"Aha, verstehe…", sagte Trutmo nachdenklich und schwieg wieder. Ich hatte inzwischen auch einen kleinen Schluck Met probiert und merkte schon gleich, wie sich der Alkohol bei mir bemerkbar machte. Dieses Zeug, so gut es auch schmeckte, hatte ich schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr getrunken.
"Na, ganz egal, wo ihr hingehen wollt, ihr solltet auf jeden Fall die Straßen und Städte meiden. Sobald man euer Verschwinden bemerkt, wird man sicher nach euch suchen. Mann, ich will nicht in eurer Haut stecken, wenn man euch findet!"
"Wieso sollten sie uns finden?", fiel ich Trutmo vorwurfsvoll ins Wort, als ob es das einfachste wäre, einfach abzuhauen, ohne jemals wieder gefunden zu werden. "Wir beide sind zäh. Wir können schon in der Wildnis überleben." Für meinen Teil traf das vielleicht zu. Aber wie stand es da mit Linos. Den kannte ich ja erst ein paar Stunden.
Beiträge von Caelyn
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Linos Kopf war krebsrot geworden. Aber er sagte nichts auf Trutmos Anspielung. Keiner sagte irgendwas, nicht mal der Käsehändler. Das war schon irgendwie seltsam. Ich würde mich erst wieder besser fühlen, wenn wir endlich aus der Stadt waren und unterwegs.
Statt des Wirtes kam diesmal eine junge Frau an unseren Tisch, die mehrere Krüge und Becher stemmte und einen der metgefüllten Becher vor Linos abstellte. Nachdem sie wieder verschwunden war, brach Trutmo endlich das Schweigen und erhob seinen Becher. "So, dann lasst uns trinken. Auf dass die Götter uns wohlgesinnt sein werden!", rief er und nahm einen großen Schluck. "Ahh, ist das gut, nach einem langen Tag! Sagt mal, wo wollt ihr denn eigentlich hin, wenn ihr draußen seid? Ihr beide seht nicht aus, als kämet ihr aus den freien Germanien."
Ich sagte erst mal nichts darauf. Stattdessen sah ich zu Linos hinüber. "Ich hoffe, den Vater meines Kindes wieder zu sehen," sagte ich schließlich. -
"Lass das Geld mal meine Sorge sein! Ich mag es nicht, wenn jemand in meiner Gegenwart hungern muss," brummte Trutmo mit einem unterschwelligen Lächeln. "Sag mal, warum wollt ihr beide eigentlich… abhauen? Ist euer Herr nicht gut zu euch?"
Trutmos Großzügigkeit und seine Fragen waren mir schon ein bisschen unangenehm. Wäre doch nur Linos da gewesen! Ich rutschte etwas nervös auf der Bank hin und her und überlegte, ob ich hier vor dem Käsehändler jede Einzelheit, die mein bisheriges Sklavenleben hergegeben hatte, ausbreiten sollte. Nein, besser nicht, entschied ich. "Mein Kind soll´s mal besser haben. Es soll keinem Herrn ausgeliefert sein, der willkürlich über sein Schicksal bestimmt. Und außerdem…"
Ich unterbrach mich selbst, als ich Linos erkannte, der wieder zurück zum Tisch kam. Sein eigenartiges Nicken hatte nicht nur ich wahrgenommen, auch der Käsehändler. "Du traust mir wohl nicht, was Junge?", brach es daraufhin aus Trutmo heraus.
Genau in diesem Moment erschien der Wirt und donnerte den Met auf unseren Tisch. Und so schnell er hier aufgetaucht war, war er auch wieder verschwunden. "Noch einen Met und eine Haxe für meinen Freund hier, Wirt!", rief Trutmo dennoch dem Wirt hinterher.
Der herbsüße Geruch des Gesöffes stieg gleich in meine Nase. So was hatte ich schon ewig nicht mehr getrunken. Ich wusste aber auch, wie leicht einem der Met zu Kopf steigen konnte, wenn man ihn auf leeren Magen trank. -
Trutmo machte nicht wirklich den Eindruck eines Ausgehungerten, aber wenn er erst essen musste, auch gut. Hauptsächlich er nahm uns mit. Ganz nebenbei, ich hatte auch Hunger. Seit heute Morgen hatte ich nichts mehr zwischen die Zähne bekommen. Aber wenn ich jetzt das wenige verbliebene Geld für Essen und Trinken ausgab, dann war es bald weg. Besser ich unterdrückte mein Hungergefühl.
Linos hatte da seine ganz eigene Strategie, wie mir schien, dem Hunger aus dem Weg zu gehen. Dieser komische plötzliche Hustenanfall war doch nur gespielt. Und noch ehe ich was machen konnte, war er schon aufgestanden und ging hinaus. Ich konnte ihm nur noch hinterher schauen.
An unserem Tisch tauchte nach einiger Zeit der Wirt auf, der mir mit seinem dicken Bauch die Sicht zur Tür versperrte. Der Kerl, der nun wirklich nicht zu übersehen war, war mir schon vorher aufgefallen.
Trutmo ließ sich von Linos Husten nicht groß beeindrucken. Das bevorstehende Essen war ihm viel wichtiger. Als der Wirt dann am Tisch ankam, wartete er darum auch nicht lange und wurde seine Bestellung los. "Einen großen Humpen Met für mich und habt ihr heute wieder die leckeren Wildschweinshaxen? - Und du? Du schaust so hungrig aus! Magst du auch was?", fragte er mich plötzlich. Schon bei der Erwähnung der Haxen, lief mir das Wasser im Mund zusammen. "Ich? Öhm… nö, ich hab kein Hunger," log ich. Trutmo winkte verächtlich ab und bestellte für mich. "Ach was! Bring der Kleinen auch einen Met und etwas Braten!" Ich glaubte es ja nicht! Wenn derso weiter machte, dann war das Geld gleich weg! "Aber… Ich…öhm ich hab kein Geld für so was!" , brauste ich auf, senkte aber dann meine Stimme. Musste ja nicht jeder mitkriegen, wie es um "meine" Finanzen stand. -
Kaum hatte sich Trutmo zu uns gesetzt, bekam ich wieder dieses komische Gefühl im Magen. Und das hatte garantiert nichts mit der Schwangerschaft zu tun. Der Händler wirkte nervös guckte uns nacheinander an und begann so zu reden, als ob er sich ´s anders überlegt hätte. Verdammt nochmal, kann denn nichts einfach mal nur so klappen?
Linos Frage schien ihn noch nervöser zu machen. Oh Mann, ich konnte echt nicht mehr! Am liebsten hätte ich laut geschrien. Aber ich machte dann doch etwas ganz anderes. Ganz unerwartet für mich und erst recht für Trutmo. Ich nahm seine Hand und führte sie zu meinem Bauch. "Dieses Kind soll es einmal besser haben. Es soll in Freiheit aufwachsen. Und vor allem soll es einen Vater haben. Ist deine Frage damit beantwortet?" Ich hatte versucht, leise zu sprechen. Zwar war der Geräuschpegel in der Taberna ziemlich hoch, doch falls trotzdem jemand lange Ohren machte, sollte das niemand mitbekommen.
Dann ließ ich Trutmos Hand wieder los und sah mich um. Außer dem Wirt, der an einem der Nachbartische stand und zu uns herüber geschielt hatte, fiel mir niemand auf.[Blockierte Grafik: http://www.bilder-hochladen.net/files/hjsq-2.jpg%20]
Trutmo
Trutmo hatte mit allem gerechnet, nur nicht damit. Seine Hand hatte schon einige Male das ungeborene Leben im Leib einer Frau gespürt, doch für gewöhnlich war das seine eigene Frau. Diese Sklavin aber war eine Fremde. Trutmo schluckte. "Na gut, dann. Dann bleibt es also dabei. Nachdem ich die Taberna verlassen habe, folgt ihr mir nach draußen. Dann geht es los. Und möge Esus uns davor bewahren, dass man uns erwischt! Aber zuerst muss ich noch etwas essen. Ich bin völlig ausgehungert! He, Wirt!" Trutmo sah sich um und machte eine hektische Handbewegung.
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Auch das noch! Linos war nicht gerade davon angetan, als ich ihn zur Rede stellen wollte. Was er dann sagte, zeigte mir eigentlich nur, dass er es gut mit mir gemeint hatte. "Tut mir leid, ich wollte dich nicht…öhm.. ich bin´s einfach nicht gewohnt, dass einer nett zu mir ist und sich Sorgen um mich macht."
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Trutmo
Jetzt erblickte ich ihn auch, Trutmo, den Käsehändler. Erst hatte er noch versucht Linos Blicken auszuweichen, als er dessen winkende Hand erblickte. Aber dann konnte er nicht anders.
Zögernd kam er an unseren Tisch und ließ sich auf einem freien Platz nieder. "Da seid ihr also, mmh. Und ihr seid sicher, ihr wollt hier weg?" Er sah uns nacheinander prüfend an. -
"Du hast was?" Ich glaubte das ja nun nicht! Wieso hatte Linos mich verfolgt? Hatte er kein Vertrauen zu mir? Verwirrt und überrascht betrachtete ich ihn eine Weile. "Aber wieso? Ich meine…" Dann kam er auf meinen Fuß zu sprechen und fragte danach. Natürlich wollte ich ihm jetzt nicht erzählen, dass mir die Füße weh taten, weil sie mir vor ein paar Wochen blutig geschlagen worden waren. Dann hätte es sich Linos mit der Flucht vielleicht doch anders überlegt.
"Ach, das ist nichts. Ich hab da nur so ein Steinchen im Schuh. Das nervt mich."Während ich mir die allergrößte Mühe gab, Linos was vorzumachen, ging wieder die Tür der Taberna auf. Der Käsehändler trat ein. Mit gemischten Gefühlen tat er das. Die letzte Stunde hatte er dazu genutzt, sich alles noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Er musste wirklich verrückt sein, sich auf so ein Abenteuer einzulassen. Wenn seine Frau hier wäre, hätte sie ihm schon das Nötigste erzählt. Aber sie war nicht hier…
Sein Blick streifte die Gäste der Taberna in der Hoffnung, die beiden Sklaven seien vielleicht doch nicht gekommen. Vielleicht waren sie schlussendlich doch zur Vernunft gekommen und hatten eingesehen, dass eine Flucht zwecklos war. -
Ich kam mir ziemlich verloren vor. Um mich herum herrschte reges Treiben. Kerle, die schon einen oder zwei über den Durst getrunken hatten. Ein paar Huren, die bei einigen Angetrunkenen ihr Glück versuchten. Lautes Lachen, Zetern und dumpfes Lallen. Und zwischen alle dem stand ich, in die Ecke gedrängt. Ich hatte echt Angst und der Gestank nach Alkohol, Schweiß, Kotze und sonstigen Ausdünstungen nahm mir fast den Atem. Trutmo und Linos waren nicht da. Jetzt nur nicht panisch werden, sagte ich mir immer wieder. Notfalls musste ich mich alleine durchschlagen… irgendwie. Ich hätte heulen können!
Als ich aber plötzlich Linos Stimme zu hören glaubte, sah ich schnell auf. Da stand er, direkt vor mir und deutete auf einen Tisch, der tatsächlich noch frei war. "Linos!" Meine Hoffnung, dass es doch noch was mit der Flucht werden könnte, kam allmählich zurück und ich begann wieder zu lächeln. Ich folgte Linos und setzte mich. Das tat echt gut, mal wieder zu sitzen. Meine Füße taten immer noch weh.
"Trutmo ist noch nicht da. Ich hatte schon Angst, ich wäre zu spät. Und überhaupt, woher weißt du eigentlich, wie schnell ich gelaufen bin?" Ich zog mein linkes Bein nach oben, versuchte einen Finger in meinen Schuh zu schieben, um zu fühlen, ob meine Fußsohlen wieder bluteten. -
Ich ging nicht, ich lief. Immer im Hinterkopf, ich könnte vielleicht zu spät sein. Peras unerwarteter Auftritt hatte alles durcheinandergebracht. Dabei hatte ich gar nicht mitgekriegt, dass man mich die ganze Zeit verfolgt hatte. Zum Glück war das nur Linos gewesen, und niemand sonst, der mit hätte böses wollen.
Ich schnaufte ganz schön, als ich endlich in die Gasse einbog, in der sich die vereinbarte Taberna befinden sollte. Hektisch suchen meine Augen danach. Da! Da war sie. Ein bisschen heruntergekommen vielleicht, doch gut besucht, wie man unschwer schon von der Gasse aus feststellen konnte.
Als ich eintrat und mich nach einem bekannten Gesicht umsah, glaubte ich, alle Augen wären auf mich gerichtet. Ein Raunen ging durch die Schankstube. Habt ihr nix besseres zu tun, als mich anzugaffen, ihr dämlichen Penner, fragte ich mich im Stillen. Alleine mein Schwangerenbauch bewahrte mich wahrscheinlich davor, dass keiner von den Typen handgreiflich wurde. Nach kurzer Zeit aber hatte ich ihr Interesse verloren.
Inzwischen war ich dabei, jede Ecke nach dem Händler oder wenigstens Linos abzusuchen. Aber keine Spur von den beiden!Verdammt nochmal! Warum habe ich immer so ein Glück? Vielleicht hatte Trutmo doch noch Muffensausen gekriegt und war ohne uns nach Hause gefahren. Oder war ich vielleicht doch zu spät? -
Schon irgendwie komisch, dachte ich, als mir plötzlich meine Fußsohlen wieder wehzutun begannen. Ausgerechnet jetzt! Dabei waren doch die Wunden von Sermos Schlägen ziemlich gut verheilt. Dieser elende Mistkerl! Ich biss die Zähne zusammen und ging weiter. Wenn ich jetzt schon schlapp machte, was sollte dann erst werden, wenn ich richtig auf der Flucht war?
Zum Glück hatte ich etwas in meiner Tasche, was Sermo zukünftig das Leben schwer machen sollte. Ich musste nur noch einen guten Platz für das bleierne Fluchtäfelchen finden, das nun fast wie ein Stückchen Papyrus zusammengerollt war.
Als ich mich der Casa näherte, versicherte ich mich zuerst, ob niemand gerade auf der Straße war, der mich kannte. Ich zog mir meinen Umhang etwas tiefer ins Gesicht und ging weiter auf die Casa zu. Meine Hand konnte schon fast die Hauswand erreichen. Hektisch sah ich mich nach einer Vertiefung, einem Ritz oder etwas Vergleichbarem um, wo ich das Fluchtäfelchen deponieren konnte.
Da! Unweit der Tür fand ich, was ich suchte. Schnell kramte ich in meiner Tasche nach dem Täfelchen. Doch bevor ich es herausholen konnte, erstarrte ich beinahe. Mir blieb fast das Herz stehen, als ich plötzlich Peras Stimme hörte, die gerade dabei war, die Tür zu öffnen. Bevor sie mich entdecken konnte, hatte ich mich schnell in einer Häusernische versteckt.
Wie üblich plapperte sie in einer Tour. Doch als sie zur Tür herauskam, verstummte sie plötzlich. Hatte sie doch etwas bemerkt? Ihr Schweigen dauerte nicht lange, dann begann sie weiter zu reden.
Solange Pera auf der Straße war, konnte ich nichts machen. Ich beobachtete sie, wie sie die Straße auf und ab ging. Offensichtlich wartete sie auf jemanden. Klar, sie wartete auf mich! Denn ich sollte doch für die heutige Cena einkaufen. Tja, dumm gelaufen, dachte ich. Heute bleibt die Küche kalt.
Pera murmelte etwas. Wahrscheinlich verwünschte sie mich, weil ich nicht zurückkam und sie nicht mit den Vorbereitungen beginnen konnte. "Na los, geh wieder rein!", flüsterte ich leise. Langsam machte ich mir Sorgen, dass mir die Zeit davon lief.
Schließlich verschwand Pera nach einiger Zeit wieder in der Casa. Als ich mir ganz sicher war, kam ich aus meinem Versteck heraus, ging wieder zu der Stelle, die mir geeignet erschienen war und steckte die Fluchtafel in einen Ritz. "Auf das sich der Fluch erfüllen möge, wann immer du an mich denkst, du verdammtes Aas!"
Ich hielt mich nicht lange auf, verschwand gleich wieder. Auch wenn meine Fußsohlen mittlerweile wie Feuer brannten, lief ich weiter, um noch rechtzeitig zum vereinbarten Treffpunkt, der Taberna "Viva Moguntia" zu kommen. -
Ich nickte."Klar! In einer Stunde. Das schaffe ich", hoffte ich mal. Denn das, was ich noch zu erledigen hatte, war nicht gerade so ohne. Wenn´s dumm lief und mich jemand entdeckte, dann war´s das mit der Flucht. Statt ein sorgenvolles Gesicht zu machen, lächelte ich den beiden zu und verabschiedete mich.
Mir nichts dir nichts verschwand ich dann und huschte zielsicher durch die Gassen, die mich ohne große Umschweife zur Casa der Quintilier brachte. -
Ich melde mich vorsichtig wieder zurück und werde in den kommenden Tagen alles abarbeiten, was so liegengeblieben ist.
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Hätte ich mich jetzt im Spiegel gesehen, dann wär mir garantiert aufgefallen, wie dämlich ich gerade dreinschaute. Anscheinend direkt aus dem Tal der Ahnungslosen kommend und mit offenem Mund sog ich die Informationen in mich auf, die zum einen von Linos und der Priesterin auf mich hernieder prasselten. Irgendwann nickte ich unsicher und sagte: "Alles klar!" Naja, klar, wie Peras Gemüsesuppe vielleicht.
Zögerlich nahm ich das kleine Säckchen, in dem sich einige Kügelchen des wertvollen Weihrauchs befanden, dass mir die Priesterin freundlicherweise zur Verfügung stellte. Dann schaute ich zu dem Foculus, auf den sie gedeutet hatte. War doch alles total einfach, sagte eine Stimme in mir. Klar, einfach den Weihrauch anzünden, warten bis der Rauch nach oben stieg und dann nichts wie raus mit dem, was ich den Göttern ins Ohr drücken wollte.
Aber vielleicht waren es Linos und Helias Blicke, die ich in meinem Nacken spürte und die garantiert alles beobachten würden, was ich jetzt machte. Und wenn ich jetzt irgendwas in den Sand setzte, he? Was dann? Komisch, um so was hatte ich mich doch früher nicht gekümmert. Ich hätte es auf das Kind schieben können, was in mir heranwuchs. Vielleicht wurde ich ja jetzt verantwortungsbewusster, oder so. Na, wie auch immer, ich merkte, ich musste langsam mal in die Gänge kommen. Nach ´ner gefühlten Ewigkeit schritt ich auf besagten Foculus zu, streute den Weihrauch hinein und entzündete ihn. Mann, wie das roch! Da wurde es mir gleich ganz anders! Aber ich versuchte, so gut es ging, die aufkeimende Übelkeit zu unterdrücken.
"Große Mutter", begann ich unsicher. "Ehrwürdige Göttin, ich bitte dich, gewähre mir eine glückliche Geburt und beschütze mein Kind, wenn es in diese Welt kommt. Guter Herr Attis, dich bitte ich, bestrafe all die, die mir und meinem Kind böses wollen. Nehmt bitte meine bescheidenen Gaben an."
Genau, die bescheidenen Gaben! Ich hatte mir selbst das Stichwort gegeben und legte schließlich die tönerne Vogelfigur ab. Dann kramte ich noch die Blüten und die Kekse hervor, die ich gekauft hatte. Naja, ein richtiges Festessen, wie es vielleicht sonst an diesem Ort gefeiert wurde, war es ja nun wirklich nicht. Aber mehr hatte ich eben nicht.
Ich verharrte noch einen Augenblick vor dem Altar und hoffte, die Götter würden damit zufrieden sein. Dann erhob ich mich und – ja richtig- ich machte die Körperdrehung nach rechts. Sonst war am Ende vielleicht alles noch für die Katz!Irgendwie fühlte ich mich jetzt erleichterter. Gelöst, ja fast schon freudig suchte ich den Blick der Priesterin und den von Linos. Ich hatte doch alles richtig gemacht, oder?
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Für die nächsten vier Wochen muss ich mich leider abmelden. Falls sich doch die Gelegenheit bieten sollte, zu posten, werde ich diese natürlich gnadenlos ausnutzen!
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Ich hatte mich doch gerade eben verhört! Nee, doch nicht. Er hatte es gesagt. Linos hatte es eben gesagt. Er wollte mitkommen. Das war das erste Mal heute, dass mir die Kinnlade runter geklappt war. Aber als ich endlich kapierte, dass ich mich nicht allein durchschlagen musste, war ich echt froh darüber und lächelte ihm verschmitzt zu. "Ja, also ich hätte da auch noch was zu erledigen," warf ich noch schnell ein.
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TrutmoTrutmo dürfte es nicht anders ergangen sein, nur zeigte er es nicht so. Nur ein feststellendes "Aha", kam. Wahrscheinlich konnte ihn jetzt sowieso nichts mehr erschüttern. Wenn herauskam, dass er zwei Sklaven bei der Flucht geholfen hatte, konnte er sowieso einpacken. Zum Glück wusste seine Frau noch nicht davon. Die hätte ihm was erzählt!
"In der Via Borbetomagna, nicht weit vom Stadttor, gibt es eine Taberna, die "Viva Moguntia" heißt. Dort treffen wir uns in einer Stunde. Seid pünktlich! Wenn ihr nicht da seid, fahre ich ohne euch." Ein kleiner Hoffnungsschimmer keimte in ihm auf. Vielleicht kam den beiden ja "etwas" dazwischen. -
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TrutmoTrutmo wünschte sich, er wäre nie in diese Patsche geraten. Der Begleiter der jungen Frau machte auch nicht den Eindruck, ihn da rausholen zu wollen. Dabei hätte er einfach nur "Nein" sagen müssen. Was scherte ihn das Schicksal dieser Frau? Wie sich nun langsam herausstellte, war sie wahrscheinlich auch noch zu allem Überdruss Sklavin. Was war nur über ihn gekommen, als er es nicht einfach unterband, als ihr Begleiter sich den Kopf zerbrach, wie man sie aus der Stadt bekommen konnte.
"Die Ware könnt ihr von mir bekommen. Aber wie wollt ihr dann aus dem Castellum kommen?", hörte er sich auf einmal sagen. "Besser ich nehme sie mit auf meinem Wagen und erzähle den Wachen am Tor, sie sei die Schwester meiner Frau, die ich zur Niederkunft mit zu mir nach Hause nehme." -
Genau! Ein gutes Versteck! Ich wurde wieder unaufmerksam, weil ich darüber grübelte, wo der geeignetste Platz war, den Fluch zu verstecken. Und dann war da wieder die warnende Stimme, die mir sagte, wenn ich zurück zur Casa ging, konnte ich entdeckt werden. Dann kam ich gar nicht mehr weg. Aber die Priesterin holte mich wieder zurück. Was für ein Glück, sie befand meine Opfergaben als ausreichend. Und etwas Weihrauch wollte sie mir auch geben. Ihre Frage aber entlarvte mich ziemlich schnell. Mit den Göttern hatte ich seit meiner Kindheit nicht mehr viel am Hut gehabt. Ich hatte mal meiner Mutter zugeschaut, wie sie im Tempel geopfert hatte. Aber das war´s dann auch. Hilfesuchend schaute ich mich zu Linos um. Auch wenn er jetzt Christ war, schien er weitaus mehr Ahnung zu haben als ich. "Öhm…. ja." sagte ich zögerlich.
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Ich spürte, wie mich langsam der Mut verließ. Trutmo war meine einzige Hoffnung. Wen hätte ich sonst bitten sollen? Jedes Mal wenn ich an seinen Stand gekommen war, war er nett zu mir gewesen und behandelte mich zuvorkommend, als ob ich was Besonderes wäre. So was passierte mir nicht sehr oft. Aber jetzt, als ich ihn bat, mir zu helfen, wurde er nervös. Trotzdem traute ich mich und fragte ihn. Ich kam ganz dicht an ihn heran. "Könntest du mich heute Abend mitnehmen? Aus der Stadt raus? Ich bin hier nicht mehr sicher. Ich muss weg!", sagte ich im Flüsterton.
Trutmo sah mich ziemlich entgeistert an, als ob ich ihm ein unmoralisches Angebot gemacht hatte. Naja, im Grunde war´s das ja auch. Schließlich forderte ich ihn ja zur Fluchthilfe auf.
"Ich soll was???", fragte er schließlich, als hätte er nicht richtig verstanden. Aber er hatte jedes einzelne Wort verstanden.
"Ich bitte dich, hilf mir aus der Stadt zu kommen. Mein Kind…" Besorgt strich ich über meinen Bauch und Trutmos Augen folgten meiner Hand. "Es ist in Gefahr, wenn ich länger hier bleibe. Bitte!"[Blockierte Grafik: http://www.bilder-hochladen.net/files/hjsq-2.jpg%20]
TrutmoTrutmo war schon immer ein grundehrlicher Mann gewesen, der einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn hatte und nichts mehr verabscheute, wenn Frauen, die zudem auch noch schwanger waren, ein Unrecht zugefügt wurde. Dabei war doch die junge Frau im Grunde nichts weiter als eine Fremde für ihn, die zwei oder drei Mal bei ihm am Stand gewesen war und Käse gekauft hatte. Und doch hatte sie zu ihm Vertrauen gefasst. So sehr, dass sie ihn nun darum bat, ihr zu helfen.
Er saß ganz schön in der Zwickmühle! Was sollte er tun? Ihr helfen und damit sich, seine Familie und sein Geschäft ins Unglück stürzen? Oder sie wegschicken und die ihrem Schicksal überlassen? Was, wenn die junge Frau zu allem Unglück auch noch eine Sklavin war? Flüchtigen Sklaven zu helfen- darauf standen schwere Strafen!
Während er mit sich selbst einen inneren Kampf ausfocht, fiel sein Blick auf den Begleiter der jungen Frau. "Und was ist mit ihm hier?" Konnte er ihr nicht helfen? -
Kaum hatte ich der Priesterin das Papyrusröllchen wieder gegeben, verschwand sie aufs Neue um nach kurzer Zeit wieder zu kommen. Diesmal hatte sie das Täfelchen aus Blei in der Hand, auf das sie kurz zuvor den Fluch eingeritzt hatte und es nun eng um einen Hühnerknochen gewickelt hatte. Sie reichte es mir und erklärte mir noch, was ich damit machen konnte.
Ich überlegte einen Moment. Ob ich es hier im Tempel lassen sollte? Oder war es ganz nahe bei Sermo doch besser aufgehoben? Das bedeutete aber, ich musste nochmal zurück zur Casa. Das war ganz schon riskant. Wenn mich jemand dort sah! Andererseits wirkte dann aber der Fluch vielleicht besser. Ich nahm erst mal das Täfelchen, nickte dankend und steckte es ein.
Gleich darauf kam die Priesterin auf den eigentlichen Grund meines Besuches zu sprechen – das Opfer. "Öhm ja. Allerdings konnte ich mir kein Opfertier leisten. Nur das da." Und wieder zog ich etwas aus meiner Tasche hervor und zeigte es der Priesterin. Diesmal war es eine kleine tönerne Figur eines Vogels, den ich noch schnell vor dem Tempel gekauft hatte, weil der Verkäufer mich so lange belabert hatte und mir weisgemacht hatte , die Göttin würde auf Geflügel stehen.
"Ich hab auch noch ein paar Kekse u..und Blumen hab ich auch noch. Alles für die große Mutter, damit sie mein Kind schützt." Hoffentlich genügte das der Göttin, um sie mild zu stimmen. -
"Von gerechter Strenge!", prustete ich laut hervor. "Das ich nicht lache! Du hast garantiert nie eins mit der Peitsche übergekriegt, oder?" Mein junger Freund hier war einer von der Sorte, die schon als Sklaven geboren worden waren und nichts anderes kannten, als den ganzen Tag zu kuschen. Mein Eindruck wurde dann noch von seinem nächsten Spruch bestätigt. Was ich für ´ne Einstellung hatte! Sollte ich mich über Sermos Ungerechtigkeiten etwa auch noch freuen? Von welchem Stern kam er denn? Der konnte einem direkt leidtun.
"Bist du etwa zufrieden, das man dich wie ein Stück Holz kaufen und verkaufen kann und findest du es toll, wenn dein Herr dich zu sich ins Bett zwingt, damit er sich an dir vergehen kann? Wenn du das magst, bist du hier genau richtig!" Als ich fertig war, drehte ich das Gesicht zur Seite, weil mich das alles so nervte.
"Hast du´s bald?", fragte ich nach einer Weile. "Daran ist nur diese dumme Pute da drüben schuld! Hätte sie ihre dämliche Klappe gehalten und mir den Brief gegeben…"