Beiträge von Merit-Amun

    Merit-Amun war irritiert. Sie hatte mit allem gerechnet, doch nicht damit, dass der Fremde gar nichts tat. Er war Sklave, genau wie sie. Genau wie sie war er der Besitz eines Römers, das sah man ihm an. Schwer zu sagen, ob er sich in seine Rolle gefügt hatte oder nicht. Er wirkte ja recht ansprechend, und wer wusste schon, ob sie unter anderen Umständen nicht mehr getauscht hätten als einige Worte - aber er war die Gefahr, die sie zurück nach Rom bringen konnte....


    Merit musste hier weg. Noch einmal sah sie sich verstohlen um, dann stürzte sie auf den Sklaven zu, machte einen Ausfallschritt nach links und versuchte, rechts an ihm vorbeizuhechten. Sie kam sagenhafte vier Schritte weit, das musste man ihr lassen, dann jedoch stolperte sie über einen im Stroh zwischen den Ziegen verborgenen Gegenstand und ging kopfüber zu Boden. Panisch versuchte siem davonzukriechen, weg von dem Sklaven, wobei allerdings nun doch der linke Ärmel ihres bunten Gewandes zurückrutschte und das Mal entblößte: M.Aurel.Corv. Merit-Amun starrte es an, sah dann zu dem Mann und bemühte sich, die Tätowierung zu verdecken. Hatte er es gesehen? Adrenalin pulsierte durch ihren Körper, und ob des Schocks vergaß sie gar, ihre ohnehin zum Scheitern verurteilte Flucht fortzusetzen.



    So gefährlich, wie der Sklave annahm, dass sie es war, war Merit eigentlich weniger. Sie würde zwar bei der kleinsten Möglichkeit aufbegehren, aber sie war kein Dummkopf, der in einer aussichtslosen Situation seine Kraft verschwendete. Und diese Situation hier schien auswegslos. Da half es ihr auch nicht viel, wenn sie noch so selbstsicher darauf hinwies, dass sie eine Peregrine war...was genaugenommen auch nicht stimmte.


    Ein Pluspunkt schien zu sein, dass der Kerl allein war. Scheinbar hatte man in Alexandrien einen eher kleinen Drang, potentielle Verbrecher dingfest machen zu wollen. Merit konnte dies nur recht sein. Sie verzog das Gesicht zu einer Grimasse, als der Widerling ausspuckte. Römer, pah! "Besser ist wenn du lässerst mir laufen. Sonst großes Ärger bekommst du. Ich freies Ägypterin, du nur Sklave von Römer das sicher nicht will Ärger", versuchte sie und kniff die Augen zusammen, als sie ihm etwas näher kam. Wohl bedacht darauf, den linken Unterarm in keinster Weise aus dem Ärmel lugen zu lassen, denn hier befand sich das Mal, das sie selbst ebenfalls als Sklavin eines Römers auswies. Sie wollte nicht zurück zu diesem Mann.



    Merit hätte vermutlich laut aufgelacht, hätte man sie in diesem Moment als gehorchende Sklavin bezeichnet. Sie war etwas anderes, von edlem Blute abstammend, wie sie glaubte, und Ägypterin durch und durch. Merit-Amun war nicht von ungefähr jemand, der sich schnell wieder aufrappeln konnte, der einem Römer davongelaufen und sich mehr als vier Jahre lang erfolgreich verborgen gehalten hatte - bis jetzt.


    Denn jetzt, gerade als sie dem dicken Römer mit seiner gewichtigen toga seinen prallen Geldbeutel entwendet hatte, kam dieser Kerl auf sie zu. Scheinbar hatte er etwas bemerkt, das sah sie an seinem Blick und zudem hörte sie es an ihrer Stimme. Panik wallte in ihr auf, und ihr wurde klar, wie dumm und unbedacht diese Aktion gewesen war. Zögernd warf sie dem Lederbeutel in ihrer Hand einen Blick zu - was tun damit? Da drehte sich der Bestohlene auch bereits herum. Sie sah ihn an, er sah sie an, tastete nach seinem Geld und fand es in ihrer Hand. "DIEEEBIN! Eine Diebin!" brüllte er sogleich und zeigte anklagend mit seinem Zeigefinger auf die kleine Ägypterin. Merit ließ in ihrer Panik das Geld fallen und rannte bereits los, ehe sie ihren Beinen den befehl hierzu geben konnte. Sie wollte nur weg vom Markt, weg aus dieser Situation, um nicht aufzufliegen, um nicht die verhasste Zeichnung an ihrem linken Arm offenbaren zu müssen, die sie doch als Sklavin auswies. Leider hatte sie die Rechnung ohne den Kerl gemacht, der ihren Diebstahl entdeckt und den Römer darauf aufmerksam gemacht hatte. Aus Angst, dass er ihr den Fluchtweg abschneiden würde, lief sie an der nächsten Beigung nach links - und endete prompt in einer mit Stroh gefüllten Sackgasse, in der einige Ziegen herumliefen und auf Käufer warteten. Hektisch sah sie sich um, doch hier war ihre Flucht zu Ende. Kurz und jämmerlich war sie gewesen: Außer geraden Wänden gab es nämlich nur eine Tür, und die war verschlossen. Hastig taumelte sie herum und starrte, bereits mit der Freiheit abschließend, in die Richtung, aus der ihr Verfolger kam.




    Eine ganze Weile war sie den Soldaten gefolgt, die das riesige Nilpferd in die römische Hauptstadt bringen sollten. In einigem Abstand zwar, aber vermutlich unbemerkt. Schließlich hatte sie das Mondtor passiert und war in Alexandrien gelandet. Die Stadt ihrer Ahnen, der Platz ihres Volkes, doch von den Römern besetzt. Beim Anblick der vielen Römer schnaubte sie zunächst verächtlich, setzte dann jedoch eine unbeteiligte Miene auf.


    Unbewusst leiteten sie ihre Füße auf den Markt. Einer, der seinesgleichen suchte, ihn vermutlich aber nicht einmal in Rom selbst fand. Die verschiedenartigsten Gerüche stiegen ihr in die Nase. Da war der Duft von frischem Brot, gepaart mit dem würzigen Odeur von Räucherwurst und Schafskäse, der Geruch nach altem Pergament und dem Schweiß der Arbeiter, die weiter hinten einen neuen Stand errichteten. Seltsam tranige Luft zog vom Viehhändler herüber, und fast meinte Merit, die Frische der Früchte riechen zu können, die auf dem Tresen lagen, den sie soeben passierte. Mit einem Mal meldete sich der Hunger mit nicht zurückzuweisender Härte. Hastig blickte sie sich um. Konnte sie es riskieren, hier zu klauen? Wo doch so viele Menschen hier waren? Sie schielte zu einem pausbäckigen Apfel, der sie förmlich zu ermuntern schien, sich ihm zu bemächtigen. Unschulldig trat sie an den Stand und heuchelte reges Interesse an den Orangen, während die Linke sich - hoffentlich unbemerkt - an den Apfel heranpirschte.


    "Wenn du nichts kaufen möchtest, ziehst du besser weiter", zischte ihr plötzlich eine strenge Stimme zu, und Merit fuhr erschrocken zusammen. Sie trat so hastig vom Stand zurück und tauchte in der Menge unter, dass es beinahe einer Flucht gleichkam. Einige Flüche vor sich hin murmelnd und mit einem knurrenden Magen überlegte sie, wie sie zu Geld kommen konnte. Ihr fiel da bedauerlicherweise nur eine Möglichkeit ein, und die bot sich ihr nur wenig später. Den prall gefüllten Geldbeutel des Mannes dort sah sie sofort. Da er sich gerade mit einem anderen unterhielt, sollte es nicht so schwer sein, den Ledereutel von seinem Gurt zu stibitzen. Scheinbar zufällig rempelte sie den Kerl an, nuschelte eine Art Entschuldigung und zog ihm den Beutel vom Gürtel.


    Dumm nur, dass sie nicht weit damit kommen sollte....



    Merit-Amun überlegte. Sollte sie den Soldaten trauen und mit ihnen essen? Fleisch war bei weitem besser als ihr Trockenobst und das Brot, welches sie mit sich führte. Und dieser Mann namens Evander klang zudem recht glaubwürdig. Sie beschloss, alles auf eine Karte zu setzen, doch das Misstrauen wich dennoch nicht aus ihrem Leib. "Gut, ich glaube dir", sagte sie zu Evander und nickte. "Wir reden besser Latein, sonst fühlen sich deine geschätzten Freunde noch übergangen", fügte sie dann spöttisch an und wandte sich danach an den Mann, der nur beobachtete und gern verstanden hätte, was sie sprachen. "Ich essen mit euch", sagte sie zu dem Tiberier. "Auch besser sagen Latein, damit verstanden. Aber nicht gut ich spreche. Fragen, wenn nicht verstehst du mich." Bestimmend nickte sie. Wenn er nicht fragen würde, hätte er eben Pech gehabt.


    Merit-Amun straffte sich und schritt zu den Männern hinüber, die scheinbar die Köche der kleinen Truppe waren. Aus einem Topf stieg Dampf auf, und es roch verräterisch verkohlt. Die kleine Ägypterin hockte sich neben den Rediviver und sah in den Topf hinein. "Sieht wie Ding aus, das du tun in...wie sagen? Latrine", bemerkte sie trocken und griff nach dem Löffel, um zu kosten. Nach dem Pusten probierte sie und verzog das Gesicht. "Schmecken auch so", bestätigte sie und schüttelte sich. Ein aufmerksamer Blick taxierte den Mann. "Du nicht kocht oft?" fragte sie ihn. "Haben übrig noch davon? Dann ich helfe."



    Mit zusammengekniffenen Augen musterte sie den griechisch sprechenden Soldaten. "Hieh-Popo-Thamuss?" wiederholte sie seltsam betont und schüttelte dann den Kopf. Verstand einer die Römer. Warum gaben sie Dingen so schwere Namen, die man kaum aussprechen konnte, wenn es auch einfacher ging? Und er durfte nicht sagen, warum er das Tier quälte! Das war ja klar. Merit-Amun zog eine Schnute und wirkte damit kurz wie ein schmollendes Kind. Die Erwähnung des Essens aber stimmte sie sogleich wieder milder. Dann aber zählte sie eins und eins zusammen, und ihre Augen verengten sich aufs Neue, als sie den Soldaten ansah, der kein griechisch beherrschte, und sich auf Latein an ihn wandte.


    "Du essen Kind von Nil? Haben gebracht dafür in Steppe? Für essen? Dann ihr seid...." Verdammt. Sie konnte keine lateinischen Schimpfwörter! Einen Moment rang sie nach Worten, dann spuckte sie ihnen einen altägptischen Fluch entgegen. "Sag deinen Kameraden, dass der Zorn der Götter sich auf sie richten und sie verschlingen wird, wenn sie dem Kind des Nils etwas antun", verlangte sie dann von Evander.



    Merit-Amun seufzte tief und runzelte die Stirn. Römer! Was erwartete sie da schon großartig? Sie verstand den einen Kerl eigentlich ganz gut, der gerade jemanden herbeiwinkte. Prima. Die drei von der Legionsstelle. Aber griechisch war durchaus einfacher zu verstehen und zu sprechen. Sie hatte ihm auch gar nicht erklären wollen, dass ihre Mutter ägyptisch sprach, sondern dass ihre Muttersprache ägyptisch war, doch mit den paar Brocken Latein, die sie beherrschte, war das leichter gedacht als gesagt. Immer noch ruhte ihr Blick auf dem Nilpferd. Und damit auch die Soldaten verstanden, was sie wollte, zeigte sie auf das massige Tier und schüttelte betont übertrieben den Kopf. "Nicht gut", sagte sie und deutete nun zum Himmel, an dem momentan der Mond stand, tagsüber die Sonne brannte. "Tier leiden wenn Hitze." Eindringlich sah sie zwischen den Kerlen hin und her.


    Endlich kam nun der Soldat, der griechisch sprach. Erleichtert lächelte sie, wenn auch nur flüchtig. "Ich bin M.." War es klug, ihren richtigen Namen zu nennen? Vermutlich war es belanglos. "...erit-Amun, Tochter des Wepwawetmose und der Yunet. Ich habe keine Angst vor euch, Römer. Aber ich war zuerst hier." Das stimmte zwar nicht ganz, aber Merit-Amun hatte beschlossen, dass sie nicht mitten in der Nacht umziehen würde. Entweder, de Römer duldeten sie hier, oder...sie würden was erleben! "Warum treibt ihr ein Kind des Nils durch karges Land?" fragte sie den Griechen, blickte aber gleichsam alle drei Soldaten an.



    Sim-Off:

    Können wir uns darauf einigen, dass Merit nicht gepennt hat, während um sie herum Zelte usw. aufgebraut worden sind? Das wär prima. ;)


    Zitat

    Original von Gaius Tiberius Rufinus
    " Bleib ruhig, wir wollen dir nichts tun. Wie heißt du und welche Sprache sprichts du ? "


    Merit-Amun kniff die Augen zusammen, als plötzlich ein zweiter Römer auftauchte. Den unter den Kleidern verborgenen Dolch würde sie benutzen, sobald ihr einer etwas antun wollte. Da war sie fest entschlossen. Die kleine Ägypterin blickte von einem zum anderen. Weite entfernt unterhielten sich einige Männer übers Essen, soviel bekam sie mit. Eine schnippische Antwort konnte sie sich nicht verkneifen. "Gerade sprechen Latein, du dein Ohre waschen musst wenn nichts verstehn!" spuckte sie ihm hin und jagte einen ägyptischen Fluch hinterher.


    "Muttersprechen ägyptisch", erklärte sie jedoch gnädigerweise kurz darauf und beobachtete den Römer aufmerksam. Erst dann fiel ihr auf, was die Soldaten da mit sich herumschleppten, und ihre Augen wurden groß. Fassungslos starrte sie den Mann vor sich an. "Ihr...ihr habt eine...Nilkind... Nichts ihr wisst von ägyptisches Natur! Nicht darf Nilkind bringen in trockenes Land wie hier!" rief sie.



    Sim-Off:

    Holla, Jungs, ihr geht viel zu hastig vor, Merit schläft doch nicht, bis die Zelte aufgebaut sind und das Feuer entfacht ist... :D


    Zitat

    Original von Lucius Artorius Veratius
    Als er näher kam, sah er, dass da ein Lebewesen lag.


    "Aber, aber, das lag doch vorhin noch nicht hier?"


    Nun entdeckte Veratius zwischen den Bäumen angebunden auch ein Pferd, er ging auf das Bündel zu und stieß mit dem Fuss dagegen, nichts bewegte sich, entweder tot oder einen sehr festen schlaf, dachte sich Veratius.


    Natürlich war sie bereits wach. Sie verstand nur Bruchstücke von dem Latein, das die Soldaten sprachen. Griechisch jedoch vermochte sie weitaus besser zu sprechen und zu verstehen. Merit-Amun stellte sich schlafend. Eine dumme Idee, wie ihr wenig später aufging. Wer wusste schon, was dieser Trupp Soldaten mit ihr anstellen würde? Eine einsame Frau, mitten in der Wildnis, in Gesellschaft von einem Dutzend Soldaten. Männlicher Soldaten. Sie hätte aufspringen und davonpreschen sollen, aber dazu war es nun zu spät.


    Entgegen der Annahme des Soldaten, der sie mit dem Fuß anstieß, bewegte sie sich doch: Merit-Amun umfasste den Fuß des Fremden und drehte ihn mit einer schnellen Bewegung herum, damit er stürzen würde. Den Knöchel würde das nicht so arg in Mitleidenschaft ziehen. Dann sprang sie auf. Ihre Hand glitt zu dem Obsidiandolch an ihrer Seite, doch sie zog ihn noch nicht. Mit gefederten Knien und einem grimmigen Ausdruck auf dem Gesicht, starrte sie den Römer an. "Du besser überlegen ob tust eine Kind Amuns zuleide, Römer", sagte sie in ihrem geborchenen Latein und versuchte dabei, so bedrohlich wie möglich zu wirken. Angesichts ihrer kurzen Größe und der zierlichen Gestalt war dies allerdings nicht halb so effektvoll wie von Merit-Amun beabsichtigt.



    Verdammt! Um ein Haar hätten diese römischen Möchtegernsoldaten ihr den Platz für das Nachtlager streitig gemacht. Merit-Amun hatte sich nahe Theben ein Pferd genommen - niemals hätte sie sich selbst als Diebin bezeichnet - und war dann gemächlich gen Norden geritten. Ihren linken Arm, an welchem das Mal prangte, hatte sie zum Schein in einen Verband gewickelt, damit man nicht erkannte, dass man es mit einer Sklavin zu tun hatte. Sie gab sich als Einheimische aus, als Peregrine für die Römer.


    Die Nacht war schon hereingebrochen, als sie angehalten hatte, um im Schutz einiger Bäume zu übernachten. Dann hatte sie plötzlich Stimmen gehört, und das blöde Pferd hatte vernehmlich geschnaubt. Doch noch einmal war alles gut gegangen und die Soldaten waren wieder abgerückt. Nur eine Fackel hatten sie zurückgelassen. Wozu nur? Merit-Amun fragte sich, ob sie damit einem Gott huldigten. Sie hatte nicht verstanden, was sie gesprochen hatten, dazu waren sie zu weit entfernt gewesen und hatten einen zu harten römischen Akzent gehabt. Sie hasste diese harte Sprache und hatte schon damals ihre Probleme damit gehabt.


    Kaum war sie sicher, dass die Soldaten verschwunden waren, löschte sie die Fackel und bereitete sich ihr eigenes Lager, bestehend aus zwei Decken und ihrer Umhängetasche als Kopfkissen. Zuerst konnte sie nicht einschlafen, da sie befürchtete, die Römer könnten zurück kommen und sie belästigen. Dann jedoch fiel sie in leichten Schlaf....



    Sim-Off:

    Darf ich? :D



    Dort steht Ortschaft im Text. Das klingt für mich irgendwie größer. :D


    edit: -.^ Asche auf mein Haupt... Komisch, ich war der Meinung[SIZE=7]....hm...tja...also...[/SIZE]
    Sorry. 8)

    In der Oase Siwa wuchsen zum großteil Dattelpalmen (Siwa bedeutet ja Palmland), die sicherlich auch gepflegt wurden, und die, die das übernommen haben, haben sicher auch irgendo nahe des Tempels in der Oase gewohnt. Soweit ist mir das auch klar - nur eine Hand voll Häuser sind für mich nicht unbedingt eine Stadt. :)

    Ich meine, irgendwo mal gelesen zu haben, dass "Ammonion" nur die Orakelstätte als solches, also den Amun geweihten Tempel an sich und die umgebenden, wenigen Häuser der Priester bezeichnete, aber ich kann natürlich mich auch irren. Jedenfalls steht fest, dass die zehntausend Dattelpalmen, Öl-, Aprikosenbäume usw. aus unserer heutigen Zeit früher sicher nicht so zahlreich vorhanden waren.

    Passt zwar nicht ganz hierher, aber dennoch: Hier ist der Name des ägyptischen Gottes falsch, dem der Tempel des Orakels von Siwa (das Ammonion ist nämlich keine Stadt, sondern nur ein Tempel, das sollte man evtl. noch zufügen, denn so wird das aus dem Text nicht ersichtlich :)) geweiht war. Er heißt nicht Ammun, sondern Amun. ;)

    Seit Stunden hockte sie nun schon hier, im Schatten eines Affenbrotbaumes, die Beine untergeschlagen, die Augen geschlossen und die Hände mit den Handflächen nach oben auf den Oberschenkeln ruhend. Die schwarzen Haare fielen ihr luftig auf die Schultern hinab, wenngleich der sachte Wind auch mit ihnen spielte. Nicht weit entfernt blieben dem wissenden Auge die letzten Trümmer des lange verblichenen Ramesseum nicht verborgen, und gerade die junge Ägypterin, die hier saß und Andacht hielt, war sich dieses Umstandes bewusst. Seit Generationen wurden in ihrer Familie die alten Weisen überliefert, nach denen sie von Ramses dem Großen selbst abstammen sollte. Schon in frühester Kindheit war ihr das Wissen um ihre Herkunft eingepflanzt worden, ob es nun stimmte oder Trug war, vermochte niemand mehr zu sagen, denn sie war die Letzte ihrer geschundenen Familie. Doch Merit-Amun glaubte fest an die Wahrheit, die hinter diesem Glauben stecken mochte.


    Seit jeher war sie stolz gewesen, doch hatte sie durchaus einen Spürsinn für Situationen, in denen sie diesen Stolz besser zurücksteckte und Demut bewies. Dieses Gespür hatte ihr damals, vor drei Jahren, auch ermöglicht, sich aus dem - wie sie fand - ihres Blutes unwürdigen Sklavendasein zu befreien und zurück in ihre Heimat zu gelangen. Sie war nicht stolz darauf, Menschen bestohlen zu haben, um ihre Flucht von Griechenland hierher finanzieren zu können, doch es hatte sein müssen und nun war sie hier, zurück in ihrem Geliebten Ägypten, zurück im Reich der Pharaonen, die dereinst wiederkehren würden, wenn nur endlich das ägyptische Volk sich erhob und die Rhomäer zurückdrängte, die sich des Landes bemächtigten und ihre Leute unterdrückt hatten.


    Merit-Amun, geliebt von Amun, dem Verborgenen, Trägerin des Namens der Tochter ihres entfernten Urahns, schlug die Augen auf. Sie wusste, dass der Mann, der sie gekauft hatte, nach ihr suchen ließ, wenngleich er mit den verstreichenden Monaten wohl immer weniger Zeit und Geld investieren würde, solange, bis er sich sagte, dass selbst sie, von edlem Geblüt und anmutig wie Bastet selbst, es nicht wert war. Ein zufriedenes Schmunzeln spiegelte sich auf ihren Zügen wieder. Sie, die entfernte Nachfahrin Ramses', war damals durch einen dummen Zufall in die Sklavenschaft geraten. In Ägypten war sie für die Rhomäer nichts Besonderes gewesen, weshalb sie als orientalische Ware nach Griechenland verschifft und dort von einem interessierten Mann gekauft worden war. Zuerst hatte sie die Gespielin mimen müssen, ein willenloses Sklavenmädchen, und damit hatte sie ihn eingelullt, während sie gleichzeitig mit viel Geduld ihre Flucht vorbereitet hatte. Kurz bevor er seine Heimreise antreten wollte, war sie ihm dann entwischt. Sich als Peregrine ausgebend, hatte sie mit dem gestohlenen Geld die Überfahrt nach Hause bezahlt und war schließlich im Hafen von Alexandrien gelandet.


    Es tat ihr nur geringfügig leid um den Rhomäer, der einen stattlichen Preis für sie gezahlt hatte, denn er hatte sie zugegebenermaßen doch irgendwie fasziniert, doch sie war eine stolze Ägypterin und nicht geeignet für ein Leben als Sklavin. Insofern war der Verlust dieser beginnenden Freundschaft durchaus zu verschmerzen gewesen, wenngleich sie sich auch ab und an fragte, ob er wahrhaftig noch nach ihr suchte oder sie bereits aufgegeben hatte.


    Merit-Amun neigte den Kopf so weit vor, bis ihre Stirn den staubigen Boden berührte. Für einen Moment blieb sie so sitzen, dann erhob sie sich geschmeidig. Gedankenverloren strich sie sich über den linken Unterarm. Das einzige Zeugnis ihrer Odyssee war ein schmaler, auf immer sichtbarer Schriftzug, der an der Innenseite ihres linken Unterarms prangte. Sie zog sich den Ärmel ihres gefältelten Hemdes darüber und wandte sich um, um zu gehen.


    Bisher hatte sie sich stets als freie Ägypterin ausgegeben, was gut gegangen war. Aber irgendwann, das befürchtete sie, würde diese unauslöschbare Zeichnung, welche sie als "proprie M. Aurel. Corv.", als ausschließliches Eigentum des Rhomäers auswies, sie verraten. Und was dann geschah, daran mochte sie nicht einmal denken.

    Iity,


    Name: Merit-Amun
    Stand: serva
    Besitzer: Marcus Aurelius Corvinus
    Wohnort: Rom


    Reshwet em herwetj.




    * Hallo / Mögen eure Tage mit Freude gefüllt sein.