Beiträge von Caius Aelius Archias

    Ohweia. Wie sie ihn ansah. Caius musste wegschauen. Er war ja auch nur ein Mann. Mit seiner Willenskraft war es nicht allzu weit her. Es hatte ihn schon einiges gekostet, da jetzt einen Punkt zu setzen. Axillas Blick machte fast ein Komma draus. Caius biss sich auf die Unterlippe. Der leichte Schmerz half ihm ein bisschen. Und ihre Worte ließen ihn Axilla liebevoll anschmunzeln.


    Moment. Liebevoll?
    Caius blinzelte irritiert. Unnötig, zu erwähnen, dass er nicht mal auf die Idee kam, irgendwem irgendwas leichter zu machen, indem er ihr wie auch immer weh tat.


    Caius atmete tief durch. Das ging jetzt besser. Axilla war nicht mehr allzu nah. Es war eine sehr, sehr, sehr, sehr dumme Idee gewesen, sie so anzusticheln. Das war seine eigene Schuld, dass sie da jetzt so reagiert hatte. Auch wenn das seltsam war, wie ihm jetzt aufging. Immerhin hatte sie wegen ihm das alles durchgemacht. Er war schuld. Er ganz allein. Als er sie das nächste Mal ansah, sah sie weg. Caius zog die Brauen zusammen. Er konnte nicht anders, er musste ihr Zeige- und Mittelfinger unters Kinn legen und sie zwingen, sie anzuschauen. Wie dumm. Da lagen ihm doch tatsächlich total unsinnige Worte auf der Zunge. Nichts passierte, die Zeit verging einfach, ohne dass etwas geschah. Caius sagte nichts, dann küsste er sie sanft auf die Lippen und ließ sie gleich darauf wieder los, um zurückzurutschen und sich damit erstmal außer Gefahr zu begeben. Und um sie freizulassen.


    »In drei Tagen«, bestätigte er und versuchte, betont unbefangen zu wirken. Das ging aber gründlich in die Tunika, das merkte er selber auch.
    »Wenn du möchtest, komm ich auch wieder her. Du schuldest mir noch eine Partie Soldatenspiel.«

    Seine Schergen sähen sofort, dass da etwas im Busch läge. Caius unterdrückte ein Husten, als er die Worte seines Freundes hörte. War es denn möglich, dass zwei Seelen in seiner Brust schlummerten? Oder hatten die Parzen von ihm Besitz ergriffen und brachen sich Bahn, sobald er sich in hochtrabender Gesellschaft befand? Warum redete er mit ihm frei Schnauze und mit Gracchus, Furianus und Quarto so geschwollen? Caius fühlte sich einfach nur absolut fehl am Platz. Er erwartete die Taubenschenkel also nicht nur wegen dem Geschmack sehnsüchtig, sondern auch deswegen. Eigentlich hatte er zu Beginn des Abends noch gehofft, dass alles gut werden würde. Jetzt hoffte er, dass das auch schnell gehen würde. Ganz offensichtlich stimmte mit Piso irgendwas nicht. Entweder waren das die Parzen oder jemand hatte sein Hirn ordentlich gewaschen.


    Gracchus allerdings, von dem Quarto gesagt hatte, dass er der wichtigste der Flavier sei, wählte seine Worte zwar umständlich, aber so, dass sogar Caius genau verstand, was er meinte. Eine Brücke bauen! Jaa, er wollte mitbauen. Trotzdem hielt er lieber die Klappe. Er hatte nämlich das Gefühl, dass sein Mörtel einfach nicht gut genug für die anderen war. Hinterher knackste der ganze Mist noch wegen ihm zusammen!

    Caius war kein Kind von Traurigkeit. War er nie gewesen und würde er nie sein. Er dachte in solchen Situationen auch nur halb so viel nach wie es eigentlich wichtig gewesen wär. Allerdings war er sich der Brisanz dieses Moments durchaus bewusst. Nicht nur, als Axilla sich gegen ihn lehnte und Caius sich auf die Unterlippe beißen musste, um die Berührung nicht mit einem langen Seufzer zu quittieren. Er ließ sie trotzdem machen. Er würde sie alles machen lassen, was sie wollte. Und er würde es genießen. Die Küsse waren scharf. Das war das Schlimmste. Caius fand seine Hände irgendwo auf Axillas Hintern wieder. Wie waren sie da hingekommen? Er hatte keine Ahnung. Er drückte sie nur ganz dicht an sich.
    Aber das war nicht richtig! Caius kniff die Augen wieder zusammen.


    Er versuchte sich vorzustellen, dass Axilla gar nicht wollte. Das half nicht.
    Er versuchte sich vorzustellen, dass Axilla vor Schmerzen weinte. Das half ein winziges Bisschen.
    Er versuchte sich vorzustellen, wie Axilla in ihrem eigenen Blut lag. Das half ganz passabel.


    Jetzt war er es, der atemlos etwas vorschlug. Er fasste Axilla bei den Schultern und sein Blick strafte seine Worte Lügen. Trotzdem sagte er sie.
    »Axilla.« War das seine Stimme? Caius räusperte sich und sah sie ernst an.
    »Ich will dir nicht weh tun.« Ihr Götter, wie abgedroschen klang das denn!
    »Ich sollte gehen. Jetzt.« Ehe er nicht mehr konnte.

    Caius grinste sie immer noch frech an. Hah, und nun wollte sie weglaufen. Er sah es ihr ganz genau an. Sie nahm die Füße weg und... Moment. Was machte sie denn jetzt? Das war ziemlich aktl auf den Fliesen. Wollte sie wirklich die Steine aufsammeln? Caius lehnte sich ein bisschen zurück und runzelte Axilla mit seiner Stirn an. Er wollte schon sagen, dass sie das doch die Sklaven machen lassen sollte und das nur als Scherz gemeint war. Aber da lehnte sie sich gegen seine Knie und legte ihm sanft die Hände auf die Schenkel. Caius' Mund wurde augenblicklich trocken. Das konnte doch unmöglich ihr Ernst sein?! Allein der Gedanke an die Möglichkeit war, naja, setzte Dinge in Gang. Dinge, die bei ihren Worten Ausmaße annahmen die...ihm gerade ziemlich peinlich waren. Zack, rot waren die Ohren. Caius ächzte und legte seine Hände auf ihre.


    »Das... Ähm, äh«, machte er und sah dabei vermutlich alles andere als intelligent aus.
    »Ja. Ich meine...« Ein Teil von ihm wollte das, und zwar unbedingt. Derselbe Teil war sich auch der sehr kurzen Entfernung zu Axilla verdammt bewusst. Aber Axilla hatte gerade eine Abtreibung hinter sich. Eine A-b-t-r-e-i-b-u-n-g! Caius kniff die Augen zusammen, bis mehr Sternchen sah als nackte Axillas, dann machte er sie wieder auf und ließ seine Hände zu ihren Unterarmen wandern. Seine Stimme klang tiefer, als er wieder mit ihr redete und sie gleichzeitig nach oben zog, obwohl er das gar nicht wollte.
    »Axilla«, sagte er und sah sie an.
    »Das wäre... Ich meine...« Er sah an sich hinunter und zuckte die Schultern, dann blickte er ihr wieder in die Augen.
    »Es wär gelogen, wenn ich sagen würde, dass das keine gute Idee ist. Aber das ist keine gute Idee. Ich...und du...ich meine: Wir. Wir sollten das vielleicht...« Er zuckte mit den Schultern. Dea Dia, wie gern hätte er sie vernascht! Caius gab auf. Gegen sich selbst hatte er keine Chance. Er war einfach zu gut.
    »Zumindest nicht hier«, flüsterte er und versuchte, nicht auf ihre Lippen zu starren.

    »Jawohl!« Bestätigte er Axillas unschuldige Frage. Immerhin bestand kein Zweifel an der Absicht, mit der sie das Brett regelrecht weggekickt hatte, und erst recht nicht an dem Hintergrund dieser fiesen Tat! Er grinste noch breiter (wenn das überhaupt ging). Selbst Georgius Clunius hätte das nicht einfach überspielen können, und den hielten immerhin viele Frauen für den charmantesten Mann der Welt! Axilla hatte also gar keine Chance. Caius wusste das. Und sie wohl auch, denn sonst würde sie jetzt nicht ablenken.


    Caius' Grinsen wankte ein wenig, dann räusperte er sich geschäftsmäßig und sah Axilla mit gerunzelter Stirn an.
    »Ähm«, machte er erstmal, um Zeit zu schinden.
    »Die Sache mit der Bestrafung klingt ganz nett. Du könntest deine Tunika ausziehen und auf den Knien rutschend die Steine wieder einsammeln«, schlug er vor und kratzte sich nachdenklich am Kinn. Dabei dachte er kurz an den Trösteabend in der domus Aeliana zurück. Hastig schob er die Gedanken zum Ohr heraus aus seinem Kopf.
    »Aber das ist glaube ich eher eine ganz schlechte Idee. Das wär sicher ganz schön....kalt. Äh. Hm. Tja, sonst hast du wohl Glück, mir fällt nämlich gerade nichts ein, was eine angemessene Bestrafung darstellen würde...« Caius zuckte mit den Schultern.
    »Dir?« Ja, klar. Sie würde sicher was Fieses für sich selber vorschlagen. Uh Mann, Caius....

    Statt zu lachen, verfärbte sich Axilla rot. Caius' gute Laune trübte das zwar nicht, dafür seinen Sinn für Blödelei. Irgendwas war anders. Er war sich sicher gewesen, dass sie einen Spruch anbringen oder wenigstens lachen würde. Aber da kam gar nichts. Sie hielt einfach nur ihren Stein und schien zu überlegen. Ihn beachtete sie gar nicht wirklich. Caius konzentrierte sich mal kurz auf das Spiel. Konnte gar nicht mehr lange dauern, bis sie gewann. Sah sie das nicht? Warum bereitete sie nicht alles für die vollumfängliche Niederlage vor? Eigentlich wollte er nämlich, dass sie wieder gewann. Wenn er gewann, würde sie am Ende noch versuchen, ihn zu massieren. Und dann konnte sonstwas daraus werden. Caius runzelte die Stirn und sah wieder Axilla an.


    »Na, zauderst du vor meinem Geschick?« neckte er sie noch, dann riss Axillas Fuß die Männchen von ihren steifen Beinen und brachte sie zu Fall. Caius glotzte blöd und bewies nicht viel mehr Reaktion als ein Teekännchen.
    »He!« protestierte er und fing gerade noch so einen weißen Stein auf, was überhaupt keinen Sinn machte, weil alles andere runterfiel. Caius sah, wie sich einige Steine verabschiedeten und unter den Möbeln von der Bildfläche verschwanden. Er sah grübelnd Axilla an, die in diesem Moment von einem Unentschieden sprach und dabei eine verdammt zittrige Stimme hatte. Caius' eingebauter Stimmungsdetektor allerdings war sich nicht sicher und schwankte zwischen mehreren Möglichkeiten. Punkt 1: Sie hatte gar nicht mehr spielen wollen. Punkt 2: Sie wollte verlieren, damit sie ihm was schuldete. Uh, nein, streichen. Sie hatte ja vom Unentschieden gesprochen. Neuer Punkt 2: Sie sah ein, dass sie verlieren würde und versuchte nur, das Schlimmste abzuwenden! Caius grinste. Das klang logisch.
    »Hab dich ertappt«, bemerkte er und grinste breit.

    Auch wenn sie sich eigentlich inzwischen recht gut kennen sollten, so kannte Seiana Caius doch schlecht. Für ihn wär das keine Krankheit gewesen, wenn sie das so gesagt hätte. Es wäre der Weltuntergang gewesen. Na gut, er war nicht besonders toll in so Gefühlduseleien, aber er war eben auch nicht der Typ, der ein Gespräch in dieser Richtung einfach abschmettern oder ignorieren würde. Caius hätte wohl gehörig Muffensausen bekommen, wenn Seiana das angesprochen hätte.


    Und andersrum war das mit dem Kennen übrigens genauso: Obwohl Seiana Einkaufen über die Maßen hasste, glaubte Caius nach wie vor, dass ihr größter geheimer Wunsch dem von jeder Frau entsprach: Einmal bei Dulcus & Gabbana eingeschlossen werden. Mit anderen Worten glaubte er, dass man ihr mit einer spontanen Zusage zu einem Einkauf die Freudentränen aufs Gesicht treiben konnte. Caius sah aus dem Fenster. Er hatte noch weniger als so überhaupt keine Lust auf einen Bummel, obwohl doch sonst er derjenige war, der jeden Scheiß kaufte, ohne ihn zu brauchen. Aber er wollte auch nicht, dass Seiana traurig war, nur weil er Probleme mit sich selbst und seinem Kopf hatte.


    »Ist ja noch ein bisschen Zeit. Was hältst du von einem kleinen EInkaufsbummel? Bis zur cena haben wir sicher noch zwei oder drei Stunden Zeit. Vielleicht findest du was Schönes«, hörte er sich sagen, und das sogar mit einem recht enthusiastischen Ton in der Stimme. Bona Dea, der Weltuntergang nahte. Und zwar mit verdammt großen Schritten.

    »Och, das kriegst du schon hin, da wär ich mir ganz sicher«, versicherte ihr Caius schadenfroh und setzte seinen nächsten Stein. Niedlich, wie verlegen sie plötzlich war. Aber kein Grund, mit der Stichelei aufzuhören, zumindest nicht für Caius.


    Als Axillas Blick über sie glitt, grinste Caius ungeniert. Er konnte das nämlich auch, sie aus dem Konzept bringen! Zufrieden drückte er den Rücken durch und hampelte kurz mit dem Oberkörper schadenfroh hin und her.
    »Hach jaaaah, ganz schön war hier drinnen, was?!« bemerkte er und grinste anzüglich. Er wartete ihren Zug noch ab und offerierte dann ganz offensichtlich einen seiner vagi einem ihrer ordinarii. Für ihn war es gerade nur ein Spiel. Nicht das Spiel, sondern die Sticheleien. Was es für Axilla war und woran sie dachte, ahnte er nicht, sonst hätte er mit Sicheheit die Klappe gehalten und einfach weitergespielt. Er wollte nicht, dass sie an das Kind und all die anderen Sachen dachte. Er wollte sie nur etwas ärgern, auch wenn solche Sticheleien recht schnell in etwas anderem enden konnten, das wiederum in etwas anderem enden konnte.

    Vala mochte die Decima. Caius mochte den Duccius gerade nicht mehr. Und nun ignorierte ihn der Knilch auch noch. Caius war eigentlich nicht so der eifersüchtige Typ. Er war ja auch nicht eifersüchtig, kein bisschen. Aber er mochte es echt nicht, wie Vala so...so...so besitzergreifend neben Axilla herumstand! Und dann tat er auch noch so, als würde er nichts merken. Caius starrte. Und er starrte auch noch ein wenig weiter, als Septima ihn ansprach.


    »Hm? Achso, ja, wir kennen uns«, fertigte er sie regelrecht ab. Auf Ursus' Worte hin murmelte er nur etwas Zustimmendes. Caius war unhöflich, das wusste er. Irgendwie. Aber Seiana stand näher an Septima, also konnte sie auch mit ihr reden. Er mochte die junge Tiberia zwar eigentlich, aber gerade hatte er etwas anderes im Sinn, und das hatte eine Hakennase und kam aus Germanien. Caius begann mit einem Lächeln, das außer seiner Mundpartie nichts erreichte.
    »Ich wusste gar nicht, dass ihr zusammen herkommt«, sagte er und bemühte sich wirklich um einen unvoreingenommenen Tonfall, der im Endergebnis aber doch ziemlich gekünstelt klang. Sein Blick glitt kurz zu der wunderschönen Nymphe an seiner Seite und fokussierte sich dann wieder auf den Duccier.

    Als der Frischgebackene sich bedankte, lächelte Caius nur. Er hatte Mühe, sich auf Ursus zu konzentrieren, und das äußerte sich darin, dass zwei, drei peinliche Augenblicke verstrichen und er seinen Blick von Axilla losreißen musste, um Ursus antworten zu können.
    »Hm? Äh, ja… Ja, genau...! Äh, ja, der bin ich. Und ich war vorher in Ägypten, nicht in Rom.« Ziemlich unoriginell, aber er musste echt erstmal nachdenken, was Ursus ihn gefragt hatte. Axillas Anblick und vor allem der ihres Begleiters hatten ihn ziemlich verwirrt. Zu der Sache mit der Verlobung sagte er erstmal gar nichts, auch als Septima ihn dann fragte, wann es soweit war. Es war tatsächlich sehr ungeschickt von ihm, aber er ließ da einfach Seiana in die Bresche springen und von dem Termin erzählen. Ein Monat noch war es hin. Das schoss ihm so durch den Kopf, als er Axilla musterte, die schlichweg um-wer-fend aussah. Wie eine Nymphe? Nein, wie Diana selbst sah sie aus. Fehlte nur noch ein silberner Bogen und das Bild war perfekt. Echt perfekt. Fast wär ihm der Mund offen gestanden. Hoffentlich sah sie das nicht. Und hoffentlich sah das Seiana nicht? Verstohlen linste Caius zu ihr rüber. Schien alles normal zu sein, aber das musste bei Seiana nichts heißen. Caius wusste das, aber er dachte grad nicht dran, dass Seiana sich sehr gut im Griff hatte, erst recht unter Fremden.


    Dann kam ein anderer Senator, und Caius und Seiana gingen zur Seite, um dem neuen Gratulanten Platz zu machen. Zu der Seite übrigens, wo Vala und seine Göttin standen. Caius registrierte, wie sie ihn ansah. Eine steile Falte entstand auf seiner Stirn, ohne dass er etwas davon gemerkt hätte. Und sie nannte ihn plötzlich wieder Archias! Caius verstand das nicht. Sie waren hier zwar in der Öffentlichkeit, aber sie waren doch Freunde, und Freunde nannte man doch bei ihrem praenomen! Axilla stellte Vala vor. Und Caius’ Stirnfalte erhielt zwei nette Begleiter: Eine linke finstere Braue und eine rechte. Er hatte bis eben ja noch fast angenommen, dass die beiden nur zufällig zusammen rumstanden. Jetzt hatte Axilla das Bild allerdings zerstört, und Caius musterte sie dafür kurz anklagend, ehe er wieder den Duccier ansah.
    »Duccius«, grüßte er ihn kurz und knapp zwischen den Zähnen hindurch und nur bedingt höflich, sonst nichts. Nicht freundlich, das auf gar keinen Fall. Erst jetzt erinnerte er sich daran, dass Seiana ja auch noch neben ihm stand. Trotzdem sah er kurz hin, um sich zu vergewissern, dass sie immer noch da war.
    »Wir kennen uns schon«, fügte er dann zu Axilla gewandt eine Erklärung an. Und gleichzeitig fragte er sich, ob er das richtig gesehen hatte, dass sie ihn anschmachtete. Und ob sie sich für ihn so in Schale geschmissen hatte. Und ob der Duccier Interesse an Axilla hatte, was ihn augenblicklich zu einer wenig sympathischen Person werden ließ, zumindest für Caius (der jetzt übrigens vermied, Axilla auch nur einen einzigen weiteren Blick zuzuwerfen, sondern fast krampfhaft dem Duccier auf die Nase starrte).

    Fast hätte Caius automatisch mit einem Weil... geantwortet. Aber er schaffte es noch, den Mund einfach wieder zuzuklappen, nachdem er ihn geöffnet und bevor er was gesagt hatte. War auch nicht weiter schlimm, denn kurz drauf sagte Seiana wieder was, und Caius sah sie verdattert an.
    »Öhm. Wolltest du nicht noch mit mir essen?« fragte er sie. Ganz offensichtlich merkte sie, dass da was nicht stimmte. Und ganz offensichtlich wollte sie deswegen gehen. Caius machte ein betretenes Gesicht. Er wollte sie ganz bestimmt nicht loswerden oder sowas. Er mochte sie doch!
    »Ich kann in der Küche bescheid sagen. Oder wir gehen irgendwo hin...« schlug er vor. Nur wohin wusste er nicht. Vielleicht die Apicia?

    »Ach Quatsch. Guck dir mal die vielen Leute an. Quarto stellt sich morgens eh drauf ein, mit vielen zu reden. Und du willst ja nur danke sagen, das dauert nicht mal lang«, sagte er und zuckte mit den Schultern. Es dauerte allerdings irgendwie. Caius hatte gedacht, dass Quarto nicht nur schon auf, sondern auch fertig war und gleich kommen würde.
    »Wirst sehen, gleich ist er da und dann drängeln wir uns einfach vor«, sagte er zu Axilla und grinste. Hörte er da Schritte?

    Und Caius wurde nicht enttäuscht. Natürlich wusste Seiana bescheid.
    »Sehr gut, dann wäre das ja auch geklärt«, fasste er zusammen und nickte erfreut. Eigentlich war damit auch alles gesagt und dem Anstand genüge getan, fand Caius. Aber er wollte nicht selbst vorschlagen, dass sie jetzt wieder gingen, sondern wartete darauf, dass Quarto das tat. Caius fand das höflicher, und vielleicht hatte Quarto ja doch noch eine Frage.

    War ja klar, dass sie das falsch verstand. Caius seufzte verärgert. Gut, er hatte sich nur darauf verlassen, dass Axillas Läden rund liefen. Überprüft hatte er nichts, aber er vertraute ihr eben. Sicher hätte er auch Seiana fragen können. Das fiel ihm jetzt auch ein. Aber erst hatte er versucht, das mit sich selbst auszumachen, und dann hatte Axilla ja auch schon ihre Ideen vorgeschlagen, als er ihr davon erzählt hatte. Wann also hätte Caius Seiana davon erzählen und sie um Rat fragen sollen? Klar, er konnte jetzt noch eine ganze Weile darauf herumreiten und die ganze Geschichte ordentlich breit treten. Er hätte auch versuchen können, sich zu rechtfertigen oder Axilla zu verteidigen. Aber das brachte ja eh alles nichts, also hielt er die Klappe dazu und pflichtete ihr nur bei.
    »Ich weiß.«


    Seiana stand immer noch herum, Caius saß inzwischen ja wieder auf der Kante seines Bettes. Er hatte keine Ahnung, was er jetzt mit ihr reden konnte. Vielleicht hatte sie ja Lust auf eine Partie? Seit er mit Axilla gespielt und verloren hatte, hatte er wieder mehr Lust zu spielen. Schnell vergaß er den Gedanken aber wieder. Seiana würde ihn nur skeptisch anschauen und ihn fragen, ob das sein Ernst war, jetzt zu spielen. Für Caius war eindeutig, dass sie Redebedarf hatte. Und eine Frau unterbrach man nicht dabei, wie sie einen versuchte zur Schnecke zu machen. So fügte er sich und wartete, was als nächstes kommen würde.

    Axilla setzte ihren Stein, aber Caius ließ auf sich warten. Er fummelte weiterhin an seinem Gürtel herum, breit grinsend, und ließ erst die Finger davon, als Axillas Rötung intensiv genug war.
    »Dann hat deine Falle wohl zugeschnappt«, bemerkte er frech und lehnte sich nun selber in dem Sessel zurück, um hinter dem Kopf die Arme zu verschränken und sie ganz ungeniert zu mustern.


    »Ich meinte auch gar nicht den Vorschlag, du kleine Axilla du, und das weißt du ganz genau. Eigentlich sollte ich dir jetzt den Hintern versohlen, oder wenn schon nicht dass, dann dir anderweitig zeigen, dass du sowas mit einem Aelius nicht einfach so machen kannst, ohne hinterher auch die Konsequenzen zu tragen. Aber....« Caius lehnte sich weit vor, bis direkt über das Spielfeld.
    »...das muss ich ja leider bleiben lassen.« Er grinste süffisant und setzte sich wieder anständig hin. Vorher zog er noch einen vagus schräg nach rechts, um ziemlich plump an Axillas bellator zu kommen, der freistehen würde, wenn sie einen ordinarius versehentlich falsch setzte.


    »Also. Wenn ich gewinne, möchte ich eine Massage haben. Und zwar eine richtig Das selbstgefällige Grinsen, dass er dabei aufsetzte, brauchte man wohl nicht weiter erwähnen.

    Das hatte nichts damit zu tun? Gut, hatte das nichts damit zu tun. Zumindest nicht damit, dass Axilla jetzt für ihn arbeitete. Caius nickte, da hatte Seiana recht. Aber Caius hatte was anderes gemeint, und Seiana wusste das auch. Glaubte Caius zumindest. Nur scheinbar wollte sie darüber nicht reden. Caius respektierte das, deswegen drängte er ihr das Gespräch darüber auch nicht auf.


    Dann sprach sie allerdings weiter, und was sie sagte, ließ Caius die Stirn runzeln. So gut bekannt, dass er ihr seine Betriebe anvertraute?
    »Was hat denn das damit...« begann er, biss sich dann aber auf die Zunge. Es machte keinen Sinn, darüber zu streiten. Außerdem wollte er gar nicht streiten, schon gar nicht über Axilla und erst recht nicht mit Seiana. Caius zog eine Grimasse.
    »Jedenfalls versucht sie zu helfen«, fasste er ein wenig unbedacht zusammen. Das hörte sich leider so an, als würde Axilla helfen wollen, im Gegensatz zu Seiana. Auch wenn Caius das gar nicht so gemeint hatte.

    Und Caius passte mal sowas von gar nicht auf. War ja auch kein Wunder, immerhin räkelte sich Axilla immer dann, wenn sie nicht gerade selbst ziehen musste, ziemlich unerhört herum. Einmal wäre fast das Spielbrett gekippt. Axillas Vorschlag war ziemlich... Nun ja, er brachte Caius' Blut in Wallung, wenn man das so nennen konnte. Er sah sie erwartungsvoll an und setzte dann einfach irgendeinen Stein irgendwo hin (also genau in die sorgsam gestellte Falle), in der Hoffnung, dass sie weitersprach. Sie würde doch nicht? Sie wollte doch nicht?


    Und sie wollte auch nicht. Sie hatte ihn ausgetrickst! Caius zog eine Schnute, als er drei Steine auf einmal verlor. Da standen ziemlich wenig schwarze Steine nun auf dem Feld, und die Übermacht der weißen war deutlich sichtbar.
    »Du bist ein kleines Ekel, weißt du das? Mich so zu veräppeln!« Caius grollte sie spielerisch an. Sah so aus, als würde er wieder verlieren. Naja, er würde eh lieber picknicken gehen als eine Feier mit Seiana und Axilla zu haben, wenn er sich das recht überlegte.
    »Außer ich will was anders? He, vielleicht sollte ich mich vor dem nächsten Zug ausziehen, dann kann ich dir bestimmt auch den ein oder anderen Stein abnehmen. Wenn du hier unlautere Mittel verwendest, kann ich das schon lang!« Caius grinste diebisch und tat so, als würde er seinen Gürtel öffnen. Machte er natürlich nicht. Aber er beobachtete Axillas Reaktion. Und dabei dachte er sich, dass er niemals im Leben die Finger von ihr lassen konnte.