Beiträge von Flaviana Brigantica

    Sim-Off:

    Ich bin wieder da! =)


    Zitat

    Original von Fhionn
    Erinn- Hibernia. Fhionn mußte sich erst einmal entsinnen. Erinn- diesen Namen hatte sie schon einmal gehört. Allerdings konnte sie nicht viel damit anfangen. Trotz daß die Frau nicht aus ihrer Heimat entstammte, war sie nicht enttäuscht. Sie fand sie ganz sympatisch. "Erinn nicht kennen, Name ich hören." ....


    .... Zeit, um noch einen kleinen Plausch zu halten. Wenn der Lehrer beginnen wollte, würde er sich bestimmt bemerkbar machen.
    "Das, erste Kind?"fragte sie schwangere Sklavin und deutete dabei auf ihren runden Bauch.


    Das wunderte mich überhaupt nicht! Ich kannte ja auch nicht das Gebiet, aus dem sie kam und der Name ihres Stammes war mir auch nicht geläufig.
    Unterdessen schaute ich verstohlen zur Seite. Dieser Cassim hatte sich jetzt an Siv herangemacht und schmierte ihr Honig ums Maul. Ob sie nicht merkte, worauf er hinaus wollte? Sicher, es war schön, wenn ein Mann einem schöne Dinge ins Ohr flüsterte. Ich wusste das ganz genau, denn ich vermisste die Zeit, in der es jemanden gab, der das tat.
    Wenn ich mir diesen Cassim so betrachtete, war ich unweigerlich an Severus erinnert. Nicht dass die beiden Männer sich im Aussehen ähnlich waren. Severus war auch wesentlich unaufdringlicher gewesen. Aber mit welcher Hingabe er versuchte, sie um den Finger zu wickeln und der Ausdruck seines Gesichtes, ließen mich unentwegt an ihn denken.
    Wieder breitete sich diese Schwere in mir aus und ich verfluchte mich dafür, was ich getan hatte. Die Quittung meiner Tat trug ich unter meinem Herzen und gerade jetzt erntete ich in mir einen kleinen Fußtritt, der auch die letzten Zweifel ausräumte.
    Neben mir hörte ich wieder Fhionns Stimme.


    Ja, es ist mein erstes Kind!


    Ich versuchte zu lächeln, auch wenn es mir schwer fiel.

    Die Schwangerschaft schritt immer mehr und mehr voran. Je praller mein Bauch wurde, desto beschwerlicher wurde jeder Schritt, den ich tun musste. Hinzu kam dann auch noch diese plötzlich einsetzende Hitze, die mir zu schaffen machte. Selbst nachts wurde mir der Schlaf geraubt, da ich manchmal nicht mehr wusste, wie ich mich noch hinlegen sollte, damit ich Ruhe fand. Der Rücken schmerzte mir, meine Beine waren voller Wasser und das Kind drückte mir auf die Blase, was mich dazu zwang, manchmal in zehnminütigem Abstand ein stilles Örtchen aufzusuchen. Ich sehnte den großen Tag herbei, auch wenn ich mich davor ein wenig fürchtete. Manchmal fragte ich mich, wie das meine Mutter geschafft hatte. Sie hatte fünf Kindern das Leben geschenkt und ich hatte sie nicht einmal jammern gehört!
    Mama Cungah war zu meiner ständigen Begleiterin geworden. Es war wirklich rührend, wie die Nubierin sich um mich sorgte. Da diese Schwangerschaft nicht die erste war, die sie begleitet hatte, stand sie mit Rat und Tat zur Seite. Einmal in der Woche untersuchte sie mich und verfolgte so den Fortgang meiner Schwangerschaft. Bald ist es soweit, mein Mädschen! Nur noch wenige Wochen und dann hältst du dein Kind in den Armen!
    Sie hatte das mit einem verheißungsvollen Lächeln gesagt. Ich war so froh, dass sie da war. Mit ihrer nicht enden wollenden Fröhlichkeit, erhellte sie mir auch die Tage, an denen es mir nicht so besonders gut ging. Darum hatte ich Aquilius gebeten, sie bei mir haben zu dürfen, wenn es so weit wäre. Meinem Wunsch war mir entsprochen worden.


    Seit dem Einsetzen der Hitze hatte ich es vermieden, das Haus zu verlassen. In der Stadt umherzulaufen, kam für mich nicht mehr in Frage, weil ich nach kürzester Zeit erschöpft war. Lediglich in den Garten der Villa wagte ich mich, um dort frische Luft zu schnappen. Dabei war es mir immer am liebsten, wenn ich auf niemanden traf, weder von den Sklaven und noch weniger von den Herrschaften.
    So war es auch heute der Fall. Cungah und ich schritten langsam den Weg entlang. Nur heute konnte ich mich gar nicht an dem Garten erfreuen. Eine innere Unruhe hatte ich schon den ganzen Tag über gespürt. Hinzu kam heute auch noch die drückend heiße Schwüle des Tages, die mich besonders belastete.


    Bitte, laß uns einen Moment in den Schatten setzen.


    Cungah führte mich zu einer Holzbank, die unter einer Trauerweide stand, deren Blätterwerk an manchen Stellen fast bis zum Boden herab reichte.
    Ist was mit dir, Mädschen? Fühlst du dich nischt gut?
    Ihrer Stimme konnte man einen Anflug von Besorgnis entnehmen.


    Ach, ich glaube, es ist nur die Hitze.


    Damit hatte ich dieses absonderliche Gefühl abgetan, um Cungah wieder zu beschwichtigen, vielleicht aber auch, um mich damit selbst zu beruhigen.
    Nach einer Weile wollte ich wieder weiter gehen. Langsam, mit meinen Händen abstützend, erhob ich mich wieder von der Bank. Ein seltsames Schwindelgefühl überkam mich, dann wurde mir schwarz vor Augen und ich sackte in mich zusammen.
    Cungah war mit einem Mal ganz aufgeregt. Sie tätschelte mir die Wange. Kindschen, so wach doch auf! Als sie sah, dass all ihre Bemühungen zwecklos waren, bekam sie es mit der Angst zu tun und rannte quer durch den Garten zurück zur Villa. Schnell! Hilfe! Ich brauche Hilfe! schrie sie, in der Hoffnung, der Erste, der sie hörte, würde ihr zu Hilfe kommen.

    Zitat

    Original von Fhionn
    Fhionn war überrascht, jemanden getroffen zu haben, der ihre Sprache verstanden hatte. Diese Frau mußte sie tatsächlich verstanden haben! "Ja, Britannia!" Sie nickte und lächelte dabei. Woher sie kommen mochte? Wäre sie auch aus Britannia gekommen, hätte sie ihr doch nicht in Latein geantwortet. "Ich Fhionn," fügte sie noch hinzu und deutete auf sich selbst. "Und du? Woher kommst du? Auch aus Britannien? Von welchem Stamm? Ich stamme aus dem Norden. Wir lebten nahe bei Eburacum. Brigantes- ich gehöre zu den Brigantes. Verstehst du?" Sie war mit einem Mal völlig aufgekratzt und überhäufte die junge Frau mit allerhand Fragen in ihrer Muttersprache.


    Es war für mich schon schwierig genug, ihr zu folgen. Manche Sätze musste ich mir einfach zusammenreimen, um dahinter zu kommen, was Fhionn mir mitteilen wollte. Leider konnte ich nicht viel mit dem Stammesnamen anfangen. Ich hatte zwar von einem einstigen kriegerischen Volk gehört, das im Norden Britannias siedelte. Ob es sich dabei allerding um die Brigantes handelte, konnte ich nicht mit Bestimmtheit behaupten. Den Namen der Stadt hörte ich heute auch zum ersten Mal. Mir waren nur einge wenige Städtenamen im Süden der Insel bekannt. Mehr nicht.


    Nein, ich komme nicht aus Britannia, antwortete ich ihr und schüttelte den Kopf dabei.
    Ich komme aus Érinn - aus Hibernia.


    Wahrscheinlich konnte Fhionn mit dem gälischen Namen der Insel mehr anfangen, als mit dem lateinischen.


    Diesem schmierigen Kerl, der neben mir saß, hatte es augenscheinlich, nicht so gut verkraftet, dass ich ihn einfach so abblitzen ließ. Er sah zumindest so aus, als verstünde er die Welt nicht mehr. Es ließ aber nicht lange auf sich warten, bis er ein neues Opfer gefunden hatte - Siv! Er überschüttete sie mit schnulzigen Schmeichelein, so dass es einem schlecht werden konnte. Der Kerl musste es wirklich nötig haben!


    Als ich mit einem Mal Micipsas Stimme hörte, drehte ich mich zur Tür hin und sah, wie sollte es auch anders sein, Micipsa, der sich dem paedagogus soeben vorgestellt hatte. Ich nickte Micipsa währenddessen freundlich zu.

    Jetzt, nachdem ich so viel Mut bewiesen hatte, über das, was mich bewegte, zu sprechen, nahm ich die Gelegenheit wahr, das Brot samt dem Schafskäse in den Mund zu stecken. Es schmeckte noch besser, als ich es erwartet hatte! Nach dem ersten Bissen, ließ ich gleich noch einige Oliven hinterher verschwinden, die den Geschmack des Schafskäses noch zusätzlich unterstrichen. Warum mir gerade jetzt das Rezept für Miesmuscheln einfiel, so wie sie sie meine Mutter immer zubereiten hatte, konnte ich mir auch nicht erklären. Was hätte ich dafür gegeben, noch einmal davon kosten zu können! Dabei wäre es ja gar nicht so schwierig gewesen. Meine Mutter war zwar schon einige Jahre tot, doch ihr Rezept für Miesmuscheln hatte sie nicht mit auf den Scheiterhaufen genommen. Oft schon, auch zu Lebzeiten meiner Mutter, hatte ich mich darin geübt, es nachzukochen und das Ergebnis wurde von Mal zu Mal immer besser. Die Miesmuscheln würden sich sicher hervorragend mit den Oliven, dem Käse und dem Brot ergänzen. Ich trank einen Schluck Milch, um das Brot besser hinunter spülen zu können. Als nächstes musste ich unbedingt von dieser Frucht probieren, von der ich keine Ahnung hatte, wie sie schmeckte. Während ich mir eine Scheibe angelte und die dann auf meinem Teller parkte, hörte ich Aquilius zu. Seine Entschuldigung, weil er mir seiner Meinung nach zu wenig Beachtung geschenkt hatte, überraschte mich. Sie stand so gar nicht im Kontext mit dem, wie ich die letzten Wochen und Tage empfunden hatte. Ja, er hatte mir in letzter Zeit wirklich wenig bis gar keine Beachtung geschenkt. Ich glaubte aber, das sei noch immer darin begründet, weil er sich über mich geärgert hatte, als ich ihm Severus´ Schmuckstück ausgehändigt hatte. Seitdem hatte er es peinlichst vermieden, mit mir alleine in einem Raum zu sein. Was mich auch noch verwunderte, war, wie sehr er betonte, dass es sein Kind war, das ich ich in mir trug.
    Angesichts des vielen Wunderns und überrascht seins, schob ich mit das Stück Melone in den Mund. Als ich ein Stück davon abbeißen wollte, musste ich feststellen, dass ihre Schale sehr hart war. Das war mir so peinlich! Verwundert sah ich mir die Scheibe und meine darauf befindlichen Zahnabdrücke an. Ich wollte nicht auch noch fragen, wie man so etwas aß. Dann wäre ich vor Scham sicher im Boden versunken. Lieber legte ich die Melonenscheibe erst noch einmal auf den Teller, denn nun folgte der interessante Teil von Aquilius Antwort.
    Offenbar hatte er mein weiteres Leben schon durch und durch verplant: ein Haus, ein Betrieb, eine neue Existenz, sein Name, sein Kind! Dass nun mein Kind das Erbe von irgendwelchen römischen Kaisern in sich trug, war mir zumindest im Augenblick herzlich egal. Warum ich einen neuen Namen bekommen sollte, verstand ich auch nicht so ganz. Wenigstens aber sagte er, wir müssten und gemeinsam überlegen, wie es mit mir weitergehen sollte. Lag darin ein kleines Stück Hoffnung begründet, doch noch etwas selbst entscheiden zu dürfen? Ich hatte zwar noch keine klaren Vorstellungen, wie mein Leben in Freiheit aussehen könnte, doch ich war mir darüber im klaren, was es hieß, ein Kind zu haben. Ich wusste, worauf es dabei ankam und insgeheim hatte ich mir sogar schon Gedanken über einen Namen gemacht, den das Kind erhalten sollte. Natürlich war es nicht einer von diesen grässlichen römischen Namen, die im Prinzip alle gleich klangen. Caius zum Beispiel! Wenn ich Caius, komm zum Essen rein rufen würde, hätte ich sicherlich die halbe Nachbarschaft bei mir sitzen. Bei dieser Vorstellung musste ich unvermittelt grinsen. :D


    Das ist wirklich sehr großzügig von dir.


    Das fiel mir spontan darauf ein. Damit es auf ihn nicht höhnisch wirkte, versuchte ich mein Grinsen zu unterdrücken, was gar nicht so einfach war.

    Dass er von meinen Ausführungen, was die übliche Verpflegung der Sklaven betraf, nicht begeistert war, konnte ich an den Veränderungen in seinem Gesicht erkennen. Sein Lächeln hatte sich zu einem zornig anmutenden Ausdruck verformt. Es tat mir schon wieder leid, so offen darüber gesprochen zu haben. Vermutlich hatte ich ihm damit die ganze Stimmung versalzen und als nächstes würde er von all seine Vorhaben abblassen. Ja, ich sah mich bereits wieder auf dem Pferd sitzen und gen Rom reiten. Wieder kamen mir Stratons Worte vom Vorabend in den Sinn, als er mir mitteilte, Aquilus hätte das Bedürfnis nach Entspannung. Warum er dann ausgerechnet mich als seine Begleitung ausgesucht hatte, war mir immer noch schleierhaft. Ich versuchte einige Worte der Entschuldigung zu finden, die ich ihm sagen konnte, denn im Grunde war es ja auch unwichtig, was man mir und den anderen vorsetzte. Das war schon immer so und so würde es auch immer bleiben! Mehr als ein Es tut mir leid. Ich wollte nicht, dass du…brachte ich nicht heraus, denn zum einen schien ihn dieses Thema doch sehr in Rage zu versetzen. Ich erwartete eigentlich noch einen verbalen Ausbruch seines Zornes, der nun ohne Zweifel in seinem Gesicht stand, doch bevor er sich vollends entladen konnte, wurde uns das Frühstück serviert.
    Ich konnte kaum meinen Augen trauen! Der Kellner stellte immer mehr Teller und Schüsselchen auf den Tisch, die gefüllt waren mit den verschiedensten Leckereinen. Besonders das Brot duftete so verführerisch. Bestimmt war es noch warm! Die in Scheiben geschnittene Frucht sah ich mir etwas genauer an. Ich wusste nicht, wie man sie nannte. Gesehen hatte ich sie schon, wenn ich sie, auf einem Teller liegend, serviert hatte. Gekostet hatte ich noch nie von ihr. Auch die Oliven lachten mich an. Ursprünglich hatte ich mir nichts aus Oliven gemacht. Nachdem ich aber eine seltsame Begegnung mit einem Mitglied der flavischen Familie hatte, waren Oliven etwas ganz besonderes für mich geworden. Ich hätte sie tonnenweise verschlingen können. Das musste einfach an der Schwangerschaft liegen. Anders konnte ich es mir nicht erklären.
    Mir lief schon bei diesem herrlichen Anblick das Wasser im Mund zusammen. Ich konnte es kaum erwarten, endlich zugreifen zu dürfen. Aquilius ließ mir den Vortritt und so nahm ich mir das Brot und riss mir ein Stück davon ab. Ja, es war wirklich noch warm und jetzt war der Duft noch intensiver. Als nächstes füllte ich meinen Becher mit Milch. Dann griff ich noch beim Schafskäse und bei den Oliven zu. Den Käse klemmte ich zwischen das Brot und wollte gerade genüsslich hinein beißen, als er mir diese Frage stellte. Automatisch legte ich das Brot wieder ab und musste erst einmal schlucken. So etwas hatte mich noch nie jemand gefragt, ob ich nicht glücklich sei. Weder hier noch zu Hause. War ich zu Hause glücklicher als hier gewesen? Gut, ich hatte meine Familie um mich herum, meine Geschwister, um die ich mich kümmern musste, die Arbeit im Haus und die Arbeit auf dem kleinen Acker, den wir bewirtschaftet hatten, um uns mit dem nötigsten selbst versorgen zu können. An mir war auch oft die Aufgabe hängen geblieben, die getrockneten Torfballen nach Hause zu schleppen, damit wir es an kalten Tagen warm hatten oder damit wir zum Kochen Feuer machen konnten. Auch wenn es ein hartes und schweres Leben war, vermisste ich es jeden Tag, denn zu Hause hatte ich etwas, was ich hier vergeblich suchen würde – die Liebe und Anerkennung meiner Familie. Ich konnte mir nicht vorstellen, jemals hier so etwas zu finden. Mein Leben lag in Scherben.


    Ich bin froh, heute hier sein zu dürfen, antwortete ich. Dies entsprach auch der Wahrheit. Aber eine Weile zögerte ich, bis ich weiter sprach. Es war die Furcht, ihn wieder verärgern zu können. Mit einem Mal fand ich aber die Kraft, ganz ungezwungen, darüber zu sprechen. Darüber war ich selbst sehr erstaunt.


    Alles ist anders gekommen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Natürlich freue ich mich auf das Kind und ich werde ihm auch all meine Liebe schenken. Aber was bleibt, ist der bittere Nachgeschmack, die Gewissheit, nie wieder nach Hause zu können. Und was mich ganz besonders quält, ist die Frage, wie es weiter gehen soll. Nein, richtig glücklich bin ich nicht.

    Leider schaffte ich es nur, den gutgemeinten Glückwünschen von Siv und der, mir noch unbekannten rothaarigen Skavin, ein gequältes Lächeln entgegen zu bringen. Die Frau mit den roten Haaren hatte sich einer Sprache bedient, die sich meiner etwas ähnelte. Ich konnte zwar nicht jedes einzelne Wort davon verstehen. Den Sinn jedoch hatte ich begriffen. Der Sprache nach, hätte ich sie nach Britannien gesteckt. Zu Hause waren mir mehr als einmal Leute begegnet, die von der anderen Seite der hibernischen See gekommen waren. Sie sprachen die gleiche Sprache, wie diese Sklavin.


    Du kommst aus Britannia, nicht wahr? Wie ist dein Name?


    Wenn sie noch so schlecht Latein sprach, war sie wahrscheinlich noch nicht lange hier. Auch sie hatte eine Geschichte, die sie hierher gebracht hatte und die man in ihren Augen lesen konnte, so wie jeder hier in diesem Raum. Selbst bei Scuirus, der stolz darauf war, aus einer Linie von Sklaven zu entstammen, konnte man dies erahnen.


    Mein Lächeln verschwand, als der Sklave neben mir, sich wieder zu Wort meldete. Ich wollte kaum meinen Ohren trauen. Eine schleimigere Anmache hatte ich ja noch nie gehört. Mir wurde ganz schlecht davon!
    Es graute mir bereits davor, wenn ich diesen Menschen nun den ganzen Morgen ertragen musste. Mit solchen Sprüchen konnte er vielleicht bei den naiven Küchenmädchen ankommen. Bei mir war er damit an der falschen Adresse.


    Aha, Cassim! Schön! Wenn ich gewusst hätte, was mich heute Morgen hier erwartet, wäre ich gar nicht erst aufgestanden!


    Glücklicherweise vernahm ich neben mir, aus Sivs Richtung kommend, ein Au. Ich drehete mich zu ihr um und fragte mich was ihr passiert war.


    Hast du dir weh getan?

    Die Germanin hatte neben mir Platz genommen. Sie wirkte noch gedrückter, als in dem Moment ihrer Ankunft. Ich fragte mich schon, ob ich etwas Falsches gesagt hatte. Aber ich kam nicht dahinter, was das sein konnte. Dann wurden wir beide durch das Eintreffen einer weiteren Sklavin abgelenkt. Sie musste auch zu den Aureliern gehören, denn Siv sprach sie an. Bald darauf wandte sie sich wieder zu mir und beantwortete meine Frage. Danach war mir alles klar, weswegen sie so traurig war. Mir selbst versetzte es innerlich auch einen Schlag, bei dem Gedanken, wo Cadhla war und was sie unternahm, um wieder frei zu sein. Was hatte ich getan, um wieder frei zu sein? Im Gegensatz zu Cadhla fühlte ich mich schäbig. Manchmal zweifelte ich daran, dass doch etwas Wahres an den Gerüchten war, die im Sklaventrakt über mich kursierten.
    Und Caelyn war auch fort - in Germanien – mit Ursus. Bei diesem Namen kamen wieder Erinnerungen hoch, an das vergangene Samhainfest, an dem ich mich irrtümlicherweise Ursus an den Hals geworfen hatte, weil ich geglaubt hatte, er sei Severus. Damals war ich noch glücklich, wenn man denn ein Leben als Sklavin als glücklich bezeichnen konnte. Jedenfalls war ich glücklicher als jetzt. Damals hatte ich noch geglaubt, nichts könne mich von Severus trennen. Nichts!
    Wenige Wochen später hatte ich Ursus bei den Feierlichkeiten zu den Saturnalien ein zweites Mal getroffen. Zu diesem Zeitpunkt war mein bisheriges Leben komplett aus den Fugen geraten. Ich hatte versucht, aus diesem Leben zu scheiden, leider ohne Erfolg. Severus hatte sich endgültig von mir getrennt und was ich damals noch nicht ahnen konnte, ich war schwanger! Das alles ließ mich mit den Tränen kämpfen.
    Doch Siv verstand es, mich im richtigen Augenblick abzulenken, so dass zum Tränen vergießen keine Zeit blieb. Auch wenn ich die germanischen Worte, die sie zwischendurch einstreute, nicht verstand, konnte ich mir vorstellen, was sie meinte.


    Oh, ja mir geht es gut. Danke! Am Anfang war es mir fast jeden Tag schlecht. Aber das ist zum Glück vorbei. Mir machen momentan nur die Kreuzschmerzen so zu schaffen und ich kann nicht mehr so lange stehen. Aber das ist ja auch kein Wunder! In vier bis sechs Wochen wird das Kind da sein, wenn alles gut geht.


    Ich strich liebevoll über meinen Bauch, der keinen Zweifel mehr offen ließ, dass es bald soweit war und lächelte.
    Dabei wurde ich nur von dem Mann neben mir gestört, der sich hier offensichtlich etwas erhoffte, was es nicht gab. Er musste tatsächlich noch nicht lange hier sein, so wie er sich verhielt. Also hatte er auch noch nichts über mich gehört. Aber das Letzte, was ich derzeit wollte, war mich in etwas hinein zu stürzen, was ich hinterher mit schlafwandlerischer Sicherheit wieder bereute.


    Dann bin ich ja beruhigt, antwortete ich ihm auf seine Bemerkung hin.
    Wie heißt du eigentlich? Ich habe dich hier noch nicht gesehen.

    Ich komme aus Hibernia, die Insel westlich von Britannia,antwortete ich Kleochares. Er kam etwas näher auf mich zu und wurde auf meinen Bauch aufmerksam. Meine Schwangerschaft war wirklich nicht mehr zu verleugnen. Seine guten Wünsche versuchte ich mit einem Lächeln zu erwidern. Aber die vielen Sorgen, die wegen der Schwangerschaft, der Geburt und auch wegen meiner Zukunft an mir zehrten, hinderten mich daran.
    Jetzt da meine Schwangerschaft erwähnt worden war, spürte ich noch mehr die Blicke des fremden Sklaven auf mir.Was hätte ich für seine Gedanken gegeben! Die Gerüchteküche im Sklaventrakt, wegen meiner Schwangerschaft war am überkochen. Er hatte vielleicht schon davon gehört, was man sich über mich erzählte. Manche behaupteten genau zu wissen, wer wirklich der Vater meines Kindes war. Andere meinten, es wäre meine kühle Berechnung gewesen, mich von meinem Herrn schwängern zu lassen, damit er mich frei ließe. Ich gab nichts mehr auf diese dummen Gerüchte. Zu Beginn hatten mich solche Aussagen schwer getroffen. Jetzt versuchte ich, sie zu überhören.
    Sein Interesse an mir war mir fast schon unangenehm. Ich versuchte, ihn einfach nicht zu beachten. Aber das war gar nicht so einfach. Glücklicherweise erreichte Siv, als eine der ersten von der aurelischen Sklavenschaft, den Unterrichtsraum. Bei ihrem Anblick kam mein Lächeln wieder zurück. Ich hätte sie so gerne lautstark begrüßt. Nur die anwesenden Sklaven hielten mich davon ab. So wählte ich eine gedämpftere Lautstärke, aber die Herzlichkeit war die gleiche geblieben. Alleine weil ich wusste, einige der aurelischen Sklaven wieder treffen zu können, war ich fast freiwillig hier her gekommen.


    Hallo Siv, wie schön dich zu sehen! Kommen Cadhla und Caelyn auch noch?


    Die Germanin machte einen gedrückten Eindruck auf mich. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr. Es war zwar schon eine Weile her, da ich sie zum letzten Mal gesehen hatte, aber ich war fest davon überzeugt, sie war schmaler geworden. Ich wollte mich aber auch nicht auf sie stürzen und sie ausfragen.
    Siv hatte mein ganzes Augenmerk auf sich gezogen, so dass ich den fremden Sklaven völlig außer Acht gelassen hatte. Auch seine Blicke störten mich nicht mehr. Erst als er plötzlich neben mir saß, kam er mir wieder in den Sinn. Ich vermied es, zu ihm hinüber zu schauen. Seine Nähe war mir einfach unangenehm.

    Ich hatte auf einem der Stühle Platz genommen und wartete einfach. Die Schwangerschaft war nun schon so weit fortgeschritten, dass ich nicht mehr lange stehen konnte. Ich fühlte mich kugelrund. Wenigstens war es mir nicht mehr jeden Morgen übel.
    Noch war ich mit Sciurus alleine. Dabei vermied ich es, ihm auch nur einen Blick zuzuwerfen. Seit unserer ersten Begegnung ging ich ihm, so gut es ging, aus dem Weg. Er war irgendwie unheimlich und er machte keinen Hehl daraus, dass er mich nicht mochte.
    Es kam mir sehr entgegen, dass ich nicht allzu lange mit ihm in alleine sein musste. Kurze Zeit später traf dieser neue Sklave ein, der erst vor einiger Zeit in die Villa gekommen war. Er war der neue paedagogus von Serenus und Lucanus. Jetzt sollte er auch der Sklavenschaft etwas auf die Sprünge helfen. Er begrüßte mich freundlich und ich erwiderte sein Lächeln.


    Guten Morgen, ich bin Bridhe. Ja, mein dominus hat mich hierher geschickt.


    Kaum hatte ich Kleochares begrüßt, fiel mir auch schon der Mann auf, der am Türrahmen lehnte und uns zu beobachten schien. Ich hatte ihn noch nie zuvor gesehen. Wahrscheinlich war er ein neuer Sklave. Das war nichts ungewöhnliches. Ständig kamen neue Sklaven in die Villa und andere verschwanden, weil man sie verkauft hatte oder sie einfach starben.
    Irrte ich mich, oder starrte er mich an? Ich vermied es,es ihm gleich zu tun und wandte meinen Blick wieder von ihm ab.

    Als eine der ersten erreichte ich den Gemeinschaftsraum im servitriciuum. Außer Sciurus war noch niemand anwesend.
    Ich fragte mich nur, was ich hier sollte. Lesen und Schreiben konnte ich. Meine Schrift war zwar nicht die schönste, aber sie war durchaus lesbar. Mein Latein sollte eigentlich auch nichts zu wünschen übrig lassen. Ich sprach es mit dem mir eigenen typischen hibernischen Akzent, auf den ich stolz war. Manch einer empfand dies als scheußlich. Ich aber wollte ihn mir auf keinen Fall austreiben lassen. Aquilius hatte mich hierher geschickt. Er meinte, es könne nichts schaden, noch etwas mehr Bildung aufzusaugen. Also harrte ich der Dinge, die da noch kommen mochten. Ich hatte keine Ahnung, was mich erwartete.
    Einzig allein hatte ich gehört, einige Sklaven der Aurelier würden auch zum Unterricht kommen. Das war wirklich schön, zu hören! Vielleicht würde ich so wieder Cadhla, Siv, Caelyn und Tilla wieder treffen.

    Und wie ich Hunger hatte! Ich konnte es kaum noch abwarten, bis endlich etwas Essbares auf dem Tisch stand. Warum ich so bescheiden war, wusste ich selbst nicht. Es war einfach so in mir drin. So hatten mich meine Eltern erzogen und was noch erschwerend hinzu kam, bei ihm hatte ich das Gefühl, mir etwas zu nehmen, was mir nicht zustand. Genau dieses Gefühl löste auch jedesmal diese Unsicherheit bei mir aus. Also waren etwas Brot und Milch mehr als ausreichend. Was mir dabei niemals in den Sinn kam, war, dass ich es war, die schon mehr als genug gegeben hatte und immer noch geben musste. Wenn man einmal erleben musste, dass man nichts wert war, glaubte man irgendwann selbst daran und mit meinem Selbstwertgefühl war es nicht besonders gut bestellt. Daraus resultierten auch meine Ängste, die mich in jeder freien Minute heimsuchten. Besonders die Angst vor der Zukunft wollte mich manchmal geradezu auffressen. Aber war genau das nicht völlig Paradox? Die ganze Zeit hatte ich von der Freiheit geträumt und nun da sie unmittelbar bevorstand, bereitete mir der Gedanke, bald tun und lassen zu können, was ich wollte, eine solche Angst. Hätte meine Zukunft nur mich betroffen, hätte ich dem wesentlich entspannter entgegen sehen können. Doch bald hatte ich auch noch ein Kind zu versorgen, das Essen und Kleidung brauchte und ein Dach über dem Kopf. Ich hatte keine Ahnung, wie ich das alles, auf mich selbst gestellt, bewerkstelligen sollte. Ganz zu schweigen von der Gewissheit, nie mehr nach Hause gehen zu können.
    Überrascht sah ich auf, als Aquilius dann die ganze Karte bestellte und meinte, es wäre viel zu wenig, was ich mir ausgesucht hatte. Dass er auch auf den Wein verzichtete, war sehr ungewöhnlich. Ich glaubte, noch nie einen Römer getroffen zu haben, der freiwillig auf Wein verzichten wollte. Warum nur das alles? Ich war es einfach nicht gewohnt, dass sich jemand um mich sorgen machte. Eigentlich war dies ja ein schönes Gefühl, zu wissen, dass jemand an einen dachte und dass man eben diesem Menschen nicht gleichgültig war. Doch sich deswegen zu freuen und glücklich zu sein, gelang mir auch nicht. Solche Aufmerksamkeiten beschworen in mir nur eine Verlegenheit herauf, die sich dann meist durch rotwerden oder ein unterdrücktes Lächeln zeigten. Was hätte ich darum gegeben, endlich einmal all das auszusprechen, was sich in all der Zeit in mir angesammelt hatte. Was unbedingt heraus wollte aber nicht durfte. All das schnürte mir an manchen Tagen die Kehle zu und dieser Tag, so kam es mir vor, wollte sich nur auch wieder an unzählige andere anknüpfen.
    Wie nicht anders erwartet, erwiderte ich sein Lächeln verlegen. Eine Gefangene, die in sich selbst gefangen war. Einfach nur hoffungslos!
    Ich nickte erst nur bei seinen Worten, ich müsse genug essen. Während er sich in eine legere undentspannte Lage brachte, saß ich immer noch kerzengerade da. Die Anspannung in mir war unerträglich. So musste es auch nach außen wirken.


    Ich bekomme das übliche, antwortete ich auf die Frage nach dem Essen. Was aber das bedeutete, wusste er sicher nicht. Er hatte sich wahrscheinlich nie die Frage gestellt, wie das Essensangebot im Sklaventrakt aussah. Dass die Qualität des Essens gegenüber dem der Herrschaft zu wünschen übrig ließ und dass Gemüse und Obst Seltenheitswert besaßen, hatte ich nicht erwähnt. Ich presste meine Lippen aufeinander und sah kurz in eine andere Richtung, so als wolle ich eine Empfindung verheimlichen.


    Es gibt jeden Tag das gleiche. Ein nicht genau zu definierender Brei, in dem sich gelegentlich etwas verkochtes Gemüse verirrt hat. Fisch oder Fleisch gibt es so gut wie nie. Und Obst gibt es dort auch nicht.


    Ich sah ihn mit einem ernsten Ausdruck an.


    Manchmal gelingt es mir, Reste des Frühstücks oder der cena zu ergattern, gestand ich. Dies war kein Thema, über das ich gerne sprach. Wahrscheinlich auch deswegen, weil ich glaubte, dadurch undankbar zu wirken.

    Oh nein! Nicht auch das noch! Ich hatte doch gar keine Erfahrung damit, wie man eine Dame frisierte oder schminkte! Ich sah schon, der Tag endete in einer Katastrophe! Heute bereute ich es, nicht einfach nur eine gewöhnliche Küchensklavin zu sein. Dann hätte ich zwar Attalus ertragen müssen, aber das wäre leichter zu ertragen gewesen, als das hier!


    Ja, er hat schon früh das Haus verlassen, antwortete ich eintönig, ohne eine Emotion zu zeigen.
    Was blieb mir als anderes übrig, als zur Kommode zu gehen und eine Bürste zu nehmen und dann damit zu beginnen, ihre Haare zu bürsten? Ich tat es einfach und bürstete, was das Zeug hielt. Mit einigen Haarnadeln versuchte ich, ihre Haare hochzustecken, so wie ich es bei mir getan hätte. Ich gab mir dabei die größte Mühe. Allerdings bezweifelte ich, dass sie damit zufrieden war. Nach mehreren Versuchen hatte ich endlich etwas zustande gebracht, was sich sehen lassen konnte.
    Mit dem Schminken hatte ich nun gar keine Erfahrung. Schminke besaß ich nicht und brauchte sie eigentlich auch nicht. Sie würde das sicher anders sehen. Aber mir blieb nichts anderes übrig. Ich sah mir die Schminke in den Tieglchen an und überlegte, wofür man was brauchte.
    Das Rote war sicherlich für die Lippen. Das schwarze Pulver mußte dür die Augen sein.
    Ich schminkte einfach drauf los, so wie ich es für richtig hielt. Das Ergebnis war....grauenhaft! Wie bekam man das Zeug wieder ab? Mit Wasser? Vielleicht gefiel es ihr aber auch so!


    Domina, ich glaube, ich bin fertig!

    Für einen Moment lag die Aufmerksamkeit des Römers nicht auf mir. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt gewesen, um zu entwischen, wenn ich nur nicht solche Angst vor der Raubkatze gehabt hätte. Vorsichtig rutschte ich zum Seitenende der Kline, um dann ganz plötzlich wegspringen zu können. Allerdings in dem Moment, in dem ich hätte das Weite suchen können, richtete er seinen Blick zu mir und drohte mir mit Worten. Aber ich hatte Glück! Schon kurz danach, widmete er sich wieder seinem Sohn und ich konnte weiter Vorkehrungen für meine Flucht treffen. Noch ein Stücken näher rückte ich dem Seitenende entgegen. Bald konnte ich ganz unauffällig meinen linken Fuß auf den Boden setzen. Der rechte konnte gleich darauf folgen. Mit meinen Händen versuchte ich mich leicht abzustützen, damit ich aufstehen konnte. Ich wollte keinen Gedanken daran verschwenden, was alles passieren konnte, wenn ich einfach so verschwand. Im schlimmsten Fall hetzte Serenus seinen Löwen auf mich.


    Endlich hatte ich es geschafft! Ich hatte mich aufgerichtet, ohne groß Aufmerksamkeit erregt zu haben. Jetzt sollte es eigentlich ein Leichtes sein, sich unbemerkt zurück ins Haus zu schleichen. So dachte ich jedenfalls. Just, als ich mich davon stehlen wollte, erschien ein Sklave aus dem Inneren des Hauses, der praktisch direkt vor mir stehen blieb. Als ich die Stimme des Römers in meinem Rücken vernahm, wäre ich zur Salzsäule erstarrt, hätte ich nicht so aus Furcht zittern müssen. Ich rührte mich kein bisschen und schloss die Augen. Ich konnte mir nicht vorstellen, ungestraft davon zu kommen.

    Eine Spur Neugier nagte schon an mir. Besonders auf das Meer und den Hafen freute ich mich, auch wenn ich keinerlei Vorstellungen hatte, was mich in Ostia alles erwartete. Auf jeden Fall wollte ich genügsam sein und mit dem zufrieden sein, was ich bekam. Alleine dass ich jetzt hier war, auf dem Rücken eines Pferdes saß, das zu einem Ausflug ausritt, war mehr, als ich erwarten durfte. Mir war nur noch nicht so genau bewusst, womit ich mir dieses Privileg überhaupt verdient hatte. Besonders die letzen Tage waren sehr schwierig in unserem Miteinander gewesen. Nach allem, was an jenem Abend geschehen war, an dem ich Aquilius zu einer Unterredung gebeten hatte, wusste ich nicht mehr, wo jetzt eigentlich stand. Besser war es, darüber nicht so genau nachzudenken und schon gar nichts diesbezüglich etwas zu erwähnen. Vielleicht würde sich so manches von selbst ergeben.


    Endlich erreichten wir das Gasthaus. Ich hatte wirklich großen Hunger, so dass es mir fast schon schlecht wurde. Aquilius´ Vorschlag kam mir daher mehr als recht. Ich nickte eifrig und lächelte dabei.


    Ja, gerne!


    Mit einem Satz sprang ich vom Pferd und überließ es jenem Stallsklaven, der uns schon von weiten gesehen haben musste, denn er war uns einige Schritte entgegen gekommen. Dann ließ ich mich von Auquilius in das Gasthaus führen. Ich für meinen Teil war zuerst etwas unsicher gewesen, denn es war schon ungewöhnlich, wie er mich so am Arm berührte. So, als wolle ich sicher gehen, nicht etwas falsches zu machen, warf ich ihm einen schüchternen Blick zu und versuchte zu lächeln. Doch er schob mich in den Gastraum hinein. Wir hatten wirklich Glück, noch einen freien Tisch erwischt zu haben! Ich wunderte mich, wie viele Reisende hier Halt machten, um sich zu stärken. Dieses Gasthaus musste wirklich beliebt sein, wenn es bereits um diese Zeit so überfüllt war. Hoffentlich lag dies nicht nur an seiner günstigen Lage, sondern auch an dem Essen, was angeboten wurde.
    Vorerst hatte ich aber wenig Sinn für die Umgebung, in der wir uns nun befanden. Nicht einmal den Tisch und die Stühle, die wir ergattert hatten, betrachtete ich mir genau. Nachdem sich Aquilius gesetzt hatte, nahm auch ich zoögerlich Platz. Man musste mir meine Unsicherheit ansehen, die ich empfand. Normalerweise war ich es, die für das Frühstück zu sorgen hatte. Jetzt saß ich hier uns sollte mich dazu äußern, was ich essen wollte. Für gewöhnlich bestand mein Frühstück aus jener ungeliebten Pampe, die man allmorgendlich an die Sklaven in der Villa austeilte. Heute war aber alles anders! Mit dieser Tatsache musste ich mich erst noch vertraut machen.
    Der Kellner, der von Aquilius an unseren Tisch gewunken worden war, begann seine Speisekarte hinunter zu rattern. Alles hörte sich sehr verführerisch an. Aber alles zu nehmen, wäre sehr dreist gewesen, dachte ich. Wann hatte ich zum letzten Mal frische Milch getrunken? Oder Obst und Eier gegessen? Geschweige denn frisches Brot gehabt! Für Aquilius musste dies alles normal gewesen sein. Das Frühstück der Herrschaften fiel desöfteren noch viel üppiger aus. Das Angebot hier, war also nur eine kleine Auswahl dessen, was üblich gewesen war. Nach einer Weile entschied ich mich dann.


    Ich hätte bitte gerne etwas Milch und Brot, antwortete ich schüchtern dem Kellner und lächelte dann etwas verlegen Aquilius zu. Auch wenn es ihm wenig erschien, für mich war es fast wie ein Festessen. Davon konnte man im Sklaventrakt nur träumen.

    Alles um mich herum war perfekt. Die Übelkeit war fast völlig verschwunden. Nur ein leichtes grummeln im Magen konnte ich noch spüren. Doch dies stellte sich bald als Hungergefühl heraus.
    Ich war mit meinem Pferd eins geworden. Carmelina reagierte auf jede meiner Bewegungen und auch ich hatte keinerlei Mühe, sie zu führen. Selbst als es eng auf der Straße wurde, war es mit ihr ein gutes durchkommen. Nicht nur die Wärme der Sonne, der blaue klare Himmel, auch die intensiven Farben der Landschaft bescherten mir ein wohliges Gefühl der Harmonie. Ein solches Gefühl war mir schon lange nicht mehr vergönnt gewesen. So genoss ich die Stille, jeden Atemzug und jeden weiteren Schritt Carmelinas, der mich näher in Richtung Ostias brachte.
    Da ich eigentlich gar nichts über Ostia wusste, außer dass sich dort der Hafen befand, hörte ich interessiert zu, was Aquilius zu sagen hatte. Richtig exotische Dinge - das hörte sich wirklich gut an. Was dies für exotische Dinge waren, konnte ich mir nicht vorstellen. Damals, in meiner Heimat, waren die Waren der römischen Händler, exotische Dinge für mich gewesen. Eingelegte Oliven, Glaswaren, Wein in Amphoren, edle Stoffe, Schmuck oder auch Salben und Cremes, die wunderbar dufteten. Auch diese Waren hatten horrende Preise und waren unerschwinglich für uns gewesen. Doch ich hatte sie mir immer gerne angeschaut, auch wenn ich wusste, dass ich so etwas nie besitzen würde.
    Ich war mir ganz sicher! Den Hafen wollte ich gerne sehen, alleine schon der exotischen Waren wegen. Die würde ich mir zwar auch nur anschauen können, mit dem Wissen, sie nie besitzen zu können. Aber ich war genügsam und musste nicht alles haben, was ich sah. Ich konnte mich bereits am Anblick schöner Dinge erfreuen.


    Ich glaube, den Hafen würde ich gerne sehen wollen und diese exotischen Dinge, von denen du gesprochen hast. Aber die Landschaft ist hier auch sehr schön. Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich gerne auch noch etwas davon sehen.


    Ich wollte nicht unverschämt wirken. Denn im Grunde war es ja schon großzügig genug, ihn nach Ostia begleiten zu dürfen.


    Glücklicherweise zeichnete sich vor uns ein Gasthaus ab. Ich hoffte sehnlichst, wir würden hier halt machen, denn ich hatte Hunger wie ein Bär. Wenn ich wenigsten nur eine Kleinigkeit bekommen konnte, wäre ich schon zufrieden gewesen.

    Vielleicht hatte ich ihr ja wirklich den Wind aus den Segeln genommen. Jedenfalls war sie nicht mehr so aufbrausend. Es musste etwas dran sein, was mein Vater gesagt hatte.
    Vorsichtig begann ich ich sie zu entkleiden. Dieses Szenario erinnerte mich doch sehr stark an meine jüngeren Geschwister. Nach dem Tod meiner Mutter war es meine Aufgabe gewesen, mich um das Wohl der Kleinen zu kümmern. Dazu gehörte dann auch das allmorgendliche Anziehen. Bei meinen kleinen Geschwistern konnte ich es ja noch verstehen. Sie waren einfach noch zu klein, um sich selbst anziehen zu können, aber sie hier war eine erwachsene Frau. Selbst Aquilius konnte sich alleine anziehen und der war auch noch ein Mann! Nur bei der Toga, dem unpraktischsten Kleidungsstück, das es auf der Welt gab, brauchte er Hilfe.


    Ich legte die getragenen Kleider zur Seite und griff nach der grün-blauen Tunika, die sie ausgewählt hatte. Schönes orange, dachte ich spöttisch und wollte sie ihr schon anziehen. Ihre Frage jedoch, ließ mich innehalten.


    Ich bin die Leibsklavin von Flavius Aquilius, domina.


    Mehr gab es dazu nicht zu sagen.
    Wenige Minuten später hatte ich ihr die Tunika angezogen. Sie sah darin gar nicht mal so schlecht aus. Wenn ihr jetzt noch jemand die Haare hochsteckte und ihr ein wenig Farbe ins Gesicht malen würde, wäre sich ganz ansehnlich gewesen. Warum hatte ich nur dieses seltsame Gefühl, dass ich diejenige war, die das machen sollte?
    Oh Ylva, du schuldest mir nicht nur einen Gefallen!