"Einen Augenblick..."
sagte Evander und winkte einen Sklaven heran. Mit leicht gesenktem Kopf näherte sich der Diener dem Triclinium.
"Dominus?"
fragte er leise.
"Reiche mir den Brief. Den da drüben... nein, nicht den, den anderen"
Der Sklave griff nach der richtigen Schriftrolle und brachte sie Evander, der das Siegel brach. Er las die Zeilen durch, nahm sich Zeit, den Brief gleich zwei Mal zu lesen. Die Stille, die dabei entstanden war, war seinen Gästen sichtlich unangenehm, aber Evander ignorierte es. Sollten sie ruhig etwas warten, schließlich waren sie es, die etwas von ihm wollten, nicht umgekehrt. Schließlich legte er das Schreiben weg.
"Nun, Valentius... ich werde folgendes tun. Ich überlasse dir eine taberna, die ich von meinem Vater geerbt habe"
sagte er nachdenklich und nahm einen Schluck Wein.
"Ich... ich verstehe nicht ganz..."
begann dieser, doch Evander unterbrach.
"Ist gar nicht schwer. Du bekommst statt des Geldes die taberna praecipua, die du ein Jahr lang ohne mir eine Pachzins zahlen zu müssen af eigene Kosten betreiben kannst. Sollte dein... dein Schif nicht ankommen, stehst du so nicht mit leeren Händen da. Du kannst sie auch verkaufen, allerdings verlange ich in diesem Falle am Geschäft beteiligt zu werden. Sagen wir mit zwei Dritteln"
schlug Evander vor.
"Zwei Drittel?"
Evander zog seine linke Augenbraue hoch.
"Ja, zwei Drittel. Das letzte Drittel betrachten wir als Provision für den erfolgreichen Geschäftsabschluss. Was sagst du?"
Ein kurzer Blikc zu seiner Gattin, dann zuckte Valentius mit den Schultern
"Das... das kann ich spontan nicht entscheiden, Evander, das musst du verstehen..."
Er hatte sogar vergessen, Evander 'junger Redivivus' zu nennen. Er wollte Zeit schinden, doch Evander ließ nicht locker.
"Valentius. Ich weiß, wir sind Freunde..."
dahinter steckte wohl die Aussage, dass sobald Geld im Spiel war, Freundschaften schon mal die zweite Geige spielen konnten
"... aber du verlangst eine Summe, die ich einfach nicht aufbringen kann"
und nicht aufbringen will
"Was ich aber habe, ist eine taberna, die zu führen ich selbst aber nicht gewillt bin. Und diese ist doch Geld wert. Auf die eine oder andere Weise. Aber ich will dich nicht drängen. Nimm dir Zeit, schlaf darüber und sage mir morgen bescheid..."
Valentius stotterte noch etwas. Da das unangenehme Thema Geld vom Tisch war, konnte der Tag entspannt verbracht werden, auch, wenn man die Nachdenklichkeit Valentius deutich ansah. Evander war sich jedoch sicher, dass wenn es so ernst aussah, wie die beiden ihm das dargestellt hatten, er auf sein Angebot eingehen würde. Ob er die Taberna führen würde oder verkaufen, war ihm egal. Er würde so so oder so zu seinem Geld kommen.
Evander war daher überrascht, als ihm Valentius am nächsten Morgen sagte, dass er die Taberna nicht anzunehmen bereit sei. So hatte der 'junge Rediviver' sich genötigt gesehen, sie zum freien Verkauf anzubieten. Bereits einige Tage später stand Valentius wieder im Atrium mit der Bitte, die Taberna doch noch zu bekommen. Evander lächelte geheimnisvoll. Auf die Frage, ob er sie bewirtschaften würde, schüttelte Valentius nur den Kopf. Ein Verkauf also. Sollte ihm egal sein...