Ursus konnte selbst nicht sagen, warum er Baldemar glaubte. Schließlich kannte er den Mann nicht und auf sein Gefühl konnte man sich schließlich nicht immer verlassen. Aber dennoch. Ursus glaubte in Baldemar einen Mann zu erkennen, der eher sterben, als sich verstellen würde. Vielleicht war er ungehobelt und in vieler Hinsicht unverschämt. Aber unehrlich oder gar hinterhältig war der Germane nicht. "Kriechen? Ich habe noch nie von einem Menschen verlangt, zu kriechen. Frage Cimon, der sich in der ersten Zeit bei mir ständig auf die Knie fallen lassen wollte, weil sein früherer Herr Freude an Erniedrigungen hatte. Was will ich mit einem Kriecher? Ich brauche Männer, auf die ich mich verlassen kann, keine rückgratlosen Kriecher. Wenn Du mich mit Herr betitelst, ja, ich merke wohl, wie Du der Ansprache ausweichst, kriechst Du nicht. Weißt Du nicht, daß selbst freie Römer höherstehende Personen mit Herr ansprechen? Es ist nur eine respektvolle Anrede, nichts weiter. Du machst Dich nicht zu einem Insekt, wenn Du es aussprichst. - Wie sprecht ihr denn eigentlich eure Fürsten oder Anführer an? Gibt es keine speziellen Anreden für sie?"
Beiträge von Titus Aurelius Ursus
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Für Ursus war es eine Freude, Cimon so wißbegierig und lerneifrig zu sehen. Der Sklave würde in einigen Jahren zu den gebildetsten Männern in Rom gehören, ganz ohne Zweifel. "Frage, Cimon. Fragen zu stellen mehrt das Wissen und das Verständnis. Ich möchte Dich nur bitten, Deine Fragen dann zu stellen, wenn wir unter uns sind." Eigentlich war es unnötig, dies zu sagen. Noch nie hatte Cimon seine Fragen zum falschen Zeitpunkt gestellt.
Die Katzen waren wieder ein Thema, bei dem Cimon sichtlich aufblühte. Ursus konnte das zwar wieder nicht so recht nachvollziehen, aber Septima war ja auch nicht anders. Diese Tierchen hatten etwas an sich, daß seine Frau dahinschmelzen ließ, wie Butter in der Mittagssonne. "Nun, hier spricht auch nichts dagegen, daß die Tiere mehr Freiheit bekommen als in Rom, wo wir auf die anderen Familienmitglieder Rücksicht nehmen müssen. Ich habe nichts dagegen, wenn die Katzen im Garten herumtollen oder durch die Ställe streifen, um Mäuse zu jagen. Deine Geschirre kannst Du natürlich ausprobieren. Warum soll das Tier nicht bei Dir sein, wenn Du etwas arbeitest? Nur hier bei mir wäre es mir nicht recht."
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Tatsächlich, Baldemar sprach ihn korrekt und respektvoll an. Ein weiterer Fortschritt, auch wenn der Widerwille deutlich herauszuhören war. Wenn er den Rest des Gespräches nicht verdarb, konnte man schon jetzt von einem Erfolg sprechen. Dem fixierenden Blick, der eigentlich völlig unangemessen für einen Sklaven war, hielt Ursus wortlos und ruhig stand. "Meine Einstellung ist sehr einfach, Baldemar. Wer gute Arbeit leistet, der soll auch gut leben und belohnt werden." Er ließ den zweiten Teil, nämlich was geschah, wenn jemand nicht gut arbeitete, weg. "Außerdem möchte ich mich in meinem Haus sicher fühlen. Auch meine Familie möchte ich in Sicherheit wissen. Mit jemandem unter einem Dach zu leben, der mich haßt, wäre meinem Gefühl von Sicherheit ausgesprochen abträglich."
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Original von Servius Artorius Reatinus
Reatinus schmunzelte... wenn das Haus schon für patrizische Verhältnisse so hochgelobt wurde, was mochte er dann als einfacher Plebejer über das Haus denken, wenn er es sah? Er konnte es kaum erwarten, das musste er sich selbst eingestehen. "In Ordnung, mein Freund! Ich erwarte deine Pläne - am Besten schickst du einen deiner Diener schnell in mein Officium, bevor ich meinen Dienst beende. Dann kann ich noch heute Abend anfangen.""Gut, dann machen wir es so. Ich bin wirklich froh, daß ich Dich damit beauftragen kann. Hier können wir in Ruhe planen, ich habe immer einen Ansprechpartner in der Nähe. Hätte ich einen Betrieb in Rom beauftragen müssen, dann wäre es schwer geworden mit dem Besprechen der Baumaßnahmen." Ursus hob den Becher, um auf das Geschäft anzustoßen.
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Original von Marcus Iulius Licinus
Puh, Licinus hatte allmählich das Gefühl, dass er statt eines weiteren Examens an academia militaris besser mal einen Ingenieurskurs an der schola machen.
Die Wasserversorgung war also das nächste Thema."Puh, legatus, ich bin kein Fachmann für den Wasserbau,kann also für die technische Siete nicht antworten, aber zumindest erreichten mich noch keine Beschwerden über die Wasserqualität beschweren." sprach's und deutete auf den Becher mit Wein und Wasser, bevor er noch einen Schluck daraus nahm. Da das ganze Lager über dieselbe Leitung versorgt wurde sollte der legatus als einer der ersten merken, wenn etwas nicht stimmte. Zumindest war Licinus bereit zu unterstellen, dass die Bewohner seines Haushalt etwas "sörungsempfindlicher" waren, als der Durchschnitt der Bewohner des castellums. Vor allem, da man durch posca die Trinkqualität deutlich verbessern konnte.
Ursus schmunzelte, seine Frage schien einen Bereich zu treffen, der für den Primus Pilus wohl nicht zu den normalen Wissensbereichen gehörte. "Nun, wir nähern uns dem Sommer und aus Rom kenne ich das Problem, daß die eine oder andere Zuleitung durch die Hitze schon mal an Menge verliert. Demnach ist das hier kein Problem?" Anscheinend wurde von anderer Seite dafür gesorgt, daß keine Störungen auftraten. Ursus mußte unbedingt mit den Verantwortlichen der Stadt oder der Regio sprechen, um festzustellen, wer genau sich darum kümmerte. Nur für den Fall der Fälle.
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Ursus lächelte Marei an, als sie seinen bildhaften Vergleich so bereitwillig aufnahm. "Das Schöne ist, hast Du eine Tür erst einmal aufbekommen, wird sie immer offen bleiben. Du kannst immer wieder hindurchgehen. Ich weiß, es werden Zeiten kommen, in denen Du gar keine Lust haben wirst, weil manche Tür sehr schwer zu öffnen ist. Dann müssen wir Dich dazu zwingen. Damit Du später die Freude erleben kannst, die Du ganz sicher nicht missen willst, wenn Du erst einmal erfahren hast, wie schön sie ist." Sie sollte ruhig vorher schon wissen, daß man einige Dinge schwer erarbeiten mußte. Doch sie sollte auch wissen, daß am Ende der Mühe auch Belohnung stand. Wenn man fähig war, sich an Erfolgen zu freuen.
"Es gibt ein paar sehr einfache Geschichten in der Bibliothek. An denen haben wir damals Lesen und Schreiben gelernt. Die könnten euch auch helfen. Es muß eine schlichte Holzschachtel sein, in der sie liegen." Sicher würden diese Geschichten auch Marei helfen, lesen zu lernen.
Ursus runzelte die Stirn, als Narcissa ihn nach Caelyn fragte. "Caelyn... sie ist ein sehr eigensinniges, trotziges Mädchen. Sie hat sich vor einiger Zeit in mich verliebt, das weiß ich wohl, aber ich habe ihr schon vor langem gesagt, daß sie sich das aus dem Kopf schlagen muß. Sie hat mir viele Versprechen gegeben. Und sie hat sie gebrochen. Viel mehr kann ich Dir nicht dazu sagen. Oder möchtest Du irgendetwas spezielles über sie wissen?"
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Jeder andere hätte Ursus nun wortreich versichert, daß er ihm vertrauen konnte. Nicht so Baldemar. Wirklich erwartet hatte Ursus es auch nicht. Aber auch nicht, daß der Germane ganz trocken zustimmte und beide Möglichkeiten einfach offen ließ. Was sollte er nun davon halten? Dieser Mann war ihm ein Rätsel. Wie kam es, daß Septima so gut mit ihm auskam? Anscheinend traf sie bei Baldemar irgendwie den richtigen Ton.
Die nächste Äußerung war wieder von der Art, wie sie Ursus gar nicht erwartete. So trocken, so schlicht und hörbar ehrlich gemeint. Ich werde ihr Leben mit dem meinen schützen. Das war nicht nur so dahin gesagt. Und veranlaßte Ursus, Baldemar prüfend zu mustern. "Warum? Warum würdest Du Dein Leben für sie geben?"
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"Manche Schriften erfordern Jahre des Studiums und des Nachdenkens. Manchmal merkt man beim wiederholten Lesen, daß man es beim ersten Mal gar nicht richtig begreifen konnte, weil einem die Erfahrung im Leben fehlte. Später ist es dann plötzlich ganz klar. Und dann gibt es Schriften, die einfach eine so schöne Sprache besitzen, daß man sie immer wieder lesen möchte, allein um den Klang der Sprache zu genießen. Auch wenn die Geschichte oder der Sinn eigentlich simpel und unspektakulär ist." Ursus merkte, daß er schon wieder abschweifte. In letzter Zeit neigte er dazu, vor allem, wenn er mit Cimon sprach.
"Dein Brief wird morgen mit nach Rom gehen, ich sorge dafür. Bist Du sonst zufrieden hier, Cimon? Hast Du alles, was Du brauchst? Ist Dein Zimmer so in Ordnung? Was ist mit den Katzen, haben die sich schon eingelebt?"
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Wieder waren die Männer geordnet und sinnvoll organisiert bei der Arbeit. Ursus hatte die Reiter, die bisher die Verteidiger des Lagers gewesen waren, dafür eingesetzt, die Palisaden wieder ordentlich instand zu setzen, während die "Angreifer" die Belagerungsmaschinen aufbauten und in Position brachten. Jeder schien zu wissen, was er zu tun hatte, niemand schien untätig oder überfordert zu sein. Ursus ging von Gruppe zu Gruppe und beobachtete die Arbeit eine Weile. Natürlich gab es auch Männer, deren Aufgabe es war, diejenigen zu schützen, die mit dem Aufbau beschäftigt waren. Zwar hatten die nun nicht sonderlich viel zu tun, da es keine echten Feinde gab. Doch solch ein Schutz war im Ernstfall natürlich unverzichtbar. Ursus merkte sich für die Zukunft, falls er je wieder mit einer Militärübung zu tun haben sollte, für entsprechende Gegner zu sorgen, die den Aufbau erschwerten und zu verhindern versuchten. Daran hatte er hier in der Tat nicht gedacht.
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Ursus nickte nachdenklich. "Ich gehe eigentlich auch davon aus, daß ordentliche Listen und eine gründliche Buchführung vorliegen. Aber wenn ich höre, daß die letzte Generalinventur so viele Jahre zurückliegt, wird es wohl allerhöchste Zeit, herauszufinden, was in diesen Lagerhäusern so alles vor sich hinschlummert. - Veranschlagen wir ruhig eine Woche für die Arbeiten. Es ist ja nicht so, als würde uns jemand drängen. Ich möchte, daß diese Inventur wirklich gründlich durchgeführt wird." Vielleicht gab es Vorräte, die sie auf die Männer verteilen sollten, bevor sie überlagert waren. Ursus rechnte fast mit allem. Auch damit, uralte Dinge zu finden, die man nur noch wegwerfen konnte.
"Gut, wenn die Gebäude kürzlich erst überprüft wurden, können wir uns das wohl zumindest sparen. Wie sieht es mit der Frischwasserzufuhr aus? Ist da alles in Ordnung?" Immerhin gab es für über fünftausend Mann einen sehr hohen Bedarf an dem kostbaren Naß. Gerade zum Sommer hin war diese Frage nicht ganz unwichtig.
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Original von Marcus Iulius Licinus
"Eine Generalinventur und eine Verbrauchsaufstellung." wiederholte Licinus. Letztere war eine Sache der praepostiti der einzelnen fabricae, da konnte er wenig bis gar nichts tun. Aber nun war die Reihe an ihm Fragen zu stellen:
"Welchen Zeitraum hast du dafür ins Auge gefasst? Und sollen auch die centurien das eigene Inventar überprüfen? Dann bräuchten wir entsprechend länger, weil wir weniger Männer für die horreae et cetera abstellen könnten.
Was meine Reise angeht werde ich mit einigen Männern reden und das Material zusammenstellen.
Eine genaue Aufstellung wirst du natürlich bekommen.""Wie lange diese Arbeiten dauern werden, kann ich nicht abschätzen, hier fehlt mir noch die Erfahrung. Da keine dringenden Aufgaben anliegen, abgesehen von den üblichen Patrouillen und der Werbeaktion, werden wir uns einfach zügig daran machen. Eine Gelegenheit für mich, eben die Erfahrungen zu sammeln, die mir fehlen. Ich dachte daran, den Verbrauch eines ganzen Jahres in Augenschein zu nehmen, um auch die jahreszeitlich bedingten Schwankungen mit berücksichtigen zu können. Ich hoffe, der Verbrauch wird immer sorgfältig verbucht. Sonst beginnen wir eben jetzt damit, um im nächsten Jahr zuverlässige Zahlen zu haben." Ursus grübelte einen Moment lang nach. "Ja, auch die Centurien sollen das eigene Inventar überprüfen, auch im Hinblick darauf, was in naher Zukunft ersetzt oder repariert werden muß. Es ist mir klar, daß so etwas nicht in wenigen Tagen zu bewältigen ist, aber ich möchte einen vollständigen Überblick erlangen um in Zukunft unseren Bedarf abschätzen zu können." Immerhin oblag es ihm, eventuell weitere Mittel anzufordern, sollte die Legionskasse nicht ausreichend bestückt sein. "Vielleicht sollten wir bei der Gelegenheit, oder vielmehr direkt im Anschluß, auch gleich die Gebäude inspizieren. Der Sommer bietet sich ja an, um eventuelle Renovierungsarbeiten vorzunehmen."
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Original von Servius Artorius Reatinus
Reatinus grinste... typisch Frauen eben. Man sollte die technischen Sachen wohl in die Männerhände geben, aber die Frauen nach ihrer Meinung fragen. Irgendwoher kannte er dies. "Wunderschöne Mosaike, die es zu erhalten gilt... alles klar", bestätigte Reatinus mit einem Nicken und rückte sich in seiner Sitzhaltung ein wenig zurecht, "In Ordnung. Sobald du mir die Pläne überreichst, werde ich sie einstudieren und einige Diener entsenden, sich das Haus anzusehen. Du wirst gewiss nicht enttäuscht sein.""Wenn Du die Gelegenheit hast, dann schau sie Dir an. Allein das Balneum! Die Mosaike stellen die Reisen des Odysseus dar, herrlich farbenprächtige Bilder, man kann sich gar nicht sattsehen. Meine Frau hatte das Haus sofort ins Herz geschlossen, das kannst Du Dir sicher vorstellen." Ursus schmunzelte bei der Erinnerung daran. "Es ist wirklich ein schönes Haus, wenn es erst hergerichtet ist. Die Pläne wirst Du heute noch erhalten. Laß alles ansehen und ausmessen, dann sprechen wir darüber, was genau gemacht werden soll und Du sagst mir, was das wohl kosten wird." Dabei konnte Ursus sicher sein, daß er nicht über's Ohr gehauen wurde. Und andererseits würde Reatinus auch wissen, daß Ursus nicht geizig war und ihm einen guten Gewinn schon gönnte.
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"Es gibt zwei Möglichkeiten, Baldemar. Entweder ich kann Dir nicht trauen, dann frage ich mich aber, warum Du noch bei uns bist, denn Gelegenheiten, Dich mit Deiner Frau abzusetzen, gab es. Oder aber ich kann Dir trauen, so wie meine Frau es aus unerfindlichen Gründen tut. In dem Fall habe ich ein Interesse daran, aus Dir einen noch besseren Krieger zu machen, als Du schon bist. Denn die Sicherheit meiner Frau, und glaube mir, es liegt mir sehr viel an ihr, liegt in Deinen Händen." Auch Ursus ließ seinen Blick über die Soldaten schweifen. "Trainiert miteinander, lernt voneinander. Und wenn ihr das getan habt, werde ich die Männer hier gut genug kennen, um unter ihnen für euch Trainingspartner zu finden, die euch noch mehr lehren können." Im Grunde war Ursus sehr praktisch veranlagt. Wollte Baldemar ihn töten, konnte er das auch jetzt schon tun, eine weitere Ausbildung richtete keinen Schaden an. Erwies sich Baldemar aber als treu und zuverlässig, wenn auch auf eine raue und ungeschliffene Art, dann konnte eine weitere Ausbildung ausgesprochen nützlich sein.
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"Ja, Cimon, das darfst Du. Du darfst jede Schrift aus unserer Sammlung lesen, sofern Septima oder ich sie gerade nicht benötigen. Diese Schrift ist nicht leicht, das ist wahr. Es ist auch nichts, das man nebenbei vor dem Einschlafen liest. Sondern man liest es, eigentlich immer wieder, um den eigenen Gedanken zu erlauben, immer neue Wege zu finden und zu gehen." Cimons Liebe zu gelehrten Schriften bereitete Ursus große Freude. Der Nubier hatte Spaß daran, zu lernen, etwas, das er mit seinem Herrn gemein hatte.
"Ich würde Dir gerne häufiger zuhören, Cimon. Doch ob Septima Gefallen daran hat, müssen wir sie erst fragen." Da es ansonsten nicht viel zu erleben gab, hatte sie vielleicht Freude daran. Aber Ursus konnte es wirklich nicht vorhersehen, wie sie reagieren würde. Vielleicht hing es auch von ihrer augenblicklichen Laune ab. "Du hast eine sehr angenehme Stimme und es gefällt mir gut, wie Du den verschiedenen Charakteren durch Deine Stimme Leben einhauchst. Vielleicht wird das noch besser, wenn Du eine Schrift vorliest, die Du schon kennst? Damit Du die Eigenschaften der handelnden Personen einschätzen kannst?"
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Die Offiziere schienen sich einig zu sein. Die Männer konnten es schaffen, auch wenn die Arbeiten bis in die Dunkelheit dauerten. Ursus hörte jedem einzelnen aufmerksam zu, erforschte dabei die Miene des Sprechenden, um zu erkennen, ob er meinte was er sagte, oder nur versuchte, sich glänzend darzustellen. Doch tatsächlich konnte er nur ernste und sichere Mienen erkennen. Die Offiziere wußten, wovon sie sprachen. "Gut, dann sollen sie zeigen, was sie schaffen können. Nach einer kurzen Pause machen wir mit der Artillerieübung weiter." Ursus mußte sich selbst eingestehen, daß er ausgesprochen gespannt darauf war, die Belagerungsmaschinen im praktischen Einsatz zu erleben. Er hatte keine Vorstellung davon, was für Schäden sie anzurichten imstande waren.
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Ismar. Vermutlich ein gewöhnlicher Name. Es war unwahrscheinlich, daß der Bursche zu fassen war. Doch Ursus nahm sich vor, später aufzuschreiben, was er von ihm wußte: Ein Bastard, also wohl halb Germane, halb Römer. Ein Händler und war im Marsergebiet unterwegs gewesen. Viel zu vage, aber man konnte nie wissen.
"Warum trainierst Du nicht mit Cimon? Das läge doch nahe? Versteht ihr euch nicht?" Ursus hatte nach Cimons Äußerungen zwar nicht das Gefühl, daß es Schwierigkeiten zwischen den beiden Männern gab, aber man konnte ja nie wissen. Cimon sagte auch immer erst etwas, wenn er es wirklich nicht allein schaffte, die Angelegenheit zu klären.
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Ursus' Schmunzeln vertiefte sich. "Genau so ist es, Marei. Das Lernen hört niemals auf, egal wie alt man ist. Ich lerne tagtäglich dazu. Narcissa genauso. Das ist aber kein Grund zum Stöhnen, sondern ein Grund zur Freude. Wie langweilig wäre das Leben, wenn es nicht immer wieder etwas Neues zu entdecken und zu erfahren gäbe. Ich liebe es, zu lernen. Es ist, als würde man eine geheimnisvolle Tür öffnen und dahinter einen riesigen Raum voller neuer Dinge finden. Erforscht man diese Dinge findet man unzählige neue Türen. Manchmal ist es erst schwer, die Tür aufzumachen, man muß mühselig lernen, sie zu öffnen. Aber wenn man es kann, dann ist es nur herrlich und spannend." Ob sie das verstehen würde? Er glaubte schon, denn Marei war nicht dumm und besaß eine sehr lebhafte Phantasie.
Als Narcissa ihn darum bat, der Kleinen Lesen und Schreiben beizubringen, nickte Ursus sofort. "Ich hatte schon Cimon gebeten, ihr ein bißchen was beizubringen, doch er hat nur wenig Zeit. Wenn Du aber die Zeit erübrigen kannst, würde ich mich sehr freuen. Ich war schon immer der Meinung, daß Bildung das Wichtigste im Leben eines Menschen ist. Sie eröffnet die Wege zu einem guten Leben. Ich danke Dir, Narcissa, daß Du Dich des Mädchens annehmen willst." Für die kleine Marei würde das zwar auch viel Arbeit bedeuten, aber eines Tages würde sie sehen, was für eine wunderbare Tür sie mit diesem Können öffnen konnte: Die in die Welt der Bücher und Schriften.
"Marei, nun wirst Du etwas lernen, das Dir Dein ganzes Leben lang nützlich sein wird. Und auch Spaß bringen wird. Am Anfang ist es mühsam und schwer. Aber Du wirst sehen, bald ist es ganz leicht und dann wirst Du wunderschöne Geschichten entdecken. Also paß gut auf, was Narcissa Dir beibringt und lerne fleißig."
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Auf dem Weg zu ihren Eltern. Ein Verwandtenbesuch, der fatal endete. Wenigstens waren sie zusammen geblieben. Aber das war natürlich ein schwacher Trost. "Geschieht so etwas häufiger in eurer Gaue? Oder war das ein Ausnahmefall? Kennst Du den Namen des Händlers?" Ursus konnte nicht anders, er mußte weiterfragen. Wenn da jemand systematisch Gefangene machte, um sie zu verkaufen, dann mußte das unterbunden werden.
Der Anblick des Exerzierplatzes schien Baldemar nun doch zu beeindrucken. Ursus beobachtete ihn genau. Sah das Zucken, sah ein zusammenkneifen der Augen, sah aber auch kurz Bewunderung. Und dann ein Lob aus diesem stets verachtenden Mund: gute Truppe. "Ja, sie sind eine gute Truppe. Baldemar, Du bist ein Krieger, nicht wahr? Meine Frau nennt Dich ihren Leibwächter. Doch mit wem trainierst Du Deine Kampfesfertigkeiten?"
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Der Text wurde nicht leichter. Doch kam nun die Stelle, die Ursus so besonders mochte, weil Sokrates seinen Gesprächspartner mit scheinbar spielerischer Leichtigkeit lenkte. Bewundernswert! Dieser Teil war auch vorgelesen besonders gut, fand er. Allerdings waren die Müdigkeitserscheinungen bei Cimon nun nicht mehr zu übersehen. Ob er überhaupt noch mitkam? Ursus musterte seinen Sklaven prüfend. "Für heute genügt es, denke ich. Es ist spät und wir sind beide müde. Gefällt Dir eigentlich, was Du da liest? Oder trifft es eher nicht Dein Interesse?"
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"Dann setzen wir in den nächsten Tagen gleich eine vollständige Inventur an. Ich möchte einen Überblick darüber, was vorhanden ist, was bei normalem Dienstbetrieb so verbraucht wird und was an Vorräten für den Notfall optimalerweise vorgehalten werden sollte. Natürlich mußt Du das nicht abwarten. Nimm mit, was Du brauchst. Die Werbung ist wichtig und sollte nicht unnötig aufgeschoben werden." Daß der Praefectus Castrorum nicht da war, hatte wirklich seine Nachteile. Aber Ursus würde schon damit fertig werden. Die Tribune mußten eben mit anfassen. "Sprich Dich mit den Spezialisten ab, mach eine Liste von den Materialien, die Du benötigst."