Beiträge von Claudia Callista

    Sim-Off:

    Leah: Zweifelsohne und mit Freude. :)



    Federnd und lautlos tritt die dunkelhäutige und feingliedrige Sklavin an die Seite ihrer Herrin. Callista hebt ihre Arme. Einem Vogel gleichend breitet sich ihr Gewand wie Flügel aus. Das Licht hinter ihr schimmert durch die rote Seide hindurch. Callista fühlt sich schmutzig und unreinlich durch die lange Reise von Ostia nach Rom. Das Salz des Meeres scheint noch an ihrem Körper zu haften.
    "Fiona? Das ist kein römischer Name."
    Sanft und lautlos öffnet Benohé ein rotes Seidenband. Der Stoff gleitet von Callistas Körper. Die sorgsamen Hände von Benohé fangen diesen auf.
    "Hast Du womöglich Deinen alten Namen behalten dürfen?"
    Callista missbilligt diese Sitte. Sie gibt ihren Sklaven stets neue Namen. Namen voller Schönheit und reinem Klang. Selbst wenn ihr Fiona gefällt. Die Sklavin hätte ihn nicht behalten dürfen. Zu viel erinnert ein Name an die Vergangenheit. Und als Sklave ist diese bedeutungslos. Das alte Leben eines Sklaven muss ausgelöscht werden. An dem Tag ihres Verkaufs. Nur so kann man aus Sklaven wahrhaftige Diener machen.
    "Oder liebt Dein Herr solche Namen? Wem gehörst Du?"
    Benohé tunkt einen weichen Schwamm in das warme Wasser. Wasser perlt von der goldsamtigen Haut der Patrizierin. Der Schwamm gleitet über ihren ranken, geradezu knabenhaften Leib. Callista seufzt leise.


    "Trete Du auch näher."
    Benohé sieht bei den Worten von Callista erstaunt auf. Sie hat Leah vordem nicht konstatiert. Callista hingegen sehr wohl. Schönheit sticht Callista allzeit ins Auge.
    "Wie nennt man Dich in dieser Villa?"
    Geschmack haben die Bewohner allermindesten. Bis anhin sind Callista nur schöne Sklavinnen begegnet. Ohne Hast schreitet Callista auf das Becken zu. Stufe für Stufe tritt sie in das Wasser hinein. Die Wärme umspielt ihre Knöchel. Dann ihre Waden und zuletzt taucht sie tief in das duftende Nass.
    Sie fühlt die schlechten Gerüche von sich abfallen. Leise plätschernd fließt das Wasser um ihre schmächtigen Schultern.
    "Benohé. Heute den Gesang."
    Callista hebt die Hand aus dem Wasser. Sie deutet auf Leah und Fiona.
    "Und ihr kommt in das Wasser."


    Blitzt in Benohés Augen Eifersucht auf? Doch sie schlägt die Augen nieder. Sie verbirgt es geschickt. Ohneweiters reicht sie den Schwamm an Fiona. Voller Anmut kniet die dunkelhäutige Sklavin neben das Becken auf den harten Steinboden. Sie legt ihre Hände aneinander. Ein sonorer Klang entweicht ihrer Kehle. Ein fremdartiger Gesang schallt im Bad wieder. Er erzählt von fremden Ländern. Vermag die Sonne des fernen Ostens zu beschwören. Callista lächelt. Ihre Hände schöpfen Wasser. Genüsslich lässt sie dieses über ihr Gesicht gleiten.
    "Wer lebt in dieser Villa?"
    Callista richtet die Frage nicht an eine bestimmte Sklavin.

    Wohl begrüßt' ich dereinst Siziliens prangende Fluren
    Und des Euböergestads üppiges Traubengefild,
    Sparta sah ich, die glänzende Stadt am beschilften Eurotas,
    Und wohin ich auch kam, ehrten sie freundlich den Gast.
    Aber die Sehnsucht nicht in der Brust mir konnt' es beschwichten,
    So vor jeglichem Land war mir das heimische süß.


    Fließend und samtig schmiegt sich die Seidendecke an den Leib von Callista. Ihre glänzenden Haare zerfließen zu einem nachtschwarzen Kranz um ihren Kopf. Ihre Augen sind geschlossen. Langsam hebt und senkt sich ihre Brust. Das Zwitschern der Vögel vermag die Patrizierin zu wecken. Verschlafen reckt sich Callista. Sie streckt sich und rollt unter der warmen Decke herum.
    "Hm."
    Wunderschönen Träumen entfleucht sie. Er ist in ihrem Nachtgespinst zurück gekehrt. Die Welt ist wieder rein und klar. Sie kann glücklich sein. Ihre Augen öffnen sich. Doch das Bett neben ihr ist leer. Enttäuscht und traurig erzittert Callistas Unterlippe.
    "Einen gesegneten Morgen, Göttliche. Du Schönste unter den Frauen. Du Reine und Vollkommene."
    Selbst die allmorgendlichen Hymnen der Sklavin vermögen nicht die Verzweiflung zu verdrängen. Callista schluchzt leise auf.
    "Wo sind wir, meine Benohé?"
    Neben dem Bett kniet Benohé schon seit dem Morgengrauen. Jeden Tagesanbruch wartet sie auf das Erwachen ihrer Herrin.
    "In Rom, Herrin."
    Die Tränen perlen über Callistas Wangen. Sie legt sich auf ihren Rücken.
    "Und er?"
    Schon seit Monaten erlebt Benohé immer wieder diese Verzweiflung. Das Mitgefühl hält sich bei der Sklavin in Grenzen.
    "Fort, Herrin."
    Nun weint Callista laut. Sie vergräbt ihr Gesicht in dem dicken Kissen. Sie benässt den Stoff mit dem Zeugnis ihres Seelenschmerzes.


    Erst eine geschlagene Stunde später hat sich Callista von der morgendlichen Trübsal befreit. Sie sitzt vor einem Tisch aus Kirschholz. Benohé flichtet sorgfältig die schwarzen Haare der Patrizierin zu einer sorglich anmutigen Frisur nach oben. Den silbernen Ring an ihrem Finger dreht Callista immer wieder herum. Den rubinroten Stein darauf schenkt sie ihre ganze Aufmerksamkeit. Erst als die letzte Strähne gewunden ist legt Callista die Hand auf ihren Schoß. Benohé hebt den Spiegel. Doch Callista betrachtet heute nicht ihr Angesicht. Sie erhebt sich und tritt auf das Fenster zu.
    "Ich vermisse das Geschnatter der Seevögel. Ich hoffe, sie verwüsten nicht meine Villa. Und meine Tiere. Meine armen kleinen Dinger."
    Geziert tupft sich Callista eine Träne von der Wange.
    "Möchtest Du speisen, Herrin?"
    Callista schüttelt den Kopf.
    "Nicht heute. Hole mir mein Rauchwerk. Und bringe mir Sinuhe zur Erbauung."


    Versunken ist Callista in den Anblick des Gartens. Fremd sind die Pflanzen. Das Licht ist blass und das Haus ihr fremd. Am liebsten wäre Callista sofort wieder aufgebrochen.
    "Herrin, Dein Vater naht."
    Der Schreck fährt in Callistas Glieder.
    Oh nein. Was sage ich ihm nur?
    Nichts von der reinen Wahrheit. Sorge Dich nicht, Callista.
    Sorgen? Ich bange zu sehr dafür.
    Konfus sieht sich Callista in dem Raum um. Soll sie sich hinsetzen? Lieber stehen bleiben? Doch zu spät. Die Schritte sind bereits bei der Tür angelangt.

    Mythen, Legenden und Mysterien sind ein Quell der Faszination für Callista. Sie kann sich nicht genug an den Balladen von Homer laben. An den Geschichten alter Helden. Aber auch nicht an das düstere Wispern exotischer Gottheiten. Hexen und Wahrsager, Scharlatane und Zauberer verdienen gut an Callista. Denn Callista möchte all den änigmatischen Sentenzen Glauben schenken. Hinwieder hält Callista die Worte eines römischen Priesters für wahr. Auch wenn diese ihre Illusionen und Tagträume zerreißen. Schwarze Wimpern streifen ihre Wangen. Doch die Verlegenheit hält nicht lange vor.
    "Traun. Ein tröstlicher Gedanke."
    Die Schatten um Callista scheinen sich zu verdichten. Die Expression von Aquilius damit bestätigend. Der Schauder und das Pulsieren der Gefahr erfasst Callista. Und sie genießt dies. Erst dann fühlt sie sich wahrhaftig lebendig. Die Geborgenheit und Sicherheit hat sie noch nie geschätzt und die Aufregung gesucht. Schon als Kind.
    "Bereitwillig aprobiere ich Deinen Einwand, Flavius Aquilius. Dein wissendes und firmes Urteilsvermögen hat mich durchschaut. Rom ist mir eine ausheimische Stadt. Mehr aus Büchern und Schriften bekannt."


    Geheimnisumwogen und schummrig hat sich die Stadt Callista in ihrem Rausch offenbart. Aber nicht perikulös. Doch selbst wenn die Fährnis vor sie treten würde. Callista kann es in dieser Nacht nicht bemerken.
    "Die Schrecken Roms sind vielfältig?"
    Zerstreut in ihren Gedanken greift Callista einen vorgängigen Satz von Aquilius auf. Suchend sieht sich Callista auf der Straße nach einem dieser Schrecken um. Zu ihrer Enttäuschung findet sie nichts derartiges. Sohin wendet sie sich wieder der Mauer zu.
    "Welcher Römer lechzt nicht nach Blut? Es ist unsere Essenz. Ohne dies würden keine Völker unterworfen und keine Spiele abgehalten werden. In uns liegt die Gier den Tod der Anderen zu sehen. Eine unausgesprochene Tugend und doch ein höchst drakonisches Laster."
    Deplaziert kichert Callista vergnügt auf. Denn es erheitert sie, derartige Gespräche mitten in der Nacht zu führen. Und das neben einer Mauer, die sie unstatthaft überwinden möchte. Callista hält Ausschau nach dem besagten Mauervorsprung. Sie erkennt ihn jedoch nicht. Ungeachtet vertraut sie dem Wort von Aquilius.
    Gravitätisch richtet sich Callista zu ihrer vollen Größe auf. Immer noch ist sie bedeutend kleiner als Aquilius.
    "Wohlan, mein Heroe. Ein vorzügliches Wollen ist Dein Vorschlag."
    Eine schwarze Haarsträhne kitzelt Callista an ihrem schlanken Hals.


    Ein Fingerdeuten und einer der Custodes nähert sich.
    "Knie nieder vor dem edlen Flavier."
    Kein Laut entrinnt dem Ägyptern. Wie könnte er auch? Schon vor vielen Jahren war ihm jede Möglichkeit dafür beraubt worden. Ein glühendes Eisen hatte seine Stimme genommen. Seine Waffen klirren leise als er sich auf alle Viere begibt. Entsagend dient der breitschultrige Mann Aquilius als Treppenabsatz.
    Ausgelassen stellt sich Callista auf ihre Zehenspitzen. Sie versucht über die Mauer zu spähen. Doch diese ist zu hoch für die kleine Patrizierin. Nur die Vögel vernimmt sie rein und klar.
    "Die Nachtigall, das edle Tier. Die Königin der Vögel."
    Andächtig betrachtet sie den reizvollen Rücken von Aquilius.
    "Der Gesang der Nachtigall soll die Magie in sich bergen. Ich wünschte, ich wäre eine Nachtigall."
    Begierig auch in den zauberhaften Garten zu kommen tritt Callista näher an die Mauer.
    "Komm herbei, meine Benohé. Was siehst Du? Ist es das Elysium?"
    Ihre treue Sklavin ist um einiges größer als Callista. Doch auch sie vermag es nicht, hinüber zu sehen.
    "Es muss so sein, Herrin."
    Mit der Antwort ist Callista zufrieden.


    Sehnsuchtsvoll sieht sie zu der Mauer hinauf. Mit einem weiteren Deuten winkt Callista den zweiten Custos vor sich. Der erahnt es und kniet vor Callista nieder. Mit der Hilfe ihrer Sklavin tritt Callista auf die Schultern des Leibwächters. Alert balanziert Callista auf dem Mann.
    "Hebe mich hoch."
    Callista legt ihren Kopf zurück. Die Sterne glänzen hell auf dem schwarzen Himmelsfirmament. Wie ein Vogel schwebt Callista empor. Der Garten breitet sich vor ihr aus. Der Anblick raubt Callista den Atem.
    "Wunderschön."
    Märchenhaft erscheinen die Büsche und Bäume für Callista zu sein. Weiß schimmernd legt sich das Licht des Mondes darüber.
    "Die Gefilde der Seligen."
    Voll der Sehnlichkeit erklettert Callista noch den Rest der Mauer und schwingt ihre Beine hinüber. Ihre Füße baumeln in der Höhe. Unter ihren Fingern spürt sie den schroffen Stein.
    "Flavius Aquilius? Hast Du bereits Deinen Fuß in den Garten gesetzt, mein Retter?"
    Zu schattig ist es unter der Mauer. Callista kann den schönen Flavier nicht erkennen.

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    Ein melismisches Klimpern erfüllt den Gang. Durch die Tür zu dem Balneum tritt Benohé. Die Leibsklavin der Callista. Auf ihren samtig dunklen Händen trägt sie eine Kiste aus Elfenbein und Silberbeschlägen. Schwerelos sind ihre Schritte. Vor Fiona bleibt Benohé stehen und betrachtet sie eingehend. Doch das Gesehene scheint Benohé zufrieden zu machen. Ihr durchscheinendes Gewand raschelt leise. Benohé kniet sich neben das Becken und taucht ihre Hand in das warme Bad hinein. Stumm nimmt Benohé den Geruch in sich auf.
    Schlank und lang sind ihre Finger. Dabei gazellenhaft. Sie legen sich um eine violette Fiola aus der Kiste und öffnen den Glasdeckel. Weich fließt das Duftöl in das Wasser. Vermengt sich mit ihm, trennt sich und bildet kleine Seen aus feinem Wohlgeruch. Auch ein anderes Parfüm aus den Blüten Ägyptens findet seinen Weg in das Becken.
    Benohé erhebt sich und stellt die Kiste auf einen Tisch. Sie legt ihre Hände aneinander und neigt sanftmütig den Kopf.
    "Den Segen Brahmas wünsche ich Dir."
    Anmutig senken sich die Hände von Benohé. Die Armreifen aus feinem Gold gleiten an ihren schlanken Armen herunter.
    "Mein Name ist Benohé. Meine Herrin heißt Claudia Callista. Doch Du sprichst sie allzeit mit Herrin an."
    Sonor ist der Klang ihres Akzentes, jedennoch sehr fremdartig.
    "Sage ihr niemals die unverhohlene Wahrheit über ihre Person. Nicht wenn diese sie brüskieren könnte. Egal, was Du denkst. Gleichgültig, ob es ehrlich ist. Hofiere sie, lüge sie schamlos an und ohne es zu offenbaren. Bekomplementiere sie. Dann wird Callista Dich wohlmeinend behandeln. Kränkst Du ihre Eitelkeit, wird sie Dich grausam bestrafen."
    Nicht eine Gemütsregung zeigt sich bei Benohé.
    "Jedoch über die anderen Claudier offerierst Du die Antworten mit Wahrhaftigkeit und verheimlichst meiner Herrin nichts. Respondiere ihre Fragen mit reinem Gewissen, Lauterkeit und ohne Zögern."
    Gutmütig ist das Spiel von Benohés zart gefärbten Lippen.
    "Beachte meine Worte und Du musst keine Angst verspüren."



    "Es kam, es kam die Schwalbe,
    Sie bringt die schönen Tage,
    Sie bringt auch schöne Jahre,
    Am Bauche weiß,
    Am Rücken schwarz."

    Singend betritt Callista das Bad. Sie schließt die Augen und erschnuppert den Duft, der im Raum schwebt.
    "Sehr schön, meine Benohé. Die andere Sklavin soll vortreten."
    Deutlich mehr als in ihrer eigenen Villa trägt Callista hier in Rom an ihrem Leibe. Aber es ist dennoch nur eine dünnes Gewand aus roter Seide.
    Benohé deutet Fiona sich Callista zu nähern. Callista eignet ihr einen Deut Geistesgegenwart zu.
    "Wie ist Dein Name, Serva? Und wie lange dienst Du schon hierselbst?"

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    Dechargiert vernimmt Benohé die Worte der schönen Apsara. Als Kind hätte Benohé die Nämliche in Minna erkannt. Eine Apsara, die vom Himmel und den goldenen Strahlen der Sonne herab gestiegen ist.
    Sodann wird ihre Herrin alsobald die Rast von der Reise erhalten. Und die Sklaven der Reisegruppe würden vor den Launen der Claudierin verschont bleiben. Für heute geringstenfalls.
    "Mit Verbundenheit vernehme ich Deine Worte, Gesegnete."
    Tadellos dünkt das Verhalten von Minna. Zudem vorsorglich und klug. Die Sklavin scheint schnell verstanden zu haben. Letztlich möchte Callista ihrem Vater noch nicht begegnen. Und Benohé hat versucht diese Botschaft in ihre Worte zu legen. Ohne dabei das Offenkundige auszusprechen.
    "Meine Herrin wird erfreut sein."
    Doch der Gebärde der goldblonden Sklavin kann Benohé noch nicht folgen.
    "Verzeih, ich werde meiner Herrin zuerst die Kunde überbringen. Sie wartet nicht gerne."
    Pardonierend legt Benohé die Handflächen gegeneinander.


    Rasch, aber nicht gehetzt kehrt Benohé zu Claudia Callista zurück.
    "Herrin, die Tore zu dem Stammsitz Deiner Familie stehen Dir offen. Das Bad und ein Zimmer wird bereitet."
    Callista streicht den Vorhang zur Seite und streckt ihre schmale Hand nach draußen. Mit Hilfe ihrer Sklavin entsteigt Callista der Sänfte.
    "Vielleicht ist dies keine gute Idee?"
    Eine klägliche Verzagheit schleicht sich in die Stimme von Callista.
    "Herrin, Du hast ohne Fehl entschieden. Ingleichen all betreffend."
    Natürlich glaubt Benohé nicht an diese Floskel. Ihre Herrin begeht oftmals Fehler. Aber Callista will nur Bestätigung hören, wenn sie verzweifelt ist.
    "Du hast Recht, meine Benohé. Eine Claudia irrt nicht."
    Hoch erhobenen Hauptes schreitet Callista auf den Eingang zu.
    "Hole Nero, meine Benohé."
    Delektiert betrachtet Callista die Sklavin am Eingang. Wohlgefallen steigt in Callista auf. Immerhin umgeben sich die Claudier in Rom mit der Schönheit. Callista rauscht wortlos an der Sklavin vorbei und nach innen.


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    Geringschätzig inspiziert der kleine Nero das Anwesen. Die drei dicken Stofflagen seiner Reisekleidung rascheln um seine Kinderbeine. Vor einem Nebeneingang für Sklaven und Händler bleibt er stehen. Ungnädig kräuselt er seine Nase. Ihm gefällt es nicht in Rom und er möchte nach Hause zurück. Die Schritte von Benohé hört der Filius der Callista nicht.
    "Herr, Deine Mutter wünscht, dass Du ebenfalls in die Villa kommst."
    Nero tritt gegen einen Stein.
    "Es ist ein Fehler hier zu sein."
    Maulig ist sein angeschlagener Tonfall.
    "Das werden die Götter entscheiden, Herr."
    Pikiert marschiert der kleine Nero gleichermaßen zu der Porta. Er scheint Minna nicht zu bemerken.
    Benohé tritt direkt hinter dem Erben in die Villa. Nun würde sie der Nymphe aus dem fernem Norden folgen können.

    Ein Stich geht durch Callistas Herz. Sie fühlt sich bis anhin bereits als eine verhängnisvolle Protagonistin in der Tragödie ihres Lebens. Wurde sie nicht auch verlassen? Geschmäht, missachtet und mutterseelenallein ist sie seitdem gewesen? Verdient sie das? Callista weiß darauf die Antwort. Nein. Infolgedessen ist sie von der vermeintlich versprochenen Treue des Aquilius angetan.
    "Fraglos. Wärst Du Aineías gewesen, hätte Dido keine Sehnsucht nach dem Tod verspürt, Flavius Aquilius."
    Aquilius als Aeneas und sie als Dido. Der Gedanke gefällt Callista. Aber noch sehr viel mehr das hervor beschworene Bild von ihr selber. Eisern würde sie über die Stadt herrschen. Und alles Hässliche würde von der Oberfläche verschwinden. Menschen, Tiere, Bauten. Sie würde keine Gnade zeigen. Alles würde in Flammen aufgehen. Nur um nicht mehr ihr Auge zu verärgern. Und sie würde freudestrahlend im Tempel von Eschmun tanzen. Behängt mit goldenen Ketten und leuchtenden Rubinen. Diese Vorstellung konveniert Callista zuinnerst.
    Die Rührung darüber währt jedoch nicht lange.
    Voller Bewunderung bemerkt Callista die hochgewachsene und stattliche Gestalt des Flaviers. Das ist die einzige Unzulänglichkeit, die Callista bei sich sieht. Sie ist zu klein. Was hat sie nicht schon alles versucht? Sie hat qualvolle Prozeduren erlitten. Callista wurde gestreckt. Wie hatte sie geschrien dabei. Sie wurde mit widerlichen Ingredienzien gefüttert. Und keinen Zoll mehr hat sie dadurch gewonnen. Ein entrücktes Aufseufzen entflieht ihr.


    Callista ist fern jeder Vernunft. Das Delirium des roten Goldes hält sie umfangen. Der Einsamkeit wegen hat sie heute Nacht besonders viel davon genommen. Und es hilft ihr. So glücklich hat sie sich schon seit Monaten nicht mehr gefühlt. Seit jener verwünschenswerten Nacht.
    Arbeit haben die Hände von Aquilius gezeichnet. Callista meint das zu spüren. Immer noch hält sie die beiden Hände jenes Mannes. Ein wohliges Schaudern rieselt über ihren Rücken.
    "Am Tage? Sind die Schleier zu der Unterwelt nicht am Tage besonders undurchdringlich?"
    Tagsüber hat Callista noch nie eine Vision ereilt. Nur Nachts suchen diese Träume sie heim.
    "Nero liebt die Nacht. Außerdem ist Rom eine Lichtgestalt in der Welt der Gefahr. Alexandria ist deutlich gefährlicher. Aber, Flavius Aquilius, ich habe einen starken und mutigen Mann an meiner Seite."
    Womit sie alle Vorsichtsmaßnahmen in den Wind schlägt. Außerdem liebt Callista die Gefahr. Ihre schwarz glimmenden Augen sehen schmeichlerisch zu Aquilius hoch. Die Sklaven hinter ihr sind dagegen natürlich bedeutungslos.


    Munter lacht Callista auf als sie seine Zustimmung erfährt. Sie weiß, dass sie sich nicht in dem Patrizier getäuscht hat. Auch ihn umgibt der Hauch von Wagemut. Die Lust das Außergewöhnliche zu erleben. Nun lässt sie doch seine Hände los. Nur um daraufhin enthusiastisch in ihre Eigenen zu klatschen.
    "Nero weiß die natürliche Schönheit zu schätzen. Er wird auch die wilden Rosen in ihrer Grazie erkennen. Da bin ich mir sicher. Er ist ein außergewöhnlicher Mann."
    Es war nicht ohne Grund, warum sie ihren Sohn nach dem Kaiser benannt hatte.
    "Was für ein wundervolles Abenteuer."
    Callista sieht sich erneut um. Irgendwo wird doch ein schöner Garten sein. Unbedarft greift sie ein zweites Mal nach der Hand von Aquilius.
    "Dann suchen wir nach den Gaben, Flavius Aquilius."
    Zierlich und nicht sonderlich stark ist Callista. Aber bestimmt. Darum zieht sie Aquilius einfach mit sich. Schon in der nächsten Straße entdeckt sie eine weiße Mauer, über die sich einige Büsche ranken. Ein Garten.
    "Dort. Leider haben die Götter uns die wundervollen Flügel der Vögel verwehrt. So müssen wir wohl klettern."
    Heischend sucht sie danach, ob ihr Plan auf Wohlgefallen stößt.



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    Die Hoffnung hat sich zerschlagen. Callista hat einen Komplizen gefunden. Benohé seufzt unhörbar in sich hinein. Jetzt gilt es ihre Herrin mit allen Mitteln zu unterstützen. Auf keinen Fall darf ihre Herrin erneut zu der Garde der Stadt gezerrt werden. Wie so oft in Alexandria. Es ist mitunter sogar Benohé peinlich. Benohé bemerkt durchaus den Blick des edlen Herrn. Doch sie sieht ihn nicht an. Denn nur ihre Herrin will das strahlende Licht sein. Alle Aufmerksamkeit für sich beanspruchen. Niemals würde Benohé wagen in ihrem Rücken diese für sich zu beanspruchen. Stumm und geschmeidig ist sie. Leise und still folgt Benohé den Beiden. Auch die Leibwächter lassen das Gespann nicht aus den Augen. Denn auch sie sind besorgt um das Wohl ihrer Herrin. Mehr aus Eigennutz.

    Eine phönizische Prinzessin. Eine Heldin eines alten Zeitalters. Traun, dieser Gedanke gefällt Callista. Amüsiert denkt sie darüber nach. Sie befindet, dass der Vergleich äußerst treffend gewählt ist. Im Grunde fühlt sich Callista bereits als eine Prinzessin. Ihr gebührt Respekt, Lobpreisung und schöne Worte. Tragischerweise für Callista sind die meisten Menschen in ihrer Umgebung nicht dieser Meinung. Dabei erlabt sich Callista an Komplimenten wie andere an Wein. Schmeicheleien sind ihr Aqua Vitae und die Aufmerksamkeit für ihre Person ihr Pneuma. Auch davon kann sie nicht genug bekommen.
    "Ist Dido nicht eine betörend erschütternde Heldin? Ihr Tod ist weidlich romantisch. Durch die eigene Hand gestorben."
    Callista sieht verträumt zu dem Mausoleum. Nero war auch durch sein Tun gestorben. Und Callista bewundert ihn dafür abgöttisch. Einige Male hat sie es selber in ihrer Vergangenheit versucht. Meist jedoch um Aufmerksamkeit zu erringen. Natürlich war das auch jedes Mal gelungen. Der Tod war ihr verweigert worden. Im Grunde will Callista dazuhin nicht sterben.
    Einmal hatte sie versucht sich zu ertränken. Abermalig würde sie hinwieder jenes Instrumentarium des Todes nicht votieren. Denn eine Wasserleiche ist partout ungestalt.
    Das nächste Mal war es der Mohn, der sie zu Dis Pater tragen sollte. Das dritte Mal war vor wenigen Monaten gewesen. Sie hatte versucht sich zu vergiften. Ein Schlangenbiss. Der letzten Pharaonin wollte sie nacheifern. Denn der Schmerz, dass sie verlassen wurde, war zu schlimm gewesen. Doch es scheiterte an der Tatsache, dass die Schlange nicht in Laune für ihre Pläne war. Sie entfleuchte einfach hinter ihr Bett und aalte sich im Sonnenlicht.
    Eine tiefe Sympathie ruht darum in Callista für alle Selbstmörder.
    Ein weiterer Aspekt macht den Vergleich treffend. Leider liegt in Callista ein tiefer Brunn großer Rachsucht. Hasserfüllt schmiedet sie Ränke gegen jene, die sie diffamiert oder einfach geschmäht haben. Natürlich gesteht Callista sich derart nicht ein.


    Ein Flavier. Durchaus nobel die Familie. Callista hat auch gleich gesehen, dass es ein Patrizier sein muss. So glaubt sie. Denn im Grunde ist ihr nur seine Schönheit aufgefallen. Und gerne vermengt Callista Schönheit mit der Aristokratie.
    Die Flavier sind auch nur Emporkömmlinge.
    Immerhin mit Kaisern in ihrer Familie.
    In effectu, mehr als die Fabier, Aurelier oder Tiberier behaupten dürfen.
    Edles Geblüt.
    Trotzdem. Parvenues.
    Ein liebliches Lächeln ziert Callista.
    "Mit Pläsier mache ich Deine Bekanntschaft, Flavius Aquilius, Priester des Mars."
    Ein Priester? Die Götter müssen Callista lieben. Kein Zweifel. Zuerst wird sie vor einem tragischen Tod gerettet. Denn ohne einen Abschiedsbrief und tragisch romantischen Zeilen möchte sie nicht dahin scheiden. Überhaupt. Sie möchte allgemein nicht dem Leben entrissen werden. Und anschließend offerieren ihr die Götter einen vortrefflichen Plan für die Nacht.
    Fidel und vergnügt ergreift sie die Hände von Aquilius.
    "Das ist ein Zeichen, Flavius Aquilius. Siehst Du das auch?"
    Wie sollte er? Doch Callista ist überzeugt, dass er gleich weiß, wovon sie spricht.
    "Wir müssen das Grab gemeinsam suchen, damit ich unter Deiner Anleitung meinem Ahnen huldigen kann."
    Callistas Augen leuchten glückselig. Dass sie eben noch leichthin ein Versprechen gemacht hat ist vergessen. Nach Hause will sie auch nicht. Nicht in das kalte Heim der Villa. Dort fühlt sie sich nicht willkommen. Wie ein Störenfried. Womöglich weil sie dort nicht umsorgt wird wie am Nil. In ihrer eigenen Villa.


    "Unser aller Vater wird von Deinen Worten gerufen und meine Gaben werden Nero zu Ehren gereichen."
    Mit einem Mal fällt Callista auf. Sie hat keine Opfergaben. Erstaunt sieht sie an sich herunter. Nein, keine Dedikation. Auch bei Benohé sieht Callista keine.
    "Benohé! Wie konntest Du nur?"
    Tadelnd sind die Worte an Benohé gerichtet.
    "Du hast die Rosen vergessen."
    Aufgekratzt wie Callista ist, entströmen ihr die Worte wie ein lieblicher Wasserfall.
    "Natürlich müssen wir dem abhelfen. Ohne die Rosen gehe ich nicht an das Grab von Nero."
    Ob ein Garten in der Nähe ist, aus dem man die Rosen stibitzen kann? Ob Aquilius ihr helfen würde? Aber seine Worte sagen Callista. Er ist ein wahrhaftiger Ehrenmann. Er wird sie sicherlich nicht alleine den Diebstahl vollführen lassen.

    Der Tod lacht ihr ins Gesicht. Und Callista ist zutiefst erschrocken. Schon glaubt sie, ihr letztes Stündlein hat geschlagen. Ihr schöner Körper wird bald zerschmettert auf den Pflastersteinen Roms liegen. Ihr Blut wird die römische Erde tränken wie bereits der rote Saft ihrer Vorfahren. Dramatisch wie jedes Mal übertreibt Callista natürlich in ihrer trunkenen Gemütslage durch die Tränen des Mondes. Denn natürlich wäre der Sturz von der Mauer nicht tragischer gewesen als vom Baum ihres Elternhauses. Und dort war sie oft herunter gepurzelt.
    "Nero?"
    Die edle Gestalt eines Mannes beugt sich über sie. Und es muss Nero sein. Doch die Worte aus seinem Munde klingen nicht wie von ihrem geliebten Nero.
    "Oh."
    Langsam begreift Callista. Sie ist doch nicht tot. Was für ein Glück. Und all das verdankt sie dem Fremden. Verbunden über ihre Rettung lächelt Callista frohgemut. Der Trabant offeriert Callista wenig Aussicht auf ihren Beistand. Doch der Geruch des Mannes verrät ihr. Es ist kein Abschaum der Gosse, der die Gunst der Stunde nutzen will. Und auch die Betonung des Lateinischen zeigt ihr das. So sieht sich Callista erst mal nicht bemüßigt, sich den Armen des Mannes zu entwinden. Sie fühlt sich sodann noch ganz zittrig. Auch eine Wirkung des Traumsaftes, der sie in seltsame Stimmungen wirft. Jede Nacht aufs Neue.
    "Du hast mich den Klauen des Todes entrissen, mein Aineías."
    Um genau zu sein fühlt sich der Mann sogar recht vorzüglich an. Callistas dunkle Augen lodern verzückt auf.


    Das Lärmen von Füßen nähert sich. Das Geräusch von Waffen, die gezogen werden.
    "Herrin?"
    Die Stimme ihrer Sklavin ertönt zu Nahe an Callistas Ohren. Sie seufzt pathetisch.
    Nicht ein Mal kann man so einen Moment in Ruhe genießen.
    Gemach, Callista, gemach.
    Nebem ihrem Gesicht schwebend erkennt die junge Frau die bulligen Gestalten ihrer ägyptischen Leibwächter. Hatte sie ihnen nicht verboten, Waffen mitzunehmen? Das war doch verboten. Ein seltsamer Gedanke, nachdem sie in das Grab des Augustus einbrechen wollte. Nun fühlt sich Callista doch genötigt aufzustehen.
    "Steckt die Waffen weg und wehe ihr krümmt meinem Retter auch nur ein Haar. Ich peitsche euch sonst das Fleisch vom Körper bis ich eure blanken Knochen sehe."
    So lieblich die Worte an Aquilius gerichtet waren, so schneidend sind sie bei ihren Sklaven. Hastig gehorchen diese. Callista kann sich nicht zügeln, sie betrachtet ihren Retter genauer. Wofern es ihr Nox erlaubt.
    "Mein Name ist Claudia Callista. Sprich einen Wunsch aus, mein Held, und er soll Dir gewährt sein für die Rettung meines Lebens."


    Benohé seufzt erleichtert auf. Womöglich vermag es der Fremde ihre Herrin von dem törichten Unterfangen abzulenken. Ungeachtet beäugt sie den Fremden bedenklich. Denn ihre Herrin ist nicht als naiv zu bezeichnen. Aber einem schönem Mann gegenüber ist Callista zu leicht empfänglich. Überhaupt bei allem Schönem. Im selben Maß wie sie das Hässliche verabscheut. Angespannt wartet Benohé ab und hält in ihren Fingern den schmalen Dolch bereit, sollte sie ihre Herrin beschützen müssen. Auch muss sie es unterdrücken, die Kleider ihrer Herrin zu richten. Beim Fallen waren sie verrutscht. So scheint es Callista nicht bemerkt zu haben. Benohé weiß es unzweideutig. Callista hasst es, bemuttert zu werden.

    Auf meinem Grabe
    Auf meinem Grabe
    sollen rote Rosen stehn,
    die roten Rosen,
    die sind schön.
    - Hermann Löns




    Leicht wie eine Feder fühlt sich Callista. Der Wind könnte sie erfassen und mit sich tragen. Fröhlich lächelnd spaziert sie auf der Mauer vor dem großen Mausoleum entlang. Ihre granatrote Stola flattert in der nocturnen Brise. Der schwarze Äther der Nacht spannt sich über ihren Kopf. Ein schmaler Fuß setzt sich auf einen Löwenkopf. Grimmig starrt das Raubtier aus Stein auf die Straße vor dem Mausoleum, die wie ausgestorben wirkt.
    "Ein' Hampfel Gerste gebt der Kräh' in Gnaden,
    Apolls Kind, aber einen Weizenfladen,
    Ein Brot, ein Geldstück! Was man brauchen kann,
    Wie's just zur Hand ist, nimmt's die Krähe an."

    Euphonisch erklingt die helle Stimme von Callista durch die Nacht und wird von den Wänden der Häuser in einem schwachen Echo zurück getragen.
    Es ist seltsam, aber womöglich liegt es an Italien. Denn schon lange hat sich Callista nicht mehr an das Lied erinnert. Ihre Mutter sang es früher oft. Früher. Die Arme ausgebreitet, um die Balance zu halten, sieht Callista zu dem düsteren, mächtigen Bau des ersten Kaiser.


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    Im Schatten der Mauer wartet Benohé und sieht besorgt zu ihrer Herrin hinauf. Es war wieder mal einer ihrer unausgegorenen Ideen, mitten in der Nacht zu diesem Mausoleum zu kommen. Die spontanen Launen der Patrizierin kann Benohé schwer einschätzen. Obwohl sie schon seit Jahren der Claudierin dient. Hinter ihr warten zwei Leibwächter, stumm wie immer.
    "Herrin, sollen wir nicht lieber morgen früh noch mal hier her kommen? Es ist verschlossen, wie Du siehst."
    Benohé zeigt auf die mächtige Eingangstüre, die mit einem Schloss behängt niemandem Einlass gewährt.


    Callista lacht fröhlich auf.
    "Seit wann hindert eine Claudierin ein verschlossenes Tor? Es ist mein Recht, diesen Bau betreten zu dürfen. Er ist auf das Wort meiner Familie hin erbaut worden."
    Thronend wie eine Kaiserin bleibt Callista auf der Mauer stehen.
    "Außerdem würde Nero mich tadeln, wenn ich sein Grab nicht besuche. Schließlich komme ich nicht oft nach Rom."
    Benohé seufzt ergeben. Sie sieht, dass es keinen Sinn macht. Ihre Herrin wird sich den nächtlichen Plan nicht aus den Kopf schlagen.
    "Herrin, ich hörte, dass Nero hier nicht begraben liegt."
    Ungnädig schiebt Callista den berechtigten Einwand zur Seite.
    "Palaver des einfachen Volkes. Nero ist der Größte aller Kaiser. Natürlich liegt er dort, wo er hingehört. Er hat es mir selber gesagt."
    An dieser Stelle weiß Benohé, dass sie nicht widersprechen darf.
    "Gebt, gute Leut'. Auch körnig Steinsalz weist
    Nicht ab die Krähe, weil sie's gern verspeist.
    Wer Salz heut bringt, wird morgen Honig bringen.
    Die Tür auf! Plutus hört auf unser Singen!"

    Ungetrübt und geschult ist die Stimme von Callista. Enthusiastisch, schon euphorisch erklettert sie den Löwenkopf. Sie breitet ihre Arme aus, damit der Wind sie umfängt. Vielleicht trägt er sie zu den Ufern des Nils zurück.
    "Rom, Quirites, hört mich an! Der größte Kaiser aller Zeiten liegt hier...aaaaahhh!"
    Und schon fällt Callista mit einem erschrockenen Laut. Die Sklaven reißen erschrocken ihre Augen auf. Ungelegen fällt Callista in Richtung der Straße, weg von den Sklaven.





    Sim-Off:

    Es wurde nun doch schon reserviert.

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    Nimmersatt und luzid golden. Was für eine elysische Farbe. Sie erinnert Benohé an das goldfarbene Leuchten Surijas' am Himmelsgewölbe über den Gebreiten ihrer Kindheit. Elegischer Empfindung zögert Benohé, denn schon seit Jahren hat sie sich nicht mehr an die Zeit ihrer Freiheit zurückbesonnen. Es ist nicht die erste nordische Frau, die Benohé sieht. Aber solche wunderlich bezaubernden Augen und leuchtende Mähne sind ihr noch nie dergestalt untergekommen. Gebannt vertieft sich Benohé in die Tönung dieser germanischen Augenpracht. Melodiös läuten die Armreife als ihre Hände sich vor der Tunika falten.
    "Mein Dank gilt Dir, die von Chepre beschenkt wurde."
    Es versteht sich, dass Benohé nicht erst ihre Herrin fragen muss. Sie wäre dann eine schlechte Sklavin. Nein, Benohé kennt ihre Herrin. Sie weiß sicher, was diese wünscht und hier in dem Haus zu suchen gedenkt. Aber eines macht Benohé stutzig. Die Frage nach dem Hausherrn. Ihre Herrin scheint darüber auch nicht Kenntnis zu haben, denn sonst wäre Benohé nicht ratlos.
    "Meine Herrin erbittet vorerst um Obdach, ein Bad und eine Rast. Anschließend würde sie gerne ihrem Vater einen Besuch abstatten. So er denn in diesem Haus ist."
    Die Launen ihrer Herrin würden ein Missgeschick nicht gestatten. Insofern fügt Benohé vorsorglich auch noch den Namen des Pater an.
    "Ihr Vater ist Galeo Claudius Myrtilus."



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    "Mama, darf ich aus der Sänfte aussteigen?"
    Die Stimme ihre Sohnes lässt Callista aus der Betrachtung des Kapitols aufschrecken, das wie eine Krone über der Stadt schwebt. Nero Fabius Damio, kleiner Erbe des Fabius Marullus, Sohn von Callista, weiß genau, wie er seine Mutter ansehen muss, damit sie ihm alles gewährt. Den Braven spielt er zur Perfektion, wenn er seine Mutter täuschen möchte. Und sein unschuldiger Augenaufschlag, sein drolliges und süßes Lächeln gewinnt ein weiteres Mal.
    "Sicherlich, Nero. Aber laufe nicht zu weit weg und mache Dich nicht dreckig. Wir gehen gleich in die Villa."
    Ein Fingerzeichen und ein breitschultriger Sklave folgt dem Jungen, der aus der Sänfte gleitet. Einer kleinen Hoheit gleichend schreitet der Junge an der Mauer der Villa entlang und inspiziert die Straße von Rom.


    Callista sieht zu der Sklavin und die geöffnete Tür. Sie sehnt sich nach einem warmen Bad und einem weichen Bett. Einige Stunden der Ruhe würden ihr auch gut tun. Aber ihren Vater wieder zu sehen? Sie fürchtet sich schon fast davor.

    Nichts ist süßer fürwahr, als Vater und Mutter zu haben,
    Sterblichen, Kyrnos, die noch heiligem Rechte getreu:
    Doch wer Achtung nicht trägt vor dem Haupt hingreisender
    Eltern,
    Solchem besteht nicht lang, Kyrnos, In Segen das Haus.
    - Theognis



    Seidige, schwarze Haare ruhen auf dem Schoße der jungen Frau, deren Fingerspitzen das Tuch der Sänfte zur Seite streichen und mit der anderen Hand zart durch den Schopf des Jungen gleitet. Verschwenderisch üppige Prunkbauten ziehen vor ihren nahezu schwarzen Augen entlang. Italien! Sie ist seit Jahren das erste Mal neuerlich in das Land ihrer Ahnen zurück gekehrt.
    Wie ein Bettelweib, dabei bin ich eine Nachfahrin der Kaiser.
    Sei nicht so, Callista, Du wirst ihn schon um Deinen Finger wickeln.
    "Mama, sind wir bald da?"
    Der Junge, geboren aus ihrem Schoße und nun auf ihren Knien ruhend, hebt sein cherubenhaftes Gesicht. Ernsthaft dunkle Augen sehen zu der jungen Frau hinauf, deren sinnlicher Mund einen eigenwilligen, schlicht trotzigen Zug offenbart. Der kalte Glanz aus den schwarzen Augen der Frau entschwindet und eine Liebe in infinitum ersetzt diese.
    "In brevi, mein Cupido!"
    Artig legt der Junge seinen Kopf wieder zurück und schließt die Augen.
    Was er wohl tut?
    Wehe er liegt in den Armen dieses Luders!
    Nackte Eifersucht erschleicht sich den Weg in das Herz der jungen Frau.
    "Herrin, wir sind angekommen!"
    Die honigsüße Altstimme ihrer Sklavin dringt bis in die Gedankenwelt der dunkelhaarigen Patrizierin. Erlöst stößt Callista einen Seufzer aus. Endlich! Zu lange währt die Reise bereits.
    "Eile zur Porta, meine Benohé, und melde mein Kommen. Mögen sie auch schon ein Bad für mich bereiten."
    Die weichen Kissen ihrer Sänfte umfangen Callista. Ruhig wartet sie ab, dass ihre Sklavin bis vor die Tür der Villa Claudia tritt, um Weg und Tor für die Patrizierin zu öffnen.


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    Erwartungsvoll bewegt sich Benohé auf die Tür der Claudier zu. Es wundert sie nicht, dass es sie ist, die das Kommen ihrer Herrin melden muss. Denn die anderen Sklaven sind nicht dazu in der Lage. Kein Klang wird jemals wieder von ihren Lippen dringen. Benohé gehört zu den wenigen Sklaven, denen die Herrin vertraut. Benohé tritt vor die Tür und hebt die Hand. Um ihren ranken, drahtigen Körper fließt eine unerhört durchscheinende Tunika und an ihren langen, feingliedrigen Armen klimpern zahllose Goldreife, die ihre Herrin ihr geschenkt hat. Das Pochen klingt sanft durch das schwere Holz und Benohé wartet mit der Geduld einer untadligen Sklavin. Erst als sich die Tür öffnet senkt sie demütig ihre langen Wimpern.
    "Möge Dich der Segen Isis' beglücken!"
    Ein ausgefallener Akzent liegt in der Stimme der Sklavin.
    "Meine Herrin, Claudia Callista, hat ihren edlen Fuß in das Land ihrer Wurzeln gesetzt und ersucht um die freundliche Aufnahme in das Haus ihrer Familie."