Beiträge von Tilla Romania

    Tilla! antwortete sie ebennso langsam und deutlich wie der Soldat flüsternd. Dennoch entnahm sie die Tafel wieder seinen Händen und schrieb ihren Namen nieder. Ich habe mich nach meinem Botengang verlaufen und bin unschuldig reingeraten. Ich muss zurück zur Villa Flavia Felix, sie befindet sich auf der nördlichen Kuppe des Quirinal, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Capitolium Vetus. Tilla! Er passte gerade noch auf die Schreibfläche. Ihren Nachnamen liess sie weg. Die meisten Sklaven trugen nur einen Namen. Der Nachname gehörte ihrer Mutter Esther. Und ihrem Vater den sie nie kennengelernt hatte, dafür die fast schwarzen Augen und Haare geerbt hatte.


    Hier bleiben? Wegen Nachforschungen? Beinahe hätte sie ihm die Tafel wieder genommen, um drauf zu schreiben, dass sie doch gleich mitkommen könne. Doch sie riss sich zusammen. Ihr Glück war mit dem Auftauchen ihrer Tafel und der kurzen Kommunikation mit dem Soldaten aufgebraucht. Sie hatte vor wenigen Minuten gesehen, wie Soldaten reagierten, wenn sie angegriffen wurden. Ein kurzes Nicken machte ihm klar, dass sie verstanden hatte. Tilla drehte sich langsam um, um die Zelle zu betreten und zur recht liegenden Wand zu gehen, wo sie langsam in die Hocke ging und stumm zur Tür blickte. Hoffentlich liess er die Fackel hier. Nein, sie hatte keine Angst vor der Dunkelheit, aber die Situation war zu unbekannt und auch beängstigend. Langsam wurde ihr klar, in was für einem Haufen sie sich befand. Es kam alles auf den Soldaten an. Sowie auf die Tafel.

    Nach unendlich andauernden Sekunden dann endlich schien endlich die Münze im rotierenden Gedächtnis des Soldaten zu fallen. Sie sah auf und nickte bejahend. Der Soildat zauberte im wahrsten Sinne des Wortes ihre Tafel wieder hervor. Sie sah diese mit glaänzenden Augen an und nahm sie ganz behutsam, wie ein rohes Ei, in ihre Hände. Sie versuchte zu entziffern was auf der Schreibfläche ehemals geschrieben stand, aber er hatte recht. Es war nicht mehr lesbar. Tilla bemühte sich langsame Bewegungen zu machen, legte die Tafel auf den Oberschenkel und ergriff mit der anderen Hand ein Stück ihrer Tunika. Mit dem Zipfel wischte sie alles weg, nahm etwas Spucke zu Hilfe. Mit dem Säubern der Tafel fertig, gab sie dem Soldaten die Tafel zurück zusammen mit der stummen Bitte kurz zu halten.


    Sie musste die Kreide in ihrem Beutel suchen. Immer noch darauf bedacht langsame Bewegungen zu machen, zog sie ihren Beutel ganz weit auf und kramte wenige Sekunden lang nach dem wichtigen Utensil. Da! trimphierte sie und begann zu schreiben. Ich habe mich nach meinem Botengang verlaufen und bin unschuldig reingeraten. Ich muss zurück zur Villa Flavia Felix, sie befindet sich auf der nördlichen Kuppe des Quirinal, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Capitolium Vetus. Nun reichte sie dem Soldaten die Tafel.

    Lauter.. ich versteh Dich nicht. Das schwache Hoffnungsleuchten verschwand aus ihren fast schwarzen Augen. Tilla konnte es dem Soldaten schlichtweg nicht verübeln, dass er diese Forderung stellte und schüttelte hillflos mit dem Kopf. Langsam bewegte sie ihre Hand von der Kehle zum Mund und verschloß ihn, darauf folgte ein weiteres Kopfschütteln. Sie konnte nicht sprechen! Schließlich löste sie die Hand vom Mund und versuchte einen unsichtbaren Stift auf einer unsichtbaren Tafel darzustellen. Sie brauchte was zu schreiben! Tafel! Ich brauche eine Tafel! Dann kann ich dir sagen, was du wissen willst.. und musst. Es war verrückt in dieser heiklen Situation Forderungen zu stellen. Noch einmal legte sie ihre Hand auf den Hund und schüttelte den Kopf. Anders konnte sie sich nicht ausdrücken. Tilla liess die Hände sinken und blickte zu Boden. Sie versuchte nicht einmal die Zeichensprache anzuwenden, weil sie zu schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Denn viele Leute hielten diese Zeichen für Verzauberungs- oder Verwünschungsgesten.

    Ich nehme alles zu mir was gegen die Erkältung hilft. Danke, ich nehme gerne einen Schluck Wein. Anstoßen.. worauf denn? Sie stockte und sah ihn aus ihren fast schwarzen Augen ziemlich perplex an. Dass Sklaven freigelassen wurden, wenn sie etliche JAHRE gedient hatte, war ihr bekannt. Aber Luka? Er war kaum angekommen und nun frei? Ein freier Mann? Flaccus hatte ihn freigelassen? Ob das schön war nun frei zu sein? Was sollte sie sagen? Tilla war froh ihrer Herrin dienen zu dürfen, dafür ein Dach sowie Essen und Trinken plus schöner Kleidung zu kriegen. Ah.. hatschi! prustete sie und schneuzte ins Niestuch.


    Also.. ich.. find's auch schön. Ich meine, du hast es dir sehnlichst gewünscht... ein freier Mann zu sein. flüsterte sie leise, ohne zwischendrin zu niesen oder zu husten, und lächelte. Ja, ich bin krank... aber das soll jetzt kein Hindernis sein, mit dir auf dich und deine Zukunft anzustoßen. Hatschi. Ich kann nachher mich.. hatschi. ausruhen und schlafen. Sie nahm seine Hand und zog ihn zur Nische zurück. Dort suchte sie das bequemste Kissen heraus, was sie hatte, legte es Luka hin und bedeutete ihm sich darauf zu setzen. Mach du.. hatschi... die Flasche auf. Ich halte.. hatschi... die Becher. Oh, du hast keine.. husthust.. mitgebracht? Egal, dann trinken wir direkt.. husthust.. aus der Flasche. Also.. hatschi.. dann.. Auf deine Freiheit, Luka! prostete Tilla ihm mit einem unsichtbaren Becher in der Hand zu. Was wirst du.. hatschi.. jetzt machen? Bleibst du bei uns oder gehst du fort, Luka? fragte sie ihn und hustete in einen Tunikaärmel hinein.

    Vielen Mitgefangenen waren die Hände auf den Rücken gebunden worden. Nun ging es zu dem Ort, welcher ihnen allen angedroht worden war, weil sie noch auf der Straße unterwegs gewesen waren. Stolpernd passte sie sich dem Tempo der Gruppe an und gelangte zum ersten Mal innerhalb der Mauern der Castra Pratoria. Ein Ort, vor welchem sie sich als ehemaliges Straßenkind immer gefürchtet hatte. Tilla gab sich keine Mühe, die Fesseln auf eigene Faust zu lösen, sie waren stramm geknotet. Die Übelkeit blieb, untermalt von einem rumorenden Magen. Da die linke Sandale fehlte, war das Laufen auf nackter Sohle unangenehm.


    Sichtlich beunruhigt über die engen Carcergänge sah sie zu Boden und erst wieder auf, als die Fesseln gelöst wurden. Der erste Impuls war, sich die Handgelenke zu reiben, doch sie unterdrückte diesen mit Mühe. Die Tafel war futsch, aber den Stilus in ihrem Beutel hatte sie noch. Dieser würde wahrscheinlich auch als gefährlich angesehen werden. Wie sollte sie sich erklären? Betont langsam hob sie die rechte Hand, um auf ihre Kehle zu deuten. Ich bin stumm und heiße Tilla. Bitte lies... meine Tafel. flüsterte sie ganz langsam und deutlich. Meine Herrin heisst Aurelia Prisca! Sie wohnt in der Villa Flavia. Ein kleiner Hoffnungsschimmer, von dem Soldaten verstanden zu werden, leuchtete in ihren beinahe schwarzen Augen auf.

    Die Steinewerfer erstarrten angesichts der neuerlichen Aktion der Soldaten. Nicht gerade wenige liessen die Steine fallen, die sie eben noch in den Händen, bereit zum Weitwurf gehalten hatten. Diejenigen, die den Soldaten und ihren Lanzen am nächsten standen, begannen zurückzuweichen. Viel Platz war nicht mehr übrig, da sie sich ja allesamt in einer Sackgasse befanden, umgeben von hohen Häusern. Beim Hochnehmen der Lanzen schienen einige wieder die Hoffnung gefasst zu haben, mit laut vorgetragenen Bitten freizukommen. Die Frauen mit dem Kleinkind weinten nun selber, baten mit schluchzender Stimme um Freilassung. Doch weit gefehlt, sie wurden festgenommen, gefesselt und weggebracht. Auch Tilla wurde gepackt, um festgenommen zu werden.


    Aus großen verängstigten weit aufgerissenen Augen starrte sie den Soldaten an, der sie angesprochen hatte. Sie konnte nicht sagen, ob es der derselbe Soldat war, der sie beim ersten Kontaktversuch abgewiesen hatte. Er machte ihr Vorwürfe, stellte Fragen. Die sie nicht wie alle anderen eben mal so beantworten konnte. Tilla holte tief Luft, bemühte sich aus ihrer Erstarrung zu reissen und hielt ihm die Tafel entgegen. Einige Worte waren mittlerweile unleserlich. Ich habe mich nach meinem Botengang verlaufen und bin unschuldig hier reingeraten. Ich muss zurück zur Villa Flavia Felix, sie befindet sich auf der nördlichen Kuppe des Quirinal, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Capitolium Vetus.


    Als nächstes drehte sie sich um, hob die Hand an den Nacken, um ihre kurzen Nackenhaare zusammenzufassen und zur Seite zu schieben. Unten drunter war das, in die Haut eingebrannte, Wappen der Aurelier zu erkennen. Ein Soldat dachte wohl, dass sie seinem Vorgesetzten was antun wollte, riss ihre Hände auf den Rücken und begann sie zu fesseln. Derart eingeschränkt schüttelte die junge Sklavin immer wieder den Kopf. Lies... die Tafel.... flüsterte sie stimmlos, ohne Hoffnung, dass sie in dem Lärm gehört werden würde. Herrin Aurelia Prisca! fügte sie mit wachsender Verzweiflung hinzu und drückte die Füße in den Boden, sich dagegen stemmend weggebracht zu werden. Ihre Kräfte schwanden schnell, der Soldat war einfach stärker. Zudem wurde ihr erneut übel, als zwei Soldaten vorbeigingen, die eine Leiche an Händen und Füßen vorbeitrugen.

    Luka hatte großes Glück, dass er Tilla in ihrer Nische antraf. Normalerweise wäre sie bei Prisca, aber Mara hatte darauf bestanden, dass sie eine Pause einlegte. Besser sie ruhte sich aus und legte die Beine hoch. Seit wenigen Tagen plagte sie ein Schnupfen und nun war auch Husten dazu gekommen. Mit zugehaltener Nase trank sie einige Schlucke von dem Getränk, welches die Halsschmerzen mildern sollte. Schließlich band sie das Halstuch ab und legte es sich neu gefaltet um den Hals. Hatschi.. hatschi.. Tillaschnaubte mit Hilfe eines Leinentuches die triefende Nase sauber.


    Sie hörte die schwere Schritte und schob den Vorhand beiseite. Der breite Rücken war ihr gut bekannt. Schnell rutschte sie von den Sitzkissen und lief ihm nach, um für einen kurtzen Moment seinen Unterarm zu erfassen. Luca.. was.. hatschi.. ist denn? Oh du hast.. hatschi.. Wein dabei.. wie schön.. hust. Eilig zog sie die Hand weg und zog ein weiteres Leinentuch heraus, um sich erneut die Nase zu putzen. Entschuldige, ich bin erkältet. seufzte sie und setzte einen entschuldigenden Blick in ihre fast schwarzen Augen.

    Die mit schriller Stimme kreischende Lupa verstummte angesichts des Umstandes, dass ihr Begleiter gegen den anderen verlor und von ihm niedergeboxt wurde. Mit was für einem Schwächling war sie bloß unterwegs gewesen? Rasch schmiß sie sich an den Kontrahenten ran und betupfte mit einem Tüchlein einen blutenden Kratzer und huldigte sein Verhalten mit lieblich säuselnder Stimme. Der Mann, der sich mit Hilfe seiner Fäuste einen Weg zu erkämpfen versucht, wurde niedergeschlagen. Der Mann mit dem spitzen Stock bezahlte seinen Versuch hier raus zu kommen mit dem Leben. Seine Leiche wurde von den Füßen der festgehaltenen Menschen niedergestrampelt. Der Gladiusdieb kam ebenfalls nicht ungestraft davon und starb.


    Die Soldaten bildeten eine ziemlich beeindruckende Linie von Lanzen und Schildern. Tilla schluckte.. und schluckte.. und schluckte... bis sie nichts mehr zu schlucken hatte. Der Magen begann zu rebellieren. Ihr wurde schlecht. Abrupt wandte sie sich ab und hastete zur am nächsten gelegenen Hauswand. Dort übergab sie sich hustend und würgte alles heraus, was sie zuletzt gegessen hatte. Esther hatte für sie gekocht und es hatte sehr gut geschmeckt. Nun befand sich alles im staubigem Boden. Sie blieb bei der Hauswand stehen, lehnte sich an und verschränkte wieder die Arme mitsamt der Tafel vor der Brust. Mühsam bemühte sie sich das Zittern zu unterdrücken, welches sie erfasst hatte. Verflixt noch eins, wie sie die Farbe von Blut hasste!


    Die um sie herum stehenden junge Männer bewegten sich wie Ameisen und sammelten loses Mauerwerk auf. Damit ausgerüstet rannten sie etwa in die Mitte und schmissen Steine verschiedenster Größen auf die Soldaten. Einige Steine trafen ziemlich geräuschvoll die Schilder der Urbaner. "Lasst uns gehen... " "Wir haben nix getan!" "Die Waffen sprechen lassen... ist alles was ihr könnt!" Zwei Frauen mit einem heulenden Kleinkind auf dem Arm zogen sich in die Nähe von Tilla zurück. Tilla hätte sich gerne die Ohren zugehalten, aber sie musste die Tafel beschützen. Zusammen mit dem Stilus war die Tafel ihr einziges Kommunikationsmittel. Die Soldaten würden sicherlich noch härter durchgreifen. Sie würde sich nicht wehren, wenn man sie packte und fortbrachte.

    Die Tafel flog davon. Tilla hastete ihr hinterher und war froh, dass die Tafel heil geblieben und nicht zerbrochen war. Mit etwas Ellenbogeneinsatz zog sie sich aus dem Kreis um den entnervten Soldaten und seinen Kollegen zurück. Sie konnte nicht anders und fluchte zum dritten Mal stumm in sich hinein. Jetzt war's aber gut mit Fluchen. Das brachte doch nichts und sie selber schon gar nicht aus dieser Situation raus!


    Was hatte der Soldat gesagt? Sie sollte verschwinden. Das würde sie sehr gerne tun, aber wie? In Luft auflösen konnte sich niemand. Grübelnd betrachtete sie die Buchstaben ihrer Sätze auf der Tafel. Sie konnte dem Soldaten die Tafel ein zweites Mal unter die Nase halten und nochmals darauf hoffen, dass er zu lesen beginnen würde. Andererseits konnte sie abwarten, auf einen ruhigen Moment hoffen, um doch noch ins Gespräch zu kommen. Es hatte schon wahrlich seine Nachteile stumm zu sein und nicht sprechen zu können.


    Während sie still nach Auswegen aus der Situation überlegte, begannen sich zwei breitschultrige Kerle zu prügeln, weil der eine die Begleiterin des anderen beleidigt hatte. Ob sie wirklich seine Begleiterin war? Sie sah aus wie eine lupa! Die schrille Stimme war nicht zu überhören, da sie mit Geschrei versuchte ihren Begleiter zu beruhigen und von der Prügelei abzuhalten. Bisher tatenlos Herumstehende versuchten die Gelegenheit zu nutzen und durch die Bewachung zu brechen, um ihr Heil in der Flucht zu suchen. Der eine nutzte seine Fäuste, der andere hatte einen schmalen Stock mit abgebrochener Spitze gefunden. Der dritte versuchte einen Soldaten abzulenken, damit ein vierter Mann an die Waffe im Gürtel eines Soldaten gelangen konnte.


    Gerne wäre die junge Sklavin mitgelaufen und hätte ihr Glück herausgefordert, doch sie hing an ihrem Leben. Irgendwo im Hintergrund brüllte ein Mann, dass sie ihre Bewacher allesamt nieder schlagen sollten, damit sie endlich heimgehen konnten. Mit aufmerksamen Blick verfolgte Tilla die Prügelei der Kerle und die Reaktionen der Soldaten. Langsam aber sicher bekam sie Angst vor dem Chaos. Vor der immer größer werdenden Tatsache, dass Blut fließen würde, wenn das hier so weiterging. Wenn die aufständischen Festgehalten, die Soldaten überwältigen konnten. Die Soldaten die Aufständischen niederstechen würden. Sie hatte schon seit jeher immense Angst vor der roten Farbe des Blutes. Unbewusst klemmte sie die Tafel mit verschränkten Armen vor die Brust, ihr Herz schützend.

    [URL=http://www.fr-online.de/wissenschaft/versunkene-stadt-muelldeponie-pompeji,1472788,11401612,view,asFirstTeaser.html]Abfallgruben an der Zisterne[/URL]


    Quelle Frankfurter Rundschau von heute, 7.1.2012

    Zu Hause bleiben? Tilla war sehr verwundert über diese Frage. Ehe sie sich versah, handelten die Kollegen des angerempelten Soldaten und schnappten sie sich. Nein!! Den Kopf immer wieder schüttelnd, versuchte sie irgendwie klar zu machen, dass sie das Anrempeln nicht gewollt hatte, sie war lediglich gestolpert. Lasst mich! Vergeblich, sie wurde zu anderen Menschen gebracht, die den Soldaten wohl ebenfalls aufgefallen waren. Sie war erleichtert, als sie losgelassen wurde.


    Mit gefurchter Stirn sah sie die Uniformierten an und rieb sich die Oberarme. Mit dem Carcer wurde gedroht, weil sie sich nicht zu Hause aufhielt? Na toll! Zu dem Problem, wie sie nach Hause gelangte, kam jetzt auch noch die Drohung in den Carcer zu kommen dazu. Sie tastete nach dem Beutel mit den Schreibutensilien und zog ihre Tafel raus. Ich habe mich nach meinem Botengang verlaufen und bin unschuldig hier reingeraten. Ich muss zurück zur Villa Flavia Felix, sie befindet sich auf der nördlichen Kuppe des Quirinal, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Capitolium Vetus. Wie wies sie nach, dass sie tatsächlich dahingehörte? Das Brandmal im Nacken stammte noch von den Aureliern. Mist!


    Aufmerksam beobachtete sie die Soldaten, die sie bewachten und musste feststellen, dass diese von den übrigen Festgehaltenen belagert wurden, um ebenfalls mit Bitten freizukommen. Verdammt! fluchte Tilla. Ihr Blick wanderte die Hauswände hinauf. Nein, das sah alles instabil aus. Mit einer fehlenden Sandale am linken Fuß und einer vorhandenden Sandale am rechten Fuß war sie noch nie geklettert. Bestimmt würde sie zurückgerissen werden, wenn sie auch nur zum Klettern ansetzte. Sie beschloß es doch einmal mit der Tafel zu versuchen und kämpfte sich zu einem Soldaten durch, um diesem die sauber nieder geschriebenen Worte unter die Nase zu halten. Vielleicht hatte er ein Einsehen oder schlimmer, er war schon überfordert, gar genervt? Ich habe mich nach meinem Botengang verlaufen und bin unschuldig hier reingeraten. Ich muss zurück zur Villa Flavia Felix, sie befindet sich auf der nördlichen Kuppe des Quirinal, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Capitolium Vetus.

    Mit Mutter Esther war sie unterwegs gewesen und hatte sich vor kurzem von ihr getrennt, um den Weg zur Villa Flavia alleine zurückzugehen. Esther und Pumillio mussten in eine andere Richtung gehen, um zu Esthers zu Hause zu gelangen. Tilla geriet auf ihrem Weg in einen Menschenauflauf und wurde mit ihnen mitgerissen. Schwer atmend rettete sie sich in einen Hauseingang und stellte sich auf die höchste Stufe. Wo war sie? Sie stellte fest, dass sie keine Ahnung hatte und wohl um Auskunft bitten musste. Die Menschen schnatterten wie wild durcheinander, einer Horde Gänse gleich. Ein Hüne führte sich wie ein Redner auf. Der Kaiser war tot? Aha! Interessant! Die Menschen schnatterten noch mehr durcheinander. Mehr aber auch nicht.


    Wichtig war jetzt in ihren Augen irgendwie nach Hause zu gelangen... nur wie, wenn sie sich verlaufen hatte? Die Urbaner forderten, dass jeder SOFORT heimgehen sollten. Und jeder der das nicht tat, gefährdete den Frieden, riskierte den Carcer. Na, in letzteres wollte sie nicht gebracht werden. "He... scher dich aus meinem Hauseingang weg... sonst setzt es was." dröhnte hinter ihr eine gewaltige Baßstimme. Tilla zuckte erschrocken zusammen und schob sich eiligst zurück in die Menschenmenge. Was nun? Die Sonne blendete und irgendetwas metallisches blendete zurück. Die junge Sklavin kniff die Augen zusammen. Jemand trat in ihre linke Ferse. Sie stolperte und prallte gegen etwas hartes und fand sich vor genagelten Schuhen wieder. Mit weit aufgerissenen Augen sah sie den Soldaten an und versuchte zugleich sich wieder auf die Füße zu rappeln. Das linke Knie aufgeschürft, die linke Sandale futsch.

    [URL=http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,799016,00.html]boten den Römern die Stirn.[/URL]


    Sie stammen aus den ersten fünf Jahrhunderten unserer Zeitrechnung. Jener Zeit, von der alle Welt annimmt, die Römer hätten Europa und Nordafrika fest in ihrer Hand gehabt.


    Quelle: SpiegelOnline, 28.11.2011

    Zitat

    Original von Tilla Romania
    und ist spätenstens Sonntag abend mit allen ID's wieder da. Ein schönes Wochenende wünsche ich allen... :)


    Ich bin zurück.
    Es war ganz nett und wie immer inklusive 'Aha'-Erlebnis. :] (Es gibt nichts besseres als intensive Registerproben mit Alt-, Tenor-, Bariton-Saxophon, Tenorhorn und Euphonium, Posaunen und Schlagzeug.)

    Es dauerte bis Flaccus der Flavier reagierte und 'wach' wurde. Er zog sich allerdings von ihr zurück und erwiderte nichts auf ihre geflüsterten Worte. Er lehnte sich an eine Säule und starrte vor sich hin. Sie ging ihm nicht hinterher. Sie war nur eine von den vielen unzähligen Sklaven, die unter dem flavischen Dach dienten. Tilla wandte sich ab und sah sich um, bis sie Hektor in dem Gewusel entdeckte. Es war als ob eine eisige Hand nach ihrem Herz griff. Sie waren schon vom Stadtbummel zurückgekehrt. Und Tilla war nicht zur Stelle. Bestimmt lag die Herrin wieder weggetreten im herrschaftlichen Bett.


    Der große unbekannte Mann berichtete inzwischen dem Hausherrn Gracchus was geschehen war. Er kam von weit her. Aus dem Norden. Von einer Insel? Nigrina und Lupus reagierten auf den Bericht mit scharfen Worten. Auch für Tilla war es zunächst unbegreiflich wie ein Balken eines Hausdaches sich aus einem Haus lösen konnte. Allerdings kannte sie diese baufälligen Häuser, da sie einige Zeit als diebisches Straßenkind in solchen Unterkünften gelebt und gewohnt hatte. War das wirklich schon so lange her? Tilla hatte die subura nicht mehr betreten. Jedenfalls hatte der große Unbekannte sich nicht davor geschaut Priscas tödlich verunglückten Ehemann nach Hause zu bringen. Sie achtete ihn für seine Courage.


    Mit klopfendem Herzen schob sie sich an den Menschen vorbei und gelangte zu Hektor. Da sie Prisca vor kurzer Zeit ihre Liebe zu Hektor gestanden hatte, war es in Ordnung sich an seiner Seite zu zeigen. Tilla lehnte sich an ihn an. Nur das erlaubte sie sich, um zu zeigen, dass sie um Piso trauerte. Langsam ergriff sie dessen Hand und suchte zugleich seinen Blickkontakt. Hej... schön, dass du da bist. Es ist alles so schrecklich. Ich hatte gehofft euch in der Stadt zu treffen und sie vorzubereiten, aber ihr seid früher zurückgekommen. Ist sie in ihren Gemächern? Da gehe ich jetzt hin. Die leisen Schritte hörte sie erst, als sie beinahe bei ihnen waren. Es war Mara. "Die Herrin braucht dich." flüsterte die junge Sklavin. Ich komme. Kommst du nach, Hektor? Tilla löste sich mit sichtlichem Bedauern von Hektors geliebter Nähe und folgte Mara.


    Kurz bevor sie das atrium verließ, entdeckte sie Luca. Tilla stoppte und sprach ihn an. Luca? Sehe ich gegen Abend in meiner Nische? Du weisst wo. Ich bin da, wenn du reden magst. Mit traurigen Blick verabschiedete sie sich von dem netten Hünen, der in ihren Augen dem großen unbekannten Mann von der weit entfernten nördlichen Insel in der Körpergröße in nichts nachstand. Das Bild des toten Pisos auf der Bahre begleitete die stumme Sklavin auf den dunklen Gängen durch die Villa. Sie wischte die Tränen von den Wangen und betrat Priscas Reich.

    Tilla war zu Hause und ihre Herrrin war in Begleitung Maras ausgegangen. Die neue Sklavin Priscas sollte bei Händlern vorgestellt werden bei denen Prisca besonders gerne einkaufte. Nachher sollte Tilla beide Frauen in der Stadt vor einem bestimmten Schnelder treffen und nach Hause geleiten. Bestimmt hatte die Herrin so viel eingekauft, dass Mara unmöglich alles alleine heimtragen konnte. Von diesem Gedanken im Kopf wurde sie von Saba, die wieder einmal zufällig zum Klatsch und Tratsch in der Villa Flavia eingetrudelt war, abgelenkt. Lächelnd hörte sie einer lustigen Begebenheit Sabas aus ihrer Vergangenheit zu und musste lachen, bis ihr die Tränen kamen.


    Das Zusammensitzen der beiden Sklavinnen wurde von einem hereinstürzenden Sklaven unterbrochen. Er berichtete allen Anwesenden atemlos, dass dem Ehemann Priscas etwas hässliches zugestoßen war. Tillas amüsierte Miene verwandelte sich augenblicklich in eine besorgte Miene. Wenn das wahr war... was konnte Prisca noch schlimmer treffen?? fürchtete sie sich und stand hastig auf. Saba tat es ihr gleich und gab kund, dass sie Esther holen lassen würde. Dem hereingestürzten Sklaven bat sie auch Hektor die schlimme Nachricht zu überbringen. Tilla verabschiedete Saba, die den Seitenausgang nahm und eilte ins atrium.


    Sciurus und Manius Flavius Gracchus, Flavia Nigrina und ihr Ehemann Sextus Aurelius Lupus, ein fremder großer Mann und eine schnatterndere Klientenschar bevölkerten den sonst so leeren Raum. Sie trat gerade aus dem Gang als Quintus Flavius Flaccus eintraf. Stumm beobachtete sie seinen Weg bis zur Kline und folgte ihm wenige Schritte später hinterher. Die Toga des jungen Mannes war verrutscht. Ein kleiner Schritt zur Seite noch und sie konnte sehen, dass es Piso nicht gut ging. Nein, es ging ihm überhaupt nicht gut. Er war tot. Priscas Ehemann! So unerwartet der Tod des Herren auch war... sie konnte es schlichtweg nicht fassen. Ihr Herz klopfte immer schneller. Tamdadadamdamdam! Ihre rechte Hand wanderte auf die Schulter von Flaccus und drückte sie sachte. Oh nein! Tilla betete inständigst zu den Göttern, dass Prisca sich an ihr vereinbartes Treffen hielt und nicht früher heimkehrte. Dieser erneute Schicksalsschlag würde ihre Herrin erneut umhauen.


    Der Tod hatte erneut zugeschlagen. Der wievielte Todesfall war das in den letzten Monaten?? Während sie sich zu sammeln versuchte, lauschte sie den Stimmen, die zu hören waren. Tillas Blick wanderte zum überaus großen Mann namens Eginhard, der gerade sein Beileid für den Hausherrn der Villa ausgesprochen hatte. Oh bitte.. sag doch was passiert ist! flüsterte sie stumm mit dem Hauch eines Flüstertones. Irgendjemand musste sich um Nigrina kümmern und dieser irgendjemand wollte Tilla nicht sein. Sie trat näher an Flaccus heran und legte ihm ihre Hand an die Wange. Ob er jetzt 'wach' wurde? Als er über sie gestürzt war, hatte diese Geste hatte ihm geholfen aus seiner Orientierungslosigkeit zu reißen. Mit einem sachten Kopfnicken machte sie ihn auf die trauernde junge Frau aufmerksam. Prisca ist in der Stadt! Ich hole sie ab und bringe sie heim. informierte sie ihn.