Seit meiner Begegnung mit Furianus war ich äußerst vorsichtig geworden und gerade jetzt, da ich alles darum gab, dass diesem Kind, das ich in mir trug, nichts geschah, war ich besonders darauf bedacht, niemandem mit einem falschen Wort oder eine anstößigen Geste zu reizen.
Langsam hob ich meinen Kopf an, um zu sehen, was um mich herum geschah. Dabei vermied ich es, den Flavier direkt ins Gesicht zu blicken. Sogleich gab er dem anwesenden Sklaven den Befehl, eine weitere Kline herbeizuschaffen. Im ersten Moment dachte ich nicht im Traum daran, dass die Kline für mich bestimmt sein könnte. Vielleicht erwartete er ja doch noch einen Gast und er brauchte einfach noch einen weiteren Sklaven, der ihn und seine Gesellschaft bediente.
Während er auf die zweite Liege wartete, ließ er mich kommentarlos neben sich stehen. Aber auch ich schwieg natürlich. Nur tief in mir drinnen, war ich traurig, dass auch dieser Tag verloren schien. Ich hatte mich doch so darauf gefreut, ein wenig in der frischen Luft entspannen zu können und die Sonnenstrahlen zu genießen. Doch daraus sollte heute nichts werden.
Meine Augen streiften ihn leicht und ich beobachtete ihn, wie er begann, mit dem Essen zu spielen. Das war eine jener Unsitten, die man mir von Haus aus schon immer untersagt hatte. Ich erinnerte mich noch an die mahnenden Worte meiner Mutter, die sie mir und meinen Geschwistern ständig predigte: Mit Essen spielt man nicht! Doch der Flavier fand an diesem Zeitvertreib gefallen und ich beobachtete ihn dabei eine Weile wie er versuchte, eine Olive hoch zu werfen und diese dann mit dem Mund zu fangen. Allerdings war er dabei nicht sehr erfolgreich. Beinahe hätte ich grinsen müssen, als dies misslang. Doch statt eines Grinsens, sah man nur ein leichtes Zucken um meine Mundwinkel herum.
Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen endlich zwei Sklaven, die eine der Klinen aus dem Speisezimmer heraus trugen. Sie stellten sie direkt neben der des Flaviers ab. Kaum stand die Kline an ihrem Platz, wies er mich an, auf ihr Platz zu nehmen. Es war keine Bitte, nein, dies war ein Befehl. Ich zögerte nicht lange, sondern tat, wie mir geheißen wurde, auch wenn es sehr ungewohnt für mich war. Noch nie zuvor hatte ich auf einer solchen Liege Platz genommen und während ich mich auf ihr ausbreitete, schweifte mein Blick verunsichert über den kleinen Garten hin zu den Säulen. Ich wollte sicher gehen, dass mich niemand erwischte, was ja an sich absurd war, denn man hatte es mir ja befohlen und ich führte ja in diesem Augenblick ja auch nur einen Befehl aus, wenn auch ein angenehmer Befehl.
Die Kline war überraschend bequem und die Polsterung ungewöhnlich weich. Darauf zu liegen war äußerst angenehm und meinem derzeitigen Zustand auch sehr zuträglich.
Kurzzeitig fiel mein Blick auf ihn und als unsere Augen uns trafen, lächelte ich nur etwas verlegen, wandte aber sogleich meinen Blick wieder ab. Erst als er mich nach dem Wein fragte, schaute ich wieder zu ihm hinüber und konnte beobachten, was er mit jenem Schluck tat, den er gerade genommen hatte. Ich fragte mich nur, warum er den Wein den wieder ausspuckte und nicht trank? Machte man das etwa so in der besseren Gesellschaft? Ich war darüber etwas verwirrt und konnte vorerst gar keine Antwort geben. Als er schließlich nachfragte, ob ich ihn eigentlich verstünde, nickte ich erst und fand endlich auch einige Worte.
Ja, ich verstehe dich, dominus. Ich trinke nicht oft Wein und deshalb bin ich ihn nicht so gewöhnt.
So, als ob er eine der in der Villa herum streunenden Katzen fangen wollte, hielt er mir ein Stück des Geflügelfleisches entgegen und fragte, ob ich davon kosten wolle. Um ehrlich zu sein, war dies sehr verlockend. Solche Delikatessen bekam man in der Tat nicht täglich, wenn man in diesem Haus als Sklave leben musste. Allerdings wusste ich nicht, wie mein Magen darauf reagieren würde, hätte ich es erst einmal gegessen. Vielleicht würde ich ihn aber damit auch verärgern, würde ich das Fleisch nicht nehmen. Also nahm ich es und kostete es etwas verunsichert.
Danke, dominus! Es ist wirklich sehr schmackhaft, sagte ich, nachdem ich den letzten Rest in meinem Mund hinuntergeschluckt hatte. Dieses Variante, Geflügelfleischzu essen, bei schwangerschaftsbedingter Übelkeit, hatte ich auch noch nicht probiert. Es blieb abzuwarten, wie mein Magen darauf reagieren würde.