Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    Ursus brütete gerade über einigen Vorschlägen seines Primus Pilus, als Cimon hereinkam und fürsorglich alles zurechtstellte. Als der Sklave nun gar hinter ihn trat und seinen Nacken zu massieren begann, legte Ursus seine Wachstafel beiseite und korrigierte seine Körperhaltung so, daß er sich einigermaßen entspannt der Massage hingeben konnte. Denken konnte er auch so, die Wachstafel hatte er oft genug gelesen, um nicht ständig den Blick darauf haben zu müssen.


    Ein langer Seufzer zeigte an, wie sehr er die Massage brauchte. Ja, es war viel liegen geblieben in der langen Zeit ohne Legat. Und Ursus war noch immer dabei, die anstehenden Aufgaben zu sichten, bevor er sie nach und nach angehen konnte. Das konnte schon für ziemliche Nackenverspannungen sorgen.


    Ja, es störte schon, daß Cimon seine Gedanken unterbrach. Doch Ursus wußte auch, daß der Nubier so etwas nicht völlig grundlos tat. Immerhin wollte er ihn zu seinem Vertrauten, zu seiner rechten Hand machen. Das erforderte auch, daß er ihm zuhörte, wenn es etwas gab. "Etwas Wichtiges? Dann heraus damit."

    Die Offiziere brüllten ihre Befehle und kurz darauf flogen die ersten Geschosse durch die Luft. Allerdings konnte man nicht gerade von Treffgenauigkeit sprechen. Wenn Ursus jetzt noch bedachte, daß auch die Soldaten normalerweise nicht völlig unbehelligt blieben in ihrer Tätigkeit, dann wunderte er sich, daß diese Geräte überhaupt der Mühe wert waren. Allerdings war er auch unerfahren und hatte keine Ahnung davon, daß die ersten Schüsse hauptsächlich dazu dienten, die Geschütze zu justieren.


    Neugierig beschattete er seine Augen mit seiner Hand und versuchte, jede Einzelheit aufzunehmen und sich die vielen Fragen, die sich ihm aufdrängten, für später zu merken. Gerade diese Übung zeigte ihm, wie wenig eine noch so gute Ausbildung an der Academia brachte, wenn man mit der Praxis nicht wirklich in Berührung kam. Bei der Secunda hatte er dies schon festgestellt und auch während seines Tribunats bei der Prima. Doch wie man hier sehen konnte, fehlte es ihm trotz dieser zwei sehr lehrreichen Jahre immer noch an Wissen. Ja, er sollte versuchen, häufig bei den Übungen und auch Einsätzen seiner Männer dabei zu sein.


    Sim-Off:

    Zelte? ;) Ihr habt noch keine Zelte aufgestellt.





    Baldemars Äußerungen waren mehr als knapp bemessen. Das machte es schwer, den Mann einzuschätzen. Ursus beobachtete daher so genau wie möglich die Mimik und die Gesten des Mannes. Ebenso, wie er seine Augen beobachtete. Das gab ihm einigen Aufschluß. Doch nicht genug, so fühlte es sich zumindest an. Unsicherheit schien in seinem Blick zu stehen, aber auch damit war Ursus sich nicht sicher. Also konnte er nichts tun, um Baldemar mehr Sicherheit zu geben.


    "Wie ihr lebt? Nicht so, wie ihr es euch wünscht. Aber vorerst seid ihr beeinander. Habt Nahrung, Wohnung und Kleidung. Das ist mehr als viele andere haben, frei oder nicht frei. Und es ist nicht gesagt, daß es immer nur dabei bleiben muß. Baldemar, ich erwarte ja nicht, daß Du mir glückselig um den Hals fällst. Du hast mir durchaus klargemacht, was für Dich zwingende Bedingungen für ein glückliches Leben sind. Aber auch, wenn einem wichtige Dinge für ein glückliches Leben noch fehlen, kann man zumindest versuchen, erst einmal zufrieden zu sein." Ein schwieriges Thema, über das sich schon große Philosopen den Kopf zerbrochen hatten: Wieviel von dem, was die Menschen als Glück empfanden, entsprang der eigenen Einstellung? Nein, Ursus wollte lieber nicht mit Baldemar darüber diskutieren. Er hatte nicht den Eindruck, daß der Germane mit Diskussionen, wie die Griechen sie gerne führten, allzuviel anfangen konnte.


    Die nächste Aussage schien dies noch zu unterstreichen. Ursus' Schmunzeln vertiefte sich. "Ja, das stimmt. Manchmal ist es besser, nichts oder nur wenig zu sagen. Aber stell Dir vor, alle Menschen wären so einsilbig. Es würde laufend zu Mißverständnissen kommen, denn einer muß doch schließlich etwas aussprechen, damit der andere sein einsilbiges „Ja, Nein, Gut oder Später daruf erwidern kann." Es war ein Scherz und nicht mehr. Ursus hatte immer schon viel und gerne geredet.


    Daß Baldemar dieses Mal kein Herr mehr anfügte, bemerkte Ursus wohl. Doch wie auch vorhin, als er es ausgesprochen hatte – und das auf eine Weise, die nicht zu beanstanden war – sagte Ursus nichts dazu. Er wollte Baldemar die Möglichkeit geben, seinen eigenen Weg zu finden. Und dafür sollte er auch die nötige Zeit haben. Aber irgendwann würde das Thema wieder zur Sprache kommen. Unweigerlich.

    Erstaunt runzelte Ursus die Stirn. Und nickte. "Natürlich muß ich Septima fragen, ob sie das auch so sieht, auch wenn ich daran nicht zweifele. Kinder gehören zu ihren Eltern. Wenn ich Familie sage, dann meine ich auch Familie." Eigentlich war es schade, daß die Sklaven so selten Kinder bekamen. In den Haushalt geborene Sklaven waren immer die besten Sklaven. Und dazu würden Kinder mehr Frohsinn ins Haus bringen


    Ursus lachte und schüttelte den Kopf. "Vater ist schlimmer, glaube mir." Ein schalkhaftes Grinsen begleitete diese Worte. Aber er wollte Baldemar nicht zuviel zumuten. Vermutlich hatte er das sogar schon. Der Germane sprach so viel, wie Ursus es noch nie erlebt hatte. Und er schien sich gedanklich sehr mit dem zu beschäftigen, was gesprochen worden war. "Und warum hast Du nicht gekämpft? Weil Du keine Möglichkeit dazu hattest, dessen bin ich mir sicher. Wie kannst Du also davon sprechen, daß Dich Unehre trifft? Du lebst. Deine Frau auch. Und wer weiß: Vielleicht haben die Götter euch dies zugemutet, weil sie eine besondere Aufgabe für euch haben. Wir Menschen sind zu klein, so etwas zu durchblicken. Aber wir können eines tun: An jedem Platz, an dem wir uns wiederfinden, unser Bestes zu geben. Was wäre, wenn Du gestorben wärest? Deine Frau wäre allein. Denke daran, was dann mit ihr geschehen wäre."


    Wieder mußte Ursus grinsen. "Ja, das ist das Risiko, das ich tragen muß, wenn ich so etwas von mir gebe. Und auch die Folgen muß ich tragen. Also nimm mich ruhig beim Wort. Das Mindeste, was ich daraus lernen kann, ist, nicht vorschnell solche Äußerungen zu machen."

    "Ja, das stimmt. Respekt verdient man sich." Ursus sagte es mit der sicheren Überzeugung, sich Baldemars Respekt schnell zu verdienen, wenn er ihn nicht bereits hatte. Der Germane war eine harte Nuß, das konnte man wahrhaftig nicht anders sagen. "Gehorsam, ja. - Baldemar, ich werde nichts Unehrenhaftes von Dir verlangen. Und sollte ich aus Unwissenheit über Deine Kultur etwas fordern, das zu erfüllen Dir unmöglich ist, dann sprich mit mir darüber und erkläre es mir. Es sind genug Sklaven im Haus, daß ich nicht bei einem bestimmten auf die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe bestehen muß." Damit meinte Ursus allerdings Dinge, die gegen die Ehre oder den Glauben gingen. Nicht Dinge, zu denen man gerade keine Lust hatte. Aber er war sicher, daß Baldemar ihn da richtig verstehen würde.


    "Ergeben auf dem Boden? Hast Du mir denn nicht zugehört? Ich will keinen Mann auf dem Boden vor mir sehen. Ich möchte Treue und Respekt, beides Dinge, die ich auch von meinen Klienten fordere, die freie Männer und zum Teil auch schon in wichtigen Positionen zu finden sind. Unterwürfigkeit Untergebener ist kein Zeichen von Macht oder Führungskraft. Im Gegenteil zeigt es, daß man unfähig zur Führung ist. Du wirst in meinem Haushalt keine Peitsche zu fürchten haben und auch keine solche Grausamkeit, daß Deine Familie auseinander gerissen wird." Ursus seufzte sehr tief. "Meine Eltern lehrten mich, die Sklaven des Haushaltes als eine Art Familienmitglieder zu sehen. Menschen mit Gefühlen, eigenen Ansichten und Stolz. Sie lehrten mich, für die Meinen zu sorgen und sie als Menschen zu respektieren. Ich erlaube meinen Sklaven, eine Familie zu gründen. Ich erlaube meinen Sklaven, Besitz anzuhäufen. Und ich bin durchaus gewillt, meinen Sklaven nach Jahren guter Dienste die Freiheit zu schenken. Das ist weit mehr, als Du bei den meisten anderen Menschen, sei es Römer oder Angehörige anderer Völker, bekommen würdest. Ich glaube nicht, daß ich mit Treue, Respekt und Gehorsam von euch zuviel verlange, verlangt also auch nicht zuviel von mir."


    Mit ernsten Blick musterte Ursus Baldemar. "Auch ihr Germanen habt Unfreie. Jeder, der in den Krieg zieht, muß damit rechnen, in Gefangenschaft zu geraten und ein Sklave zu werden. Es gehört in allen Völkern, die mir bekannt sind, zur Lebensweise. Und es scheint mir so, als würdest Du es nur für Dich selbst als Unrecht betrachten. Ist das gerecht, Baldemar?" Natürlich war Baldemar auf illegale Weise zum Sklaven geworden. Doch auch das gehörte zu den Risiken des Lebens. Fuhr man über das Meer und wurde von Piraten überfallen, konnte man auch als freier Römer schnell als Sklave enden.


    "Ja, Du hast Glück. Und es ist gut, daß Du das erkennst und entsprechend handelst. Aufgeben brauchst und sollst Du Dich nicht. Auch will niemand Dich brechen. Ich weiß wirklich nicht, wie Du darauf kommst. Ein gebrochener Mann, was mag der noch vollbringen? Du sollst meine Frau beschützen! Ein gebrochener Mann kann sie nicht beschützen, der würde wie ein geprügelter Hund den Schwanz einziehen und sie im Stich lassen, wenn es gefährlich wird. Wie könnte ich so etwas wollen?" Wieder schüttelte Ursus den Kopf. Was nur glaubte dieser Germane eigentlich von ihm? Oder von Septima? "Ich habe bisher zwei Sklaven freigelassen, die meinem Vater gehört hatten und die ich quasi erbte. Ich bin noch jung, ich hatte noch nicht viele eigene Sklaven, da ich stets auf die Sklaven der Familie zurückgreifen konnte. Also konnte mir kaum einer so lange dienen, daß eine Freilassung in Frage kam. Caelyn wollte ich freilassen. Ich hatte bereits angefangen, sie auf ein Leben in Freiheit vorzubereiten, damit sie nicht wieder auf der Straße landet. Aber sie entschied sich anders. Sie bat mich darum, sie zu verkaufen. Ich bin ihrem Wunsch nachgekommen. Und hoffe, daß sie bei ihrem neuen Besitzer gefunden hat, wonach sie gesucht hat."


    Die letzten Worte Baldemars brachten Ursus schließlich doch noch zum Lächeln. Ganz unwillkürlich. "Vermutlich hast Du Recht, vermutlich will ich das gar nicht. Aber ich wünsche es trotzdem. Auch wenn es mir zwischendurch nicht schmecken mag. - Marser." Seine Augen blitzten einen Moment lang amüsiert auf. Immerhin hatte Baldemar den Titel nicht abwertend benutzt. Und auch Ursus klang nicht verächtlich oder abwertend.

    Als Cimon gegangen war, blickte Ursus noch eine ganze Weile auf die Tür. Irgendetwas war in letzter Zeit seltsam an dem Nubier. Oder war es einfach nur die Tatsache, daß Cimon selbstbewußter wurde und seinen Platz mehr und mehr ausfüllte? Vielleicht. Und doch, war da etwas wie... Unsicherheit oder gar Angst. Warum? Ursus gab ihm doch wahrhaftig keinen Grund dafür. Oder?


    Seufzend nahm er den Brief zur Hand. Er las, was er bisher geschrieben hatte. Er las es noch einmal. Und dann endlich fand er wieder in den Schreibfluß und schrieb den Brief zuende.

    Sie stießen an und tranken beide einen tiefen Schluck. Zuerst einmal schien alles besprochen. Ursus nickte zu den Worten des Artoriers. "Gut, so werden wir es handhaben. Ich bin sicher, daß Deine Leute alles zu unserer Zufriedenheit erledigen werden. Ich hoffe, Du hast einen guten Marmorlieferanten an der Hand? Meine Frau wünscht Marmorsäulen im Atrium. Nur um Dir schon einmal einen Vorgeschmack auf den exklusiven Geschmack meiner Frau zu geben." Ursus lachte und zwinkerte Reatinus zu. Er liebte Septima und wenn sie das Haus so prachtvoll haben wollte, sollte sie es so bekommen. Er verdiente als Legat wahrhaftig genug, um ihr diesen großen Wunsch erfüllen zu können.

    Ursus legte den Kopf schief. "Das mag stimmen, wenn der Herr zu denen gehört, die durch das Verbreiten von Furcht über ihre Untergebenen herrschen. Fürchtest Du mich, Baldemar? Was genau fürchtest Du an mir? Denn eigentlich ist es nicht Furcht, die ich erzeugen möchte. Respekt, ja. Gehorsam, ja. Aber keine Furcht. Ich hatte eine Menge Dinge von Dir angenommen, jedoch nicht, daß Du mich fürchtest." Aus diesem Grund glaubte Ursus auch nicht, daß Baldemar das Wort Herr je so aussprechen konnte, als würde er ihn fürchten.


    "Und ich wiederhole es noch einmal: Lerne es, Baldemar. Lerne, es so auszusprechen, daß es weder in Furcht gesprochen wird, noch erniedrigend für Dich und auch nicht respektlos mir gegenüber ist. Das mag keine leichte Aufgabe sein, aber ich bin sicher, Du bist fähig, sie zu meistern." Vermutlich haperte es daran, daß Baldemar Ursus nicht wirklich respektierte. Etwas, das nur schwer abzustellen war. Doch auch hier war Ursus sicher, es schaffen zu können. Gewiß hatten Germanen wie Baldemar ihre eigene Vorstellung von Ehre und Mut, doch hielt Ursus sich für fähig, beiden Ansprüchen gerecht zu werden. Es würde eben eine Weile dauern, bis Baldemar ihn gut genug kannte, um das zu erkennen.


    "Verstehen... Nein, vermutlich kann ich die Gefühle eines Sklaven in ihrer Gänze niemals ganz verstehen. Doch ich glaube auch, daß ich das gar nicht muß. Ich bin ein Mensch und ich denke, die Gefühle, auf die es ankommt, kann jeder Mensch nachempfinden. Du bist unfrei und leidest darunter, obwohl Du ein gutes Dach über dem Kopf hast, eine Dich liebende Frau, immer genug zu essen und das bei einer Arbeit, die Dich nicht überfordert. Du kannst Freunde finden und hast die Aussicht, bei guter Arbeit den einen oder anderen Wunsch erfüllt zu bekommen und vielleicht auch eines Tages freigelassen zu werden. Du denkst vielleicht zuviel an das, was Du nicht hast. Warum denkst Du nicht an das, was Du hast?" In vielen anderen Haushalten müßte Baldemar in steter Angst leben, von seiner Frau getrennt zu werden. Er müßte die Peitsche fürchten, die für einen Mann wie ihn ganz sicher weitaus erniedrigender war, als das kleine harmlose Wort "Herr".

    Ursus winkte lässig ab. "Nein, nicht unbedingt. Geh nur, es gibt genug andere, die mir etwas zu Trinken reichen können. Ruh Dich aus, Cimon. Ich lasse Dich rufen, wenn ich Dich wieder benötige." Zwar konnten auch die restlichen Aufgaben des Nubiers von anderen Sklaven ausgeführt werden, doch Ursus dachte darüber gar nicht nach. Er war so an Cimons stille Art gewöhnt, so an sein Vorausahnen der Dinge, die Ursus als nächstes benötigte, daß er tatsächlich zu bestimmten Zeiten keinen anderen Sklaven als ihn um sich haben mochte.

    Interessiert beobachtete Ursus den Zusammenbau der Belagerungsgeräte. Es war wirklich spannend, dabei zuzusehen. Nun langsam näherten sie sich der Vollendung. Was für Ursus anzeigte, daß auch er sich auf seinen Posten begeben mußte. Er ritt auf eine kleine Erhebung, die im Ernstfall außerhalb der Reichweite der Feinde wäre, um von dort aus das Geschehen zu beobachten. Es machte keinen Sinn, jetzt direkt bei den Männern zu sein.


    Die Wachmannschaften wurden von den Offizieren auf Trab gehalten und Ursus schmunzelte. Er hätte wirklich daran denken sollen, sie ein wenig zu beschäftigen und ihnen so deutlich zu machen, wie wichtig sie im Ernstfall waren.


    Die kleineren Geschütze waren als erstes fertig. Ursus konnte beobachten, wie die Pfeile zurechtgelegt wurden, damit später Zeit gespart wurde. Ja, es sah tatsächlich so aus, als wüßten die Männer genau, was sie zu tun hatten. Nun dauerte es auch nicht mehr lange, bis einer der Männer zu ihm kam, um ihm Bericht zu erstatten. Ursus nahm die Meldung ruhig entgegen. Kurz ließ er noch seinen Blick über die fertigen Geschützstellungen gleiten, dann gab er das Signal zum Feuern.





    "Genau, er soll nicht kriechen, aber nicht so ungehobelt sein wie Du." Ursus meinte das durchaus ernst, trotzdem war er versucht, zu schmunzeln. Er unterdrückte es so gerade noch. "Ja, bei den meisten Sklaven trifft das zu. Es klingt anders. Aber liegt das am Herrn oder an dem Sklaven selbst?" Es war nicht besonders nett, das so zu fragen, aber es traf die Sache genau im Kern.


    Ursus mußte tatsächlich lachen, als er die Anrede hörte. Es klang so absurd komisch, daß er einfach nicht anders konnte. "Naja, Legat bin ich eigentlich nur für die Soldaten. Für andere gilt eher Senator. Du siehst, was so etwas angeht, sind wir Römer fast noch komplizierter, als in anderen Bereichen. Herr wäre schon einfacher. Versuche, es zu lernen, Baldemar. Lerne es so auszusprechen, daß es keine Erniedrigung mehr ist. Es liegt bei Dir, denn es ist nur ein Wort. Der Ton macht die Erniedrigung, nicht das Wort."

    Ursus nickte zustimmend. "Ja, achte darauf, daß sie es richtig lernt. Sie ist ein liebes Mädchen und auch lerneifrig. Aber sie ist auch sehr impulsiv und ich glaube, das mögen Katzen eigentlich nicht so." Nicht, daß er viel über diese Tiere wüßte. "Ich verlasse mich da ganz auf euch beide. Meinst Du, die Kleine ist hier ausgelastet genug? Mach ihr ruhig klar, daß sie auch nach draußen darf, wenn sie ihre Arbeit erledigt hat. Natürlich soll sie die Männer nicht von der Arbeit abhalten, aber es gibt hier viele Orte, an denen ein Kind spielen kann." Für einen Moment schien es Ursus, als würde Cimon etwas beunruhigen, aber da hatte er sich hoffentlich verguckt. Oder war mit dem Mädchen etwas nicht in Ordnung?

    Sie tauschten einen kräftigen Händedruck und damit war die Sache besiegelt. Ursus lächelte, er hatte einen guten Klienten gewonnen, das wußte er. Es konnte nie schaden, zuverlässige Männer hinter sich zu wissen. "Nun, sollte er ausgerechnet in dieser Zeit kommen, wird sich eine andere Gelegenheit ergeben. Gut, ich werde mir den Werbetext noch ein paar mal durchlesen, vielleicht das eine oder andere Wort ändern. Danach leite ich es an die Steinmetze weiter. Sollte sonst noch etwas sein, weißt Du ja, wo Du mich findest." Da Licinus nun sein Klient war und sie ja auch unter sich waren, verzichtete Ursus auf einen militärischen Befehl zum Abtreten, sondern beließ es einfach bei einem freundlichen Lächeln, um zu zeigen, daß von seiner Seite aus das Gespräch beendet war.

    Die Sklaven, die Ursus und Septima begleitet hatten, brachten bei ihrer Rückkehr zur Villa Aurelia auch gleich einen Brief mit. *




    An alle
    Familienmitglieder der Aurelier




    Salvete, ihr Lieben!


    Wie versprochen schreiben wir euch direkt nach unserer Ankunft. Den Brief gebe ich den Sklaven mit, die uns begleitet haben und die ich hiermit zurückschicke. Vielen Dank noch einmal, daß wir sie mitnehmen durften, Marcus.


    Viel ist in der kurzen Zeit noch nicht geschehen. So langsam befindet sich alles an seinem Platz im Haus. Das Praetorium, das wir bewohnen, ist wirklich großzügig angelegt, so viel Platz sind wir gar nicht gewöhnt. Septima hat es sich zur Aufgabe gemacht, alles etwas freundlicher und repräsentabler zu gestalten. Leider hat sich herausgestellt, daß kaum einer der Stabsoffiziere mit seiner Frau hier lebt, so daß es für Septima leider noch einsamer hier ist, als ohnehin schon befürchtet. Ich hoffe, ihr nehmt dies zum Anlaß, uns bald in Mantua zu besuchen.


    Was die Prima angeht, gibt es auch noch nicht viel zu berichten. Die Besetzung ist zur Zeit etwas schwach, nur wenige junge Männer melden sich zur Legion, es fehlt schlicht an Nachwuchs. Wir haben überlegt, es mit Werbung zu versuchen, unter anderem auch über die Acta. Es ist schon merkwürdig, daß so wenige Männer Interesse an einer militärischen Laufbahn haben, anscheinend geht es dem Volk momentan ungemein gut.


    Wir vermissen euch jetzt schon und hoffen, daß ihr alle gesund seid und alles in Ordnung ist. Bitte laßt bald von euch hören.


    Mögen die Götter stets über euch wachen!


    Valete,


    Ursus und Septima



    Sim-Off:

    *Nur um Mißverständnisse zu vermeiden: Die Sklaven haben normal lange gebraucht für Hin- und Rückreise inklusive einen Tag Aufenthalt in Mantua.

    Das war die Antwort, die Ursus hören wollte und so nickte er lächelnd und reichte Licinus die Hand. "Dann heiße ich Dich in den Reihen meiner Klienten herzlich willkommen, Marcus Iulius Licinus. Ich bin sicher, daß keiner von uns beiden dies je wird bereuen müssen." Ein kräftiger Händedruck gehörte für ihn dazu, gerade bei einem Mann wie Licinus. "Du wirst vielleicht schon bald Gelegenheit erhalten, meinen Patron kennenzulernen, denn er sprach vor meiner Abreise aus Rom davon, daß Mantua einer seiner nächsten Anlaufpunkte auf seinen Reisen durch Italia sein würde."




    Sim-Off:

    CP

    Die beiden ersten Examen schienen schon eine Weile her zu sein, doch das sah Ursus nicht als Problem an. Zwischen seinem Examen Secundum und dem Tertium hatten auch einige Jahre gelegen. Das hatte ihm keine Schwierigkeiten bereitet und würde es einem Mann mit solcher militärischen Erfahrung wie demIulier garantiert auch nicht bereiten. Ursus verschwendete keinerlei Gedanken daran, daß Licinus nicht bestehen könnte.


    Die nächste Frage war nun wesentlich persönlicher und Licinus holte dafür auch erheblich weiter aus. Ursus staunte, als er hörte, daß der Iulier der Klient des verstorbenen Legaten gewesen war und seither ohne Patron war. Es war nicht leicht, einen Karriereweg zu verfolgen, so ganz ohne Patron. Und sicherlich würde Ursus für den Iulier eine Menge tun können, selbst wenn er kein Legat mehr war, selbst wenn es Licinus im Laufe seiner Karriere an den Rand des Imperiums verschlug. Für Ursus stellte sich natürlich die umgekehrte Frage: Inwieweit konnte Licinus ihm nützlich sein? Die Beantwortung dieser Frage fiel Ursus bei dem zuverlässigen Iulier wesentlich leichter, als bei anderen, die ihn in der Vergangenheit gebeten hatten, sie als Klienten anzunehmen.


    Einen Moment lang grübelte Ursus über die Frage nach und musterte Licinus dabei eingehend. Es war immerhin eine Entscheidung, die voraussichtlich für den Rest ihres Lebens Bestand hatte und gegenseitiges Vertrauen erforderte. "Nun, ich bin keineswegs abgeneigt, Dich als Klienten anzunehmen, Iulius. Wir kennen uns schließlich nicht erst seit gestern und wissen in etwa, was wir voneinander zu erwarten haben. Doch auch ich habe meine Verpflichtungen, die im Zweifelsfall auch auf Dich zurückfallen können, wenn Du mein Klient bist. Mein Patron ist Senator Marcus Vinicius Lucianus, der zur Zeit der curator rei publicae für Italia ist. Als mein Klient wärest Du verpflichtet, mich dabei zu unterstützen, ihn zu unterstützen. Wärest Du dazu bereit?"

    Für einen Moment blickte Ursus seinen Sklaven ernst an. Warum nun wieder so förmlich? Manchmal war es schwer, Cimons Gedankengänge zu verfolgen. "Ich weiß, solch eine Ermahnung ist bei Dir völlig überflüssig. Nimm es mir nicht übel, Cimon."


    Es war nicht zu übersehen, daß die Katzen Cimon große Freude bereiteten. Und so eben auch die Möglichkeit, den Tieren mehr Freiheiten gewähren zu können. "Ich verlasse mich da ganz auf Dich. Vielleicht kann die kleine Marei ja auch ein wenig auf die Tiere achten?" Das würde dem Kind sicher Spaß machen und sie auch gleich ein wenig Verantwortung lehren.

    Noch zwei Dinge. Ursus lehnte sich leicht vor, um aufmerksam zuzuhören. Dabei nahm er seinen Becher und trank einen Schluck. "Das Examen Tertium? Demnach hast Du die anderen beiden bereits? Selbstverständlich kannst Du Dich anmelden und den Kursus absolvieren. Der Kaiser braucht fähige Offiziere und Kommandeure. Wir müssen nur ein Auge darauf haben, daß der Kurs zeitlich nicht mit dringenden dienstlichen Angelegenheiten kollidiert. Aber das läßt sich bestimmt einrichten." Natürlich stimmte Ursus der Weiterbildung seines Primus Pilus zu. Auch wenn es letztendlich bedeutete, daß er irgendwann einen hervorragenden Offizier verlieren würde.

    "Mit denen muß ich ohnehin auch noch reden", sagte Ursus und unterdrückte einen Seufzer. Hoffentlich bekam er es mit jemandem zu tun, der nicht nur seinen Sessel anwärmte, sondern auch Ahnung von dem hatte, was er tat und entschied. "Also, von meiner Seite wäre es das vorerst. Gibt es noch etwas, das Du gerne mit mir besprechen würdest?"