Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    Eine interessante Wendung, die diese Diskussion nahm. Ursus erbat sich das Wort und erhob sich dann, um zu sprechen. "Meine Informationen sind zwar nicht aktuell und auch lückenhaft, doch Geld scheint im Moment kein Problem sein. Ich habe Statilius Taurus die erste Hälfte des Geldes während meiner Amtszeit als Quästor persönlich übergeben. Er versprach, damit das Bauwerk zu vollbringen und erst nach der Fertigstellung die zweite Hälfte einzufordern. Die Arbeiten gingen seit der Auszahlung des Geldes zügig voran, wovon ich mich vor meinem zweiten Tribunat mehrfach überzeugen konnte. Soweit ich informiert bin, wegen meiner langen Abwesenheit von Rom leider nicht aus erster Hand, ist es allein der Winter mit seinem unbeständigen Wetter, der zur Zeit eine Pause fordert. Im Moment geht es nur darum, den Kontakt nicht abbrechen zu lassen, mit dem Baumeister im Gespräch zu bleiben und ein Auge darauf zu haben, daß er die Kosten nicht künstlich in die Höhe treibt, um dann Mittel nachzufordern." Er fand ja, daß die Sache hier künstlich aufgebauscht wurde. Niemand hatte Geld gefordert.

    Ursus runzelte die Stirn und versuchte, alle Möglichkeiten durchzuspielen. Ein absolut nicht leichtes Unterfangen. "Doch es gibt immer wieder Personen, die den Kaiser besuchen. Nicht viele, zugegeben. Aber ein paar doch. Müßte er nicht durch sie über alles informiert sein? Und nicht zu vergessen die Praetorianer, die ihn ständig umgeben. Auch über sie müßte der Kaiser stets aktuell informiert sein, oder?"

    Die Freude am Rennen konnte einem schon vergehen, wenn man sah, daß die eigenen Fahrer einfach nicht aus den Puschen kamen. Beim Training war jeder von ihnen regelmäßig weit besser gewesen als heute. Es mußte einen Grund haben, daß sie in den Rennen so versagten. Auf jeden Fall war diese Vorstellung geradezu erbärmlich. Wenn sich Quintus Arius nicht noch gewaltig steigerte, dann konnte er sich später auf etwas gefaßt machen. Burolix sowieso, der junge Gallier hielt lange nicht das, was sein Vater versprochen hatte.


    Dem Gespräch der anderen beiden hörte Ursus interessiert zu. Ja, dieser Alexandros war gut. Dabei auch noch sehr und mit nicht übermäßig großer Rennerfahrung gesegnet. Ursus behielt ihn ebenfalls im Auge, beobachtete seine Manöver, zog Vergleiche zu denen seines Fahrers.

    Und da war er schon. Cimon war tatsächlich ausgesprochen zuverlässig, wie Ursus zufrieden feststellte. Er trat auf sein Pferd zu und ließ sich von Cimon auf den Pferderücken helfen. Zwar könnte er es auch ohne diese Hilfe, doch er fand, er konnte es sich durchaus leisten, sich hochhelfen zu lassen. So lief er wenigstens nicht Gefahr, durch zuviel Schwung auf der anderen Seite gleich wieder herabzufallen.


    "Danke, Cimon. Das war genau im richtigen Moment", raunte er dem Sklaven leise zu. Dann lenkte er sein Pferd dorthin, wo er in die Marschordnung gehörte. Als alle Männer angetreten waren, gab er ein Zeichen, den Befehl zum Aufbruch zu geben.










    Wie jeden Morgen hatte Ursus mit Cimon trainiert und sich anschließend gründlich gewaschen und dann rasieren lassen. Seine Haare waren noch feucht, als er nach unten ging, um zu schauen, ob schon jemand beim Frühstück saß. Oft genug mußte er diese erste Mahlzeit des Tages allein einnehmen, da er sich nie viel Zeit dafür nahm. Doch heute schien er tatsächlich Gesellschaft zu bekommen. Die Zwillinge saßen bereits vor einem gut gefüllten Tisch voller leckerer Dinge. "Guten Morgen", grüßte er die beiden und setzte sich dazu. Er war hungrig, was kein Wunder war nach dem anstrengenden Training. Zielsicher wandte er sich an Flora, die er allerdings für Narcissa hielt. Er war sich dessen ganz sicher und wollte auch ein wenig damit angeben, wie gut er sie auseinanderhalten konnte. "Hast Du denn schon nach Deiner Stute gesehen, Narcissa? Wie kommt es überhaupt, daß Du Pferde so magst? Das ist doch eher ungewöhnlich für eine junge Dame. Und was ist mit Dir, Flora?" Er wandte sich nun an Narcissa. "Liebst Du Pferde auch so wie Deine Schwester?" In der Bibliothek hatte sich Narcissa ja mehr über Pferde geäußert als ihre Schwester, deshalb glaubte er, Flora hätte andere Interessenschwerpunkte.

    "Na endlich habe ich mal wieder ein paar neue Fans für die Aurata gewinnen können", scherzte Ursus lachend und zwinkerte den Mädchen zu. "Ein Theaterbesuch läßt sich gewiß bald mal machen, nicht wahr, Manius?" Dieses mal war es nicht mal als Scherz gemeint. Für junge Damen gab es nicht viele unverfängliche Vergnügungen. Theater gehörte aber dazu, wenn man nicht gerade die meist anzügliche Stücke darbietenden Straßentheater meinte.


    "In euch habe ich wohl verwandte Seelen gefunden, was die Liebe zu Pferden angeht. Die Pferde der Aurata sind allerdings nicht mein Eigentum, sondern gehören der Factio. Dementsprechend befinden sie sich nicht hier im Stall, sondern im Stall der Factio. Ich nehme euch aber gerne einmal mit. Dann könnt ihr auch beim Training zuschauen und - vielleicht sogar mit den Fahrern sprechen." Er grinste breit. So manches junge Mädchen in Rom würde die beiden um solch eine Gelegenheit glühend beneiden, auch wenn die Aurata-Fahrer noch sehr jung waren und daher noch kaum erfolgreich zu nennen waren.


    An Narcissa gewandt sagte er: "Es gibt sehr viele Parks und öffentliche Gärten in Rom. Ganz hier in der Nähe sogar. Nahezu jeder große Staatsmann hat so etwas anlegen lassen. Zu dieser Jahreszeit allerdings sind sie nicht ganz so reizvoll. Aber im Frühjahr wirst Du entzückt sein, das versichere ich Dir. Wobei unser eigener Garten sich Dank Marcus auch sehen lassen kann. Wußtet ihr, daß er ein Sammler seltener Pflanzen ist?" Bestimmt hatten sie davon schon gehört.


    "Die Tempel. Ja, die sind in der Tat prachtvoll." Er lachte, als Orestes vorschlug, die beiden im Atrium Vestae abzugeben. "Das wäre aber sehr hart. Ich erinnere mich noch an die Alte, die mir die Tür öffnete, wenn ich am Tempel nach den Testamenten fragte. Nie öffnete mir eine der jungen, hübschen Vestalinnen. Ging es Dir auch so?" Er lachte wieder und zwinkerte den Mädchen zu. "Ja, die Tempel dürft ihr euch auf keinen Fall entgehen lassen. Doch auch das Kolossseum sollte man gesehen haben, das Marcellus-Theater, die vielen prachtvollen Brunnen, die Kaiserforen, die riesigen Märkte... Rom ist unerschöpflich, was Sehenswürdigkeiten angeht."

    Wieder einmal fragte sich Ursus, ob er sich was Aelius Quarto anging, nicht allzusehr von schlichter Sympathie leiten ließ. Er hielt sehr viel von dem Mann, hatte zwei Jahre eng mit ihm zusammen gearbeitet. Und doch wußte er erbärmlich wenig über ihn und seine bisherigen Tätigkeiten. Es wurde wahrhaftig Zeit, sich über ihn kundig zu machen.


    "Ja, ich glaube auch, daß das sehr interessant wäre." Er würde gleich nach dem Gespräch hier damit anfangen. "Kommt es Dir nicht merkwürdig vor, daß sich der Kaiser ungern etwas sagen läßt, aber dem Praefectus Urbi blind vertraut? Könnte es sein, daß er ihm doch genaueste Anweisungen gegeben hat und der Vescularier die nur ganz genau befolgt? Begründet dies vielleicht das augenscheinlich uneingeschränkte Vertrauen? Weil es genaue Befehlsbefolgung ist?" Es waren nur Ideen, die Ursus spontan kamen. Vermutlich war dies alles schon von zuverlässigen und vertrauenswürdigen Männern ermittelt worden. Auf jeden Fall hatte Lucianus ganz Recht: Als Senatoren hatten sie die Pflicht, genau aufzupassen, wie sich das Machtgefüge veränderte.

    Natürlich waren die Zelte schon abgebaut worden, sie brauchten sie ja noch. Cimon würde sich schon darum kümmern, daß Ursus' Sachen alle ordentlich verpackt wurden. Er selbst hatte reichlich anderes zu tun. Mußte er doch dafür sorgen, daß hier alles so geschah, wie es sollte. Für den Notfall hatte er allerdings auch noch einen Boten. Für den Fall, daß sie kurzfristig doch noch umplanen mußten. So war es allerdings schöner, denn die Männer würden kaum ahnen, was ihnen bevorstand.


    Nachdem alles geregelt war, schaute sich Ursus nach Cimon um. Gewiß hatte er Arbo bereits gesattelt und wartete nur noch auf ihn.






    Edit: Sig





    Manchmal fragte sich Ursus, ob er nicht doch auf dem besten Wege war, ein Dickbauch zu werden. Nicht, daß er Ansätze eines solchen entdeckt hätte, dafür trainierte er denn doch zu regelmäßig. Doch er wurde bequem. Er genoß es, sich einfach verwöhnen zu lassen. Jetzt saß er bequem in einem Sessel, einen Becher mit stark verdünntem Wein in der Hand und ließ sich die Füße waschen. Ja, das war heimkommen! Er musterte Cimon eigentlich nur so nebenbei, weil es gerade nichts Interessanteres zum Anschauen gab. Doch ihm fiel die Schweigsamkeit seines Sklaven dann doch auf. Eigentlich müßte er doch überschäumen von seinen neuen Eindrücken! Und nun auch noch dieser fragende Blick? Eben hatte der Sklave doch noch so stolz und glücklich gewirkt. Was war denn seit dem geschehen? Eigentlich nichts. Oder war in der Küche etwas vorgefallen? "Was ist los, Cimon? Du bist auf einmal so still? Gibt es etwas, was ich wissen sollte?" Er dachte natürlich an Streit unter den Sklaven, denn dies lag für ihn irgendwie nahe.

    "Vielleicht lohnt es sich tatsächlich, darüber Nachforschungen anzustellen. Oder was meinst Du? Müßte er nicht eigentlich auch in der Lage sein, seinen Bruder dahingehend zu beeinflussen, einen anderen Vertreter zu bestimmen oder wenigstens einen zweiten gleichberechtigten, damit keiner seine Macht mißbrauchen kann? Diese Doppelbesetzungprinzip funktioniert doch an vielen Stellen ganz hervorragend." Ursus wußte nicht, wie weit der Einfluß Quartos auf seinen Bruder tatsächlich ging. Aber mußte er nicht naturgemäß größer sein als der des Vesculariers? Blut war doch immer dicker als Wasser.

    Sie erwiderte nichts mehr. Ursus nahm das als Zeichen, daß sie da tatsächlich sehr strenge Ansichten hatte. Aber seiner Ansicht nach konnte das nur gut sein. Wenn sie die Ausbildung verbessern konnten, dann war das auf jeden Fall ein Gewinn! "Es ist gleich hier ein paar Türen weiter", erklärte Ursus und deutete in die Richtung, in die er sich bewegt hatte, bevor er Valeria angesprochen hatte. Er ging einfach voran, öffnete die Tür und nahm ein paar Schriftrollen vom Schreibtisch. Es waren nicht viele, er konnte sie bequem tragen. Trotzdem wünschte er sich nun, Cimon mitgenommen zu haben. "Das war's schon. Hoffen wir, daß Senator Germanicus Avarus zuhause ist*."




    Sim-Off:

    Da Avarus zur Zeit abgemeldet ist, können wir uns wohl Zeit lassen.

    "Nur weil die Ausbildung theoretisch ist, muß sie nicht vollkommen schlecht sein. Ich stimme Dir aber zu, daß eine mit Praxis gekoppelte Ausbildung sicherlich besser ist." Ursus fühlte sich persönlich nicht beleidigt, auch wenn er ihre Äußerung doch durchaus vorwurfsvoll fand. Ihr freundlicher Tonfall und ihr Lächeln schwächten dies allerdings deutlich ab. "Ich bin sehr gespannt darauf, wie Germanicus Avarus zu Deiner Ansicht steht und ob er, im Gegensatz zu mir, in der Lage ist, Dich von der Qualität des Medizinkurses zu überzeugen. Ja, ich würde Dich gerne begleiten und habe auch Zeit. Ich muß nur ein paar Unterlagen abholen, dann können wir gehen."

    Ursus horchte auf. Quarto und der Feldzug gegen die Parther? "War er dabei? Ich dachte, er wäre zu der Zeit hier in Rom gewesen? Aber als der Kaiser fiel, war er doch nicht dort, oder?" Schade, daß sein Patron sich nicht mehr an Einzelheiten erinnerte.

    "Ah, Du bist es. Komm ruhig herein!" Ursus ließ die Tunika wieder fallen. Sein Vetter würde schon nicht tot umfallen bei seinem Anblick. "Salve, Tiberius. Bitte verzeih. Ich bin eben erst heimgekommen und war unterwegs in einen Schauer geraten. Ich wollte mich gerade wieder menschlich herrichten. - Setz' Dich doch. Ich hoffe, es stört Dich nicht, wenn ich weitermache?" Hoffentlich kam Cimon bald mit dem warmen Wasser.

    Ursus schaute ein bißchen so drein, als hätte er Zahnschmerzen. Sehr glücklich hatte Avianus sich da wirklich nicht ausgedrückt. Zwar verstand er sehr wohl, was der Vetter damit hatte sagen wollen. Augerechnet Flavius Gracchus stieß er damit unbeabsichtigt vor den Kopf. Aber das Kind war im Brunnen. Jetzt und hier war es schwer, es wieder herauszuholen. Bestimmt würde es sich nach und nach klären, wenn sie bei anderen Gelegenheiten miteinander sprachen.. Es war gut, daß die Abstimmung eingeleitet wurde. Natürlich würde Ursus zustimmen. Doch vielleicht war es gut, wenn zuerst jemand anderer seine Zustimmung äußerte. Möglichst jemand, der kein Aurelier war. Damit es nicht am Ende doch so aussah, als wollten sie die Palatini übernehmen. Es war schon ein Elend, was bei den Collini vorgefallen war. Gracchus hatte ja völlig Recht mit dem, was er sagte. Egal, was sie wirklich dachten, egal, wie die anderen Sodales dachten, wie einig sie sich waren, - von außen würden die vielen Aurelier einen entsprechenden Eindruck machen.

    Staunend verfolgte Ursus die weitere Diskussion. Er allein sollte den Fortgang der Arbeiten überwachen als Vertreter des Senats? Kein Ausschuß? Nicht, daß er es sich nicht zutraute. Ganz im Gegenteil, er wußte durch seine Arbeit als Quästor ja genau, was da auf ihn zukam. Doch mußte er dafür nicht in Rom sein? Seine Gedanken überschlugen sich förmlich. Es würde nicht unproblematisch werden, sollte er tatsächlich das Kommando über die Prima erhalten. Andererseits erschien ihm dies immer noch so unwahrscheinlich, daß er nicht wagte, fest damit zu rechnen. Was wäre denn, wenn? Was, wenn er in Mantua wäre und sich innerhalb des Pomeriums nicht aufhalten durfte? Hm. Dann konnte er Boten schicken. Sklaven, Vertraute. Wen auch immer. Die Berichte an den Senat konnte er schriftlich abgeben. Ja, warum eigentlich nicht? Das Interesse an dem Projekt schien eher gering bis gar nicht vorhanden zu sein. Es gab vermutlich niemanden außer ihm, der sich damit befassen wollte, zumindest sah er in keinem der Gesichter um sich herum den Ausdruck, der einen echten Interessenten verriet. Nein, er brauchte keine Bedenken zu haben, dieser Aufgabe nicht gewachsen zu sein, nur weil er vielleicht einige Zeit außerhalb Roms tätig war. Er schaute also selbstbewußt und keinesfalls erschrocken drein, denn nicht nur ein Blick traf ihn, als sein Name fiel.

    Ursus war noch gar nicht lange zuhause und wollte sich gerade ausgiebig waschen und eine saubere Tunika anziehen. Cimon hatte er losgeschickt, für warmes Wasser zu sorgen. Die Toga hatte der fleißige Sklave ihm zuvor schon abgenommen und sorgfältig aufgehängt, damit die Falten für morgen schon richtig vorbereitet waren. So stand er nun mit freiem Oberkörper da und warf sich eine Handvoll kaltes Wasser ins Gesicht, als es klopfte. Cimon würde es gewiß nicht sein, der wußte, daß er schwer beladen nicht klopfen brauchte, wenn Ursus ihn etwas holen geschickt hatte. "Ja? Wer da?", fragte er vorsichtshalber und angelte bereits mit einer Hand nach der Tunika. Nur für den Fall, daß eine seiner Cousinen etwas von ihm wollte.