Zitat
Original von Manius Flavius Gracchus
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Ursus legte leicht den Kopf schief und ein leichtes Lächeln zeigte sich auf seiner Miene. „Machen wir uns doch nichts vor. Selbst wenn wir so unschuldig wären, wie wir uns darstellen wollen, würde es trotzdem immer auch Zweifel geben. Von daher fürchte ich diese Zweifel nicht. Du bist Dir wirklich uneins, wie wir uns darstellen sollen? Ich nicht. Valerianus war ein schwacher Kaiser. Aber er wurde dennoch geliebt. Salinator ist der, der gehaßt wurde und wird. Hätten wir ihn getötet, würde ich nicht zögern, mich damit zu brüsten. Aber Valerianus? Nein, es ist besser, unschuldig dazustehen und nun gegen den vorzugehen, der die Macht – unrechtmäßig – an sich zu reißen versucht. Salinator ist ein Feind, der leicht zu hassen ist. Er hat alle Voraussetzungen für einen Kaisermörder. Im Gegensatz zu uns. Was haben wir denn getan, was die Öffentlichkeit weiß? Wir haben uns stets in den Dienst des Kaisers und Roms gestellt. Die einzige Kritik, von der ich weiß, war die, daß Valerianus zurückkehren sollte. Solch eine Kritik kann doch kaum als feindselig aufgefaßt werden. Nie war ein Ruf nach Ablösung laut geworden. – Nein, keiner von uns war je offen gegen den Kaiser. Keiner hat versucht, seine Macht an sich zu reißen. – Außer Salinator. Daraus drehen wir ihm einen Strick, das sollte doch wirklich nicht so schwer sein. Das Volk glaubt, was es sieht. Und was es sehen kann, das spricht für uns und gegen ihn. Warum sollten wir uns also als Kaisermörder entblößen? Wer wird schon verstehen, warum das nötig war? Das einfache Volk gewiß nicht. Und glaube mir, meine Soldaten auch nicht. Nein, für mich ist das gar keine Frage. Wir sollten unsere Hände in Unschuld waschen und Salinator die ganze Sache ausbaden lassen, wenn wir ihn schon nicht beseitigen konnten. Verdient hat er es allemal.“
Die Ausführungen von Gracchus waren nachvollziehbar und leider nur zu wahr. „Es gibt neben Vescularius nur einen Mann, der genug Truppen hinter sich vereinen kann: Der Cornelier. Es gibt kaum Informationen. Es werden unzählige Boten unterwegs sein, viele von ihnen werden ihre Ziele vermutlich nie erreichen. Ich persönlich hoffe auf Germanien. Wenn die Truppen dort sich gegen Vescularius stellen, schließe ich mich ihnen an. Syrien ist zu weit und es ist nicht einmal sicher, daß Cornelius seine Truppen dort sammelt. Annaeus Modestus ist für mich noch ein Unsicherheitsfaktor. Ich weiß ihn nicht einzuschätzen. Als wir beide unser Vigintivirat antraten, gab er sich unnahbar. Ich weiß, als Quästor hat er eng mit Deinem Verwandten Flavius Furianus zusammengearbeitet. Er wurde unter dem Einfluß des Vesculariers Statthalter von Germanien. Aber das muß nichts heißen. Ich erhielt mein Kommando auch zu einer Zeit, als Salinator solche Ernennungen bereits allein und recht willkürlich traf. Allerdings war er zu der Zeit noch nicht ganz so offen feindselig gegenüber Patriziern. Kennst Du Annaeus näher? Können wir auf ihn zählen?“
Minimus und Flaccus waren also in der Nähe! „Du solltest Deinen Sohn und Flaccus herholen. Sie sind mir ebenso willkommen wie Du. Allerdings sollten wir wie in Deinem Fall andere Namen nennen. Sicher ist sicher.“ Die Nachricht, daß Gracchus nicht einmal selbst wußte, wo seine Familie war, war für Ursus einen Enttäuschung. Sicher hatte er Landgüter. Und die Familie seiner Frau war damit auch reich gesegnet. Aber er hielt keines dieser Güter für wirklich sicher. Natürlich hatte er auch Klienten, die sie aufnehmen würden. Aber Septima hatte auch gewissen Ansprüche. Für eine Weile konnte sie angesichts direkter Gefahr sicherlich darauf verzichten. Aber auf Dauer? Er wußte jetzt schon, sie würde darauf bestehen, mit ihm zu gehen. Aber in diesem Punkt mußte Ursus Lupus Recht geben: Ein Kriegszug war kein Platz für eine Frau und ein Kind. „Sehr schade, daß ich meine Familie nicht zu Deiner schicken kann. Aber Deine Gründe dafür sind wirklich nachvollziehbar. Wollen wir hoffen und beten, daß sie alle diese unruhigen Zeiten unbeschadet überstehen.“