Leah: Zweifelsohne und mit Freude.
Federnd und lautlos tritt die dunkelhäutige und feingliedrige Sklavin an die Seite ihrer Herrin. Callista hebt ihre Arme. Einem Vogel gleichend breitet sich ihr Gewand wie Flügel aus. Das Licht hinter ihr schimmert durch die rote Seide hindurch. Callista fühlt sich schmutzig und unreinlich durch die lange Reise von Ostia nach Rom. Das Salz des Meeres scheint noch an ihrem Körper zu haften.
"Fiona? Das ist kein römischer Name."
Sanft und lautlos öffnet Benohé ein rotes Seidenband. Der Stoff gleitet von Callistas Körper. Die sorgsamen Hände von Benohé fangen diesen auf.
"Hast Du womöglich Deinen alten Namen behalten dürfen?"
Callista missbilligt diese Sitte. Sie gibt ihren Sklaven stets neue Namen. Namen voller Schönheit und reinem Klang. Selbst wenn ihr Fiona gefällt. Die Sklavin hätte ihn nicht behalten dürfen. Zu viel erinnert ein Name an die Vergangenheit. Und als Sklave ist diese bedeutungslos. Das alte Leben eines Sklaven muss ausgelöscht werden. An dem Tag ihres Verkaufs. Nur so kann man aus Sklaven wahrhaftige Diener machen.
"Oder liebt Dein Herr solche Namen? Wem gehörst Du?"
Benohé tunkt einen weichen Schwamm in das warme Wasser. Wasser perlt von der goldsamtigen Haut der Patrizierin. Der Schwamm gleitet über ihren ranken, geradezu knabenhaften Leib. Callista seufzt leise.
"Trete Du auch näher."
Benohé sieht bei den Worten von Callista erstaunt auf. Sie hat Leah vordem nicht konstatiert. Callista hingegen sehr wohl. Schönheit sticht Callista allzeit ins Auge.
"Wie nennt man Dich in dieser Villa?"
Geschmack haben die Bewohner allermindesten. Bis anhin sind Callista nur schöne Sklavinnen begegnet. Ohne Hast schreitet Callista auf das Becken zu. Stufe für Stufe tritt sie in das Wasser hinein. Die Wärme umspielt ihre Knöchel. Dann ihre Waden und zuletzt taucht sie tief in das duftende Nass.
Sie fühlt die schlechten Gerüche von sich abfallen. Leise plätschernd fließt das Wasser um ihre schmächtigen Schultern.
"Benohé. Heute den Gesang."
Callista hebt die Hand aus dem Wasser. Sie deutet auf Leah und Fiona.
"Und ihr kommt in das Wasser."
Blitzt in Benohés Augen Eifersucht auf? Doch sie schlägt die Augen nieder. Sie verbirgt es geschickt. Ohneweiters reicht sie den Schwamm an Fiona. Voller Anmut kniet die dunkelhäutige Sklavin neben das Becken auf den harten Steinboden. Sie legt ihre Hände aneinander. Ein sonorer Klang entweicht ihrer Kehle. Ein fremdartiger Gesang schallt im Bad wieder. Er erzählt von fremden Ländern. Vermag die Sonne des fernen Ostens zu beschwören. Callista lächelt. Ihre Hände schöpfen Wasser. Genüsslich lässt sie dieses über ihr Gesicht gleiten.
"Wer lebt in dieser Villa?"
Callista richtet die Frage nicht an eine bestimmte Sklavin.