine, wer versucht einen Mordanschlag auf jemanden, der gar nicht da ist? Ich war ja auch nicht hier, als es passierte. - Bisher habe ich jedenfalls nicht das Gefühl, daß uns irgendwer mit Mißtrauen begegnet. Und das wäre ja auch wirklich völliger Unsinn." So empfand er das zumindest.


    "Ja, mein Zimmer ist im großen und ganzen genauso. Ich wohne direkt nebenan." Daß Philonicus sich so über die Größe des Raumes freute, wunderte Ursus ein wenig. War es nicht ganz normal, in so einem Zimmer zu wohnen? Er selbst kannte es ja gar nicht anders. Nungut, in Athen war sein Zimmer auch kleiner gewesen. Aber das war ja auch etwas ganz anderes.


    "Du willst also hier bleiben? Willst Du auch in die Politik wie Cotta und ich?" Er fragte das ganz beiläufig, musterte Philonicus dabei aber prüfend. War er eine ernstzunehmende Konkurrenz?

    Ursus folgte Philonicus hinaus und schloß die Tür hinter sich, damit Corvinus in Ruhe weiterarbeiten konnte. "Dann war Deine Reise also sehr anstrengend?", fragte Ursus höflich, da der Vetter ja gleich in sein Zimmer wollte und erst morgen das Haus erkunden. Demnach wollte er wohl schlafen gehen, vermutete er.


    "Sollen die Sklaven ein Bad für Dich vorbereiten? - Hier geht's lang." Ursus deutete mit einer Geste den Weg zu dem Zimmer, das mittlerweile für Philonicus vorbereitet worden war.

    "Was Corvinus alles arbeitet? Na, er redet nicht viel darüber", was Ursus fast so sehr ärgerte wie die Tatsache, daß Corvinus ihn nicht mitarbeiten ließ, "aber als Vigintivir, der für Erbschaftsangelegenheiten zuständig ist, hat er natürlich viel zu tun. Dazu kommen natürlich noch alle Dinge, die mit der Familie und den Besitztümern zu tun haben, er will bald heiraten, aber mit seiner Verlobten ist auch nicht alles ganz so wie es sein sollte und dann ist wohl auch noch einiges zu regeln wegen Cicero." Das war eine sehr kurze und sehr unergiebige Zusammenfassung der Dinge, die im Moment die Familie und vor allem Corvinus bewegten.


    "Er hockt praktisch ständig in seinem Arbeitszimmer, aber zu den Mahlzeiten läßt er sich doch meistens blicken. - So, hier sind wir." Es war das Zimmer neben dem seinen. Bisher war es unbewohnt gewesen und nun stand dort schon das Gepäck, das Bett war frisch bezogen, auf dem Tisch standen ein Krug Wein, eine Schale Obst und ein kleiner Imbiß aus Brot, Oliven und Käse. Die Tür hatte offengestanden, daher hatten sie es gar nicht verfehlen können.