Beiträge von Caius Aelius Archias

    Seiana sah aus wie ein Krebs im Kochtopf. Die machten auch dauernd die Scheren auf und zu. Allerdings packten die keine Vasen. Und die warfen auch keine Vasen auf den Boden, bis sie in tausend kleine Teile zersprangen. Caius starrte Seiana entsetzt an. Nicht weil sie eine Vase geworfen hatte. Sondern weil sie eine Vase geworfen hatte! Caius starrte. Und starrte. Und zuckte nicht mal mit der Wimper, als Seiana ihn anbrüllte, so fasziniert war er, dass sie sowas wie ungezügelte Wut empfinden konnte. Wau. Da war ja doch sowas wie Leidenschaft in ihr. Krass. Dann stand er auf.


    »Gut, geh ich eben. Ich nehm an, das mit der Freundschaft hat sich damit dann erstmal erledigt«, bemerkte er und deutete in aller Seelenruhe auf die Vase.
    »Verrätst du mir wenigstens noch, was genau eigentlich dein Problem ist?«

    Caius erschreckte sich, als Seiana so plötzlich hoch schoss und dabei ihren Stuhl umwarf. Er hätte es eh nicht geschafft, aber in einem Reflex versuchte er trotzdem, nach der Lehne zu greifen. Als der Stuhl dann lag und Seiana ein paar Schritte gegangen war, zuckte Caius nur mit den Schultern und ließ den Stuhl liegen. So langsam ging ihm das echt auf die Nerven.
    »Dafür bist du zu alt!« motzte er brummelig zurück und trat damit wohl wieder in einen neuen Fettnapf.
    »Ach komm, wenn du mich wirklich hättest heiraten wollen... Ich mein, wer sagt denn, dass ich mic nicht unsterblich in eine lupa verliebt hätte? Hätte doch genauso sein können, na und? Dann würdest du jetzt sagen, dass es besser ne Freundin gewesen wär statt eine lupa, weil das gesellschaftlich daneben ist oder was auch immer. Ich bin halt nicht der Typ für sowas. Das weißt du auch. Wenn du sauer auf mich sein willst, gut, sei halt sauer. Aber du bist da nicht ganz unschuldig dran. Die Sandale musst du dir anziehen, Seiana!« Caius saß immer noch, hatte jetzt aber die Arme vor der Brust verschränkt. Er war jetzt wirklich grummelig. Und er hatte eine Eingebung, was die Taverne anging.
    »In Ordnung. Dann nehm ich das Geld. Was will ich auch mit einer Praxis voll mit Deppen? Ich schick Katander vorbei. Oder willst du mit deinem Sturkopf vielleicht lieber einen von deinen Sklaven schicken?« ätzte er nörgelig.

    »Um mir weh zu tun«, sagte Caius ernst.
    »Da war doch dieser Duccier. Auf der Hochzeit, du weißt schon. Der hat...also, der hat mir gedroht, nach der Sache mit dem Nachtisch. Er hat gesagt, dass ich an ihn denken würde, wenn ich irgendwann in deine leblosen Augen schaue.« Caius konnte Axilla dabei nicht anschauen, deswegen guckte er auf seine Finger runter.
    »Piso wollte ja, dass ich ihn anzeige. Aber das hat ja niemand außer uns beiden mitbekommen! Und da steht dann Aussage gegen Aussage. Ich hätte dir einfach ein paar Wachen aufs Auge drücken sollen.« Caius machte ein unglückliches Gesicht und knirschte kurz mit den Zähnen.
    »Nochmal passiert mir das nicht.« Und die fünf, die dafür sorgen würden, dass Axilla in Zukunft sicher war, wurden gerade organisiert.


    Caius, der Axilla jetzt wieder aufmerksam ansah, bemerkte ziemlich genau die abwehrende Haltung, die sie einnahm. Wo er sonst immun gegen solche Sachen war, fiel ihm das grad direkt ins Auge, sozusagen. Er runzelte besorgt die Stirn. Und Axilla sagte immer noch nichts. Pah! Wer wollte schon eine Lüge hören, vollig ausgeschmückt und verhült? Lügen waren lieblich und fluffig, warm und feucht und machten froh und glücklich, aber eben nur die Fassade und nicht den Kern. Nein, er wollte die wahre Welt haben, also die Wahrheit, auch wenn die voll Kummer und ohne lächelnde Gesichter war! War er deswegen ein Masochist? Caius überlegte kurz, ließ den Gedanken dann aber fallen, weil Axilla doch was sagte. Oder auch nicht, zumindest nichts, was Sinn ergab. Caius straffte sich energisch und drehte sich so, dass er schräg neben Axilla mit den Knien auf dem Bett hockte.
    »Also«, stellte er mit einer Verhandlungssicherheit fest, die sonst eigentlich nie da war, wenn er was sagte (oder zumindest selten).
    »Ich finde, morgen ist ein prima Tag zum Heiraten. Findest du nicht auch? Ich denke, wir sollten nach Luca fahren. Oder wir gehen einfach zu Piso und ich erkläre dich zu meiner Frau, dann geht das sogar heute noch. Jetzt gleich, wenn du willst.« Das war ernst gemeint, klang aber trotzdem auch ein bisschen trotzig.

    Und er lachte sogar gleich noch mal (wenn auch nicht so laut und lange wie eben, sondern nur kurz und knackig). Er sah Serranas kalkweißes Gesicht an und verstummte dann doch. Klar war ihr das peinlich. Wär's ihm ja auch gewesen, andersrum. Aber das war eben was anderes, weil er ein Kerl war und sie ein Mädel. Caius machte das nichts aus, dass sie das vemutet hatte. Hätte ihm allerdings aber auch nix ausgemacht, wenn die Vermutung gestimmt hätte! Er überlegte, ob er ihr beruhigend eine Hand irgendwo hinlegen sollte. Schultern boten sich bei sowas ja immer an. Aber er ließ es bleiben und zuckte nur mit den Schultern.


    »Muss dir nicht peinlich sein. War ja auch missverständlich.« Eigentlich zwar überhaupt nicht, zumindest nicht in seinem Kopf, aber er musste ja nicht noch Salz in die Wunde schütten. Also lächelte er sie nur beruhigend an, während sie immer noch dasaß und ihn mit offenem Mund anstarrte.
    »Wirklich, kein Problem. Also, ich hab zumindest keins damit. Öhm... Also, was war deine eigentliche Frage doch gleich noch mal?« Das musste man ihm echt zugute halten: Er versuchte, sie abzulenken. Und gleichzeitig kringelte er sich vor Lachen, zumindest innerlich. Wenn er das Axilla erzählte!

    »Ja eben«, antwortete Caius und starrte an die Wand.
    »Ich hätte Beschützer anstellen müssen. Ich mein, nach der Drohung eh... Der hatte es sicher auf dich abgesehen und gar nicht auf Leander. Da hattest du noch Glück.« Caius zog eine Grimasse. Jetzt von Glück zu sprechen, war ziemlich komisch.
    »Nochmal passiert das nicht«, murmelte er mehr zu sich selbst als zu Axilla.


    Die übrigens gerade von ihm wegrutschte, was ihn total irritierte. Verdutzt sah er sie an.
    »Ähm, wie... Das glaubst du doch jetzt nicht wirklich, oder?« hakte er gleich noch mal nach. War ihm echt ein Rätsel, wie sie darauf kam. Warum sollte er sie denn jetzt nicht mehr wollen? Abgesehen von allem, was in den letzten Wochen so passiert war? Caius kniff die Augen ein bisschen zusammen und wartete.
    »Oder?« schob er drängend hinterher.

    »Doch nicht sowas!« Caius schüttelte empört den Kopf, als Katander ihm einen Ring hinhielt, bei dem Axilla Zeit ihres Lebens schief laufen musste, so groß war der Klunker da drauf.
    »Dann eben nicht«, antwortete Katander gleichgültig und steckte den zurück in die Auslage. Natürlich unter scharfer Beobachtung des Händlers. Caius guckte sich derweil die anderen Ringe an.
    »Ich weiß nicht, ist irgendwie alles nicht so das Wahre«, jammerte er dann. Katander sah seinen Herrn abwartend an.
    »Am ehesten der hier, aber der wirkt fast schon billig. Ach Mann.« Caius zeigte auf einen schlichten, schmalen Ring ohne Verzierungen.
    »Naja...« machte Katander zweifelnd. Er fand ja, dass das echt etwas zu einfach war. Also, der Ring, nicht das Aussuchen. Caius schnaubte.
    »Ich weiß doch auch nicht! Am liebsten hätte ich ja irgendwas mit nem Baum«, sagte er zu Katander, denn Caius glaubte, dass Axilla Bäume mochte. In letzter Zeit sprach sie fast dauernd davon. Und außerdem war ja so ein Baum auch ein Zeichen für die Ewigkeit.
    »Nem Baum?« fragte Katander trotzdem, als hätte Caius eben verkündet, dass er doch lieber Seiana heiraten wollte. Caius rollte mit den Augen.
    »Jaha«, nörgelte er und Katanders Mund klappte auf.
    »Und bevor du fragst: Deswegen.« Katanders Mund klappte wieder zu.


    »Dann versuchen wir's bei dem da. Vielleicht hat der ja sowas. Oder macht Sonderwünsche....« schlug er dann vor und deutete auf die gegenüberliegende Marktstraßenseite. Caius folgte ihm und musterte die neue Auslage.
    »Hmnee, irgendwie auch nichts. Mann, das ist aber auch nicht einfach!« bemerkte er frustriert. Katander zuckte nur mit den Schultern. Er konnte halt scheinbar keine qualifizierte Meinung abgeben.



    Sim-Off:

    Falls wer anders kann und auch mag, nur zu! :D

    Sie liefen noch eine Weile durch die Stadt und näherten sich immer weiter dem Haus der Decimas. Und nachdem Caius seine neue Bekanntschaft da abgegeben und sich verabschiedet hatte, ging er wieder seiner Wege. Sie würden sich ja in Zukunft bestimmt öfter mal sehen, weil er ja mit Seiana verlobt war. Noch. Aber bald nicht mehr, auch wenn Caius das zu diesem Zeitpunkt selber noch nicht ahnte.


    Sim-Off:

    Ist inzwischen so viel passiert, dass ich das hier abschließen muss...meldest dich ja auch nicht mehr.

    Eine Ehe! Caius gruselte es. Wer sollte denn verheiratet werden, es gab ja gerade niemanden in Rom, der frei wär. Bis auf ihn. Er war ja nur mit Seiana verlobt. Nur verlobt. Bei dieser Erkenntnis verschluckte er sich fast an einer Olive und spülte schnell mit einem Riesenschluck Wein nach. Ach du scheiße. Verstohlen schielte er zu Quarto. Der würde doch nicht... Aber dann fiel ihm ein, dass er ja sui iuris war. Hah! Quarto konnte ihn gar nicht dazu zwingen, selbst wenn er das wollte! Wär ja noch schöner gewesen. Am Ende hätte er Pisos Schwester heiraten müssen, und Vera war nicht gerade das, was Caius anziehend fand, sondern einfach nur nervig... Etwas entspannter überließ er dem flavischen Senator die restlichen Oliven und wartete ab.


    Sim-Off:

    Quarto ist abgemeldet ;)

    Caius merkte, dass sie ihm nicht glaubte. Das sah er ihr an der Nasenspitze an. Er seufzte tief. Bestimmt konnte er einfach nur nicht nachvollziehen, wie sich Axilla wohl nun fühlen musste. Aber er versuchte sie zu trösten.
    »Na wie hättest du denn was anders machen sollen«, sagte er und wollte damit bezwecken, dass sie selbst merkte, dass sie gar nichts anders hätte machen können.
    »Du hast gar nichts falsch gemacht. Dieser Kerl hat was falsch gemacht. Wenn überhaupt jemand schuld ist, bin ich das.« Und zwar aus mehreren Gründen. Rom war keine lustige Hüpfburg. Er hätte Axilla gleich von Anfang an eine Horde Leibwächter hinterherschicken sollen. Spätestens seitdem er die Drohung erhalten hatte. Caius fühlte sich grässlich deswegen. Weil er sich nur aufgeregt, aber nichts gemacht hatte.
    »Dir entgleitet nichts. Oder hast du angst, dass ich dir jetzt weglaufe?« versuchte er sich recht plump in einer Stichelei, die er selber niht witzig fand.

    Als Axilla aufwachte, richtete sich Caius etwas auf. Aber sie fragte nach Leander und nicht nach ihm. Bestimmt war sie verschlafen. Und außerdem hatte sie ja auch Opium bekommen und Wein und das alles. Caius nahm es ihr nicht übel, dass sie erstmal nach dem Sklaven fragte. Dann sah sie ihn an und wirkte schon wieder so zerbrechlich. Irgendwie wie hundert Jahre altes Pergament, nur mit verheulten und verquollenen Augen. Sie entschuldigte sich tatsächlich dafür, dass sie..dass das Kind nicht mehr da war. Caius fiel auf, dass er Crios gar nicht gefragt hatte, was der jetzt damit machen würde. Er fand, dass man es verbrennen sollte. Trotzdem, Axilla war gar nicht schuld. Caius seufzte leutlos und stand auf. Erstmal musste er sich strecken, und irgendwas in seinem Rücken krachte scheppernd. Dann setzte er sich neben Axilla und zog sie zu sich ran. Sie roch ganz fürchterlich. Aber es ging ihr auch so. Caius hielt sie trotzdem fest und küsste sie auf die Stirn.
    »So ein Blödsinn, das war gar nicht deine Schuld«, sagte er. An irgendwelche Horrorgeschichten mit Müttern, die ihre Kinder tot bekamen oder deren Kinder zu schnell starben als dass man ihnen einen Namen geben konnte, dachte er gar nicht. Nicht mal an Axillas Mutter.
    »Also red auch nicht so.« Er versuchte, optimistisch zu klingen.

    Caius war einfach nur noch verwirrt. Er glaubte ja schon fast, dass Serrana ihn eklig fand, aber warum so plötzlich und wieso überhaupt war ihm echt ein Rätsel. Deswegen sah er sie auch an wie ein Fragezeichen. Sie wirkte ziemlich beherrscht und so, als würde sie einem Doofen eine ganz einfache Sache erklären. Aber das Schlimmste war, dass Caius sich in dem Moment auch so fühlte, als wär er der Doofe. Genau wie Seiana rettete sich Serrana in das verzweifelte Nippen an was zu trinken. Und Caius fiel jetzt erst auf, dass auch der Name ziemlich ähnlich war. Beim Arsch des Mars!


    Im nächsten Moment starrte Caius sie einfach nur noch an. Ihm klappte sogar der Mund auf, das konnte er nicht verhindern. Er war ja sonst auch nicht der Schnellste, aber das hatte er jetzt gerafft. Er wusste nur nicht, ob er lieber lachen oder anständig sein und ihr alles erklären sollte. Als sie dann noch das mit den Massenorgien anfügte, prustete er los und lachte schallend, bis ihm die Tränen in den Augen standen.
    »Hihiich kann nimmer«, jammerte er lachend und wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. Dann atmete er auch tief ein und wieder aus und seufzte erfrischt.
    »Hach ja. Ich glaub, wir haben ziemlich aneinander vorbei geredet. Äh, ich meinte einen Ausflug. Zu dritt. Und äh... nicht sowas wie ne Massenorgie. Zu dritt.« Schon wieder zuckten seine Mundwinkel gefährlich. Er wusste, dass Seiana wohl spätestens jetzt vor Scham im Boden versunken wär. Irgendwie war er gespannt, ob Serrana auch kleiner und kleiner wurde, bis sie unter einen Teppich passte.


    :D

    »Tja, dann hast du die Falschen kennengelernt, mein Schatz. Oder die Richtigen. Wie man's nimmt«, erwiderte Caius grinsend. Zu Firas nickte er nur zustimmend. Der Kerl war für ihn auch eine wahre Bereicherung. Irgendwann würde er ihn auch freilassen, aber nur unter der Bedingung, dass sonst alles so wär wie momentan auch. Auf die Sticheleien von Axilla ging er gerade nicht weiter ein. Er hatte auch gar keine Zeit dazu. Caius sah sich nämlich gerade den Boden an.


    »Also, hier könnte man schon einiges draus machen«, bemerkte er nachdenklich und deutete dann vor ihre Füße, wo viel Platz für ein Mosaik war, wie Caius fand. Axilla kriegte sich inzwischen nicht mehr ein vor Lachen, und Caius grinste abwartend vor sich hin, bis sie wieder genug Luft hatte.
    »Tja also, dann nix mit mir. Auch gut. Ich bin glaube nicht so geduldig wenns ums Modellstehen geht. Außerdem würden die Farben mir wohl nicht so gerecht werden.« Caius reckte das Kinn etwas hochnäsig nach vorn und sah Axilla dabei aus den Augenwinkeln an.
    »Wobei...stell dir mal vor, wenn du tierisch sauer auf mich wärst, dann könntest du mir voller Granatapfel ins Gesicht treten, ohne dass es tatsächlich mein Gesicht wär. Andererseits säh ich wohl auch ziemlich bald ausgelutscht aus, wenn dauernd irgendwer über mich drüber rennt. Also machen wir lieber deinen Baum und deine Viecher. Und für hier suchst du dir auch was aus. Sobald meine Leute dann da sind, sollen die anfangen.« Caius nickte selbstgefällig.


    Und schaute im nächsten Moment dann verdattert, bis er anfing zu lachen.
    »Heheheh...ja...Moment, das hast du ernst gemeint? Du meinst nicht den Palatin mit co-aelischem Berg?« fragte er sie dann, als die Erkenntnis dämmerte.
    »Aber den Querulanten-Sack kenn ich. Da gab es mal einen, der in einem Fass gewohnt hat...aber den willst du dir bestimmt nich anschauen.« Caius rümpfte die Nase.

    Caius war beschäftigt gewesen. Er hatte Befehle gegeben und Aufgaben verteilt. Und eben war der erste Sklave losgesaust, um bei den Iuniern eine Botschaft abzugeben, sowie Informationen einzuholen und zu versichern, dass es Axilla zwar schlecht ging, sie aber lebte und es ihr gut ging und Caius auf sie aufpassen würde wie ein Luchs. Was er gerade in diesem Moment genau genommen auch tat, denn er hockte seit zwei geschlagenen Stunden verkehrt herum auf dem Schreibtischstuhl in seinem cubiculum und betrachtete Axilla sorgenvoll. Die Arme hatte er auf der Lehne verschränkt, das Kinn drauf abgelegt. Neben ihm auf dem Schreibtisch lag eine einfache Tunika, die er aus Vespas Zimmer geborgt hatte. Und ein Kamm und Seife, und außerdem ein frisches Kauholz und etwas Zahnpaste aus Minzsaft und Myrrhe und zerriebenen Rosenblättern. Und Caius saß daneben und wartete.

    Wieder warf Caius Serrana einen irritierten Seitenblick zu. Was war denn schlimm dran, wenn... Achso, ja klar, Mensch! Jetzt hatte er's... Serrana war sicher eine von den Eine-Frau-sollte-nicht-auf-einem-Pferd-sitzen-Tanten. So eine wie Seiana, die auch nicht hatte reiten wollen. Nicht mal dann, wenn das niemand gesehen hätte! Caius nickte also wissend. Hatte er Serrana glatt durchschaut.


    »Muss ja nicht jeder mögen. Manche sticken ja auch lieber oder machen sonstwelche...Frauendinge«, sagte er gut gemeint und lächelte dazu. Was er natürlich nicht meinte, war dass er solche Mädels prüde fand. Caius sah Serrana immer noch von der Seite her an. Inzwischen wackelte er nicht mehr mit den Zehen. Irgendwie war sie komisch. Knallrot wie eine Kirsche, und sie verzog den Mund dauernd ganz leicht. Als würde sie sich dazu zwingen müssen, mit ihm zu reden. Oder bildete er sich das nur ein. Er lehnte sich eine ganz winzige Wenigkeit zu ihr hin, um das genauer im Blick zu haben. Als sie plötzlich abgestoßen und mit panischen Augen von ihm wegrückte. Caius schreckte sofort zurück und starrte Serrana nicht weniger erschrocken an. Diesen Moment nutzte Katander (natürlich!) um Serrana was zu trinken zu bringen. Er stutzte, stellte den Becher einfach hin und türmte dann gleich wieder. Das Donnerwetter der Iunia wollte er nicht mitanhören, was auch immer sein Herr schon wieder Dummes gesagt oder getan hatte (denn dass es so war, davon ging Katander einfach pauschal mal aus). Verstohlen roch Caius an seiner Achsel. Nein, alles gut. Schweißflecken waren auch keine auf der Tunika.


    »Äh«, machte Caius dann auch ziemlich unoriginell, und er hob dabei seinen rechten Zeigefinger.
    »Moment mal.« Man konnte es förmlich rattern hören (und auch sehen, denn Caius verdrehte angestrengt beim Nachdenken die Augen). Allerdings kam er zu keiner Erleuchtung, weswegen er kurz darauf mit den Schultern zuckte und Serrana ergeben ansah.
    »Was genau findest du denn...eklig?« fragte er sie vorsichtig.

    »Jaja, wirklich«, stimmte Caius ganz arglos zu und nickte noch mal beherzt. Er konnte ja nicht wissen, was sich die gute Serrana da gerade zusammenreimte. Und für ihn machte in seinem Dötz auch alles ziemlichen Sinn.
    »Das war ziemlich schön. Ich glaube, Axilla reitet ganz gern«, bemerkte er dummerweise noch, was angesichts der lustvollen Bilder in Serranas Kopf vermutlich ein Kopfkino erzeugte, auf das er regelrecht neidisch gewesen wäre. Wenn er nur davon gewusst hätte. So aber dachte Caius an den Ausflug zurück und schmunzelte hier und da vor sich hin. Zuletzt seufzte er zum Abschluss.


    »Nein, wieso denn auch? Es hat doch Spaß gemacht, und man macht sowas ja nicht jeden Tag. Auch nicht als Postpräfekt, wo man schon öfter die Gelegenheit hat. Aber da muss man Prioritäten setzen, weißt du.« Caius lächelte Serrana an und fragte sich, warum sie ihn so befremdlich ansah. Komisch, vielleicht tat ihr was weh? Ihr letzter Satz machte ihn dann schon etwas stutzig. Gerede? Weil sie zu dritt was unternahmen? Er runzelte die Stirn und dachte nach, zuckte dann aber seufzend mit den Schultern.
    »Damit ist jetzt sschon Schluss. Ist ja schwierig mit Axilla und dem Kind und so...« sagte er bedauernd. Dann lächelte er versonnen.
    »Aber wenn es erstmal da ist, dann machen wir das bestimmt noch mal!«

    Caius hatte Axilla noch nicht offenbart, dass sie sich besser dran gewöhnte, bewacht zu werden wie der Staatsschatz. Das musste er noch machen. Bisher war das auch noch gar nicht nötig gewesen, weil sie noch nicht aus dem Haus gegangen war. Wenn sie das tun würde, dann standen schon fünf Leute parat, die dafür sorgen würden, dass der Kerl sein Vorhaben nicht vollenden konnte. Caius ging da lieber auf Nummer sicher, und damit musste Axilla dann leben. Jetzt lehnte sie sich aber erstmal an ihn. Caius schob seine hand von ihrem Rücken um ihre Schultern und zog sie seitlich an sich ran. War ihm doch egal, dass das aussah, als wären sie schon verheiratet!


    Außerdem entdeckte er in dem Moment gerade Serrana und ihren Verlobten. Und noch wen, der zu dicht an den beiden ging, als dass sie fremd sein konnte. Caius fand das nicht so toll, immerhin hätte das hier ein Kennenlernen werden sollen, und jemand ganz Fremden hätte er gar nicht dabeihaben wollen. Da schlug Axilla vor, endlich reinzugehen. Und Caius machte einen erstaunten Laut.
    »Och! Guck mal, was für ein Zufall!« schauspielerte er hundsmiserabel. Dann winkte er Serrana zu.
    »Da ist deine Cousine. He, Serranaaa«, rief er und vergaß das Iunia davor einfach. Dann wandte er sich wieder zu Axilla.
    »Sei nett«, ermahnte er sie, bevor er sie auf die Wange küsste.


    »Salvete, hallo!« begrüßte er dann alle, als sie nahe genug waren.
    »Lasst uns am besten schnell reingehen, das hört sich an, als würden die sonst ohne uns anfangen!« Sprach's und schob Axilla hinter zwei der Leibwächter und vor sich selbst her zum Blauen Block. Während sie noch nach Plätzen suchten (Caius hatte extra wegen Axilla Sitzplätze für alle genommen, auch wenn er selber bestimmt rumspringen würde), ging es unten schon los. Caius fluchte leise und versuchte, trotzdem so viel wie möglich mitzukriegen. Sanft drückte er Axilla dann auf einen freien Platz. Sie mussten sich auf der Steinbank alle etwas quetschen, weil Caius nicht gedacht hätte, dass Serrana außer ihrem Verlobten noch wen mitbringen würde. Aber irgendwie würde es schon gehen.


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    ANFEUERER VOM DIENST - FACTIO VENETA

    »Nee, der hat mir im Haushalt geholfen und so«, erwiderte Caius und grinste. Firas als Mosaikenleger, was für ein schrecklicher Gedanke, wenn der da dann genauso arbeitete wie er kochen konnte! Caius konnte sich noch ziemlich genau an die ganzen verbrannten Sachen erinnern, die sie einvernehmlich als fehlgeschlagene Experimente eingestuft hatten, bevor sie zu Meccis gegangen waren, um sich ein paar Bör-Ga zu holen.
    »Jetzt wo ich die Konzession für Italien hab und die Läden umziehen, kommt Firas mit. Den hatte ich zum Aufpassen dagelassen. Manche Griechen machen nämlich lieber Siesta als zu arbeiten.« Caius nickte bestätigend.


    »Aber nicht heute, es sei denn, du kannst das Echo ertragen!« konterte Caius gleich mal locker-flockig und streckte Axilla die Zunge raus.
    »Joa. Kannst du ja gern machen«, sagte Caius leichthin und zuckte mit den Schultern. Er konnte sich nicht vorstellen, dass irgendwer anders so dachte wie sie und dann regelmäßig hier nach dem rechten sah. Wie sie Serrana beschrieb, war der wohl eh alles egal. Caius glaubte eigentlich, dass Axilla ganz schnell die Nase voll hätte, wenn nie wer hier war, wenn sie kam. Er machte sich da gar keine großen Gedanken. Außerdem war das ja auch Axillas Sache.


    Axilla kicherte ziemlich albern herum, und Caius grinste leicht dümmlich dazu.
    »Ich kann meinen Leuten ja sagen, sie sollen mir einen Fischschwanz dransetzen«, schlug er vor und brachte damit Nymphen und Nixen oder Sirenen durcheinander. Er war eben nicht besonders belesen, sondern interessierte sich eher für Tatsachen.

    Ihre Worte ergaben für Caius erstmal keinen Sinn, bis ihm verschwommen einfiel, dass Axilla mal von einem Baum geredet hatte, auf den sie immer geklettert war. Er sagte nichts, er ließ sie einfach reden und hielt sie nur fest. Wie es in Spanien war, wusste Caius nicht. Da war er noch nie gewesen, und alles was er wusste, wusste er vom Hörensagen, weil er nicht gerne las. Dann begann sie zu singen. Zwar so leise, dass es fast ein Flüstern mit Melodie war, aber Caius erschreckte sich trotzdem erstmal. Das klang ziemlich traurig. Caius wurde selber noch trauriger als eh schon. Er dachte an das Bettchen, das er gebaut hatte, und das jetzt erstmal leer bleiben würde. Uh, war das echt Wasser in seinen Augen? Caius blinzelte entsetzt. Axilla sollte davon bloß nichts merken, sonst hielt sie ihn noch für ein Weichei oder so... Er hörte ihr nur halb zu, wie sie von dem Baum redete. Er überlegte sich, dass er das Bett wegschaffen musste, bevor Axilla es sah. Und das Zimmer...gut, das würde ne größere Sache werden. Ach! Dann stand es halt erstmal leer! Das war wie ein Kloß in Caius' Brust. Aber irgendwann würde es schon jemanden geben, der in dem Bettchen liegen wurde, das in dem Zimmer stand, wo er... Aber das war jetzt auch egal.


    Axilla war weggenickt. Abgesehen von einem Schnarcher hier und da war nichts mehr zu hören von ihr. Kein Wunder, ihre Zunge hatte sich auch ganz schön schwer angehört. Sie hatte am Ende richtig genuschelt... Wer wusste, was Crios ihr alles eingetrichtert hatte. Aber jetzt sah Caius das nächste Problem vor sich. Axilla lag an ihn gelehnt da, und zwar richtig. Irgendwie musste er sie zur Seite kriegen, um aufstehen zu können. Auch wenn ihm sowas von gar nicht danach war, würde er sein Versprechen halten und sich um die Sache mit Leander kümmern. Und um das Bettchen und alles. Caius begann, sich hinter Axilla durchzuquetschen, möglichst ohne dass sie aufwachte. Das dauerte eine gefühlte Stunde. Und als er neben ihr stand, musste er sich erstmal vergewissern, dass sie auch tatsächlich noch am schlafen war. Er lugte in ihr Gesicht, das ganz friedlich war, lächelte kurz und nahm dann eine Decke aus dem (quietschenden) Schrank, die er noch mal zusätzlich über Axilla ausbreitete. Dann schlüpfte er aus dem Zimmer und ging einen kompetenten Sklaven suchen, um einige Aufgaben zu verteilen.

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    Firas und die Gurke sahen beide nicht besonders gut aus, fand Katander, also, im Sinne von Schlechtsein, nicht von Hässlichsein, aber wenn der Syrer sagte, dass es ihm gut ging... Katander zuckte mit den Achseln und drehte seinen Becher geräuschvoll auf dem rustikalen Holztisch hin und her. Er sah Firas nur verwirrt an, als der über Hirnwirrungen sprach, und sah etwas betreten in seinen Becher. Blöderweise war's den meisten Sklaven nicht gestattet, puren Wein zu trinken, erst recht nicht zu jeder Tageszeit. Wer wollte schon einen besoffenen Handlanger haben? Katander seufzte selbstmitleidig und betrachtete nochmal äußerst kritisch den Kaktus. Der klein, grün und hässlich war und Ophelia hieß. Weil der Name so schön war. Ja nee, is klaa. Katander runzelte kritisch die Stirn.


    »Gut. Ich dachte schon, du hättest einen an der Waffel oder so«, kommentierte er nur und grinste schief. Mehr sagte er nichts dazu. War schon ein komischer Vogel, dieser Firas.
    »Oh. Hm. Ein bisschen teuer? Wie meinst du das? Ich mein...wieviel bisschen teuer?« fragte er ihn argwöhnisch. Transportos...nee, von denen hatte Katander noch nie gehört. Er schüttelte den Kopf.
    »Na mal gucken. So weit isses ja nicht von Ostia bis hierher. Ich hoff nur, dass du zumindest die teureren Sachen rausgenommen und mitgebracht hast.« Sonst hatten sie hinterher drei Sonnenuhren da stehen statt einer oder so. Katander suchte Firas mit den Augen ab, entdeckte aber außer dem Kaktus auf dem Tisch sonst nichts weiter.


    »Tja also.. Ähm... Weißt du, Archias ist nicht mehr mit Seiana verlobt«, sagte Katander dann und nahm die Hände vom Tisch, um sich damit auf dem Schemel festzuhalten.
    »Das errätst du nie, wie's weitergeht«, murmelte er



    LEIBSKLAVE - CAIUS AELIUS ARCHIAS

    »Ich glaub, der wär eher böse auf mich, wenn ich dich das alleine machen lasse in dem Zustand«, erwiderte Caius leise und mehr zu sich selber als zu Axilla gewandt. Er wusste schon, warum er ihr den Wein gegeben hatte. Langsam wurde sie schläfrig.
    »Macht doch nichts. Ich finde Palmen toll. Kann man Palmwein draus machen«, antwortete er auf Axillas Einwand und begann, ihren Arm zu streicheln. So langsam ließ er die Geschehnisse des Tages auch mal Revue passieren. Axillas Sklave war tot. Axillas Kind war tot. Axilla selber total durch den Wind (was ja auch kein Wunder war). Und Caius betraf das alles. Er fühlte sich verantwortlich, und er glaubte, dass dieser Duccier dahinter steckte und dass eigentlich Axilla hätte dran sein sollen. Bestimmt hatte ihr Sklave sich dazwischengeworfen oder sowas. Caius war ganz elend, wenn er dran dachte, dass er Schuld war.


    »Bist du noch wach?« flüsterte er dann. Den Becher hatte er ihr schon kurz vorher abgenommen, weil die Hand immer mal wieder kurz weggesackt war.