Beiträge von Caelyn

    "Aretas…", wiederholte ich und sah ihn dabei so, öhm… verträumt an. Was war nur mit mir los? In seiner Gegenwart konnte ich nicht mehr klar denken und erzählte nur noch Stuss. Na gut, das passierte mir manchmal auch so, aber hier war das noch mal ganz was anderes.
    Ich sah an ihm herab, als er die purpurne Tunika erwähnte. Naja, das Teil war wirklich nicht mehr ganz frisch. Gehörte echt mal gewaschen!
    "Das zwölfte..? Aber äh.." Schnauze Caelyn, bevor du mal wieder alles versiebst, schrie meine innere Stimme mich an. Ja, ja, schon gut, besser ich hielt meine Klappe.
    "Ich heiß übrigens Caelyn, nicht Hühnchen." Auch wenn ich ´ne Gallierin war und man uns gerne mit dem Federvieh in Verbindung brachte.
    Aretas war ganz scharf drauf, dieses letzte Rennen zu gewinnen, weil es ihn näher an sein Ziel bringen würde, sagte er. "Was ist denn dein Ziel? Ordentlich Kohle machen?" Vielleicht bester Rennfahrer aller Zeiten zu werden, oder so was. Er sah ja richtig gefährlich aus in seiner Aufmachung! Dolch, Peitsche und die Lederkluft, das hatte schon was! "Wofür brauchst du denn das Messer?" Die mussten sich da draußen doch nicht gegenseitig abschlachten, so wie die Gladiatoren. Zum Glück war er keiner von denen, sonst… naja man konnte nie wissen. Die Lebenserwartung von Gladiatoren war ja nicht gerade besonders hoch.


    Überrascht sah ich wieder zu ihm hoch, als er mich am Handgelenk packte und mich mitzog. Zu seinem Wagen musste er? Mit mir? Womöglich als Maskottchen sein, oder so was? Nee, nur zu den Pferden! "Ja, klar!"Ich grinste und ließ mich mitziehen.

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    Original von Aretas


    So zwischendurch hatte es für die Purpurroten ja nicht so toll ausgesehen. Aber das Rennen war ja längst noch nicht zu Ende. Der Typ neben mir klärte mich immer mal wieder auf, wie viele Runden zum Beispiel noch gefahren werden mussten, dann laberte er was von Taktik. Ja, ja, red du nur, dachte ich. Am Ende gewinnt doch der, der am schnellsten ist. Meine Einschätzung behielt ich natürlich für mich. Wär ja noch schöner gewesen, wenn ich mich hier als Rennsportexperte geoutet hätte.
    Am Schluss war es so, dass einer der Purpurnen ziemlich weit vorne und zwei andere ziemlich weit hinten waren. Na toll, jetzt wusste ich ja voll Bescheid! Den Kerl neben mir konnte ich nicht mehr fragen, denn der war ziemlich aus den Häuschen, warum auch immer. Am besten war, ich wartete hier bis der Namenlose wieder zurück in die Ställe mit seinem Gespann kam. Dann klärte sich bestimmt alles auf.


    Ich musste nicht mehr arg lang warten, da kamen sie schon, die siegreichen... oder auch weniger siegreichen Fahrer. Die Zügel ihrer Gespanne übergaben sie den bereitstehenden Stallknechten. Ich verrenkte mir bald den Hals, als ichnach ihm Ausschau hielt. Ach, da war er ja! Wenn ich doch nur seinen Namen gewusst hatte, dann hätte ich rufen können. Aber wahrscheinlich hatte der mich eh schon vergessen. Oder vielleicht soch nicht? Sah fast so aus,als suche er mich. Und er fand mich auch.


    Naja, vom Rennen hatte ich nicht so viel gesehen, oben auf den Tribünen wäre das viel besser gewesen. Aber ich konnte ja schon froh sein, dass ich überhaupt hier war. "Ja, so´n bisschen halt. Hast du gewonnen?", fragte ich schnell. Das es nicht einfach gewesen war, glaubte ich ihm auf´s Wort.
    Endlich hatte er mal ein bisschen Zeit für mich. Wir gingen zu den Boxen, damit wir dort reden konnten. Aber holla! Beinahe hätte mich so ein Blödmann über den Haufen gefahren. Zum Glück bewahrte er mich davor! "Danke! Jetzt hast du mich schon wieder gerettet!" Das musste ganz schön dämlich klingen, un dann noch mein doofes grinsen, denn beim letzten Mal hatte er mich ja nicht so wirklich gerettet. Ich lächelte weiter und konnte mich dabei kaum bremsen. So sahen Honigkuchenpferde aus!
    Ach, wie er mich jetzt so ansah! Ich war mir nicht sicher, ob ich dahin schmelzen sollte. Mannomann! Jetzt wischte er mir auch noch den Dreck vom Gesicht. Irgendwas ging in mir vor, aber ich wusste nicht, was. Vielleicht war´s mein Herz, was irgendwie flatterte oder der Bauch, in dem es zu prickeln begann.
    Aber dann wurde er wieder ernst und das Gefühl, das ich eben noch hatte, war auch wieder weg. Er wollte mich um was bitten. Ich spitzte die Ohren.
    "Öhm, zum siebten Rennen?", fragte ich leicht nervös. Wahrscheinlich war ich eh schon längst überfällig und eingekauft hatte ich auch noch nicht. Semo würde sich richtig freuen! Aber hey, was soll´s! Ob ich jetzt eine Stunde zu spät war oder zwei oder drei, was machte das schon?! War doch eh egal! Und wenn´s dann obendrauf noch den Supersonderbonus gab, von ihm nach Hause gebracht zu werden, dann erst recht!
    "Klar, kann ich machen! Öhm, sag mal, wie heißt du überhaupt?" War ja echt mal Zeit, das zu erfahren!

    Ich konnt´s ja echt nicht glauben! Ich hatte Angst! - Um ihn, dessen Name ich nicht mal kannte. Am großen Tor hatte ich mich samt dem Eimer in der Hand hingestellt und starrte hinaus auf die Rennbahn. Von hier aus bekam man nur einen Bruchteil des Rennens mit. Immer dann, wenn die Wagen um die Kurve gerast kamen, bekam ich für einen Moment nur einen Einblick, was da draußen vor sich ging. Ich konnte gar nicht so schnell gucken, um herauszukriegen, welcher Fahrer an welcher Stelle lag, weil ich wie eine Blöde husten mußte. Denn hier zu stehen war eine verdammt staubige Angelegenheit. Wenn ich später wieder zurück bei Sermo war, musste ich mir dafür ´ne wirklich gute Erklärung einfallen lassen, warum ich so dreckig und staubig war, denn Sermo war ja nicht doof!
    In der ersten Runde stand es für ihn nicht besonders gut, glaubte ich. Er lag zwar nicht ganz hinten, aber vorne lag er auch nicht.
    Als die Wagen ein zweites Mal vorbeirasten, da hatte er sich schon ein ganzes Stück nach vorne gearbeitet. Wenn ich nur gewusst hätte, wie sein Name war! Dann hätte ich ihn vielleicht sogar angefeuert!
    Neben mir standen noch einige andere, die genau so gafften, wie ich und die jedes Mal wie ich husten mussten, wenn wir die Staubwolke abkriegten.
    "He, sag mal, wie heißt der eigentlich? Der Purpurrote?", fragte ich einen, der neben mir stand. "Was? Was is? Der Purpurrote? Welchen von den Purpurroten meinste denn, Mädchen? Der, der ganz vorne ist, heißt Phaidon, und der der ihm im Nacken sitzt, ist Aretas. Meinst du die?" Ach was, da gab´s mehrere von den Purpurnen? Is ja interessant, dacht ich. Da sah man mal wieder, ich hatte keine Ahnung! Aber zumindest hatte ich jetzt zwei Namen: Paidon und Aretas. Nur wem sollte ich jetzt zujubeln?

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    Original von Aretas




    “ Du bist wegen mir hier?” Das kam für Aretas überraschend...


    "Klar, wegen wem denn sonst?" Dabei war ich mich selbst nicht sicher, warum ich hier war. Eigentlich mochte ich so Kerle wie den gar nicht. Früher hatte ich Typen wie den nicht mal mehr mit dem Allerwertersten angeschaut. Wie ich mich doch geändert hatte!
    Und schon wieder machte er es, mich schlecht behandeln, auch wenn er dabei grinste. War ich denn seine verdammte Sklavin, die ihm seinen Kram hinterher trug? Mann, was war nur mit mir los? Ich fing nicht an zu keifen, ihn einen miesen Drecksack zu schimpfen, sondern dackelte schön brav hinterher, immer noch mit seinem Zeug in Händen.
    Er machte sich fertig für sein Rennen, irgendwie begriff ich nicht, dass er gleich raus ging und vielleicht nie wieder kam.
    "Ja, kann ich machen. Ich mag Pferde." Hä? Was? Ja, kann ich machen? Hallo? Caelyn! Aufwachen! Schrie einer in weiter Ferne, aber ich war viel zu beschäftigt, um das zu hören.
    Ob ich das Rennen sehen wollte? Öhm, ich hatte noch nie ein Rennen gesehen. "Na klar!", sagte ich, nahm den Eimer in die Hand, und tat so, als ob ich dazugehörte. Das konnte ich ja ziemlich gut!
    Kurz bevor er ging, kriegte ich endlich mit, dass es jetzt für ihn ernst wurde. Und was da draußen alles passieren konnte!
    "Hey, pass auf dich auf, ja!", rief ich ihm noch zu.
    So ein Mist! Jetzt hatte ich ihn immer noch nicht nach seinem Namen gefragt!

    Wirklich dumm von mir, später wenn ich wieder zu Hause war, einen Anschiss von Sermo zu riskieren! Und warum das alles? Wegen so einem blöden.. "He, pass doch selber auf!", murrte ich zurück. Der Tag war eh gelaufen und jetzt rannte mich so ein bescheuerter… "Aber… aber öhm, das bist ja du! Un du bist ja gar kein Stallbursche! Was ich hier mache? Du fragst mich was ich hier mache?" Das war ja noch schöner, erzählte mir was vom Pferd, benutze mich dann noch als Ablage für sein ganzes Zeug. Und das Zeug war schwer! "Ja, super, ich hab vergessen, mir für heute frei zu nehmen," meinte ich ironisch. Mann, war der schwer von Begriff? Nur wegen ihm riskierte ich gerade ´ne saftige Strafe! "Eigentlich soll ich jetzt einkaufen gehen, aber da habe ich gehört, dass heute die Rennen sind. Ich wollte dich wieder sehen, du Blödmann! Aber wenn´s dir gerade nicht in den Kram passt, dann kann ich ja wieder gehen!", blaffte ich, als ich ihm einfach sein Zeug hinterher trug. Aber dass er um mich besorgt schien, stimmte mich wieder versöhnlich.
    "Nein, er hat nichts mitgekriegt. Ich war am nächsten Morgen nur etwas müde und ich hatte ein paar blaue Flecken, aber das… ist nicht weiter aufgefallen." Ganz bedeppert schaute ich zu Boden. Hoffentlich schickte er mich jetzt nicht weg, sonst wäre der Tag heute wirklich für mich gelaufen.

    Ich hätte es ja ahnen können, war definitiv die falsche Antwort. Der Alte war verärgert. Er hatte längst meinen Plan durchschaut und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis er mich wieder an die frische Luft setzen ließ. "Du verschwindest jetzt besser!" Er winkte einen seiner Helfer herbei, nachdem er das gesagt hatte. "Aber, aber ich muss zu ihm! Ich hab was, was ich ihm geben soll! Bitte, mein dominus schlägt mich zu Brei, wenn er erfährt, dass…", jammerte ich. Und ich war echt stolz auf meine schauspielerischen Leistungen! Der Druck auf die Tränendrüse wirkte bei dem Alten, er gab seinem Helfer ein Zeichen, damit er noch einen Moment wartete, bevor er mich raus warf.
    "Wenn du nicht einmal seinen Namen kennst, Mädchen, wie willst du ihn dann finden?", fragte er mich. Das war eine verdammt gute Frage! "Ich , ich weiß wie er aussieht! Bitte, wenn ich mich mal umschauen dürfte. Wenn ich ihn nicht finde, dann bin ich gleich wieder weg! Ehrlich!" Mit meinem Hundebabyblick, bei dem schon mehr Leute einfach so dahin geschmolzen waren, schaute ich den Alten an, der dann schließlich doch nachgab. "Na schön! Aber beeil dich. Wenn ich dich später noch hier herum lungern sehe, lass ich dich hochkant rauswerfen!"
    Das ließ ich mir nicht zweimal sagen! Ich bedankte mich noch artig und dann machte ich mich auf die Suche nach meiner nächtlichen Begegnung. Aber schon bald merkte ich ,dass es gar nicht so einfach war, hier jemanden zu finden, dessen Namen man nicht einmal kannte.
    Enttäuscht machte ich mich auf den Rückzug. Wieso war ich jetzt nur so geknickt? Wegen dem Kerl etwa? Ich kannte den doch nicht einmal und besonders nett war er auch nicht zu mir gewesen.

    Beim Einkaufen hatte ich ´nen Aushang gesehen, auf dem dieses Wagenrennen angekündigt worden war, von dem der Fremde gesprochen hatte, den ich vor einigen Nächten in der Subura getroffen hatte. Das Wagenrennen hatte ich schon fast wieder vergessen, wären mir da nicht zig Leute über den Weg gelaufen als ich mal wieder auf dem Markt war, die ganz versessen darauf waren, zum Stadium Domitiani zu kommen. Da erinnerte ich mich wieder und folgte ihnen einfach. Echt, ich musste ganz schön bescheuert sein! Wenn Sermo das rauskriegte, dass ich zu ´nem Wagenrennen gegangen war, dann riss er mir die Rübe ab!
    Da stand ich nun vor diesem riesen Kasten. Irgendwie schaffte ich´s dann auch reinzukommen. Aber ich wollte mir ja nicht das blöde Rennen anschauen, eigentlich wollte ich nur dahin, wo die Pferde untergebracht waren, auch Stall genannt.
    Ich weiß nicht wie ich´s geschafft hatte, aber nachdem ich ein bisschen rumgeschnüffelt hatte und einen auf wichtig gemacht hatte, hatte mir doch glatt einer von der Aufsicht geflüstert, wie ich zu den Ställen kam. Echt netter Zug!
    Allerdings war ich dann auch nicht schlauer, als ich unten in den Ställen angekommen war. Ein knorriger Alter fauchte mich von der Seite an und wollte wissen, was ich hier wollte. Tja, ehrlich gesagt, hätte ich das auch mal gerne gewusst!
    "Ich suche einen. Einen von den Stillburschen. Ich soll hier was abgeben." Na ja, die Welt hatte auch schon bessere Ausreden gesehen. Der Alte guckte mich an. "Und, hat der auch einen Namen, dein Stallbursche?", fragte er barsch. "Nö!," gab ich wahrheitsgemäß zur Antwort.

    "Aha, ein Stallbursche!" Genau so hatte er sich auch benommen, wie ein Stallbursche. Da konnten einem die Pferde echt leidtun!
    "Ja," sagte ich. Von dem riesen Wirbel, den ich mit Sermo zu Anfang hatte, sagte ich besser nichts, sonst hätte er nur wieder seinen Senf dazu gegeben, den sowieso keiner hören wollte.
    "Sermo würde dir ganz bestimmt die Rübe runter reißen, oder zumindest bei deinem dominus wegen Schadenersatzforderungen ankommen." Dann fing er an, an meiner Tunika rumzufummeln und gab seinen Kommentar ab.
    "Ach ja? Gut zu wissen!" Ob er noch mehr gute Ratschläge auf Lager hatte? Nein zum Glück nicht, aber eine Kostprobe seines Wissens um die Tierwelt gab´s gratis dazu. Sein Glück, daß er sich aus meiner Schusslinie entfernte, dieser Heini. Gerade wollte ich ´ne passende Bemerkung dazu machen, da begann er wie ein Buch zu plappern und eh ich mich versah, ließ er mich einfach stehn und lief weg.
    "Was? Wo? He, ich weiß doch noch nicht mal deinen Namen, wie heißt du? Ich heiße Caelyn!" Und schon war er weg! "Halt´s Maul da unten!", donnerte er plötzlich aus ´nem Fenster.
    Stadium Domitiani, keine Ahnung wo das war. Vielleicht fand ich´s raus und mit ein bisschen Glück… Ey, was dachte ich denn da? Hatte ich sie noch alle? Weshalb machte ich mir denn Gedanken, diesen blöden Kerl wieder zu sehen? Und warum hatte ich ihm auch noch meinen Namen hinterhergerufen? Ich konnte doch froh sein, daß ich ihn los war und ich immer noch lebte! Das beste war, wenn ich mich auch auf den Heimweg machte.

    Was sollte das denn jetzt? Erst grinste er blöd und dann begann er sich bald schief und krumm zu lachen. Dabei ließ er sogar das Geld fallen. Hey, hatte ich irgendwas witziges erzählt oder noch schlimmer, hatte ich was verpasst? Im Gegensatz zu ihm fand ich daran gar nichts zum Lachen. Mannomann, man hatte ja auch schon von Leuten gehört, die sich totgelacht hatten.
    Er allerdings nicht, denn er kriegte sich wieder ein, der blöde Kerl. Hahaha, war das alles lustig. Ober so wie´s aussah, hatte er´s jetzt endlich gefressen, dass ich keine von den dämlichen Huren war, die sich hier in der Gegend herumdrückten.
    Und hey, was für ´ne Neuigkeit, der Typ war gar kein Gauner. Wenn das mal stimmte. Ich fing deswegen jetzt nicht an loszubrüllen, wie ´ne Irre. "Ach was! Is nich wahr!"
    Na, dann war ja alles klar! Er war kein Gauner, ich keine Lupa und klar, wenn er mich jetzt nicht gehen ließ, dann hetzte ich ihn meinen Vater samt der verkorksten Verwandtschaft auf den Hals. Und was? Er kriegte Ärger mit seinem dominus? Aha!
    "Keine Sorge, mein Vater hat sich schon rechtzeitig verpisst, als es noch Zeit dazu war und vom Rest meiner Familie lebt auch keiner mehr, der dir was antun könnte. Höchstens vielleicht Sermo, wenn er mitkriegt, dass du sein Eigentum beschädigt hast. Also dann." Ich zuckte mit den Schulter, nachdem ich ihn auf recht ruhige und trockene Weise beruhigt hatte. Aber mal ehrlich, stank ich denn wirklich so? Ich hatte mich heute Morgen gewaschen und gut, die Tunika war von gestern. Aber die hatte nicht gestunken. Gut, heute war´s richtig heiß gewesen, Ich hatte geschwitzt. Aber deswegen stank ich doch nicht!
    "Hast wohl ´ne empfindliche Nase, was? Lass mich raten, einer wie du ist in der Parfumbranche tätig! Das erklärt dann auch deine Bereitschaft zu Gewalt." Jetzt hätte ich mich totlachen können, aber das ließ ich dann doch besser.

    Auf der einen Seite war ich echt stolz auf mich, so gut gezielt zu haben, dass ich den Kerl sogar noch getroffen hatte. Andererseits aber bedeutete das jetzt, dass er hundert pro zurückkam und sich für "mein Entgegenkommen bedankte", was er dann auch prompt machte. Mann, schon wieder hatte ich mich von meinen Gefühlen leiten lassen. Ich war manchmal einfach zu hitzköpfig und zu stolz, wenn es für mich besser gewesen wäre, das Maul zu halten und mich zu ducken. Aber so war ich ja schon immer. Und es war schwer, sich sowas wieder abzugewöhnen.
    Dieser Blödmann tat mir schon wieder weh, als er mich am Arm hochzog. Dann brüllte er auch noch, wie ein Gestörter. Faselte irgendwas von rausreden und sich anbieten in der Gosse Roms und so´n Scheiß. Mannonmann, hatte ich mal wieder in ´nem hinterwäldlerischen gallischen Dialekt gesprochen, den in Rom eh kein Aas verstand, gesprochen oder war der Kerl einfach nur blöd?
    Dann gab er mir auch noch ein paar Tipps mit auf den Weg, die locker auch was für ihn gewesen wären. Ehrliche Arbeit wäre auch was für ihn gewesen, statt Besoffene halb oder ganz totzuschlagen und dann deren Geld zu klauen. So, Klugscheißertypen konnte ich ja auf den Tod nicht ausstehen, die einem ständig vorsagten, was man machen soll aber selber die größte Scheiße fabrizierten. Aber dann reichte es mir, als er sagte, ich würde stinken. Na ja, er sagte es nicht so direkt, aber er hatte es so gemeint.
    "He, du Penner! Haste was an den Ohren? Ich hab gesagt, ich bin keine von denen. Kapiert? Ich nix lupa, capiche? Du meinst wohl, nur weil ich ´ne Frau bin und zufällig hier langgehe und so ein besoffenes Schwein mich blöd anmacht, bin ich gleich ´ne Hure? Mann! Is mal wieder typisch! Und deine tollen Ratschläge kannst du dir sonst wo hinstecken." Den Beutel den er mir gerade in die Hand gedrückt hatte, warf ich ihm einfach wieder entgegen. "Hier! Geld von ´nem Gauner, der ´nen anderen Gauner beklaut hat. So und jetzt lass mich in Ruhe. Ich muss nach Hause. Morgen früh muss ich wieder arbeiten." So, jetzt hatte ich´s ihm aber gegeben! Jetzt musste ich ihn nur noch zur Seite schupsen, damit ich an ihm vorbei konnte.

    Wie schon gesagt, vom Regen in die Traufe! Das, was der besoffene Dreckskerl nicht zu Ende gebracht hatte, weil ihm ein anderer in die Quere gekommen war, wollte nun mein "Retter" in Angriff nehmen. Männer waren eben wie Tiere. Die mussten einfach ihrem Trieb folgen! Nur dumm, dass er´s jetzt an mir auslassen wollte. Mein Flehen war gerade mal alles, was ich raus bekam. Zu mehr traute ich mich nicht. Ich zitterte, als ich wieder gegen die Hauswand gedrückt wurde und hoffte, alles würde jetzt schnell gehen. Diesmal wehrte ich mich auch gar nicht mehr, weil sowieso alle sinnlos war. Das würde ihn am Ende nur noch wütender machen und mein Leiden unnötig in die Länge ziehen. Und wenn dann am Ende ´n Messer zwischen meinen Rippen steckte und ich verreckte, na gut! Dann war das endlich das letzte, was ich auszuhalten hatte.
    Wenigstens flennte ich nicht oder wurde hysterisch. Ich war ungewöhnlich ruhig. Erst als er mich losließ, fiel ich wie ein Häufchen Elend zusammen. Langsam ließ ich mich die Hauswand runter gleiten, bis ich mich auf dem Boden zusammen kauern konnte und leise wimmerte. Ich hörte noch was, was wie ein paar Münzen klimperte.
    Dieser Dreckskerl! Was er dann noch von sich gab, war echt das Letzte! In der Beziehung war ich ja nicht empfindlich. Normalerweise prallten so dumme Sprüche von blöden Kerlen einfach an mir ab. Und mir hatten schon viele Kerle gemeine Sachen gesagt. Aber das war so fies und niederträchtig! Das tat richtig weh!
    Der Kerl war schon ein ein Schritte gegangen, da nahm ich den Beutel mit Münzen und warf sie ihm hinterher. Sein Geld wollte ich nicht. Auch wenn ich´s gut hätte brauchen können. Aber man hatte ja auch so was wie Ehrgefühl!
    "Dein dreckiges Geld brauch ich nicht! Ich bin keine von denen!" schrie ich schluchzend hinterher.

    Den Besoffenen beeindruckte es nicht besonders lang, dass sein Freund da ziemlich tot (oder vielleicht auch nur bewusstlos) am Boden lag. Gleich ging er wider dazu über, sich um mich zu kümmern. Ganz schön grob drückte er mich an ´ne Hauswand und versuchte mir die Tunika nach oben zu schieben. Mit der andern Hand, hatte er mich am Hals greifen können und drückte mich gegen die Hauswand. Ich bekam beinahe keine Luft mehr. Mit allem, was ging, wehrte ich mich. "Lass mich! Ich krieg keine Luft!" Dem Dreckskerl machte es anscheinend auch noch Spaß, mich so rumzappeln zu sehen.
    Nicht nur er, auch ich war ganz schön überrascht, als er plötzlich weggestoßen wurde. Als mein Hals endlich frei kam, hustete ich mir erst mal beinahe die halbe Lunge raus und schnappte nach Luft. Dann wartete schon die nächte Überraschung auf mich. Scheiße! Der, der mich gerettet hatte, war genau der Kerl, der den anderen Besoffenen kurz vorher in die ewigen Jagdgründe geschickt hatte! Tja, und ich hatte das alles mit angesehen. Kacke!
    Ich musste echt wie ´ne Statue ausgesehen haben, nachdem ich mich wieder eingekriegt hatte! Vor Angst war ich wie gelähmt. Jetzt wäre eigentlich der beste Zeitpunkt gewesen, um sich zu verdünnisieren - aber irgendwie ging das nicht.
    Ich begann erst wieder normal zu atmen, als er mich wegschickte. Mein Geschäft? Hä? Na klar, der hielt mich für eine dieser Huren, die in der Gegend ihren Feiern aufwarteten. Na ja, dass ich verschwinden sollte, ließ ich mir nicht zweimal sagen. Schon wollte ich wegrennen, aber dann hatte er sich´s doch anders überlegt. Gerade noch bekam er mich am Handgelenk zu fassen und zog mich mit sich fort. Seine Gesten waren eindeutig, die zeigten, was passierte, wenn ich nicht spurte. Dabei hatte ich doch viel zu viel Angst, um schreien zu können. Also ging ich mit.


    Als er mit mir in eine dunkle Gasse eingebogen war, in der weit und breit keiner zu sehen oder zu hören war, konnte ich mir schon fast denken, was jetzt passierte. Hier also sollte mein beschissenes Leben enden. Na dann!
    "Bitte tu mir nichts!", flehte ich den Kerl an, der darüber wahrscheinlich nur lachen konnte. Klasse, von einem Schlamassel, war ich in den nächsten geschlittert!

    Scheiß Feiertrage! Ich hatte mich in der Stadt herumgetrieben. Wollte für mich sein. Wenn mich so ein blöder Kerl dumm von der Seite angemacht hatte, hatte ich ihn einfach abblitzen lassen. Von Männern hatte ich die Nase gestrichen voll! Die konnten mich alle mal!


    Irgendwie hatte ich allmählich die Orientierung verloren. Die Gegend, in der ich mich herum trieb, war nicht so besonders. Das war die Subura, wenn ich mich nicht irrte. Ein paar besoffene Typen, ein paar dämliche Huren, ein Kerl der kaum noch Zähne im Maul hatte und stank, wie ein Schwein und einige ziemlich finstere Spelunken. Ich hatte mir abgewöhnt, in solche Läden zu gehen. Das brachte nur Ärger. Und auf den war ich echt nicht scharf.
    Eigentlich wollte ich nur allein sein. Ich ließ die Spelunken Spelunken sein und ging an den Besoffenen und Huren vorbei. Aber wegen den Feiertagen waren die Gassen für gewöhnlich vollgestopft mit allen möglichen Gestalten. Auch jetzt noch, war´s echt schwierig, den Leuten aus dem Weg zu gehen.
    Ein paar Kerle, die sich prügelten. Wahrscheinlich darum, wer sich zuerst die lupa schnappen durfte, die daneben stand und dämlich gickelte. Kerle hatten in der Beziehung echt kein Hirn. Wenn es um Frauen ging, dann saß das bei ihnen zwischen ihren Beinen.
    Zum Glück musste ich mich nicht vor irgendwelchen Gaunern in Acht nehmen. Ich hatte nichts, was man mir hätte klauen können. Außerdem kannte ich ihre Schliche und Tricks. Ich kam ja auch aus der Branche.
    Gerade war ich in ´ne Gasse eingebogen, in der es zur Sache ging. Ich konnte noch beobachten, wie ein Kerl, der eher ´nem Schrank glich, einem anderen Typen seinen Faust in die Fresse schlug, so dass er leblos zusammenbrach. Er hatte es dem Kerl ganz gegeben! Oder war der etwa tot?
    Na gut, ´nem Typen eine abzuräumen war eine Sache. Ihn aber einfach so kalt zu machen und dann auch noch auszurauben, denn genau das machte er nun, war ´ne ganz andere Sache.
    Wie versteinert blieb ich stehen. Der Kerl hatte mich richtig aus meinem Tagtraum herausgeholt. Jetzt war ich hellwach und machte mir Sorgen, ich könnte vielleicht die Nächste sein.
    Zum Glück hatte er mich nicht gesehen. Er ging weiter. Ich atmete erleichtert auf. Plötzlich spürte ich von hinten ´ne Hand, die nach mir griff. Die Hand gehörte einem anderen versoffenen Typen, der mir irgendwas ins Ohr lallte. "Wie wär´senn mit ns beidn, Schätzchen?" Jetzt bekam er mich mit beiden Händen zu packen und betatschte mich. "Verpiss dich, du Scheißkerl!", schrie ich und leitete Gegenwehr. Na toll, auch das noch! Der Besoffene war drauf und dran, mir meine Klamotten vom Leib zu reißen, als er seinen Freund am Boden liegen sah. "Warsudas?", fragte er verdutzt.

    Na los! Schlag doch! Schlag doch endlich zu! Ich wollte es ihm trotzig entgegen schreien, als er seine Faust zu ballen begann. Aber ich tat´s dann doch nicht, weil ich es auf einmal mit der Angst zu tun bekam. Der Kerl war doch viel stärker als ich. Gegen den hatte ich doch überhaupt keine Chance. Na toll, ich hatte mich mal wieder richtig in die Scheiße geritten, so wie ich es immer machte, wenn ich was anfing. Dafür hatte ich ´ne besondere Begabung. Egal ob ich auf Arbeitssuche war und in ´nem Puff gelandet war oder ob ich abgehauen war und bei diesem Mistkerl gelandet war, der jetzt auch noch das verbriefte Recht hatte, noch alles Mögliche mit mir anstellen zu können, bis ich endlich mein beschissenes Leben hinter mir hatte. Und eins war sonnenklar dabei, diesmal kam keiner vorbei, der mich mal schnell aus dem Schlamassel rettete. Weder mein Bruder, noch Ursus, noch sonst wer.


    Komisch, irgendwie schlug er gar nicht zu! Damit verwirrte er mich total. Meine Angst wuchs, weil er dadurch so unberechenbar wurde. Wahrscheinlich wäre zuschlagen, die weitaus humanere Strafe gewesen, die mich erwartete, als dieses zögerliche Getue. Oh Mann, ich hielt das nicht mehr lange aus. Mein Herz überschlug sich gleich mein Atem zitterte. Na los, schlag doch endlich! Wie lange willst du mich noch quälen?
    Er schlug nicht. Er machte überhaupt nichts. Außer dass er mich los ließ. Ihm musste das richtig schwer gefallen sein. Zumal meine Spucke immer noch in seinem Gesicht hing. Echt eklig!
    Aber noch glaubte ich nicht, dass es vorbei war. Irgendwas kam jetzt noch. Irgend so eine miese Tour würde er mit mir noch abziehen. Fragte sich nur wann? Irgendwie kam er nicht in die Pötte. Anscheinend kämpfte er mit sich. Mannomann, was für ´ne Körperbeherrschung. So was müsste mir mal passieren!
    Er atmete tief durch. So wie einer, der wieder die Gewalt über sich hatte. Jetzt würde er nicht mehr zuschlagen. Jetzt nicht mehr. Etwas fiel von mir ab, irgendwas schweres. Etwas was so schwer war, dass mir beinahe schwarz vor Augen geworden wäre.


    Ich zuckte zusammen, als er was sagte. Er war ganz ruhig, aber seine Stimme hatte so was ungewohnt raues. Ins Servitricium gehen - ich - ja, das war wohl das Beste. Bis ich mich wieder beruhigt hatte - ja. Und dann? Dann ließ er mich doch nicht gehen, oder?
    Plötzlich erschien Diomedes wieder. Ich konnte mir schon denken, dass er alles mitgekriegt hatte. Ich hatte ja auch laut genug geschrien. Und Sermo auch. Der Sklave spurte sofort. Wieder einer, der mir auf penetrante Weise vor Augen hielt, wie man sich richtig als Sklave zu verhalten hatte. Scheiße Mann, irgendwann würde ich wie er sein. Oder so wie Cimon. Irgendwann, wenn das letzte Flämmchen Freiheitsmut erloschen war.
    Diesmal machte ich keine Zicken mehr. Ich ging mit Diomedes, ohne dass er mich zerren oder schupsen musste und ohne dass ich mich noch einmal nach Sermo umdrehte . Jetzt merkte ich, dass ich dieses Spiel niemals gewinnen konnte.


    Diomedes brachte mich in einen kleinen Raum, in dem sich zwei bis drei Leute ihren Schlafplatz teilen konnten. Einer der Plätze war bereits in Beschlag genommen. Das musste Diomedes Lager sein. Mir machte es nix aus, mit ihm in einem Raum zu schlafen, solange er seine Finger bei sich behielt. Ohne lange zu überlegen, welche Schlafmatte denn die bessere sei, hockte ich mich auf eine der beiden noch verbliebenen und sah noch, wie der Sklave die Tür schloss. Er schloss sie nicht einfach nur. Er verriegelte sie auch, um sicher zu gehen, dass ich nicht einfach in der Nacht abhaute.


    Kaum war ich allein, begann ich zu heulen. Mein ganzes Unglück wollte auf einmal aus mir herausspringen. Ales war schief gegangen. Ich hatte mich sogar noch tiefer in die Scheiße hineingeritten. Alles, worauf ich gehofft hatte, war auf einmal unerreichbar geworden. Augustodunum würde ich nie wieder sehen.
    So verzweifelt war ich schon lange nicht mehr. Damals, als Louan gestorben war. Ja, damals. Als dieser Dreckskerl ihn abgestochen hatte. Ich hatte ihn dann gewaschen, nachdem man ihn in die Villa Aurelia gebracht hatte. Die Nacht bevor sie ihn dann auf ´nem Scheiterhaufen vor der Stadt verbrannten, hatte ich bei ihm gelegen. Louans Körper war so furchtbar kalt gewesen. Aber ich wollte nicht loslassen. Er sollte noch nicht gehen. Jetzt noch nicht. Damals hatte ich es schon geahnt, als der Scheiterhaufen in Flammen aufging, dass ich von nun an allein war. Das es nie wieder jemanden gab, der mich so lieben könnte, wie mein Bruder mich geliebt hatte. Und ich sollte Recht behalten! Jetzt war ich verraten und verkauft und meine Freiheit konnte ich mir erst mal abschminken. Dabei wäre ich doch so gerne nach Hause gegangen, nach Augustodunum.
    Augustodunum! - Scheiß drauf! Mal ganz ehrlich, was hätte ich da denn noch gewollt? Da gab es doch keinen mehr, zu dem ich hätte gehen können! In Nullkommanix wäre ich wieder auf der Straße gelangt. Dann hätte es nicht mehr lange gebraucht, bis ich wieder mit dem Klauen angefangen hätte. Diesmal hätte wahrscheinlich keiner mehr mit mir Mitleid.
    Also, dann war doch Rom gar nicht so schlecht. Und vielleicht war Sermo gar kein so schlechter Kerl. Er hatte mich zwar gelinkt, aber er hatte mich nicht verprügelt, obwohl er allen Grund dazu gehabt hätte. Wenn ich mich jetzt nicht total blöd anstellte, konnte das doch noch was werden. Ach was sollte das werden. Er hatte doch klipp und klar gesagt, er wäre jetzt mein neuer Besitzer. Also nicht der, der sich zu sich geholt hatte, weil er mich mochte.
    Mein Bauch knurrte. Ich hatte Hunger. Aber hier gab es nichts, was man hätte essen können, außer man war vielleicht ´ne Kakerlake oder so was. Früher hatte mir so was nicht viel ausgemacht. Da konnte ich auch mal zwei Tage ohne Essen auskommen. Aber in den letzten Jahren hatte ich immer mein Geregeltes. Da sah man mal wieder, wie verweichlicht man wurde, wenn man im Schatten der Herren lebte.
    Irgendwann wurde mir klar, dass es nichts brachte, wenn ich mir weiterhin selbst leid tat. Und dann schlief ich ein.


    Mitten in der Nacht wurde ich von einem lauten Geschnarche aus dem Schlaf gerissen. Ich war längst nicht mehr allein. Diomedes hatte sich irgendwann schlafen gelegt und oh Wunder, neben meiner Schlafmatte ertastete ich ein Schälchen mit Puls. Der Puls war nicht lange in dem Schälchen. Mit meinen Fingern löffelte ich ihn und verschlang ihn. Ich leckte sogar die Schüssel aus, damit auch ja nichts übrig blieb.
    Ich hatte zu hastig gegessen. Jetzt lag mir der Brei wie ein Stein im Magen. Na toll, das war´s dann mit schlafen.

    Tja, das wollte er jetzt nicht hoeren, dieser Scheisskerl! Wie ein Irrer begann er hier rumzuschreien, der bloede Choleriker! Ich hatte mich richtig erschrocken. Und als er dann auch noch ausholte, um mir eine zu klatschen, dachte ich schon, gleich fliegt mir der Kopf weg. Vorsichtshalber zog ich schon mal die Birne ein. Ich rechnete trotzdem fest damit, dass meine Wange gleich puterrot werden wuerde, sobald erst mal sein Handabdruck drauf prangte. Sermo aber packte mich im Genick. Das tat ganz schoen weh.
    Ich versuchte mich zu wehren. Aber je mehr ich dagegen an ging, desto fester wurde sein Griff. "Auaaa, du tust mir weh!", schrie ich. Das juckte ihn aber nicht die Bohne. Er zog mich zu sich hin und fing wieder an zu labern. Klar, er war immer noch gekraenkt, weil ich ihm mein Knie voll in die Glocken gerammt hatte. Dass der Kerl aber auch so nachtraeglich sein musste! Deswegen zog er hier jetzt diese miese Tour ab und konnte sich ploetzlich an gar nichts mehr erinnern, dieser Drecksack!
    Jetzt fragte er mich auch noch, ob er mir gegenueber sein Wort gebrochen haette. Na klar, hatte er das! Aber das beste kam zum Schluss! Haette er mich nicht als Sklavin erworben, die ihm ihre Dienste schuldete, frage er mich. Erworbenwar gut! Nicht eine beschissene Sesterze hatte er locker machen muessen! Oh Junge, da gab´s nur eine Antwort drauf! ´Ne ziemlich feuchte Antwort! Eine, die alles, ohne viel Worte zu verlieren ausdrueckte, was ich noch zu sagen hatte. Klar, mein Grossvater haette mich jetzt wieder ermahnt und gesagt, ich sei mal wieder viel zu hitzkoepfig und ich solle das besser lassen, denn Sermo war eindeutig derjenige von uns beiden, der naeher am Druecker war. Aber mein Grossvater war schon seit vielen Jahren tot, so wie der Rest meiner Familie. Also landete meine Spucke mitten in Sermos elender Fratze. Upps…, wenn er deswegen nur mal nicht genau so nachtragend war, wie mit der Glockenaktion!

    Was war denn jetzt? Hatte ich irgendwas gesagt, was er nicht verstanden hatte? Dabei hatte ich doch gar nicht in ´nem hinterwaeldlerischen gallischen Dialekt gesprochen, den in Rom sowieso keine Sau verstand. Ich hatte mich feinstem Latein bedient. So einem, wie es die feinen Pinkel sprachen. Na gut, vielleicht war meine Wortwahl nicht besonders gut gewesen. Ich hatte auch versucht, nicht undeutlich zu sprechen und ´nen Akzent hatte ich eh schon lang nicht mehr. Also, warum bei Lughs Rabenschiss brauchte er so lange, um aber sicher doch, Schaetzchen , zu sagen, du kannst bleiben, solange du willst und auch gehen, wann immer du willst.
    Und warum schaute er denn auf einmal so boese, als ob ich was total fieses ueber seine Mutter gesagt haette?
    Aber bei dem was dann kam, blieb mir doch glatt die Spucke weg! Meine Augen weiteten sich. Und nicht nur das! Auch meine Kinnlade bewegte sich geradewegs nach unten und ich begann irgendwas herum zu stammeln. "A..a..aber, aber d..d..du hattest doch gesagt, du wolltest mir helfen! Das hast du doch, oder?!" Mir war auf einmal eiskalt, wenn ich daran dachte, dass der mich reingelegt hatte. Oehm Ueberraschung, der hatte mich reingelegt, dieser Drecksack! Und ich bloede Kuh war drauf reingefallen!
    "Du wirst mich doch nich…? - Du mieses Aas!" Aus der Wut heraus, schoss ich hoch und schmiss den Becher zu Boden, der dann auch prompt in geschaetzt tausend Stuecke zerbrach. Neben so einem wollte ich nicht laenger sitzen! "Du bist ja echt das allerletzte! Wenn du meinst, ich mach jetzt die Sklavin fuer dich, dann hast du dich aber sowas von geschnitten! Du mieser Drecksack! Und ich hab gedacht, wir waeren Freunde!" Da war Sermo echt an die Richtige geraten! Ich hatte keine Skrupel, ihm mal ein paar Takte zu seiner miesen Tour zu verklickern.

    Das liess ich mir nicht zweimal sagen! Vielleicht ein bisschen zu hastig griff ich mir den Becherab und setzte ihn an. Sermo hatte sich in Bescheidenheit geuebt. Der Becher war noch ueber die Haelfte voll. Allerdings nicht mehr lange! In einem Zug pumpte ich das Wasser-Weingemisch ab. "Ahhh!" grunzte ich zufrieden, als ob ich kurz vorm Verdursten gestanden haette. Mann, war das gut gewesen!
    Sermo hatte wirklich ´ne gute Auffassungsgabe , das musste man ihm schon lassen! Er hatte gleich gemerkt, dass das nicht alles sein konnte, was ich ihm eigentlich in seinen Gehoergang schieben wollte.
    "Ja, da is noch was, was ich dir sagen..., oehm was ich klarstellen wollte…" Logisch, ich wollte klarstellen, nicht dass er sich da am Ende noch irgendwelche falsche Hoffnungen machte!
    "Ja, also du wirst mich doch gehen lassen, wenn ich gehen will? Ich meine, nicht dass du meinst, ich wollte jetzt schon wieder abhauen, wo ich doch gerade erst richtig angekommen bin… also oehm, das hatten wir doch so abgemacht, oder?" Hatten wir doch! Sonst haette ich mich nie auf so´ne Tour eingelassen. Auch wenn Sermo ein wirklich netter Kerl war, viel netter als Ursus, aber deswegen wollte ich aber doch nicht ewig Sklavin bleiben muessen. Ausserdem wollte ich ja auch wieder zurueck nach Gallien.
    Wenn ich ja etwas erfahrener in solchen Sachen gewesen waere, dann haette ich mich vorher irgendwie abgesichert. Heutzutage gab´s ja alles moegliche, was man da machen konnte. Nur wurde ich irgendwie das komische Gefuehl nicht los, in die Falle gegangen zu sein.

    "… ja also, oehm…" Jetzt hatte er mich doch glatt aus dem Konzept gebracht. Sermo machte den Eindruck, als waere er total von meinen Einwaenden ueberfahren. Er machte einen auf ahnungslos. Aber wenigstens gestand er mir ein, das los zu werden, was mir auf dem Herzen lag. Naja, vielleicht tat ich ihm ja total Unrecht und er hatte es echt nicht geblickt, was ich eigentlich von ihm wollte, als ich ihn um Hilfe gebeten hatte.
    Ganz locker leicht entspannt trabte er zu ´ner Bank, die im atrium stand, setzte sich. Und wer haette es fuer moeglich gehalten? Diomedes kam sofort herbeigeeilt, mit ´nem Tablett auf dem er das gewuenschten Getraenk und ´nen Becher geladen hatte. Junge, Junge, der war ganz schoen auf Zack! Das haette mir nicht passieren koennen! Ich stand immer noch irritiert in der Gegend rum und tat das, was ich am besten konnte - doof aus der Waesche gucken.
    Sermo beobachtete mich die ganze Zeit dabei. Der musste echt denken, ich haette einen an der Waffel, oder so, weil ich nicht weiter redete, sondern nur bloed rumstand.
    Endlich ging ein Ruck durch meinen Koerper und mein Gehirn nahm wieder seinen gewohnten Dienst auf. Erst raeusperte ich mich, dann suchte ich nach einen geeigneten Platz, auf den ich mich setzten konnte. Neben Sermo war noch´n Stueckchen Platz frei. Bevor ich mich neben ihn hinpflanzte, wollte ich mir auch was zu trinken nehmen. Mann, hatte ich einen Brand! Aber hallo! Diomedes hatte mich doch glatt vergessen! Er hatte nur einen Becher mitgebracht und den hatte sich Sermo schon unter den Nagel gerissen. Doch nicht so ´n toller Sklave, dieser Diomedes!
    "Ja oehm, wie soll ich denn anfangen, oehm… also, da fehlt noch ´n Becher! Diomedes hat den wohl vergessen! Ich hol mir schnell selbst einen oder kann ich bei dir mittrinken?" Naja, koennen konnte ich as schon, nur ob´s ihm recht war, das war hier dieFrage! Wir hatten ja schon mal das Bett miteinander geteilt, warum also nicht auch so´n laeppischer Becher? Das, was ich eigentlich sagen wollte, musste erst mal warten, bis ich was zu trinken hatte.

    Das war schon irgendwie komisch, als ich die Villa verlassen hatte, um mit Sermo zu gehn. Meine Gedanken jedenfalls, waren wo ganz anders. Deshalb war ich auch einfach so mitgetrottelt und hatte nicht viel gesagt. Eigentlich hatte ich gar nix gesagt. Es hatte mich eben doch ganz schoen mitgenommen. Und freuen konnte ich mich auch gar nicht.
    Irgendwann hatten wir dann doch noch Sermos Haus erreicht. Ich folgte ihm einfach und blieb neben ihm im atrium stehen. Noch ahnte ich ja nicht, dass er mit mir ´ne ganz miese Tour vor hatte.
    Diomedes kam auch gleich zu uns angedackelt, nachdem er gerufen worden war. Sein treuer Hundeblick lag auf seinem Herrn. Ich war indessen gespannt, was jetzt kommen sollte. Sermo stellte mich ihm jetzt vor, obwohl er wahrscheinlich schon laengst wusste, wie ich hiess. Es war ja nicht mein erstes Mal. Aber dann kam´s! Ploetzlich laberte er was von neuem Besitzer und so und dass ich ihm fortan bei seinen Aufgaben zur Seite stehen sollte.
    Wetten, dass ich da ganz schoen aus der Waesche geguckt hatte?! Mehr als ein leises "oehm" brachte ich nicht raus. Hatten wir uns nicht auf was anderes geeinigt, fragte ich mich gerade selbst. Ok, ich hatte mich angeboten, ein paar Tage zu bleiben und bei ihm zu Arbeiten. Aber dann wollte ich nach Hause, zurueck nach Gallien!
    Meinen fast lautlosen Einwand war erwartungsgemaes an Sermo vorbei gegangen. Stattdessen bestellte er bei Diomedes was zu trinken und verkuendete, er wolle jetzt mit mir allein sein.
    Also, was zu trinken konnte ich jetzt auch gut gebrauchen und allein sein mit Sermo, war auch nicht schlecht, denn dann konnte ich ihm mal verklickern, was wir eigentlich ausgemacht hatten. Denn das hatte er anscheinend total aus seinem Gedaechtnis verbannt.
    Ich laechelte nur duenn, als er jetzt auch mich willkommen hieß und meinte, dies waere von nun an mein Zuhause. Als er dann noch mit der Hausfuehrung kam, wurde es richtig schwer fuer mich, ruhig zu bleiben.
    "Na von mir aus. Aber hoer mal, ich muss unbedingt mit dir sprechen! Weil irgendwie…"