Offenbar ist die Hitze unter dem chattischen Kupferkessel, auf dem "Severus" eingraviert steht, gut dosiert. Der Deckel klappert eifrig und bedrohlich und ein wenig spritzt darunter hevor, ansonsten aber fliegen mir noch nicht Deckel und Kessel um die Ohren, vom Kamm ganz zu schweigen, dessen Zinken ich ungerne in meinen Hals gebohrt sehen würde.
"Naja, Severus, ich versteh' ja nichts von Mädels, aber warum sind die Mitarbeiter der Acta Diurna wohl in der Mehrzahl weiblich? Eben: wenn Du willst, daß eine Nachricht in kürzester Zeit die größtmöglichte Anzahl von Empfängern erreicht, erzähl' sie einer Frau." Ich kratze mich am Kopf, einem Mädchen ein Geheimnis anvertrauen war das dümmste, was man machen konnte, außer eben, man legte keinen Wert auf Geheimnisse. Wieso wußte Severus das nicht? "Daß Bridhe mit meinem Onkel offenbar 'was angefangen hat, das ist das Hinterletzte, keine Frage. Hab' ich ihr auch gesagt, Onkel Aquilius heiratet bald und Bridhe ist mit Dir zusammen ... oder jedenfalls damals gewesen. Jeder Mann hätte ihr dafür kräftig eine Abreibung verpaßt, klar. Da bin ich voll auf Deiner Seite" falls es Dich überhaupt interessiert ... "Aber Bridhe macht sich auch irre Sorgen, Sorgen hier, Sorgen da, Sorgen oben, Sorgen unten; wenn ich Interesse hätte, eine personifizierte Sorge kultisch zu verehren, würd' ich Ich habe noch lebhaft unser Gespräch im balneum in Erinnerung, eine nervenfetzende Angelegenheit.
"Und, he, der Schmuck: ich ziehe meinen Hut vor Deinem Geschmack, das Geschmeide und die Steine sind das größenwahnsinnig obertollste, was ich je gesehen habe. Selbst meine Mutter hatte nicht so wertvolle Sachen. Kein Wunder, daß sich Bidhe fragt, woher Du das hast. Ich meine, keine Beleidigung, aber Du bist nunmal nicht irgendein chattischer Großfürst oder Händler, der mal einige Zeit hier in Rom sich die Zeit vertreibt und mit Aurei umsich wirft. Von dem, was Du Bridhe um den Hals gehängt hast, können viele Menschen monate- oder jahrelang ihr Futter kaufen." Ich schaue leicht ängstlich und bewundernd zugleich zu Severus. Der kümmerte sich nicht darum, wie etwas wirkte, er hält etwas für angemessen, dann macht er es. Ein großer Held, vielleicht von geringem Verstand, aber ein großer Held. Wie Achill, der sich auf dem Boden hockt und'n paar Runden schmollt, egal, ob dabei die troianische Expedition den Bach 'runtergeht oder nicht. Er will seine Briseis oder wie die hieß und basta. 'Helden sind wie Kinder', schießt es mir durch den Kopf, denn Kinder und Helden machen sich keine Sorgen.
"Es klingt zwar idiotisch und irre, aber ich glaube, daß Bridhe Dich so sehr liebt, daß sie alle Schuld auf sich nehmen und sich für Dich umbringen würde." Was heißt hier: 'glaub' ich?' Hat die dumme Kuh doch schon versucht. "Und" setze ich kühn hinzu "ich weiß ja nich', wie's mit Dir steht, aber ich würd' es vorziehen, meinen Lebensabend nich' an irgend'nem versifften Kreuz zu abzuhängen, oder? Ich mein, ich bin scriba des "tresvir capitalis" und ich habe Kenntnis von einem möglichen Kapitalverbrechen - aber ich bin auch keine ehrlose Petze, die ihre, hm, naja, ihre Freunde so einfach verpfeift." Ich male mit dem Fuß irgendeinen abstrakten Mist in den Sand. 'Hoffentlich schlägt er nicht so zu, daß mir von meinem eigenen Blut noch in den letzten Minuten speiübel wird', denke ich.