Im Grunde hatte sich recht! Dieser Name, das war nicht ich. Er klang römisch. Aber römisch, das war ich nicht und wollte es auch nie sein. Bridhe, das war ich! Das war, wie die grünen Hügel Taras und das graublaue Meer an einem verregneten Sommertag!
Seit meiner Freilassung hatte ich niemals gezeigt, wie sehr ich das alles vermisste! Diese Sehnsucht war nun stärker denn je, wahrscheinlich weil ich war es, die eine Rückkehr unmöglich gemacht hatte. Ich ließ mir nichts anmerken. Stattdessen machte ich eine freudestrahlende Miene, wenn man mich auf meine Freilassung ansprach, oder ich Aquilius begegnete. Ja, ich musste mächtig stolz sein! Nein, das war ich nicht! Ich war nicht stolz. In einem gewissen Maße fühlte ich mich erbärmlich! Eigentlich hatte ich gehofft, dieses Gefühl nach der Geburt meines Sohnes hinter mir zu lassen. Von nun an wird alles besser, hatte ich mir immer wieder vor gesagt! Meine Einsamkeit, tief im Inneren meines Herzens aber blieb. Mein Sohn konnte diese Leere meist füllen, doch in den stillen Augenblicken des Abends, wenn er schlief und ich meinen Gedanken freien Lauf ließ, dann tat sich wieder diese unendlich tiefe Grube auf. Genau an diesem Abend war es wieder einmal so weit gewesen. Die Erinnerungen an schönere Zeiten taten ihr Ihriges dazu.
Du kannst mich gerne Bridhe nennen, wenn du möchtest!
Das klang fast schon wie eine Bitte. Trotz allem noch den vertrauten Namen zu hören, war tröstlich.
Ja, ein Feuer, antwortete ich. Ich starrte einen Moment in die Leere, so als könne ich das Feuer des vergangen Jahres genau vor mir sehen. Wie schön es gewesen war! Wir waren fröhlich und tanzten, bis…
Ja, damit sie den Weg zu denen finden, die an sie denken.
Epicharis, die Römerin, verstand nicht viel von dem was wir glaubten. Wenn ich mich daran erinnerte, wie Aquilius es abgetan hatte, als ich ihm von Brigid, meiner Göttin erzählte, dann war es nicht verwunderlich.
An Samhain treffen Ende und Anfang aufeinander. In dieser Nacht sind die Tore zur Anderswelt nicht verschlossen. Die Geister unserer Ahnen können deshalb ungehindert zu uns kommen. Deswegen das Feuer und die Lichter!
Mein Licht ist für meine Mutter. Sie ist gegangen als ich dreizehn war. Seitdem vermisse ich sie sehr.
Ich deutete auf die flackernde Kerze, die auf dem Tisch stand und vor sich her brannte. Dann sah ich sie verblüfft an, als sie zu kichern begann. Die Tatsache, dass ein Ring im Brot versteckt war, fand sie witzig.
Ach so, du bist schon verheiratet! Dann werde ich ihn ganz bestimmt finden, obwohl ich gar keinen Bräutigam habe.
Das klang spaßig, das war es aber nicht. Trotzdem deutete ich ein Lächeln an.
Nachdem ich ihr schon einiges über Samhain berichten konnte, wollte ich nicht vor dem Geheimnis des Apfels Halt machen.
Den Apfel scheidet man in zwei Hälften und dann kann man anhand des Gehäuses die Zukunft für das bevorstehende Jahr deuten.
Das musste alles ganz fremd für sie klingen. Vielleicht sogar barbarisch. Obwohl, in der Zeit, in der ich nun hier war, hatte ich gelernt, wie abergläubisch auch die Römer sein konnten. Vielleicht hatte sie ja dafür Verständnis. Überhaupt war ihr Interesse sehr groß.
In meiner Heimat opfert man den Göttern an diesem Abend. Priester führen diese Opferungen durch. Früher habe ich oft zugesehen.
Ich sah zu meinem Kind hinüber, das in Epicharis Armen lag. Der Kleine war friedlich und fühlte sich sichtlich wohl. Etwas was in mir eine Art Unruhe auslöste. Ich verwarf den Gedanken gleich wieder. Nein, mein Kind würde mir niemand mehr wegnehmen können. Jetzt nicht mehr! Deshalb war ich Brigantica geworden. Nur deshalb!
Ihre nächste Bemerkung um Aquilius´Sklavin, erschütterte mich und ich fühlte mich wieder um Monate zurück geworfen.
Ja, ich meine nein. Ich war es. Jetzt nicht mehr.
Etwas mehr Freude hätte in meinen Worten widerspiegeln können. Im Prinzip war ich es noch immer, auch wenn ich nach ihrem Gesetz frei war. Doch nicht frei genug, um nach Hause zu können.
Dem kleinen Diarmuid war das alles gleich. Er liebte es, gleich ob es Römer, Kelte oder Gemane, frei oder unfrei war, bewundert zu werden und strahlte und gluckste fröhlich. Er war wirklich mein Sonnenschein!
Er ist fast drei Monate alt.