Beiträge von Flaviana Brigantica

    So freudig hatte ich ihn in letzter Zeit selten erlebt. Dieser Fremde, den er mir als seinen Vetter vorstellte, musste für ihn etwas ganz besonderes sein. Anders konnte ich es mir nicht erklären. Es ehrte mich ja, als er mich als diejenige bezeichnete, die seinen Tag erhellte und leichter machte. Allerdings wenn ich an die letzten Wochen dachte, war ich wohl alles andere für ihn gewesen. Doch all dies schien in jenem Moment vergessen.
    Wie immer, wenn ich einem völlig Fremden gegenüberstand, war ich erst einmal furchtbar schüchtern. So nickte ich Callistus nur wortlos zu und lächelte nur ganz wage dabei.
    Ich hatte ja schon gehofft, bald wieder den Rückzug antreten zu können, doch daraus wurde nichts. Ich nahm schließlich auf der Kline platz und wunderte mich erst noch, was ich denn hier sollte. Doch die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Singen ? Ich? Hier? Blankes Entsetzen stand in meinem Gesicht. Aquilius wusste doch genau, wie ungern ich vor Fremden sang. Zum Gluck musste ich nicht das nötige Geld für meine Freilassung durch Singen verdienen, so wie ich es anfänglich ja vorgehabt hatte. So hätte ich sicher bis zum jüngsten Tag auf die Freiheit warten müssen.
    Noch irritierter musste ich dann wohl ausgesehen haben, als der Fremde dann auch noch meinte, er würde sich sehr über meine Darbietung freuen. Worauf Aquilius , um das Faß zum überlaufen zu bringen, auch noch meine Singstimme lobte. Jetzt saß ich in der Falle und nichts, aber auch rein gar nichts konnte mich jetzt noch retten. Ich konnte mich nicht aus dem Staub machen! Damit hätte ich Aquilius sicher auf ganzer Linie plamiert.
    Ich dachte kurz nach, welches Lied ich den vortragen sollte, aber mir wollte einfach nichts einfallen. Irgendein Lied, gleich welches, das musstemir doch einfallen. Mir fiel dann auch etwas ein.
    Ich räusperte mich kurz und wollte schon anfangen, doch es kam nichts! KeinTon, keine Silbe, nichts! Mir wurde heiß und kalt und das zur gleichen Zeit.
    Ich versuchte es noch mal und dann...ganz leise und zaghaft....so schüchtern wie es nur kleine Mädchen waren, kamen die ersten Silben und Töne aus meinem Mund.


    Tá gealach na gconnlach ag éirí sa spéir

    Diese widerlichen Oliven, die ich ja eigentlich überhaupt nicht mochte, sie lachten mich so unverschämt an, jeden falls die wenigen, die ich in meiner Gier noch übrig gelassen hatte. Nein, widerstehen konnte ich nicht! Diese letzten paar musste ich jetzt auch noch haben. Das waren die besten widerlichen Oliven, die ich je gegessen hatte und natürlich holte ich mir jetzt auch noch den Rest. Ich aß nicht, nein ich schlang sie hinunter. Schade, dass es nichts anderes als Wein zu trinken gab, denn Durst hätte ich jetzt auch gehabt. Ob es auch einen Wein gab der nicht so widerlich nach Wein schmeckte? Vielleicht sollte ich ihn mit Wasser verdünnen? Wirklich schade, dass es keinen Met gab. Zu dumm, dass mein Vorrat an Imbolc komplett ausgetrunken worden war. Tja, man konnte eben nicht alles haben! Oder vielleicht doch? Wenn ich ganz lieb und nett fragen würde? Aber ich traute mich nicht so. Dieser Arristus oder wie auch immer, keine Ahnung, war mir noch immer noch nicht so ganz geheuer. Was, wenn er mich hiermit nur köderte und dann am Ende kam dann das böse Erwachen?
    Über seine Sichtweise der Löwengeschichte musste ich erst einmal nachsinnen. Schlagartig fiel mir an dieser Stelle wieder dieser Widerling Furiuanus ein, der mir im Bad so zugesetzt hatte. Er hatte mir alleine deswegen nichts angetan, weil er mich zum spionieren eingeplant hatte. Doch dummerweise wurde da nichts draus! Tja, manchmal konnte eine Maus auch über sich hinaus wachsen!
    Wenigsten nahm er mir das wegen dem Schwanenfleisch nicht krumm. Nein, er akzeptierte dies sogar! Sollte es tatsächlich auch Flavier geben, die keinen Sprung in der Schüssel hatten? Doch so ganz wollte ich mich mit diesem Gedanken noch nicht anfreunden.
    Sollte ich wirklich mal von dem Taubenfleisch oder von der Ente probieren? Irgendwie hatten mich diese blöden Oliven hungrig gemacht und nun lief mir plötzlich das Wasser im Munde zusammen. Komisch, mir war gar nicht mehr schlecht! Verstohlen griff ich nach einem Stück Ente. Die Haut triefte zwar vor Fett, doch sie war so was von knusprig! Mhhhm, lecker! Schmatzend griff ich nach noch einem Stück. Das Fett lief an meinen Fingern herunter. Eigentlich ekelte ich mich ja vor so etwas. Aber heute konnte ich einfach nicht davon lassen! Doch mit jedem weiteren Bissen, den ich tat, plagte mich immer mehr der Durst.


    Sag mal dominus, darf ich eine Frage stellen? Hast du vielleicht auch Met oder so etwas? Den mag ich nämlich am liebsten.


    Ob meine Frage nun zu vermessen gewesen war oder nicht würde sich sicher bald herausfinden lassen. Aber wer ein Feinschmecker war, konnte doch unmöglich am Met verbeikommen, ohne ihn probiert zu haben!


    Mit diesen eigenartigwen Namen, die er mir dann nannte, konnte ich so gar nichts anfangen.


    Metanis, Abaladon? Da habe ich noch nie etwas davon gehört. Hier nennt man meine Insel Hibernia, weil sie so grün ist. Nein und Thule kenne ich auch nicht. Das soll, glaube ich noch weiter im Norden sein!


    Ich mutmaßte einfach mal, denn ganz so sicher, war ich mir da auch nicht! Ich war aus meinem Dorf nie richtig raus gekommen und hatte bis zu dem Tag, als sie mich raubten, die Insel nie verlassen.


    Mein Dorf aus dem ich komme liegt ander Müdung eines Flusses, der dort ins Meer mündert und Boinne heißt. Gar nicht weit weg, vielleicht in ein bis zwei Stunden mit dem Pferd zu schaffen, liegt Tara. Dort regiert der oberste König. Der Ard Rí. Und ja, bei uns gibt es auch Druiden. Sie geben das Wissen von Generation zu Generation weiter. So zum Beispiel auch Lirs Geschichte. Aber sie sind auch so etwas wie Priester. Sie begleiten uns an unseren Festen und sind die Mittler zu den Göttern. Ich weiß nicht, ob Aoife aus der Geschichte eine dieser Druiden war. Sie lebte lange vor unserer Zeit, als die Tuatha de Dannan noch die Insel beherrschten.
    Was möchtest du wissen? Wie wir leben? An was wir glauben oder möchtest du doch etwas anderes hören?

    .Ehrlich gesagt, konnte ich diesem Gesöff absolut nichts abgewinnen! warum es hierzulande doch in Strömen floss, war mir schleierhaft. Allerdings hatte ich, seitdem ich nun schwanger war, so mache eigentümliche Wandlung erfahren, wenn es ums essen oder trinken ging. Dinge, die ich vorher wie die Pest gehasst hatte, konnte ich nun kaum noch widerstehen und anderes wiederum, was ich vorher mochte, konnte ich nicht mal mehr riechen, ohne dass es mir dabei schlecht wurde. Wirklich eigenartig, das alles!
    Mit dem Wein konnte ich mich trotzdem nicht anfreunden. Nicht nur, weil Cungah mir davon abgeraten hatte, Wein über alle Maßen zu trinken. Nein, weil dieses Gesetz bei Wein einfach nicht zu greifen schien.
    Gleich ob ich Wein nun mochte oder nicht, hatte man mir eine Karaffe und zwei Becher in die Hand gedrückt, mit dem Hinweis, dies ins Atrium zu bringen, wo es gebraucht würde. Ich hatte nicht wirklich mitbekommen, wer im Atrium auf den Wein wartete. In letzter Zeit waren ja so einige neue Familienmitglieder angekommen oder aus dem Krieg zurückgekehrt, die ich bis dato gar nicht kannte. Dabei war es nicht immer so angenehm, deren Bekanntschaft zu machen. So war ich auch in diesem Fall lieber etwas vorsichtiger.
    Im Atrium fand ich dann schließlich Aquilius vor, der einen Besucher (oder war es schon wieder ein neues Familienmitglied, das dann auch noch länger blieb) empfing. Der Stimmung nach zu urteilen, die hier vorherrschte, war dieser Fremde eher ein Freund von Aquilius.
    Die Karaffe stellte ich auf einem Tischchen ab und reichte beiden jeweils einen gefüllten Becher mit dem gewünschten Wein.


    Der Wein, dominus!


    Eigentlich wollte ich mich gleich wieder zurückziehen, denn es nicht meine Absicht, jemanden zu stören oder zu belauschen. doch verharrte ich noch einen Moment, falls einer von beiden doch noch einen Wunsch hatte

    Cungah sah mich nur ratlos an und ihr Blick sagte wirklich alles! Ich zuckte nur leicht mit den Schultern. Was hätte ich angesichts der impulsiven Dame auch anderes machen können.
    Die Nubierin beugte sich sogleich zu der Kranken hin und versuchte zu helfen. Währenddessen nahm Ylvas Herrin mich wieder in Beschlag und gab mir zu verstehen, wie der Rest meines heutigen Tages auszusehen hätte. Noch ehe ich mich versah, verließ sie auch schon die Kammer und stampfte zurück in ihre Räume. Missmutig folgte ich ihr. Das konnte ja heiter werden! Den ganzen Tag dieses Weib! Ich wusste nicht mal, mit wem ich es zu tun hatte und was sie heute alles in der Stadt vorhatte. Noch einmal sah ich mich zu Cungah um, die sich nun eingehend mit Ylva beschäftigte. Sie zwinkerte mir noch aufmunternd zu, was mir allerdings nicht wirklich half.
    Im Cubiculum der Flavierin sah ich mich erst einmal um. Geschmackvoll eingerichtet war es ja. Wie ich es bereits aber von Aquilius gewohnt war, ließ auch sie alles stehen und liegen, dort wo sie gerade gewesen war. Genauso auch ihre getragene Kleidung. Alles kreuz und quer im Raum zerstreut! Das musste so eine dieser flavischen Krankheiten sein. Wenn sie jetzt dachte, ich würde hier erst mal Ordnung schaffen, dann hatte sie sich aber gründlich geschnitten! Eigentlich hatte ich ja schon mit meinen eigenen Aufgaben genug zu tun. Da konnte ich nicht noch zusätzliche Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gebrauchen!
    Vorerst blieb ich mitten im Cubiculuim stehen, nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte. Weitere Anweisungen würden sicher nicht lange auf sich warten lassen.

    Während ich erzählte, konnte ich vereinzelt einige Regungen in seinem Gesicht wahrnehmen. Besonders als es zu Beginn der Geschichte darum gegangen war, dass Lir seine Kinder verloren hatte, konnte man ganz deutlich sehen, wie nachdenklich und finster er dreinschaute. Hatte ich da etwa unwissend an einer Wunde genagt, die noch nicht richtig verheilt war? Doch viel Zeit zum nachgrübeln blieb mir nicht, denn ich wollte ja flüssig weitererzählen, was ich dann auch tat.
    Als ich die Geschichte zu Ende erzählt hatte, war mir nicht ganz klar, ob er verstanden hatte, was ich ihm damit sagen wollte. Jedenfalls folgte keinerlei Reaktion. Stattdessen kaute er fröhlich weiter. Wieder war es das Schwanenfleisch, an dem er sich gütlich tat. Nein, er hatte nichts begriffen, oder tat er es gerade deswegen?
    Mein Blick fiel noch einmal über das lukullische Schlachtfeld und blieb an einem Schälchen mit Oliven hängen. Ausgerechnet Oliven waren es, die mich jetzt ansprachen! Obwohl ich doch Oliven so gar nicht mochte. Doch nun sprachen sie förmlich zu mir, nimm uns, iss uns! Das konnte doch nicht wahr sein! Ich konnte einfach meinen Blick nicht mehr davon abwenden. In mir entwickelte sich eine wahre Gier danach. Doch hielt mich vorerst noch meine Furcht zurück, mich einfach ungefragt zu bedienen, griff ich, nachdem ich nicht mehr widerstehen konnte, einfach völlig überstürzt nach dem Schälchen und stopfte mir eine Handvoll Oliven in den Mund. Zufrieden kaute ich auf ihnen herum und ich konnte es selbst nicht fassen, dass ich sie nicht einfach ausgespuckt hatte, denn der widerliche Geschmack dieser Früchte war ja gleich geblieben. Nein ich kaute genussvoll auf ihnen herum und schluckte sie irgendwann hinunter. Dann dauerte es nicht allzu lange, bis ich mir noch eine Handvoll nahm.


    Widerlich gut, diese Oliven, sagte ich nachdem ich auch die zweite Ladung Oliven hinunter geschluckt hatte. Ohne nur einen Gedanken daran zu verschwenden, ob es vielleicht unverschämt wirken könnte, griff ich auch ein drittes mal zu.
    Währenddessen ich nun genüsslich kaute, begann er eine Geschichte zu erzählen. Durch das Essen der Oliven war ich nun sichtlich gelöster und nicht mehr so verkrampft. Es machte mir sogar etwas Spaß, nun diejenige zu sein, der man eine Geschichte erzählte. So lauschte ich ihm aufmerksam.
    Bald konnte ich mich jedoch dem Gefühl nicht mehr erwehren, dass er seinerseits mit dieser Geschichte etwas bezweckte. Natürlich, die Maus war ich, auch wenn man nicht gerade behaupten konnte, dass ich derzeit vor Lebenslust sprühte. Ich, die ich in die Gewalt des allmächtigen Löwen geraten war, hoffte nun nicht nur vom Löwen verschlungen zu werden, nein ich hofftesogar darauf, freigelassen zu werden. Ich hatte zwar in meinem ganzen Leben noch nie einen echten Löwen gesehen, doch hatte man mir hier in der Villa schon mehr als einmal verdeutlicht, was Löwen waren und was sie taten, wenn man sie ließ. Ich erinnerte mich noch genau. Es war einer meiner ersten Abende in der flavischen Villa gewesen, als mir Sciurus die schlimmsten Schauermärchen erzählte und mir damit sagen wollte, dass ich zu nichts Nütze sei, außer zu Löwenfutter. Damals war ich voller Angst gewesen und Severus war es, der mir geholfen hatte und mir Sciurus vom Hals hielt. Da war er wieder, Severus! Eigentlich wollte ich versuchen, so wenig wie möglich an ihn zu denken, allerdings gelang mir das nicht immer. Wenigsten gingen wir uns erfolgreich aus dem Weg, was doch schon ein Fortschritt war. Doch plötzlich erinnerte ich an noch etwas anderes. Ich erinnerte mich, was Aquilius mir erzählt hatte, über dieses Mädchen, das Severus entführt hatte und in das er sich dann verliebt hatte. Arre… Arra… mir fiel der Name nicht mehr ein, doch es war ja auch gleich. Dieses Mädchen musste seine Tochter sein und wenn er der Vater des Mädchens war, dann war auch er derjenige, der Severus verfolgt hatte und Severus wiederum hatte dieses Mädchen nur entführt, weil er es war, der ihn zum Sklaven gemacht hatte! Endlich, es fiel mir wie Schuppen von den Augen! Jetzt wusste ich, wer dieser Mann war, auch wenn ich nicht seinen richtigen Namen kannte. Nun sah ich ihn, nun mit völlig anderen Augen an. Wieder wollte ich erstarren. Ich stellte das Schälchen mit den wenigen übriggebliebenen Oliven zur Seite und hörte auf, zu kauen. Nur seiner Geschichte folgte ich noch und jetzt noch gebannter, als ich es vorher getan hatte.
    Der Löwe hatte also wirklich die Maus frei gelassen, obwohl er nicht davon überzeugt war, die Maus könne ihm jemals behilflich sein. Doch tatsächlich, die Maus wurde unendlich wertvoll für den Löwen.
    Ja, ich war diese Maus und zwar auf ganzer Linie! Davon war ich überzeugt.
    Dem Römer schien es eine unbändige Freude zu bereitet zu haben, diese Geschichte zum Besten gegeben zu haben. Jedenfalls sah er zufrieden aus und blickte mich mit einer gewissen Erwartung an, nachdem auch er seine Geschichte zu Ende erzählt hatte.


    Die Geschichte war schön, dominus. Sie lässt darauf hoffen, dass es auch anderen Mäusen gelingen wird, dem Löwen zu entkommen.


    Ich war mir nicht sicher, ob er das hören wollte. Doch genau das war es, was mir dabei durch den Kopf ging. Erstaunlicherweise kam er nun doch noch auf meine Geschichte zu sprechen. Da wollte ich ihm keineswegs eine Antwort schuldig bleiben.


    Éirinn ist eine Insel und liegt westlich von Britannia, dominus. Dort ist meine Heimat. Ich wollte mit meiner Geschichte nur erklären, warum ich dieses Fleisch nicht essen sollte und es auch nicht essen kann.


    Ich war mir nicht sicher, wie er meine Offenheit bewerten würde. Daher sah ich eher verunsichert zu ihm hinüber.


    Soll ich dir etwas über meine Heimat erzählen?

    Was hatte ich den jetzt schon wieder falsches gesagt? Ich hatte doch nur die Wahrheit gesagt und die hatte rein gar nichts mit Attalus, dem schlechtesten Koch der Welt zu tun. Es war sicher richtig, Attalus war eine Mischung aus beidem, sowohl Dilettant als auch Psychopath.
    Als sie mich dann noch hinterrücks zusammenstauchte, fuhr ich erschrocken zusammen. Was hatte ich denn nur getan? Ich konnte ja verstehen, dass sie wegen ihrer Sklavin aufgebracht war aber warum liess sie all ihren Unmut an mir aus?


    Mir ist wegen der Schwangerschaft jeden Tag schlecht, domina, fügte ich noch schnell mit zittriger Stimme hinzu. Wie sie mich nur anschautute! Wenn Blicke töten könnten, wäre ich wahrscheinlich auf der Stelle tot umgefallen. Am liebsten wäre ich an einem anderen Ort gewesen, nur weg von hier! Aber es gab kein Entweichen.
    Wieder erzitterte ich, als sie mir sagte, was ich tun sollte und dabei immer wieder das DU stark betonte.
    Naja, jemanden herbeischaffen, der sich um ihre Sklavin kümmern würde, das war sicher das wenigste, was ich tun konnte aber für den Rest des Tages die Launen dieser Frau zu ertragen? Das war einfach zu viel des Guten!


    Aber domina, ich ähm…ja.


    Weiter, ls bis zu diesem Gestottere kam ich nicht, denn ihr durchdringender Blick schüchterte mich regelrecht ein und so schwieg ich besser.


    Ich heiße Bridhe, domina. Ich gehe und suche jetzt jemanden, der Ylva weiterhelfen kann.


    Mit diesen Worten huschte ich erst einmal aus der Kammer und war heilfroh, ihr vorerst entkommen zu sein. Ich überlegte kurz, wen ich denn holen könnte. Doch da fiel mir nur Mama Cungah ein. Also lief ich zu ihr und schilderte ihr kurz den Fall. Zusammen gingen wir beide zurück zu der Römerin und ihrer Sklavin.


    Domina, das ist Cungah, sie kennt sich etwas mit der Heilkunst aus.

    Aber es sollte doch bitte schön jedem selbst überlassen bleiben, welche Musik er dazu hören will und ob er sie überhaupt hören will, während er einen Beitrag liest.
    Da wie bereits erwähnt, die Musikgeschmäcker sehr unterschiedlich sind und es sehr schwer fällt, alle unter einen Hut zu bekommen, finde ich diese Idee nicht so gut. Etwas was mir gefällt, muß zwangsläufig nicht demjenigen gefallen, der mit mir im gleichen thread schreibt oder einem Dritten, der einfach nur lesen möchte.
    Meine ID singt gelegentlich und da ich mir hier keine eigenen Texte aus den Rippen schwitzen will :D, bediene ich mich sehr gerne bei Enya, Clannad oder Maíre Brennan. Mit der Angabe des Songs und wo er zu finden ist, kann sich jeder, den es interessiert, die Musik selbst beschaffen und anhören.

    Vielleicht war es ja auch mein Glück, dass Serenus diese spannungsgeladene Unterhaltung gestört hatte, denn so war der Römer mit einem mal wieder abgelenkt und konnte seiner Wut über den ausgespukten Wein nicht freien Lauf lassen. War anfangs in seinem Gesicht ganz deutlich das Entsetzen und der damit verbundene Ärger zu sehen, war nun, nachdem Serenus samt Gefolge wieder abgerauscht waren, wieder Milde eingekehrt. Ermutigend forderte er mich abermals auf, mit meiner Geschichte zu beginnen.
    Von einem Anflug der Nervosität geplagt, nickte ich unsicher und wollte beginnen.


    Vor langer Zeit lebte einst...


    Irritiert hielt ich wieder inne, denn schon wieder, diesmal mit noch mehr Lärm, kam der Möchte-gern-Krieger auf seinem "Streitwagen" vorbeigeflitzt, legte eine haarscharfe Vollbremsung hin, entstieg seinem Wagen und begann überschwänglich auf seinen Vater einzureden. Doch so schnell, wie er gekommen war, war er auch wieder verschwunden.
    Einen Moment wartete ich noch ab, um sicher zu gehen, nicht gleich wieder gestört zu werden. Meine Anspannung war durch den Zwischenfall nur noch größer geworden.


    Also, vor langer Zeit lebte einst Lir. Er war der Sohn eines Rí, eines Königs. Um den Frieden mit seinen Nachbarn zu bewahren, gab man ihn Aobh zur Frau. Aobh war von bezaubernder Schönheit und sie gebar Lir vier Kinder. Drei Jungen, Aed, Conn, Fiachna und eine Tochter, Fionnuala. Lir liebte sie über alles und er war glücklich mit ihr. Doch bei der Geburt des letzen Kindes starb Aobh. Lir, der bereits selbst König geworden war, vermisste seine Frau so sehr, dass er bald darauf Aobhs Schwester Aoife ehelichte, da sie in ihrem Aussehen ihrer Schwester, der toten Königin so sehr ähnelte. Allerdings blieb diese Ehe kinderlos und das grämte Aoife. Es grämte sie so sehr, dass sie beschloss, die vier Kinder ihrer Schwester aus Neid und Eifersucht zu töten. Doch als es soweit war, brachte sie es nicht über ihr Herz . Als sie eines Tages mit den Kindern zum See von Dairbhreach ritt und die Kinder weit in den See hinein schwammen, verfluchte sie sie und verwandelte die Kinder in vier weiße Schwäne. Fortan sollten sie 900 Jahre lang umherirren. Dem König erzählte sie, die Kinder seien ertrunken. Lir eilte zu dem See und fand nichts weiter als die vier Schwäne vor. Durch den Fluch hatten sich zwar ihre Körper verwandelt, doch die Schwäne konnten noch immer sprechen. Sie erzählten ihrem Vater, was geschehen war und nun erkannte Lir Aoifes schreckliche Tat und verbannte sie aus seinem Land. Der König verbot fortan das Töten von Schwänen, denn es konnten ja auch seine Kinder sein, die getötet wurden.


    Kurz hielt ich inne um vielleicht eine Reaktion seinerseits erhaschen zu können. Während der Erzählerns war es mir immer leichter gefallen, meine Anspannung wieder loszulassen und bald war sie gänzlich von mir abgefallen.


    Lir lebte bis zu seinem Ende verbittert am See um in der Nähe seiner Kinder zu sein. Die Schwäne allerdings hatten ein langes Leben vor sich. Die ersten dreihundert Jahre verbrachten sie auf dem See von Dairbhreach. Dann flogen sie auf das Meer hinaus und lebten die nächsten 300 Jahre in Sruth na Maoile, einem Wasser, welches zwischen Éirinn und Alba liegt. Dann, die Schwäne waren bereits schon betagt und müde geworden, verbrachten sie die letzten dreihundert Jahre auf Inis Gluaire. Als die neunhundert Jahre vorüber waren, erfüllte sich ihr Schicksal und sie wurden wieder in ihre menschliche Gestalt zurück verwandelt. Der Fluch war gebrochen doch sie waren so alt geworden. So starben kurz darauf.
    Noch heute gilt Lirs Gestz in Éirinn, das verbietet, einem Schwan, ein Leid anzutun.


    Sim-Off:

    Ich verschweige jetzt mal ganz einfach den christlichen Aspekt der Geschichte, der besagt, dass die Schwäne nach 900 Jahren durch das Geläute der ersten christlichen Kirche Irlands wieder ihre menschliche Gestalt zurück erhielten. Die Motive der Geschite liegen wahscheinlich noch weiter zurück, doch wie alle irischen Mythen wurde auch sie erst durch christliche Mönche ab dem 500 Jhd. aufgeschrieben. ;)


    Noch ganz der Sehnsucht anhaftend, beendete ich meine Geschichte und blickte erwatungsvoll zu dem Römer, der erwartungsgemäß immer noch auf seiner Kline lag und seinen Delikatessen frönte.

    Micipsa hatte nicht lange gezögert und nah sich einen Becher des Honigweines. Wenigstens der Met schien gelungen zu sein, auch wenn er wegen der Würzung etwas zu bemängeln hatte. Doch als er mir die anerkennenden Worte wegen der Organisation der Speisen und Getränke zukommen ließ und mir auch noch dankte, erhellte sich mein Gesicht wieder etwas. Es machte mich sogar fast verlegen. So winkte ich einfach ab.


    Ach, das war doch nichts! Ich habe nur einige Essensreste zusammen getragen und gut, der Met! Ich kenne einen Händler in der Stadt, der ihn vertreibt. Er schmeckt fast so gut, wie zu Hause.


    Ich vermied es, auf das Samhainfest zu sprechen zu kommen, welches wir vor drei Monaten gefeiert hatten. Damals hatten Severus und ich durch Zufall eben diesen Händler, der uns dann den Met verkauft hatte, gefunden. Auch diesmal war der Honigwein wieder eine freundliche Spende von Aquilius. Natürlich ahnte er davon nichts. Ich hatte den Met von dem Geld gekauft, das er mir persönlich zur Verfügung gestellt hatte. Er hatte nur gesagt Hier kauf´dir was! Und das hatte ich dann auch getan.
    War ich eben noch fast erheitert, verstummte ich abrupt bei Youenns Frage, die er aus heiterem Himmel stellte. Du bist schwanger? Diese Worte lasteten auf mir, wie Blei. Nachdem ich endlich meinen Blick von Youenn lösen konnte, sah ich nachdenklich zu Micipsa. Nur er hatte davon gewusst! War es etwa das, was sie zu tuscheln hatten, während ich mit Beten beschäftigt war? Doch dann fiel mir ein, dass ich vorhin eine Bemerkung gemacht hatte, bei der sie mich alle so seltsam angesehen hatten. Ich hatte von meinem Kind gesprochen, ohne darüber nachzudenken, was ich vielleicht damit losgetreten hatte. Doch nun war es leider zu spät. Micipsa konnte nicht mehr verraten haben, was ich selbst nicht schon verraten hatte.


    Ja, ich bin schwanger!


    Es wäre dumm gewesen, es zu leugnen, denn in wenigen Wochen würde ich es nicht mehr verheimlichen können. Also sagte ich es frei heraus. So wie ich es Aquilius noch zu sagen hatte.

    Zitat

    Original von Publius Decimus Lucidus
    Interpretationen von irgendwelchen Philharmonikern und ähnlichem Gesocks rumschlagen, die für ihr Gefiedel auch noch Geld wollen.


    Tss, Kulturbanause! :D ;)


    Hier mein Vorschlag. Damit ist wirklich jedem geholfen!
    1. Musik auswählen.
    2. MP3 Player oder CD Player zu Hand nehmen.
    3. Stöpsel in die Ohren.
    4. Auf PLAY drücken .... und die Musik seines eigenen Geschmacks so lange genießen, wie man das möchte. ;)

    Meine Augen folgten ihm, als er an das Fenster trat und es öffnete. Die kühle frische Luft, die noch den Geruch des feuchten Bodens, nach einem Regenguss mit sich trug, begann den kleinen Raum zu füllen. Eigentlich war dies etwas Schönes für mich gewesen, die gereinigte frische Luft, nachdem der Regen vorbei war, einzuatmen. Doch heute bedeutete mir dies wenig.


    Nein, anwortete ich ähnlich gleichgültig auf seine erneute Frage, den Proviant betreffend. Ich brauchte nichts Besonderes und wäre mit dem zufrieden, was man mir geben würde.
    War es nur so eine Einbildung von mir oder wollte er mir noch eine Bemerkung, ein Wort oder auch nur eine Regung entlocken?
    Doch damit wäre er nicht erfolgreich. Nicht heute und auch nicht morgen.
    Ich fragte mich nur, ob er Straton gegenüber auch nur ein Wort verloren hatte. Und wenn schon! Es wäre für mich nicht von Belang!

    Diese Frau, wer immer sie auch war oder was sie war, konnte es nicht verbergen, wie aufgeregt sie war und wie sehr sie sich um ihre Sklavin sorgte. Denn das war diese Ylva wohl für sie. Das machte sie schon fast wieder etwas sympathisch. Doch diese Sympathie ließ schlagartig nach, als sie mich plötzlich anfuhr, so als hatte ich sie persönlich angegriffen. Erschrocken wich ich zurück.


    Es tut mir leid, domina!


    Ungeachtet meiner Entschuldigung begann sie auf Ylva einzureden und tatsächlich, nach einer Weile begann sich diese zu regen. Ganz offensichtlich hatte sie sich den Magen verdorben, was nicht sehr verwunderlich war, denn wenn man sich einmal den üblichen Sklaveneinheitsfraß genauer betrachtete, konnten einem schon Zweifel kommen, ob das alles koscher war. Im Laufe der Zeit hatte ich einen Weg gefunden, um auf Attalus´ Meisterleistungen in Sachen Sklavenspeisung verzichten zu können und einen weiten Bogen darum zu machen. Natürlich verlor ich in ihrer Anwesenheit kein Wort darüber, wie gut oder wie schlecht das Essen für die Sklaven war. Diese Frau war eine Fremde für mich und ich wusste auch nicht, wie ich sie einzuschätzen hatte.
    Als mich dann plötzlich ihre Frage nach meinem Befinden, wie aus dem Nichts kommend, traf, war ich erst etwas verwirrt. Warum wollte sie das denn jetzt wissen? Woher kam diese plötzliche Fürsorge?


    Ja, fast jeden Tag, antwortete ich wahrheitsgemäß, ohne einen Gedanken daran verschwendet zu haben, dass der Grund für ihre Frage ein ganz anderer gewesen war.

    Offenbar empfand auch Straton den Zustand meiner Kammer nicht als störend. Jedenfalls ließ er nichts darüber verlauten. Auch seine Mimik verriet nichts, was darauf schließen ließ. Selbst wenn er etwas zu bemängeln gehabt hätte, wäre es mir gleich gewesen.
    Er kam gleich zur Sache und ich hörte mir ruhig an, was er mir zu sagen hatte. Auch als er davon sprach, dass ich es sein sollte, die Aquilius begleiten sollte, nahm ich dies ohne jegliche emotionale Regung entgegen.
    Was nun von meiner Seite folgte, war ein eher erstaunt klingendes Aha! Mehr nicht.
    Was mir allerdings in diesem Moment durch den Kopf ging, daran wollte ich Straton nicht teil haben lassen.
    Entspannen für ein zwei Tage? Mit mir? Wirkte ich denn so entspannend auf ihn, dass er mich dabei haben wollte, um sich zu entspannen. Nein, wahrscheinlich war diese Sache mit der Stadtverwaltung nur vorgeschoben und in Wirklichkeit verfolgte er etwas ganz anderes!
    Gleich was dahinter steckte, ich wusste nur eins, da hatte jemand ein mächtig schlechtes Gewissen!


    Ich danke dir Straton! Ich werde mich nach seinen Wünschen richten, sagte ich abschließend in einem gleichbleibenden Ton, der nichts davon erahnen ließ, ob ich Freude empfand oder nicht.

    Ich war bereits wach und nach dem Erwachen folgte eben das, was neuerdings jedem Erwachen folgte. Ich fühlte mich so, als müsse mein Magen sich sämtlichen Inhalts, der freilich zu dieser Stunde noch nicht vorhanden war, entledigen. Dieses Gefühl würde nicht eher weichen, bis ich mir ein Stücken trockenes Brot gegönnt hatte. Aber auch dann wäre es nicht ganz verschwunden. Die meiste Zeit des Tages erinnerte es mich daran, dass nun noch ein zweites Herz in meinem Körper schlug. Deswegen verlor ich nicht viel Zeit und kleidete mich an.
    Das Klopfen an der Tür und die vertraute Stimme, die meinen Namen rief, ließen mich aufblicken und ich hielt kurz inne.


    Ja, einen Moment bitte!


    Schnell rückte ich mir noch die Tunika zurecht und ordnete mein Haar. Allerding ließ ich es dann doch lieber offen, denn es hätte einfach zu viel Zeit in Anspruch genommen, es jetzt erst noch hochzustecken.
    Schließlich ging ich zur Tür und öffnete sie.


    Straton, guten Morgen! Komm doch herein!


    Mit einer einladenden Geste, bat ich ihn in meine Kammer. Noch immer war es etwas unordentlich. Mein Bett, in dem ich diese Nacht geschlafen hatte lag noch ganz zerwühlt da. Aber mir zumindest machte das wenig aus.

    Die ersten Sonnenstahlen hatten mich geweckt und noch ganz verschlafen registrierte ich, wo ich war. Völlig übermüdet war ich im Garten eingeschlafen. Kopfschmerzen plagten mich, nachdem ich die Nacht zuvor weinend eingeschlafen war. Ich wollte an den vorangegangenen Abend und das Aufeinandertreffen mit Aquilius nicht mehr nachdenken. Jedesmal, wenn ich mich dabei erwischte, daran zu denken, kamen von neuem die Tränen. Langsam erhob ich mich vom Boden und streckte mich erst einmal. Die Nacht auf dem harten Boden war nicht besonders förderlich für meinen Rücken gewesen.
    Ich eilte zurück zur Villa. Unter keinen Umständen wollte ich von irgendjemand gesehen werden. Leise huschte ich über die Gänge, zu meiner Kammer.
    Die kleine Katze, die mich gelegentlich besuchte, wartete schon an der Tür darauf, dass man sie einließe. Als ich die Tür öffnete, sprang sie mit einem Satz in mein kleines Zimmer und machte es sich auf dem Bett gemütlich.


    Ach Felis! Ich wünschte, ich wäre wie du!


    Sachte setzte ich mich neben sie und streichelte ihr über das seidige Fell. Sie dankte es mir ihrerseits mit einem zufriedenen Schnurren. Lange konnte ich hier nicht bleiben. Bald schon musste ich damit beginnen, meine Arbeiten zu verrichten.


    ~~~ ~~~


    Nach diesem Abend, der mich völlig aus dem Gleichgewicht gebracht hatte, zog ich es vor, meine freie Zeit lieber in meiner Kammer, zu verbringen. Ich wollte niemanden sehen und mit niemanden sprechen. Diese Kammer war zu meiner Zufluchtsstätte geworden, gegen alles was sich mir entgegenstellen wollte. Natürlich war das den wenigen Vertrauten, die mir geblieben waren, nicht entgangen. Doch ich schottete mich ab gegen jeden gutgemeinten Ratschlag. Nichts wollte ich annehmen, denn nichts konnte irgendetwas ändern. Ob es wirklich besser war, in der Vergangenheit zu leben, ohne der Zukunft ins Auge zu schauen, wusste ich nicht. Doch an die Zukunft zu denken hieß, auch an die Ausweglosigkeit zu denken. Dass es für mich kein happy ending geben würde, war mir bewusst. Außerdem hatte nicht das Recht dazu, noch einmal zu ihm zu gehen und ihm alles was mich bedrückte, einfach ins Gesicht zu schleudern. So gern ich das auch getan hätte. Aber letztlich würde es doch wieder an meinem fehlenden Mut scheitern. Noch einmal vor die Tür gesetzt werden, könnte ich nicht ertragen. Nein, er hatte mir schon genug weh getan. Jetzt war Schluss damit! Ich war zwar seine Sklavin aber nicht sein Prügelknabe, der immer nur einsteckte. Von nun an verrichtete ich nur noch meine Aufgaben. Nur selten ließ ich mich zu einem Lächeln hinreißen oder einem persönlichen Wort.
    Wenn ich doch endlich aufhören würde, mich nach etwas Zuneigung zu sehen, dann gäbe es vielleicht wieder Hoffnung für mich. Doch das war so schwer! Wie sollte ich es nur anstellen, mich nicht mehr danach zu sehnen, wenn ich ständig durch das Kind, das in meinem Leib heranwuchs, daran erinnert wurde? Das war ein Ding der Unmöglichkeit und das wusste ich auch. Deshalb wollte ich es dem Igel gleichtun. Bei Gefahr igelte ich mich einfach ein, so konnte mir nichts mehr geschehen und meine Seele würde nicht noch größeren Schaden nehmen.
    Doch bald schon wurde mir auch klar, dass ich so nicht lange weiter leben konnte. Wo waren nur all mein Lebensmut und meine Freude geblieben. Lange war es her, dass ich mich über etwas freuen konnte und sei es nur über eine Kleinigkeit, über ein Detail. Doch wenn alles grau um einen geworden war, nahm man die Details nicht mehr so richtig wahr. Langsam wurde es mir immer mehr bewusst, ich hatte eine Entscheidung zu treffen! Diese Entscheidung konnte mir niemand abnehmen, denn sie betraf mein Innerstes.

    Seit einigen Stunden war ich jetzt schon auf den Beinen und ich merkte, je dicker mein Bauch wurde, umso anstrengender wurde alles für mich. Arbeiten, die ich sonst mit einer Leichtigkeit zu leisten vermochte, ließen mich nun immer schneller erschöpfen. So war ich gezwungen, immer wieder kleine Pausen einzulegen. Auch die Übelkeit plagte mich fast jeden Morgen. Aber wem hätte ich davon erzählen können? Jede andere Sklavin in diesem Haus hatte genug mit sich selbst zu tun und mir ging es vergleichsweise ja noch ganz gut. Also versah ich meine Arbeit und beklagte mich nicht.
    Ich war still geworden, seit der letzten Unterredung mit Aquilius. Noch stiller als sonst. Ich begann in meiner eigenen Welt zu leben und vermied es, mit meinen Gedanken nach außen zu gehen. In meiner Welt war ich nicht verletzbar.


    Ich war auf dem Weg nach unten, um im Hof etwas Luft schnappen. Dort traf man nur selten auf einen der Flavier, der dann dumme Fragen stellte, warum man nicht arbeitete. Allerdings kam ich nicht weit.
    Ganz plötzlich wurde eine der Türen zum Gang aufgestoßen und eine Frau, noch im Morgenmantel gehüllt, die mir nicht bekannt war, kam wie eine Furie herausgestürzt. Bei ihrem Hilfeschrei sah ich gleich auf und blieb erst einmal stehen. Was war denn nur geschehen und wer war diese Frau?
    Nach ihrer Kleidung zu urteilen und der Art, wie sie mich dann regelrecht anfauchte, musste es sich hierbei um eine der Herrschaften handeln.
    Ich ließ nicht lange auf mich warten. Zielstrebig steuerte ich das kleine Zimmer an, in dem sie wieder verschwand. Es war eine Kammer, ähnlich der meinen. Der Raum war auch eher nüchtern gehalten. Einfache, praktische Holzmöbel. Ein schmales Bett, ein Tisch ein Stuhl, das war alles. In dem Bett lag eine blonde Frau, der es sichtlich schlecht ging. Sie jammerte vor Schmerzen und hatte eine ganz ungesunde Gesichtsfarbe. Fragend sah ich die Frau an, die mich gerufen hatte. Sie war völlig aufgewühlt und fuchtelte hektisch mit ihren Armen in der Luft herum.
    Dann ging ich zu der Kranken und beugte mich über sie. Ich prüfte ihre Stirn, um herauszufinden, ob sie fieberte. Doch sie war ganz kalt.


    Sie hat kein Fieber. Was ist mit ihr passiert? traute ich mich zu fragen und war mir nicht sicher, ob ich mir damit nicht wieder einen Schwall übelster Schimpfworte eingehandelt hatte.

    Ich weiß nicht, was mich mehr getroffen hatte, wie er, nachdem ich alles erzählt hatte, einfach sitzen blieb , mich keines Blickes würdigte und vorerst schwieg oder als er dann später wieder seine Sprache gefunden hatte und mich kurzerhand aus seinem Arbeitszimmer warf. Mir wurde in jenem Augenblick nur eines wieder ganz klar. Gleich was ich tat oder sagte, niemals würde ich das richtige tun. Ich, die ich ein Nichts war, würde für immer und in alle Ewigkeit die Verliererin sein. Auch wenn er mich jetzt tatsächlich noch frei lassen würde, wäre ich niemals wirklich frei. Ich machte mir keine Illusionen mehr. Ich würde nur aufgrund des Kindes in meinem Leib frei werden. Aber wenn es dann auf der Welt wäre, auch dann wäre ich nicht wirklich frei, denn ich könnte nicht wieder zurück zu den Meinen. Ich würde nicht wieder die Reise nach Hause antreten können. Nein, ich müsste hier bleiben, denn hier war der Vater des Kindes, der es sicher nicht zulassen würde, wenn ich mit dem Kind weggehen würde. So stellte ich es mir jedenfalls vor. Ich würde stets die Ungeliebte bleiben. Die, die zwar ein Kind unter ihrem Herzen trug und die die für eine kurze Zeit Liebe erfahren hatte, die aber nun von niemanden mehr geliebt und begehrt wurde. Die nur Unnütz und störend war. Und so würde es bleiben. Für immer und ewig. Warum noch atmen, Zug um Zug? Warum tagtäglich dieses verhasst gewordene Leben leben? Niemals würde es wieder gut werden!
    Nein, ich fühlte mich nicht besser! Ich fühlte mich nun nur noch erbärmlicher. Ich war zur Verräterin geworden. Wenigstens hatte ich kein Wort darüber verloren, woher tatsächlich das Geld für den Schmuck stammte und dass daran Blut klebte.
    Nein, es gab keinen Anlass, sich besser zu fühlen! Vielleicht hätte es einen solchen gegeben, wäre er jetzt für mich da gewesen. Doch für mich war niemand da und es würde auch niemals wieder jemand für mich da sein.
    Leise rannen die Tränen an meinem Gesicht herab. Immer noch stand ich wie angewurzelt da und schaute betroffen zu Boden. Ja, ich fühlte mich schlecht, weil ich nicht schon eher den Mut gefunden hatte, ihm die Wahrheit zu sagen. Ja, ich kannte ihn noch immer nur so wenig. Doch wenn man ständig in der Furcht leben musste, für Dinge die man tat oder sagte, bestraft zu werden, dann wurde man einfach vorsichtig.
    Ja, er war enttäuscht von mir und ja, diese Unterredung hatte nun hier ihr Ende gefunden.
    Mit einem knappen, leisen Ja, drehte ich mich um und flüchtete aus seinem Arbeitszimmer. Am liebsten wäre ich weit, weit weg gelaufen. Doch die Mauern der Villa wussten dies zu verhindern.
    So rannte ich hinaus. Mittlerweile war es schon dunkel geworden. Ich rannte in den entlegensten Teil des Gartens, dort wo mich sicher niemand finden würde. Wer sollte mich auch schon finden. Mich würde niemand heute Nacht vermissen. Dort heulte ich all mein Leid und meinen Schmerz heraus. Ich verfluchte den Tag, an dem ich in dieses Haus kam. Ich verflucht die Nacht, da ich zu ihm gegangen war. Es war auch eine solche Nacht, in der ich verzweifelt war. Verzweiflung die neue Verzweiflung hervor gebracht hatte.
    Nach einigen Stunden hatte ich mich beruhigt. Ermüdet von den Tränen schlief ich an Ort und Stelle ein. Es war in jener Nacht nicht mehr so kalt. Ob dies ein Glück oder doch eher ein Unglück war, darüber wollte ich nicht mehr nachdenken.

    Ich ging zu dem Obststand hin und suchte einige der schönsten Äpfel aus, die ich dann sogleich auch bei dem freundlichen Händler bezahlte.


    Hier nehmt!


    Ich bot Fhina und Micipsa einen Apfel und nachdem sich beide bedient hatten, biss ich selbst erst einmal herzhaft in meinen Apfel hinein. Köstlich! Dieser süßlich-sauere Geschmack! Gab es etwas besseres, als frisches Obst? Leider gab es frisches Obst oder Gemüse nicht so oft für die Sklaven der Villa. Deshalb empfand ich es als besonders freundliche Geste von Aquilius, als er mir das Geld für das Obst und für ein Getränk gegeben hatte. Die Frische des Apfels und das was in ihm steckte, würden auf jeden Fall dem Kind zu Gute kommen!


    Ja, es ist wirklich erstaunlich, wie viele Gemeinsamkeiten wir doch haben, obwohl wir doch von so unterschiedlichen Orten herstammen.
    Lächelnd betrachtete ich die andere Sklavin, die mit einer ähnlchen Hingabe ihren Apfel zu genießen schien. Ihre Frage, ob ich denn noch zu den Göttern beten würde, erstaunte mich in keinster Weise.


    Oh ja, das tue ich, so oft ich kann! Es war mir sogar vergönnt, vor einigen Wochen Imbolc zu feiern. Dabei konnte ich sogar Brigid ein Opfer darbringen. Vor einigen Monaten, es war kurz vor Samhein, traf ich einige andere keltische Sklavinnen und stell dir vor, wir haben zusammen ein geheimes Samhainfest veranstaltet! Das war in der Villa der Aurelier.


    Nun ja, dass dieses Fest damit endete, dass wir von einem Römer erwischt wurden, der uns glücklicherweise dann doch nicht ans Messer lieferte und ich, nachdem ich ein etwas zu groß geratenes Stück Fliegenpilz gegessen hatte, mich so gut wie an nichts mehr erinnern konnte, was danach geschah, erwähnte ich lieber nicht!

    Etwas eingeschüchtert blickte ich immer wieder zu ihm hinüber und musste ihn zwangsläufig beobachten, wie er aß. Wie es schien, war dieser Mann völlig ausgehungert und hatte schon seit Wochen nicht mehr gegessen, warum auch immer. Es verursachte mir ein Gefühl des Ekels, wenn ich sah, wie er alles Mögliche so in sich hinein stopfte, schmatzend seine Finger ableckte und nicht darauf achtete, wenn ein Teil des Essens zu Boden ging. Doch auch meine Abscheu versuchte ich vor ihm zu verbergen, denn man konnte ja nie wissen, was geschehen würde, wäre er erst einmal verärgert. Allerdings überkam mich so langsam das Gefühl, dass es sich bei diesem Exemplar von einem Flavier um keinen der gemeingefährlichen Sorte handelte. Sein Gemüt schien doch wohl eher freundlicher Natur zu sein, so zumindest machte er bis jetzt noch den Eindruck. Von diesem Gedanken beseelt, versucht ich etwas lockerer zu werden, denn diese Verkrampftheit, in der ich mich befand, war alles andere als angenehm.
    Weiterhin wortlos beobachtete ich nur und, tat und sagte auch nichts, als er plötzlich nach Schnecken verlangte. Schnecken? Warum nicht gleich Frösche oder Würmer? Abermals streiften sich unsere Blicke und er sah mich mit einer gewissen Erwartungshaltung an, als ob er auf eine Äußerung meinerseits wartete. Etwa zu den Schnecken? Der Gedanke daran, diese schleimigen kleinen Dinger essen zu müssen, schüttelte mich.
    Mit meinem Versuch, mich zu entspannen, war es nicht weit hergeholt, denn kurze Zeit später zuckte ich ängstlich zusammen, als er seine flache Hand auf meinen Bauch legte, um zu fühlen, was es damit auf sich hatte.


    Ich erwarte ein Kind, begann ich, eher aus Verlegenheit, denn aus Gesprächigkeit zu erklären, obwohl dies mittlerweile nicht mehr zu übersehen war.


    Im Sommer wird es soweit sein, fuhr ich fort, doch ehrlich gesagt, glaubte ich nicht fest daran, dass er für diese Neuigkeit ein besonderes Interesse hegte. Allerdings war es mir wichtig, dass diese Schwangerschaft ohne Zwischenfälle verlief oder einen vorzeitigen Abbruch zur Folge hatte, denn das Kind unter meinem Herzen, würde mir die ersehnt Freiheit bringen. Außerdem half es mir, um in meiner jetzigen Situation noch ein wenig mehr loslassen zu können. Doch irgendetwas lag heute in der Luft, was mich ständig von neuem daran hinderte, ich selbst zu sein. Die Krönung des Ganzen war schließlich, als er so nebenbei bemerkte, dass es Schwanenfleisch war, das ich gegessen hatte.
    Schwanenfleisch?! Entfuhr es mir gänzlich entsetzt. Alles in mir begann sich gegen diese Tatsache zu wehren. Schwanenfleisch! Ich hatte Schwanenfleisch gegessen, zwar unwissentlich, doch ich hatte es getan! Wie schändlich! Diese Barbaren! Wie konnten sie nur einen Schwanen töten und dann auch noch essen!
    Hastig und ungefragt, griff ich zu einem der silbernen Pokale, der mit Wein gefüllt war und nahm einen großen Schluck. Ich wollte versuchen, den Geschmack des Fleisches aus meinem Mund zu bekommen. Dabei nahm ich gerne den widerlichen Geschmack des Weines in Kauf. Mit verzogenem Gesicht versuchte ich meinen Mund mit der Flüssigkeit zu spülen. Natürlich schluckte ich den Wein nicht unter, sondern tat es dem Flavier gleich, indem ich den Inhalt meines Mundes in dem bereitgestellten Spucknapf entsorgte.
    Angewidert sah ich auf die Platte, auf der sich die Reste des Schanes befanden. Der gefüllte Schweinseuter, dem er sich nun zugewendet hatte, ließ meinen Mund allerdings auch nicht sonderlich wässrig werden, geschweige denn die Schnecken. Mir kam plötzlich der Gedanke, dass diese Barbaren, die offenkundig vor nichts zurückschreckten und alles aßen, was nicht bei drei auf den Bäumen war, wohl auch vor Menschenfleisch nicht Halt machen würden. Gepökelter Sklave, gut abgehangen. Einfach nur widerlich!

    Vielleicht hatte er ja meine Abneigung bemerkt und begann deshalb, eine Geschichte zu erzählen, die er von seiner parthischen Sklavin hatte. Aufmerksam begann ich ihm zuzuhören, um all die „delikaten Köstlichkeiten“ um mich herum zu vergessen.
    Ein Mann der über hundert Frauen hatte? Der arme Kerl konnte einem wirklich leid tun, dachte ich scherzhaft bei mir. Aber was hatte er mit jenen getan, derer er überdrüssig geworden war? Hinrichten lassen? Sollte das etwa der berühmte Wink mit dem Zaunpfahl sein? Langweilte ich ihn etwa auch und er wollte mir dadurch einfach sagen, was passieren konnte, würde ich ihm erst einmal überdrüssig. Vielleicht sollte ich mein Urteil über ihn noch einmal überdenken. Vielleicht war es ja doch so, dass es sich bei diesem Exemplar eines flavischen Mannsbildes doch um einen Irren handelte!
    Dann endlich sagte er es frei heraus. Ich langweilte ihn, doch welches Glück, dass es Römer waren, die mich versklavt hatten und keine Parther! Dort wäre ich jetzt sicher des Todes gewesen!
    Zugegebenermaßen war ich momentan nicht wirklich eine Stimmungskanone, doch konnte man mir diesen Zustand auch nur einen Augenblick übel nehmen, nach all den Erfahrungen, die ich machen musste?
    Als er mir die Wahl ließ, etwas zu seiner Unterhaltung beizutragen oder wieder dorthin zu verschwinden, woher ich gekommen war, brauchte ich nicht lange zu überlegen. Ich entschied mich fürs hierbleiben. Wenn ich erzählte oder sang, konnte ich nichts von diesem üblen Zeug essen und außerdem wäre ich auch an der frischen Frühlingsluft und bekäme auch etwas Sonne ab. Auch diese bequeme Kline war nicht zu verachten!


    Ich kann singen und kenne auch einige Geschichten aus meiner Heimat, die ich dir erzählen kann. Tanzen kann ich auch ein wenig, doch mit meinem Bauch werde ich sicherlich nicht so ansehnlich sein. Wenn du es wünschst, dominus, aknn ich dir die spannende Geschichte von Lír und dessen Kindern erzählen, quoll es förmlich aus meinem Mund heraus.
    Hätte ich zu diesem Zeitpunkt geahnt, dass die junge Frau, die den parthischen König besänftigen konnte, 1001 Nächte dafür benötigte, um aus seiner Gewalt zu entfliehen, wäre ich wahrscheinlich nicht so euphorisch gewesen.
    Doch was war das? Mit einigem Getöse kam urplötzlich der junge Serenus mit seinem Wagen, auf dem auch noch Dido saß,vorbeigerast. Papa?! Nein, dieser Flavier war sicher keiner von der ungefährlichen Sorte! Bei dem Jungen! :D