Bitte ins Exil schicken.
Ich komme wieder, keine Frage.
*Kekse dalass*
Beiträge von Tilla Romania
-
-
Stehende Zelte soweit das Auge reichte und das in einer konsequent ziemlich übersichtlichen Anordnung. Immer noch ziemlich angespannt wie ein Bogen folgte Tilla mit Mara dem Tribun hinterher. Beide beeilten sich rechtzeitig hinter die zuschlagende Zeltplane zu gelangen und sahen sich verstört nach dem vertrauten Gesicht Priscas um.
Wo war sie hin? Ach, da vorne, sie lag auf einem Bett und schien zu schlafen. Tilla bewunderte die Dreistigkeit ihrer Herrin sich schlafend zu stellen oder schlief sie wirklich? Ungeduldig gab sie Mara einen Stoß in die Rippen und forderte sie auf die Lippen zu öffnen und zu sprechen. Aufmerksam betrachtte sie den Soldaten, der für Salinator sehr viele Münzen wert war. "Äh.. dominus... Herr..." Womit redete man den Soldaten an?, fragte sich Mara unerfahrenerweise und entsann sich hastig, wie Corvinus den Mann genannt hatte. Der Cousin von Prisca war Legat und somit nicht in demselben Rang wie der Soldat vor ihnen. "Tribun? Wir gehören zu domina Prisca, wir sind ihre Sklavinnen mit den Namen Tilla und Mara. Ähm.. ähm.. wie geht es Prisca? Was hat sie? Als wir von ihr getrennt worden sind war sie hellwach." Mara verstummte, sich bemühend sich aufrecht und selbstsicher zu geben, was ziemlich schwer war. Geriet man immer in solche Situationen wenn man an Tillas Seite war?
-
Der Tribun trägt sie? Tillas Augen weiteten sich vor Entsetzen. Was hatte man mit ihrer Herrin gemacht? Fassungslos liessen sich die beiden umdrehen, um dem Tribun nachzuschauen. Ihm hinterhergehen? Nachdem andere Soldaten einen großen Aufwand gemacht hatten sie im Geheimen, also im Reisewagen zu einem bestimmten Zelt zu bringen? Die Zeltplane fiel hinter ihnen zu und der Soldat damit für weitere Fragen unzugänglich. Maras Hand schob sich in die von Tilla. "Komm, Tilla... wir müssen weiter." seufzte Mara ergeben. Tilla umklammerte den Dolch fester und schritt langsam los, den Blick auf den vor ihnen hergehenden Tribun mit seiner Fracht gerichtet.
-
Was sollten sie? Hier stehenbleiben? HIER? Vor dem Zelt, warum durften sie nicht rein gehen? Immerhin hatten die Soldaten Burdo, Regulus und Servius zuvor gesorgt, dass man sie nicht sah. Die betrunkenen Soldaten sie nicht sahen. Tilla gönnte sich keine Pause der Wachsamkeit und gab sich sichtlich angespannt. Immer wieder knirschte sie mit den Zähnen und hielt die Hand nahe am Dolch im Gürtel. Das war ihre ganz persönliche Hölle, dieses Stückchen Land. Die Uniformen wollten kein Ende nehmen. Hätte sie geahnt, wie hoch die Zahl der Soldaten, welche hier die Stellung hielten, hätte sie auf der Stelle Reißaus genommen. Soldaten hatten ihr seit jeher als Straßenkind und Diebin das Überleben auf der Straße schwer gemacht, sie konnte und wollte ihr altes Leben nicht vergessen. Tilla hatte viele Jahre lang am eigenen Leib erfahren wie es war ganz unten, ohne Hilfe und ohne Dach über dem Kopf, zu sein.
Mara ahnte nichts von ihren Gedanken ihrer Mitsklavin, für sie war alles einfach nur aufregend anders. Ihre Aphathie der vergangenen Stunden war wie weggeblasen. Sie drehte sich um, als sie die Stimme Corvinus hörte und starrte ihn an. DAS war ein Mann. Soviele sichtbare Schrammen und äußerliche Verletzungen. Er war in der Schlacht gewesen. Ob er ein Held war? "Ehm.. Aurelia Prisca ist da drinnen... wir gehören zu ihr... sind ihre leblosen Dinge... ehm Sklavinnen.. zur Familie Aurelia zugehörig." gab sie preis. Sie schob ihre Haare hoch und präsentierte das Sklavenkennzeichen, das Wappen der Aurelii auf dem Nacken..
-
Sie konnten von draußen nichts sehen. Beide zuckten sie regelrecht zusammen, als die betrunkenen Stimmen ertönten und erwogen, ob sie unter die Decken hinter die Truhen schlüpfen sollten. Fortuna war ihnen hold, keiner der Betrunkenen bekam sie zu Gesicht. Tilla steckte den Dolch zurück in den Gürtel und hängte einen Beutel drüber, der ausreichend groß war. Um die Waffe einigermaßen zu verdecken, sodaß die Waffe auf den ersten Blick nicht sofort auffiel. Vielleicht würde ihnen ihr Status des Sklavinnen sein zugute kommen, sie waren nur Sachen, die man genauso lange wie mamorne Statuen beachtete. Tilla ging ein gewisses Risiko ein, normal durfte sie nichts für sich besitzen. Wenn die Herrin fragte, sie würde es ihr erklären, wozu und weshalb. Sie kannte die gute Herrin schon so lange und hoffte auf ihr Verständnis, wenn es nötig sein sollte den Dolch zu ziehen.
Auf den Ruf von Regulus steckte Mara als erste den brünetten Kopf nach draußen und entdeckte das Zelt. "Guck mal, Tilla." rief sie leise aus und kletterte vom Wagen. Helfend streckte sie ihre Hände nach denen von Tilla aus, die soeben den Reisewagen verliess. Auch Tilla machte große Augen. Soviele seltsame Dächer hatte sie noch nie gesehen. Sie alle standen in einer schnurgeraden Reihe. Dazu unterschiedlich hoch und groß. Mara zog an ihrer Hand und bedeutete ihr, dass sie in das Zelt vor ihnen eintreten sollten. Es war leer. Regulus schien darüber erstaunt zu sein und forderte sie zum Sitzen auf. Wieder platzierten Tilla und Mara sich gemeinsam auf eine Truhe. "Wer wohnt denn hier?" fragte Mara neugierig. "Und wo sind wir überhaupt? Seit etlichen Tagen sitzen wir in diesem Reisewagen, schwer bewacht von Soldaten in schwarzen Röcken als ob wir Verbrecher wären. Magst du uns aufklären, was überhaupt los ist?!? Ich weiss selbst die Anzahl der Tage nicht mehr, die wir weg von Rom sind." Tilla hörte aufmerksam ihrem Geplapper zu, es war und tat gut Mara reden zu hören. Tilla hatte schon um ihren Geisteszustand gefürchtet, als sie in die Hoffnungslosigkeit gefallen war.
-
Ja, warum sollte sie sich nicht den Namen des Legionärs merken? Denn er hatte immerhin dafür gesorgt, dass sie nicht in die Hände der betrunkenen Meute gefallen waren. Gerade für Tilla wäre eine Vergewaltigung äußerst schlimm gewesen, weil sie außer heftigem Zappeln nichts hätte dagegen tun können. Schlimmer war noch, dass sie einfach niemanden auf sich aufmerksam machen konnte, da sie stumm war. Außerdem war Tilla bereits fest an Hektor vergeben. Mara hoffte, demnächst auch auf die große Liebe ihres Lebens zu treffen.
Der andere Legionär, welcher sich kurz zuvor verabschiedet hatte, kehrte zurück und rief ihren Bewacher nach draußen. Mara und Tilla atmeten erleichtert auf, als Regulus den Reisewagen verliess und fielen sich gegenseitig in die Arme. Jede von ihnen verlor ein paar Tränen der Erleichterung. Der Dolch hatte nicht benutzt werden müssen. Beide dachten keineswegs daran den jeweils brünetten Kopf für einen Kontrollblick aus dem Wagen zu stecken. Die Mädchen sorgten stattdessen mit ein paar kleineren Aufräumarbeiten dafür, dass alles zurück an seinen Platz kam. Die Truhen schoben sie ein nach vorne, sodass jede von ihnen im Notfall sich dahinter unter einer dunklen Decke verbergen konnte. Als der Ruf kam, dass sie es sich bequem machen sollten, erwiderte Mara mit einem fröhlichen "Prima, es geht los!!"-Ausruf.
"Sollen wir ihnen etwas geben?" Tilla schüttelte den Kopf. Ich wüsste nichts was. Der eine hat ja schon einiges an sich genommen. erwiderte sie stumm flüsternd. Mara wühlte sich noch einmal durch das was der Wagen beherbergte und fand ein kleines Säckchen. Innendrin zwei wunderschön bemalte Kacheln mit dem Wappen der Flavier. Oh, tu das schnell weg, Mara. Die Flavier werden von dem Möchte-gern-Kaiser-sein-Salinator gesucht. "Welcher Flavier?" entgegnete Mara fragend. Manius Flavius Gracchus. Errinnerst du dich an die Proskriptionsliste? Für die Ergreifung der Personen tot oder lebendig gibts eine Belohnung von jeweils 2000 Sesterzen! Hinweise, die zur Ergreifung der Staatsfeinde führen, werden mit einer Belohnung von 1000 Sesterzen vergütet. "Ohoh.. ein ganz schöner Batzen Münzen. Standen da nicht noch mehr Namen drauf?" Mhmhm... eben jener Titus Aurelius Ursus und dazu Sextus Aurelius Lupus. Jetzt war Mara mit Seufzen dran. "Ohohoh.. du hast recht, wir tun die mal weg."
-
Der dazugekommene Mann hörte ihnen zu. Auch Tilla hatte den zu Boden niedergeschlagenen Soldaten nicht mehr beachtet und wich gemeinsam mit Mara zurück, als die beiden miteinander rangelten. Die Rangelei dauerte nur kurz und der darauffolgende Schlagabtausch an Worte löste die Rangelei auf. Mit mißtrauischem Blick schüttelte Tilla den Kopf. Den Wagen verlassen? Niemals! Mara zupfte an ihrer Tunika. Tilla blickte sie fragend an. Irgendwie schien Mara 'wacher' geworden zu sein. Schon seltsam, was ein unerwartetes Auftauchen eines fremden Mannes bewirken konnte. Fand sie ihn etwa attraktiv? Tz. Tilla schüttelte den Kopf, nix als Männekes im Kopf hatte das Mädchen, welches langsam aber sicher die frauliche Reize ausnutzte.
Der Mann sprach sie erneut an, fragte nach Tochter, ach quatsch, dem Sohn des Legaten und nach... einem kleinen Mädchen? Da Tilla Mara als ehemaliges Oberhaupt der aurelischen Sklavenschaft über die verwandtschaftlichen Verwobenheiten der aurelischen Familie aufgeklärt hatte, wusste Mara den Namen des Legatensohnes zu benennen. "Titus Aurelius Durus." Doch bei dem Mädchennamen musste sie passen. Stimmt, da war Mara noch nicht bei ihnen gewesen. Lange war es her, dass Tilla die vergnügt plappernde Stimme des kleinen Mädchens gehört hatte. Marei! flüsterte Tilla. Mara wiederholte den Namen noch einmal. Die Herren wussten ja noch nicht, dass Tilla nicht so wie sie sprechen konnte. "Marei!"
Die Soldaten tüftelten einen Plan aus, um sie von hier weg und damit zur Herrin zu bringen. Also hatte sie vorhin die richtige Entscheidung getroffen, nämlich schlichtweg im Inneren des Reisewagens zu verbleiben. Tilla spürte wie Mara ihre verkrampften Finger von ihrem Rücken löste und sich auf eine Truhe niedersinken liess. Tilla beschloß dem Soldaten zu zeigen, dass sie eine Waffe zur Hand hatte und schob zuletzt den Dolch in den Gürtel. Der Soldat bestätigte ihr, dass es nun voranging. Nun liess sich Tilla neben Mara nieder und beobachtete ihn mit aufmerksamen Blick. "Danke, dass du zum Wagen zurück gekommen bist." merkte Mara mit einem schüchternen Lächeln an. "Ich kenne keinen Mann der sich betrinkt, um uns zu retten. Das war sehr mutig von dir, lieber Artorier." Tilla hob die Augenbrauen. Und die Namen gemerkt hatte sich die 14-jährige auch noch. "Gaius Artorius Regulus, Legionarius der II. Legion."
-
Der zuerst eingetretene Mann fiel zu Boden und rührte sich nicht mehr. War er tot? Oder nur ohnmächtig? Tilla wusste keinen äußerlichen Unterschied zwischen diesen beiden Zuständen zu erkennen und behielt den anderen noch stehenden Mann im Auge. Was machte er denn da? Er begann die Kisten zu durchwühlen? Aber wieso denn? Der eine, der ihrer Herrin schon einiges Schmuckstücke abgenommen hatte war schon bedient. Also wollte dieser dritte Mann auch etwas vom Inhalt abhaben.
Nur wie hatte er das Geschehen hier mitgekriegt? Tilla hatte keine Ahnung, wie es draußen aussah, geschweige denn davon wieviele Soldaten sich noch in der nächsten Umgebung außerdem aufhielten. Dazu stellte er Fragen. Stumm schüttelte Tilla den Kopf und behielt den Dolch noch in seinem Versteck bei ihrer Hüfte. Stattdessen begann Mara ihrem verstörten Zustand zum Trotz mit leiser aber rauher trockener Stimme hinter ihrem Rücken stehend zum dritten Mann zu sprechen. "Nein, wir gehören zu keinem Praetorianer. Der ist gefangengenommen worden, das haben die, die vorhin hier waren, uns dreien gesagt. Nein, wir haben keine Pferde, die sind alle in Rom. Und das Zeug gehört dir nicht. Es gehört unserer Herrin Aurelia Prisca. Die ist die Cousine vom Legaten Titus Aurelius Ursus." Irgendwie hatte die Kleine mitbekommen, dass der Name des Legaten der ersten Legion ein gewaltiges Gewicht hatte. "Bring uns nach Mantua, vom aurelischen Haushalt wird uns sicher jemand kennen. Tilla ist länger bei der Familie als ich selbst, die Mara."
-
Prisca wurde von dem einen Soldaten mitgenommen und bekam außerdem einen Klatscher auf ihren Allerwerteten. Tilla fühlte mit ihrer Herrin mit, sie selbst würde auch so ähnlich aufschreien, wenn sie denn könnte. Das Wegbringen Priscas war die Gelegenheit den fallengelassenen Dolch in den Schatten zu schieben und so zu tun als hätte sie sich bis auf die Fußbewegung nicht großartig bewegt. Kaum, dass die Tür des Wagens geschlossen war, sah sie sich hektisch um. Ja, wo versteckten sie den Dolch nun? Tilla liess ihn unangetastet in Griffweite liegen.
Die junge Mara sah sie aus müden Augen an. Richtig, sie hatten seit sie mit Prisca alleine waren, nur wenig geschlafen, weil jedes Geräusch sie geweckt hatten. Sie hatten versucht reihum Wache zu haltem, aber jede von ihnen war erschöpft eingeschlafen. Geräusche gab es auch jetzt, dazu mehrere singende Stimmen. Sie entfernten sich beinahe genauso schnell wie sie gekommen waren. Tilla atmete erleichtert auf. Schützend legte sie einen Arm um die jüngere Leidensgenossin Mara und wartete gemeinsam mit ihr.
Sie wusste nicht mehr, was sie gedacht hatte, als neue Geräusche zu hören waren. Eine betrunkene Stimme? Schnell grabschte sie sich dem Dolch. Die Tür ging auf und jemand kam rein. Ein betrunkener Soldat? Einer aus der Gruppe, die dieses Lied gesungen hatte? Oder der Kamerad des anderen, der ihre Herrin weggebracht hatte. Tilla erkannte eine Hand, die auf seinem Kopf landete. Noch einer? Mara hatte sich mit ihr erhoben und stand dicht hinter ihr. Somit war nicht mehr viel Platz zum Zurückweichen vorhanden. Entsetzt starrte Tilla die beiden Männerkörper an, noch den Dolch hinter ihrer Hüfte verbergend. Maras Reaktion bestand aus einem leisen Aufkreischen.
-
Die meisten ihrer Gedanken drehten sich um ihren Geliebten Hektor. Um die wenigen Tage, die sie miteinander verbracht hatten, bevor sie zurückgegangen war. Immer wieder rief sie sich sein Gesicht in Errinnerung, seine sanften Küsse, seine wandernden Hände. Tilla zehrte von den Errinnerungen. Diese allein hielten sie am Leben, sie wollte wieder mit ihm zusammen sein. Aber da war der Gehorsam und die Pflicht der Herrin gegenüber. Tilla bereute ihren Entschluß Prisca nicht alleine zu lassen immer wieder. Was nur tat sie hier und was bloß sollte die dreifache Anwesenheit auf diesem Fleckchen Erde bezwecken? Sie kannte schönere Fleckchen als diese hier, zum Beispiel ein gewisses Lavendelfeld mit einem alten knorrigen Baum oder den gemütlichen Laden ihrer Mutter, wo es nach vielfältigen Kräutern aus aller Herren Ländern duftete.
Stumm wie sie seit vielen Jahren war, hockte sie neben der Herrin und umarmte Mara immer wieder zur Beruhigung. Die Kleine war verstört und sprach kaum mehr. Diese Reise hatte Mara einen unglaublichen Schrecken eingejagt, aber auch Tilla. Sie sah keine einzige Chance sich auftun, um unbeschadet und ohne Aufmerksamkeit zu erregen von diesem Fleckchen Erde wegzukommen. Leise schüttelte sie den Wasserschlauch und stellte fest, dass nur noch wenig Wasser drin war. Das kostbare Wasser hatten sie zu dritt gerecht geteilt und nun neigte es sich zum Ende zu. Einen neuen Vorrat brauchten sie, nur wie und woher? Behutsam setzte Tilla den Wasserschlauch an Maras Lippen und zwang diese etwas zu trinken. Dann kam Prisca dran und dann sie selbst. Der Wasser war nun alle. Still genoß sie das kühle Nass auf den Lippen und speicherte die Errinnerung im Kopf.
Draußen tat sich etwas. Na endlich! Ein Kopf, nein zwei Köpfe die zu zwei quicklebendigen Leibern von Soldaten gehörten. Tilla war im Allgemeinen überhaupt nicht gut auf den Anblick von Soldatenuniformen zu sprechen, denn diese hatten ja das Ganze hier eingebrockt. Die verängstigte Miene auf ihrer Miene täuschte über die innere Verärgerung hinweg. Stumm hörte sie dem Worten zu, die zwsichen ihrer Herrin und den Soldaten hin und her flogen. Der Schuldige an dieser ungewollten Reise war in Gefangenschaft, weil sein prächtiges Pferd gefallen war. Mit scheinbar zitternden Händen gab sie Prisca das mit kostbaren Dingen gefüllte Kästchen in die Hände.
Strophen eines unzüchtigen Trinkliedes näherten sich dem Wagen, welcher derzeit das schützende Dach über dem Kopf war. Tilla zog die Kleine zu sich heran und hiess sie flüsternd sich die Ohren zuzuhalten. Für sich bemühte sie sich, die unschönen Worte nicht zu nah an sich ranzulassen und beobachtete Priscas Verhalten aufmerksam. Mein Gott, mach dass die hustend zu Boden fallen, weil der Wein schlecht ist! Soldaten befragten und entführten nicht nur, sie tranken und wollten das Eine. Die Verärgerung kämpfte gegen die Verängstigung. Der fallengelassene Dolch der Herrin blinkte verheissungsvoll. Die Waffe konnte ihr helfen oder auch nicht. Immerhin, es war eine Waffe. Ihre Rolle der verängstigten Sklavin spielend zog sie Mara helfend auf die Füße und stellte den Fuß auf.den Dolch. Soviel Licht drang nicht in den Wagen ein, es war mehr Schatten vorhanden.
-
Prisca schien erleichtert zu sein sie zu sehen und zog sie gleich zu sich und zur Seite. Fragen stellen, also ob ihr in dieser Situation der Sinn danach stünde. Stumm lauschte sie der Stimme ihrer Herrin zu und merkte sich was sie sagte. Kurz vergaß sie zu atmen. Die Soldaten abhängen? Tilla schlug die Wimpern nieder, um ihre momentelang aufkeimende Unsicherheit zu verbergen. Diese Soldaten waren die Praetorianer.. die allerbesten Soldaten dieser Stadt. Andererseits, es wäre eine fabelhafte Gelegenheit ihre Ortskenntnisse aufzufrischen. Ihre Mutter allerdings in die Geschichte um die geheimnisvolle Schatulle hineinzuziehen. Dies würde sie viel lieber gründlich überdenken. Doch herrschaftlicher Wnsch war zu erfüllender Wunsch. Das Briefe in der Schatulle lagen, hatte sie gesehen, doch den Inhalt hatte sie nie gelesen, also hatte sie keine Ahnung. Vielleicht half ihr das Nicht-Bescheid-Wissen aus der Patsche. Ihre Herrin vertraute ihr. So sei es. Das gewohnt stumme Nicken musste als Antwort genügen, sie hatte ihre Aufgabe verstanden.
Der Mann, dessen Name laut Mutter Esther 'Faustus Decimus Serapio' lautete, setzte noch ein paar Drohungen und Abweisungen ab. Tilla schüttelte innerlich mit dem Kopf. Soldaten besaßen Stimmen und Waffen, mehr nicht. Womit sie allerdings nicht gerechnet hatte, war dass der Soldat höchstpersönlich sich um sie kümmerte. Er liess ihr keine Chance sich sofort um die ihr aufgetragene Aufgabe zu kümmern und führte sie in den nebenan liegenden Raum. Das wäre ja auch zu schön gewesen gleich gehen zu dürfen. Tilla mied den Blick zu den versammelten Sklaven und hörte ein erstauntes Raumen. Ein paar von ihnen sprangen auf die Füße, riefen ihren Namen und stellten die Frage, was los war. Doch Einars dröhnende Baßstimme hieß sie allesamt die Klappe zu halten. In der darauffolgenden Stille hätte man eine Nadel fallen hören können.
Mit niedergeschlagenem Blick blickte sie zu Boden und bemühte sich ihr wild klopfendes Herz zu beruhigen. Sie stand vor einem Angehörigen jener Soldateneinheit vor welcher sie sich als hungerndes Straßenkind und fingerflinke Diebin beständigst gefürchtet hatte. Sie durfte sich setzen doch sie blieb stehen. Tilla nickte bestätigend, als er ihren Namen nannte und sah stirnerunzelnd auf. Schwierigkeiten.. oh.. und wie! Nicht zu übersehen! Nicht schwer sich alles zusammenzureimen. Was stand bloß in diesen Briefen? Langsam hob sie ihre Hände, ergriff ihre Tafel und begann zu mit einem Kreidestück zu schreiben. "Si, ich bin Tilla, ich bin stumm. Der gesamte Haushalt weiß seit dem Aushang der Proskriptionslisten, dass die Aurelianer verdächtigt werden zum Kreis der Kaisermörder zu gehören. Meine Herrin gehört nicht dazu, auch wenn das Blut der Aurelii in ihr fließt. Ich kenne sie sehr lange und weiß, was sie in der Vergangenheit durchgemacht hat. Nein, Aurelia Prisca ist nicht beteiligt so wahr wie ich aus Ägypten komme. Gut, sie hat einen Flavier geheiratet, welcher jüngst verstorben ist. Auch wenn sie unter demselben Dach wohnten, mit Manius Flavius Gracchus gab es keine Kontakte. Er ist mit seinem Sohn spurlos verschwunden. Ebenso die Frau von Sextus Aurelius Lupus. Von den anderen Gelisteten weiß ich nichts. Nun steht nur noch der Name von Titus Aurelius Ursus auf der Liste. Befragt ihn." Tilla reckte dem Soldaten ihre Tafel entgegen. Es stand eindeutig der Name ihres ehemaligen Herrns auf der Liste. Tilla konnte bezeugen, dass Prisca seit seiner Abreise nach Mantua nicht mehr mit ihm zusammengekommen war. Gut, sie war nicht bei Priscas Aufenthalt in Antium mit dabei gewesen, weil sie zum Beginn des Notstandes im Kerker gesessen hatte. Sowieso war sie mißtrauisch über das beständige Schweigen ihres ehemaligen Herrns und darüber dass ihr geliebter Hektor sich angeblich mit ihm getroffen hatte. Aber er war nicht hier und niemand wusste von seiner Existenz. Es war purer Glücksfall, dass Mitsklavin Mara vergessen hatte, ihn bei der damaligen Durchsuchung als Angehörigen zu Priscas Sklavenschaft aufzuzählen.
Esit: Rechtschreibungsteufel killen
-
Wie Mutter Esther glaubte auch ihre Tochter Tilla, dass sie irgendwann entlassen werden würden. Erst dann wenn der unbekannte Verletzte wach und ansprechbar sein würde. Wenn klar wurde, wer für den Brand des Kornspeichers verantwortlich war. Zu ihrer beider Überraschung durften sie schließlich gehen. Schweigend gingen sie dem Miles hinterher, welcher die Aufgabe hatte sie bis zum äußersten Tor hinauszuführen. Beide verloren kein Wort darüber, dass sie unerlaubt Eigentum der Cohortes Urbanae mitnahmen, nämlich die Laken, um ihre zerrissenen und teils feuchten Tuniken notdürftig zu bedecken. Ein letzter Blick zum Miles noch, dann tauchten sie in den Schatten der dunklen Straße ein. Untereinander eingehakt schlugen sie den kürzesten Weg zur Villa Aurelia ein.
-
[Blockierte Grafik: http://img140.imageshack.us/img140/4148/esther.jpg]
EstherDie Miles begannen an dem Verletzten, welcher ihren Bemühungen zum Trotz immer noch nicht aufwachte, zu hantieren. Mutter Esther zog sich mit Tochter Tilla hinter den Vorhang zurück. Sie wurden nicht gebraucht. Geschweige denn von ihrer beider Anwesenheit wurde Notiz genommen. Mutter Esther wurde einmal mehr schmerzlich bewusst, dass sie rein zufällig zur Stelle gewesen waren, dass sie lediglich diensteifrige Geister waren. Leise flüsternd nahm sie ihre Tochter in den Arm und schwieg sich über ihre grummelnden Gedanken aus. Natürlich könnte sie sich bei dem Soldaten melden, der die Macht über die Miles hatte, aber man hatte ihnen in aller Deutlichkeit gesagt, dass sie nur gehen durften, wenn der unbekannte Mann überlebte. Noch sah es nicht so aus, als ob er leben würde oder überhaupt einen winzigen Funken Lebenswillen inne hatte. Bei jedem Stöhnen des Mannes sah Tilla hoffnungsvoll auf und wurde jedes Mal schlichtweg enttäuscht. Schweigend betrachteten beide Frauen die grauen Schatten auf dem Vorhang.
-
Sie fragte sich, wo eigentlich Saba war?!? Die Sklavin gehörte zum aurelischen Haushalt und hatte innerhalb der aurelianschen Sklavengemeinschaft den gleichen Stand wie sie inne: den der obersten Sklavenhüterin. Und sie war nicht hier. Tilla konnte ihren hellen Haarschopf nicht entdecken. Deswegen grübelte sie gerade darüber nach, ob Saba ihr Bescheid gesagt hatte, dass sie außer Haus ging oder ob sie vergessen hatte, es sich zu merken. Saba war die einzige Sklavin, die sie neben Leone dem Türwächter, kannte, seit sie vom Sklavenhändler verkauft und von dem Aurelier Ursus hierher gebracht worden war. Saba war die einzige die sie in diesem Haus wirklich kannte und die mit ihr gegenseitiges Vertrauen teilte. Alle anderen waren fort oder weiter verkauft worden. Saba hatte ihr außerdem mit der Pflege Priscas geholfen, als diese im Dämmerschlaf gelegen hatte. Ihre Hilfe war zusammen mit der von Mutter Esther unbezahlbar gewesen. Seit Saba wusste, dass sie zurück kehren würden, war sie sehr fröhlich und aufgedreht gewesen. Tilla vermutete, dass sie froh über die Gesellschaft in der stillen Villa war, weil der Herr des Hauses mit seiner Familie beständig in Mantua weilte. Seufzend liess Tilla den Blick einmal mehr über die diversen Haarfarben ihrer Mitsklaven wandern. Nein, sie irrte sich nicht, Saba war nicht da. Sie musste außerhalb der Villa sich aufhalten. Womöglich wunderte sie sich über die Soldaten, die mit Sicherheit vor der Tür standen. Womöglich war sie bereits zu Mutter Esther gelaufen und erzählte ihr von dem Aufmarsch. Arme Mutter, schon wieder bekam sie eine aufregende Geschichte zusammen mit ihrem Namen zu hören.
Tilla lief ein prickelnder Gänsehautschauer über den Rücken. Der Boden war kalt, das atrium hatte nicht den Luxus einer Fußbodenheizung inne. Die Soldaten um sie herum, das waren die Prätorianer! Es waren nicht dieselben Soldaten, die sie in der Villa Flavia aufgesucht hatten. Tilla versuchte sich zu errinnern, ob das damals die Cohortes Urbanae gewesen waren. Jedenfalls konnte sie nicht das Gesicht vom Soldaten Aemillius Classicus erkennen. Vielleicht stand er draußen oder hatte woanders zu tun? Und was war bloß mit Hektor? Wo war er bloß? Wann schloß er sie wieder in seine starken Arme? Soviele Fragen standen in ihrem hübschen Gesicht und am allermeisten quälte sie die Frage, was hinter den Türen des Gemachs geschah.
Die anderen waren still und starrten entweder in die Luft oder liessen die Soldaten nicht aus den Augen. Mit einem unbehaglichen Gefühl fuhr sich Tilla mit beiden Händen durch die kurzen Haare und atmete tief durch. Sie begann ihre Atemzüge abzuzählen, atmete bei sieben aus, bei zehn ein, bei sieben aus und so weiter. Eine innere Gelassenheit stellte sich ein und verflog, als die Tür abrupt geöffnet, ihr Name gerufen und die Tür sofort wieder geschlossen wurde. Die anderen sahen sie mit gemischten Gefühlen an. Mara flüsterte, dass sie sich als Tilla ausgeben würde. Bernulf gab ihr eine Kopfnuss, woraufhin sie sich beleidigt zu Einar zurückzog. Der Leibwächter sah sie ernst an und nickte ihr aufmunternd zu. "Ich passe auf sie alle auf, dass sie still sind und so." flüsterte er ihr zu. Unterdessen fragten die Soldaten sich durch, wer denn Tilla sei. Tilla nickte Einar zu. Ja, bitte kümmere dich um alle. Ich hoffe doch, es wird gut ausgehen. Wenn nicht, dann soll es so sein.
Die stumme Skavin erhob sich aus dem Schneidersitz und trat aus der Gruppe heraus. Man packte sie nicht am Arm, wofür sie dankbar war. Eskortiert von einigen Soldaten, ging sie zur Tür, die geöffnet wurde und schritt über die Schwelle. Tilla hörte die Tür hinter sich schliessen und blickte stumm nach vorne. Immer noch hing der Duft der benebelnden Kraüter im Raum, eine Schüssel lag auf dem Boden. Die Herrin lebte und schien außerordentlich wütend zu sein. Tilla tauschte einen kurzen fragenden Blickkontakt mit ihr aus, hob kurz die Augenbraue in typisch flavischer Manier. Sie musterte den unifomierten Soldaten mit prüfendem Blick, er schien ebenfalls verärgert zu sein. Der Mann vor ihr war der Ausrichter des Fortunafestes gewesen und hatte für die Göttin einen Fortunatempel errichten lassen. Mutter Esther war bei dem Fest gewesen und hatte sich nicht an den Spielen beteiligt, um ein Los zu gewinnen. Sie war bei der Auslosung dabei gewesen und hatte mitapplaudiert. Sie hatte Tilla Serapio genauestens beschrieben, ihr Vater wäre von ähnlicher Statur gewesen. Mutter Esther schien ein wenig vernarrt in Serapio zu sein. Oh Fortuna, gib mir mein Schicksal preis und fülle meine leere Tafel. betete Tilla kurz und knapp zur Göttin, während ihr das Herz bis zum Hals klopfte.
-
Was es bringen sollte? Sie zuckte hilflos mit den Schultern. Ich habe mal einen Redner gehört, der sagte: Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Lange hatte sie darüber nachgedacht. Es war noch zu der Zeit gewesen, als sie noch hungernd und frierend und stehlend auf der Straße gelebt hatte. Sie lächelte leicht und fügte flüsternd ihre damaligen Denkergebnisse hinzu. Wer kämpft, kann verlieren, aber eben auch gewinnen. Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Also man sollte es zumindenst einfach versuchen. Ein anderer Redner hat das Zitat ebenfalls gehört und es anders ausgesprochen. Siegen wird der, der weiß, wann er kämpfen muss und wann nicht.
Die Tränen wollten auf die Wangen rollen, aber Tilla liess es nicht zu und drückte die Tränen mit aller Macht zurück. Auch die Herrin schien feuchte Augen zu haben. Das war ein gutes Zeichen, wenn sie sich über ihre vorhin geäußerte Dankbarkeit freute. Tilla erhob sich eilig ins aufrechte Stehen, als Prisca sie tadelte und bemerkte erst dann, dass sie immer noch den Kamm der Herrin in der anderen Hand hielt. Sie legte sie weg, denn die Haare der Herrin waren gekämmt. Die Herrin hatte etwas für sie zu tun? Tilla straffte die Schultern und verfolgte aufmerksam das Handeln der älteren Frau. Das innere Geheimfach in der Truhe war ihr aufgefallen, ja. Musste es auch, da sie schliesslich als Leibsklavin diejenige war, die sich eigenverantwortlich um die persönlichen Gegenstände der Herrin kümmerte. Leicht röteten sich ihre Wangen vor Verlegenheit. Ein schnelles Nicken war die stumme Antwort für die Herrin. Innerhalb des Faches befand sich eine Schatulle. Tilla war sichtlich überrascht, sie hatte bisher nichts von deren Existenz in diesem Versteck geahnt. Was sie auf die Schnelle erhaschen konnte waren Rollen aus papyrus.
Behutsam nahm sie die Schatulle entgegen. Vergraben? In aller Heimlichkeit? Niemandem etwas sagen? Ich verspreche dies dir. erwiderte sie und versuchte den bedeutungsvollen Blick nachzuahmen. Fest drückte sie die Schatulle an sich. Natürlich wüsste sie gerne was in den Rollen stand, denn sie konnte lesen. Die Schatulle weitergeben an wen? Ahja, die Freundinnen der Herrin. Zweitgenannte war die zweifache Mutter, die ein neugeborenes Kind hatte und mit der Prisca hatte nach Germanien reisen wollen. Ob sie immer noch in Rom weilte? Tilla würde es herausfinden müssen. Und auch wegen der anderen Frau würde sie sich informieren müssen. Das wäre ja fatal, wenn keine von beiden in Rom war und sie somit nicht den Willen der Herrin ausführen konnte. Prisca wollte nun alleine sein. Bene. Sie hatte verstanden. Tilla war ungewöhnlich lange bei ihr, dabei hatte sie ursprünglich nur was kurzes mitteilen wollen. Wieder einmal ziemlich überrascht über ihre Herrin nahm sie den Kuss entgegen und strich im Gegenzug eine lose Strähne ihrer Herrin hinters Ohr.
Ein letzter Blick zurück, sie verliess das Gemach und lief in ihre Kammer, um den ihr anvertrauten Gegenstand fürs erste sicher in einem eigenen Versteck zu verstecken. Jetzt am frühen Nachmittag war nicht die richtige Zeit, vielleicht schon heute nacht oder im Morgengrauen des kommenden Morgens, wenn alle noch schliefen, würde sie es vergraben. Tilla atmete tief durch und griff nach dem Korb Kerzen, die sie in den genutzten Räumen der Villa Flavia zu verteilen hatte. Wie erwartet war es ungewohnt vor ihrer Mutter und den anderen Mitgliedern der Sklavengemeinschaft so zu tun als wäre alles so wie immer, aber die üblichen Tagesaufgaben, die noch zu erledigen waren, lenkten sie ab. Tilla brachte Prisca später einen Imbiss mit Getränk vorbei. Als sie am frühen Morgen die Schatulle unter dem Rosenbusch vergrub, regnete es in Strömen. Das war gut, denn so war die Erde weich und die Grube leicht auszuheben. Die stumme Sklavin legte eine Steinplatte über die Stelle und darauf eine mit wucherndem Efeu bepflanzte Schale. Schräg vor dem Rosenbusch stehend, war die Schale eine schmucke Beigabe.
-
[Blockierte Grafik: http://img140.imageshack.us/img140/4148/esther.jpg]
EstherIhre Erfahrung war groß und vielfältig, aber sie reichte offenbar nicht aus, um den namenslosen unbekannten Mann aus seinem steigenden Fieber zu entführen. Wieder löste sie die Tücher von den Verbrennungen, schmierte die Paste drauf und legte diesmal keine neuen Tücher auf. Esther kam in den Sinn, dass ihre Bemühungen keinen Sinn mehr hatten, als sie sah, welch garstige Flüssigkeit aus aus dem Armstumpf herauskam. Nein, so wurde das nichts mehr. Die Götter hatten sich offenbar gegen sie und ihrer dreier Weiterleben entschieden. Esther wusch ihre Hände sorgfältig ab und setzte sich zu Tilla, die gerade versuchte etwas vom Essen zu verzehren, was ein Miles ihnen gebracht hatte. Gemeinsam mit ihrer Tochter verzehrte sie auch einige Bissen und lauschte der Vorgänge auf der anderen Seite des Raumes. Der weißé Vorhang trennte und schirmte sie ab. Tief atmete sie durch und strich durch Tillas kurze beinahe schwarze Haare. "Nicht die Hoffnung verlieren... hörst du?!?" sprach sie ihr Mut zu. Sie reichte ihr ihre Hand und zog sie vom kalten Boden hoch. Die ältere und jüngere Frau stellten sich gemeinsam neben den von ihnen zurückgeschobenen weißen Vorhang und konnten so alles mitansehen was passierte.
-
Tilla war wirklich erstaunt über die Wankelmütigkeit ihrer Herrin.. also wollte diese immer noch nach Germanien aufbrechen? Dabei hatten sie doch gerade erst den Umzug vollbracht mit dem Ziel, dass die geschätzte Herrin sich hier würde wohlfühlen. Ich weiss auch nicht was passieren wird. Warum möchtest du deinen Cousin erreichen? fragte Tilla nach. Hatte sich Hektor keine Möglichkeit geschaffen den Kopf der Aurelier zu besuchen und Nachricht nach Rom zu bringen?
Schwach war ihr Lächeln, dass sie die Herrin auf ihre freundlichen Worte erwiderte. Ich danke dir. So ein Lob bekam sie nicht alle Tage und sie würde die Worte von nun an in ihrem Herz aufbewahren. Sanft hielt sie Priscas Hand fest, strich sanft mit dem Daumen über den Handrücken. Genauso wie sie es getan hatte als Prisca in diesem seltsamen Dämmerschlaf nach der Fehlgeburt gelegen hatte. Auch dafür dass mein Weg mich hierher zu dir führte und zu niemandem anderen. Du bist eine gütige Herrin. Ja, sie war richtig froh hier zu sein. Tilla verlor die davon ziehende Hand und hielt dem darauffolgendem Blick stand. Aufmerksam wie immer, noch aufmerksamer, weil Prisca es so verlangte, hörte Tilla ihr zu.
Der Kaisermord, die Proskriptionslisten, die Gerüchte, der nahende Bürgerkrieg, das alles wirbelte ihr gesamtes Leben durcheinander. Laut ihren Worten schienen die Würfel gefallen zu sein: für die Reise. Und sie war dabei, ebenso Mutter Esther. Und Hektor würde zu ihnen stoßen. Die Herrin ziehen lassen, wenn diese den Schutz nicht mehr aufrecht zu halten wusste? Ihr wurde kalt ums Herz. Die Herrin ziehen lassen, der erste Impuls war dies nicht zuzulassen und mit ihr zu gehen. Wohin auch immer, sei es auch ein weiteres fremdes Land. Zwischen den Zeilen las sie den Wunsch Priscas heraus: sie sollte weiter leben.. ebenso Mutter Esther.
Prisca erwähnte die Freiheit, sie hatte die Freiheit verdient! Ehrwürdige Prisca... Tillas Augen füllten sich mit Tränen. Langsam liess sie sich nieder, liess die Knien auf den Boden sinken und hockte sich auf die Fersen. Nun sah sie zu Prisca auf. Ich hoffe nicht, dass es dich (und uns) so weit führt, Prisca. Du bist diejenige, die es verdient hat, ihr Leben weiterzuleben. Dich trifft keine Schuld an dem was um uns herum geschieht. Sag mir was ich jetzt für dich tun kann. Sie kämpfte mit dem Kloß im Hals, drückte die Tränen mit aller Macht zurück. Ich werde alles für uns tun was ich kann. So sei es.
-
[Blockierte Grafik: http://img140.imageshack.us/img140/4148/esther.jpg]
Seltsam.. sie hatte mit dem medicus gesprochen und er reagierte mit keinem Zeichen auf ihr hastiges Flüstern. Der Mann machte weiter und widmete sich der Versorgung der schweren Wunde. Esther assistierte ihm so gut sie vermochte und.sah weg, als das Eisen auf die Haut traf. Aus den Augenwinkeln konnte sie sehen, wie ihre stumme Tochter in die Knie ging. Sie hoffte, dass Tilla durchhalten würde, das Mädchen musste sich an frühere Zeiten errinnert fühlen. Ohne weitere Worte über ihre schwierige Situation zu verlieren gab Esther ihren Platz auf und überliess ihn den Miles, die offenbar schon öfters mit dem medicus zusammen gearbeitet hatten. Der dazugestoßene Soldat Marcus Iulius Proximus befahl, dass dem Verletzten der Arm abgenommen werden und außerdem sie ihre Wünsche äußern sollten was sie brauchten.
Esther zögerte keinen Moment, orderte zwei einfache Tuniken, einen Eimer zum sich waschen und Decken sowie etwas zu trinken und zu essen. Schweigend ging sie zu Tilla und hielt ihre Hand, während sie gemeinsam auf die Bestellungen warteten. Der Miles kehrte zurück und befestigte eine Schnur an den jeweils gegenüber liegendene Wänden. Ein zweiter Miles hängte mehrere große Tücher über die Schnur. Offenbar durften sie das Krankenzimmer nicht verlassen und bekamen deshalb einen Teil des Raumes zugewiesen. Während im Hintergrund die Männer an der Amputation arbeiten, widmeten sich Esther und Tilla sich selber, das hiess sie wuschen sich, zogen sich um und stillten ihren Durst und Hunger. Es war verständlich, dass Tilla kaum Hunger hatte, aber Esther zwang sie etwas zu essen. Die ältere Frau war am Ende ihrer Kräfte und breitete die Decken für ein gemeinsames Lager am Boden aus. Jeweils in eine Decke eingekuschelt saßen die Frauen mit dem Rücken zur Wand, wobei die Müdigkeit sie rasch überwältigte. Sie bekamen nicht mehr mit wie Titus Sergius Lupus sie mit dem Verletzten und einer Wache alleine liess.
Kurz vor Morgengrauen wurde Esther wach und rappelte sich mit steifen Knochen auf, bemüht ihre schlafende Tochter nicht zu wecken, um nach dem Verletzten zu sehen. Behutsam löste sie den Tücher über den Verbrennungen und schmierte die aus Ägypten stammende Paste auf die verbrannte Haut. Sie wechselte die Tücher und schmiss die benutzten Tücher ins Feuer. Mit prüfendem Blick betrachtete sie die Stelle, wo ehemals noch ein Arm gewesen war und tupfte die Stirn des Unbekannten trocken. Das Fieber wütete in ihm, dennoch regte er sich kaum. Sie versuchte ihm Trinkwasser einzuflößen und betete in ihrer Heimatsprache zu den Göttern, dass er möge überleben. "Lebe, Mensch.. lebe... das ist alles was du tun musst.. was tatest du im Feuer? Hunderte Menschen werden hungern...."
-
Ist Teutus in den Weinkeller gegangen?
Der Posteingang von Benutzer »Quintus Germanicus Sedulus« ist bereits voll.
-
[Blockierte Grafik: http://img140.imageshack.us/img140/4148/esther.jpg]
EstherUnverhohlen bewunderte Tilla den Mut ihrer Mutter offen mit dem herbeigerufenen Arzt der Soldaten zu sprechen. Esther gab sich ganz selbstbewusst und ihrer Sache sehr sicher. Die Drohung, dass sie verantwortlich sein würden, wenn der Mann starb, klang in ihren Ohren unglaublich, aber niemand konnte gegen den Tod angehen. Es lag jetzt einfach zum großen Teil an dem Verletzten selbst, um sein Leben zu kämpfen und zum kleinen Teil an ihnen ihm die bestmögliche medizinische Versorgung zu geben. Esther trat zu Tilla, die mit der Erwähnung einer Amputation ziemlich weiss im Gesicht geworden war. "Trete du ein Stückchen zurück und ruh dich aus, das wird jetzt sehr blutig. Ich weiß, dass du die Farbe 'Rot' nicht magst. Der medicus scheint sein Werk zu verstehen. Halte für mich die Soldaten im Blick, bitte." Sie warf einen prüfenden Blick auf die sie umgebenden Soldaten und schenkte Tilla ein aufmunterndes Lächeln, bevor sie zum Tisch zurückging.
Tilla nickte stumm und wartete auf den Miles mit den sauberen Leinentüchern. Eines nahm sie ihn ab und säuberte damit ihre Hände und rubbelte über ihre nasse zerrissene Tunika mit dem Bemühen die Feuchtigkeit loszuwerden. Das Leinentuch war nach dieser groben Benutzung unbrauchbar geworden. Tilla knüllte es zusammen und nahm sich ein neues. Dieses legte sie sich um die Schultern und kuschelte sich darin mit vor der Brust verschränkten Armen ein. Es war kein großes Tuch, es bedeckte ihre Schultern und ihren Rücken, nicht aber den Saum ihrer zerrissenen Tunika, dessen dreckiger Stoff bereits an den Knien endete. Es bedeckte ihren blau funkelnden Tränenstein und das silberne Medailion mit dem Abbild ihres Vaters sowie das Muttermal auf dem Rücken. Die junge Sklavin spürte einmal mehr die Erschöpfung in sich und riss sich zusammen. Noch mehr Soldaten betraten den Raum. Tilla schluckte hart, mit der alten Angst vor den Uniformen kämpfend.
Esther derweil assistierte nach kurzer Säuberung ihrer Hände dem medicus und nahm die Tücher, die die blutige Wunde bedeckten. Esther mochte nur eine kräuterkundige Frau sein, dann aber jemand, der wusste, wie mit der Heilung von Verletzungen umzugehen war. Auch sie bemerkte die eintretenden Soldaten und blickte den medicus Titus Sergius Lupus an, er hatte ihrer Meinung nach die Entscheidung zur Amputation zu fällen. Esther senkte die Stimme und sprach ihn leise an. "Ich bin die Mutter der jüngeren. Meine Tochter ist Sklavin einer reichen Patrizierin. Man sagte uns, dass wir bestraft werden, wenn der Mann stirbt." Der bewusstlose Mann murmelte nichts, kein Muskel seines Körpers zuckte, nur sein Brustkorb hob sich auf und ab. Esther ergriff ein Stück Kantholz, als Beißschutz für die Zähne des Verletzen gedacht. "Wenn wir ihm den Arm amputieren, wird er am Leben bleiben und später befragt werden können. Er sollte außerdem von starken Männern festgehalten werden, es kann ja sein, dass er mittendrin aufwacht." sprach Esther mit normaler Lautstärke weiter. Ihre Augen sprachen stumm davon, dass sie zusammen mit ihrer Tochter am Leben bleiben wollte.