Beiträge von Sertorio

    Gut, dann nich'. Keine Ahnung, woher auch. Nie gearbeitet, nix beigetragn. Schmarotza halt. Sertorio schaut se kurz mit betont gleichültigem Blick an, zieht dan aba seine rechte Augnbraue steil nach obn. Erst fuchtlt se mit de' Hände un' Arme 'rum, dann guckt se Piepmätze an. Flattern aufgeregt herum.


    "Hör' auf miter Fuchtelei, machst ja die Viecher ganz irre." Un' Sertorio auch, der zwar denkt, das hat was zu bedeutn un' is' kein epikliptischa Anfall oda sowas, aba sonst hätt' se auch nur denkn brauchn, so wenig kapierter.


    "Wenn'de was zu sagn ... eh, wenn'de was mitteiln willst, wenn'de meinst, is' wichtich, mußtes aufschreibn, anners funzt des nich', Bom?" Sertorio schaut sich um, der Karrn steht immer noch auffer Gasse im Weg. Demonstrativ ignorierter alle Leute.

    "Ich hab' kein' Schiß. Denke nu', wemma sich vorstellt, sacht 'ma vielleicht nich' als erstes, daß'ma zwei Tage weg is', nich'?" Sertorio grinst schief. Ersta Eindruck un' so, halt.


    "Aba 's beste wär', wir geh'n in Ostia auf'n Ma'kt, wegn War'n." Wieda was gele'nt, War'n sagt ma' in da, wo Kählin herkam. Irgendwo in Gallien, war das, nich'?

    Als Tilla vom Wagen springt, geht es nich' weniger schwer durch die Gassn, eigntlich war ihr Gewicht überhaupt nich' zu spürn. Aba sie's runta, hat also gefruchtet. Läuft jetz' wahrscheinlich hintaher wie'n beleidigter Wirsing, zeicht der Welt, wie fürchtalich se doch leidn muß. DreckSertorio, 'Uuuursus, der hat mir de Meinung gesagt! Hau' ihn, bitte!' Un' sowas. Wird sicha rumpetzn, wie alle Mädls. macht einen auf tödlich valetzt, scheiße, wenn'se außa Deckung muß, nich'?


    Hüsch is'se ja, aber Sertorio wird die nich' einwickln, mit ihre Glöckchen un' ihr'n Rehaugn un' ihrer schönen Schrift. Die nich'.


    "Hej" dreht sich Sertorio zu Tilla um und bedeutet ihr, näher zu kommen.


    "Hilft nu' ma' nix: ich kann Dich nich' ab un' Du häls' mich sicher für'n Arsch. Müss'n aba trotzdem mitananda auskomm'n. Sertorio zieht den Karrn weiter. "Heute noch un' wohl auch die näxt'n Jahre. Wir ham's geklärt un' nu' müss'ma arbeitn, denn dazu sin' ma hier." Sertorio geht im Kopf die Liste durch.


    "Erst kauf'ma die Sach'n, die nich' kühl un' feucht blei'm müssn un' keine Viecher. Denke, als erstes hol'ma Getreide, Mehl un' Gewürze. Der Rest kommt dann." Das hat zwar den blödn Effeckt, daß's gleich zu Anfang scheißschwer wird, die Säcke mit'm Getreide un'nem Mehl sin' ja nich' ohne, aber kamma nix' mach'n. Mit Hühnern un' 'n'm Kalb rennter nich' 'n ganzn halbn Tag 'rum.


    "Vastehste 'was von Gewürzn?" fragt Sertorio. Sonst steht se halt rum un' dreht sich Löckchn, wennse sich nich' dafür interessiert.

    Ein leichtes Rumpln un' der Karrn wird schwerer. Sertorio schaut sich um und glaubter träumt.


    "Was'n - binnich hier der Scheißsänftnnigger oda was?" Er beugt sich un' setzt den Karrn ab.


    "Is' das 'etz' witzich oda wie? Wenn'de was hast, sach' ... ach, scheiße." Die kanna garnich' red'n. Un' laufn offensichtlich auch nich. Oda wie?


    Sertorio hebt'n Karrn wieda auf un' trottet wütend weiter. Nach einer Weile bleibter stehn, setzt'n Karrn wieda ab un' drehtsich zu Tilla um:


    "Weißte, die ganze Heidschibumbeidschi-Mitleids-Scheiße kannste Dir bei mir spar'n. Die Götter ham' Dich mit ohne Red'n aufde Welt geschickt, Völlig egal, kein Grund, deswegn einen auf 'ach-ich-arma-Krüppl' zu machn.


    Sertorio nestlt an seiner Tunika 'rum, zieht die Kordl festa.


    "Bei uns daheim wer'n Krüppl, wenn'se zur Welt komm' ersäuft, taugn zu nix un' fress'n nur den Arbeitern ihr Essn weg. 'S Lebn is' kein Fest, wo jeda nu' rumhängn braucht un' ma' Schmarotza mitschleifn kann. Mach'n die Aurelier vielleich' mit, diese valogne Mitleidskacke ich wär'ma dazu zu stolz, ich will kein Mitleid. Wennich nich' mehr kann, dann hab' ich mein Ding gemacht un' ich werd' stolz drauf sein. Is' Dir wah'scheinlich egal, bimmelst halt mit Deine Glöckchn un' wartest, daß annere springn.-- Un' wenn Du blöda Arsch nich' aufhörst, herumzuglotzn, kriegste eine inne Fresse, kla???"


    Den letzn Satz seiner langn Rede richtet Sertorio nich' an Tilla, sondern an einen ältern Mann, der - mit anderen - die Szene als Gelegenheit zur Ablenkung von eigenen Geschäften nutzt.


    "Bom" sagt Sertorio, nimmt'n Karrn wieda auf un' trottet weiter, ohne auf Leute oder irgendwas um sich herum zu achtn. Er hat gesagt, waser sagn wollte un' gut is.

    Nachdem sich Sertorio beim vilicus 'n volln Geldbeutl geholt hatte, stapfen Tilla un' er mi'm Karrn in Richtung der Märkte Roms, wo sie Viechzeug aller Artn tot oda lebendig, Obst, Gemüse, Kräuter, Gewürze, Mehl, Getreide, ezetera 'ranschaff'n könn'. So'n patrizischer Haushalt is' wie'ne große Herberge, andauern Gäste, mal kurz oder mal lang da, immer wer, der Hunger oda Durst hat, Hauf'n Personal, Hauf'n Leute zu versorgn. Vergißt ma', daß Sertorio nich' mehr täglich zum Angln geht und 's Meer weda riecht noch sieht, hat sich sein Lebn kein Deut verändert, eher verbessert, denner muß nich' Sorgn habn, morgn nix zum beißn zu habn, daß Gäste wechbleibn, niemand ißt oda trinkt, kein Geld da is'. Ob nun sein Vater oda'n Aurelius ihm anschafft und ihm die Hucke vollhaut, wenner Scheiße macht, bleibt sich im Grunde gleich. Dieses Geschwalle, das manche Sklavn un' manche Herrn draufhabn, von wegn 'armer Sklave', grausliges Schicksal, etzetera ist völlig gekwirrlte Kacke - den Sklavn der Patrizier jednfalls geht's meilenbesser als jedm angepißtn Kleinbauern, der sich durchschlagn muß. Un' wer nich' arbeitn will, ... Sertorio zuckt die Schultern. Selbstschuld.


    Sertorio zieht mit beiden Händn den Karrn durch die Gassn, Tilla klingelt un' glöckelt neb'n ihm her, beide schweigen, im Grunde gibt's auch nix zu sag'n. Der Weg zu den Märktn is' immer derselbe, jednfalls will Sertorio auch zum Hafn, manchmal kann man da den letztn Zwischenhändler ausschaltn un' direkt vom Schiffer kaufn. Eher aber erst nacher.

    "Will kein' Ärger" sagt Sertorio. Das Sonnenscheinchen is' vielleicht schnell beleidigt, wie alle diese Schnöslchen, wemma ihnen nich' genug Aufmerksamkeit gibt.


    'Du un' ich' Was wird'n das jetz'? Sertorio stöhnt leicht innerlich. Jetz' klettet die sich an mich 'ran, super.


    "Wa'en? Na, Wa'en halt. Sach'n, Klump, Essn, Wein, egal, wasser Händla halt verkauft am Markt un' was inne Hafn geschifft wird." Ob das so'ne gute Idee is'? Fraun, manchmal weiß'ma nich', was mit dene is'. Erst total klever, dann wieda völlich plemplem.

    Sertorio hatte sich gestern den letztn Sack Muschln am Markt gekrallt, üba Nacht gewässert, gewaschn, un' dann innem großn Topf auf'n Herd zum Kochn bringn. Brauchte einige Stundn. Rumsitzn, nixtun, Löcha inne Wand starrn un' wieda zumauern. Drum setzter gleich die Soße für die Muschln an: Pfeffer, Liebstöckl, Petersilie, getrocknete Minze, Lorbeerblätte', Kümml un' etwas mehr Kümml, Honich, Essich und Liquamen. Alles nachenande' innenMörse' zerstoßn, zerrei'm un' dann sitzn lassn, bis ma' die Pampe braucht. Nebnher setzt Sertorio noch 'n Stück Rind innen Topf, nich' anbratn, kalt hochkochn. Dazu Minzsoße, später. Komisch, aba wollte Niki so ham. Inzwischn kamn se gut mitananda aus, keiner machte'n andern an, auch wenn ihre Macke mit'e Hundn inner Küche immer wieda zu Klappern und Scheppern führte.


    Sertorio hört das leise Klingln, das'n Krüppl verriet, wahrscheinlich mit Absicht, als Wa'nung oda wasweißich.


    "Alles weg" sagter ohne sich umzudrehn. Jetz' gibt's nix zu fressn, erst später. Hau ab.
    Dann hörter ein leises Klappern auf Holz, Sertorio muß eh zum Tisch, weiler 'n Löffl braucht. Klaut die? Sertorio hört die raschlndn Schritte zurüch zur Tür Er dreht sich schneller um, als er will und sieht nich', daß was fehlt, sonnern, daß was dazugekommn is', 'ne Holztafl. Da steht wohl was drauf für ihn? Oda was?


    Sertorio geht, nimmt sie, liest und schaut den Krüppl imma wieda seitlich an. Is' ihm schon aufgefalln, sieht nich' aus wie'n Krüppl, wie diese Kreaturn, die sabbern und blöde grinsn. Steht nur da und schaut zur Tür.


    'Un' wer paßt auf den Scheiß hier auf?' denkter sich. Einkauf'n mit'm Krüppl, hätter sich ja denk'n könn'. So Aurelius Ursus den Krüppl angeschaut hatte, war'se hier zum nixtun, zu nix nutze, nich' ma' allein einkaufn kannse. Bom. Auchegal.


    Sertorio liest nochmal. Schöne Schrift. Nich' so verkraxelt wie seine eigene, nich' hart, sonnern weich auffer Waxobafläche. 'N Karrn brauch'ma, klar, großer Einkauf war 'ma wieda nötig, große Teile.


    "Ich mach' hier grad ferttich", sagt Sertorio, dreht sich um und holt beide großen Töpfe vom Feuer, bevor 's Wasser heiß wer'n kann. Die Soße stellter zur Seite, deckt se ab, wischt sich kurz die Hände ab un' geht dann zur Tür.


    "Komm, Kr..." Sertorio hält etwas verlegn inne. Scheiße, so nich', trotzdem.


    "Tilla, nich'?" versucht er's nochmal, ob die ihn überhaupt verstand?

    Sertorio kratzt sich unter den Achsln, irgen'was juckt da, hoffntlich keine Läuse vonne Pennern in seinem Schlafraum. Bis gestern hatter noch keine gehabt, so viel is' sicher. Was schreit'n die jetzo?


    "Wenner Aurelius Corvinus noch krank is', ansonstn müß'ma wohl Bär un' Rabe frag'n." sagt Sertorio.


    "Schau'ma, daß'ma nach Ostia für Wa'en gehn. Das is' das beste, mi'm Karrn, das sin' zwei Tage un' kein freier Tag." Man muß den Herrschaftn nich' alles auf eimal herausleiern. Auch sein Vater war nich' begeistert, wenner mal einen Tach verpennt hat oder für nix auf's Meer rauswollte. Wer'n hier nich' anners sein.


    "Du frachst, ich bin neu hier" stellt Sertorio klar. Außerdem isse 'ne Frau, die deichslt das leichter. Sons' denkn die, Sertorio hätt'n Fluchtplan. Oder denkn die das nich' sowieso? Verquere Denke wär' das, aber normal für Röme'. Kein Sinn fürs Praktische.

    'Sach ma, sach ma, weißte, sach ma ...' Schnalle, bin ich'n rhetor oda was?


    Das Meer. Mein Meer. Unsa Meer. Das Meer. Meer. Mare. Blau. Grün. Grau. Schwarz. Weiß. Rot. Gelb. Glitzernd. Stump. Gleißend. Hell. Dunkel. Klar. Trüb. Gelassen. Tobend. Meer. Mehr Meer. Noch mehr Meer. Nur Meer. Meer.


    Ich. Er. Er. Ich. Wir.


    Sertorio schüttlt den Kopf.


    "Klar, mach'ma man. Vielleicht ham'wa mal ein, zwei freie Tage, wennix los is' oda so. N' Tag hin, n' Tag zurück, solange dauert's schon bis zur Küste." Sertorio schaut Caelyn vonner Seite an. Schwimmn kannse nich', also Strand, Küste. Füße, Beine ins Wasser. Kontakt. Kontakt mi'm Lebn. Wenigstns.


    "Vielleich' ham'wa auch ma was in Ostia zu tun, nich? Is' sicher Zeit, dann 'hallo!' zu sag'n." Und dem Meer ein Opfer zu bringn, über die Welln streichln, die Schaumkronen küssn.

    Sertorio klappert mit'm Geschirr herum, hantiert mit den Töpfel und Töpfchen, die wie ein Haufe ungeordneter Hilfstruppen nach geschlagener Schlacht auf'm großn Tisch beim Spülbottich stehn un' darauf wartn, nach ihrem Tagwerk ins heiße balneum springen zu dürfn. Mit Zitronenscheiben weicht Sertorio die hartnäckig anhängenden Speisereste ein, kratz und schabt, schubbelt mit Lappn und auch'm aus dem balneum der Herrschaftn ausrangiertn Schwamm herum.


    "Du bis' Sertorio?" sagt eine Stimme vom Eingang.


    Sertorio dreht sich um, sucht nach einem festern Gegnstand, den Eisntopf, mit dem er dem Kerl da im hellen Türeingang den Schädl glattklopfn kann. Ein Zwerk, der ihm bis zur Schulter geht, mit'm Kopf, glatt wie'n gepelltes Ei, schweiglänznd, miefig bis zum Spülstein.


    "Und wenn" grunzt Sertorio unbeteiligt.


    "Locker blei'm, ich bin hier, um Dir was zu stech'n" sagt der Zwerk. "Bin Armin" fügter hinzu.


    "Soso, 'n Zwerk, der'n echta Stecha is', wa'?" Sertorio grinst: "Armin da Stecha".


    "Nee, Alabasta-Armin nennen'se mich, weg'n meina Alabasta-Haut"" Armin streichelt über seinen sonnengräunten, schokoladigen muskulösn Arm.


    "Jo, Mann, dann mach' ma los. Da is' Feuer, zum reinign der Nadln, keine scheiß Drecksnadln, keine scheiß Dreckstinte, klar?", sagt Sertorio.


    "Seh ich aus wie'n Amateur? Bin ich Amateur-Armin oda was, biste Sertorio der Scheißkluge oda wie?" Armin schnaubt und grinst.


    "Locka bleib'm, wärst nich' der erste, der mi'm großn Maul seine Nadln fressn mußte" weist Sertorio ihn grinsend auf das Schicksal mancher Schlamper hin, die ihren Kunden neben schlechten Tätowierungen auch Infektionen gemacht hattn.


    Armin nickt, packt seinen Lederbeutel aus, nimmt die Nadln aus'm Etui, stellt die Gläschen mit der Tinte hin.


    Nachdem Armin und Sertorio so Freundschaft geschlossn haben, die Nadln überm Feuer desinfiziert und danach abgekühlt sind, die schwarzblaue Tinte bereits offen steht, um in die genadelte Haut getropft zu wer'n, setzt sich Sertorio in eine helle Ecke der Küche umgekehrt auf'n Stuhl, Brust anne Lehne, Rücken zu Armin.


    "Un, wohin willste, Süßer, das Schmuckstück? Auf'n Arsch, damits Dein Liebster jede Nacht un' jedn Morgn bewundern kann?" fragt Armin.


    "Du mich auch" sagt Sertorio und zieht am Rückn die Tunika runter, sodaß ein Stück Hals oberhalb der Schulterblätter sichtbar is'.


    "Ne, ausziehn, Süßer, so funzt des nich'" schüttelt Armin den Kopf. "Wenn der Stoff hochschnalzt, isses im Arsch."


    Sertorio nickt leicht, na, in Ordnung, er will nix Drittklassiges un' nix Versautes auf sich. Er steht auf, zieht die Tunika über seinen Kopf, wirft sie von sich und setzt sich mit nacktem Hintern und nacktem Oberkörper wieder hin. "Los, direkt über'n Halsansatz, oberhalb der Schulterblätter, genau inne Mitte. Exakt Zentrum, klar?"


    Stille. Man hört das Feuer prassln, irgendwelche Geräusche von irgendwelchn Lebndn draußn, Armin atmet. Sonst Stille.


    "Das, das, das is, das is'n ..."
    "Ja, das is'n Tarraco-Ole. Fang' an."
    "Du, Du hast'n Scheiß-echtn Tarraco-Ole auf Deinem verficktn Rückn'! Wer zum Geier bis'n Du?!"
    "Jeman', der Glück hatte, Tarraco-Ole über'n Weg zu laufn. Sons niemand. Kam einfach zu uns ins Wirtshaus, soff sich'n Schädl voll und machte mir zum Lohn dafür das da inner Woche auf'm Rückn. So. Un' jetz' mach hinne."


    "Es is' mir eine Ehre. Was'n Teil. Sieht aba 'n bißchn rechtslastich aus."
    "Is' auch nich' komplett. Fehlt 'was, ging nich', später mal. Is'ne lange Geschichte für meine Enkl un' für sons' kein Arsch. Danke für die Blumen un' gut is'". Sertorio grunzt. Zufrieden, weil er einen Kenner hat. Die Aurelier war'n keine Scheiß-Knauser, guter Griff, mußte man ihnen lassn.


    In den nächsten zwei Stunden, während derer das Licht immer spärlicher wurde, saßen Sertorio und Alabasta-Armin da und Sertorio bekam sein neuestes Motiv. Jedes Motiv hat seine Geschichte un' dieses wird von der Geschichte bei'n Aureliern erzähln.

    Vonner cena gestern war Huhn übrich gebliebn, Sertorio findet das nich' so spannend, aber mitte Abfälle un'nen Restn kochter für die Kollegn ein "Huhn á la Sertorio": dazu kocht er Gerste mit Erbsn innem großn Topf, zerfitzelte die Hühnerteile und setzt es mit Liquamen, Öl und Wein kalt an. Dann langsam aufkochen. Zwiebel und Koriander kleinhackn, Hirnchen und Leber enthäuten mit rein innen Topf. Lange kochn, den Saft mit neuen Zwiebeln und Koriander durch ein Sieb auf die gekochtn Erbsen un' 'nen Puls.


    Fertiches Huhn und Erbsn un Puls abwechselnd innen neuen Topf schichtn,
    Pfeffer, Kümmel un Saft vom Huhn dazuschüttn, mit gewürztn Eiern tränkn, obendrauf Pinienkerne, abschmeckn und dann langsam köchln lassn. Wenns fertich is, wie'ne Terrine mit'm Messer schneidn un' in Portionen inne Schalen. Dazu verdünntn Wein. Is' okay, wenn'ma Huhn mag.

    'Prima, n' Versteher is' er. Prima, Aurelius Ursus' denkt sich Sertorio. 'Un' jetz' hatter genuch Konwasazion gemacht un' hat keine Böcke mehr. Also abmarschmarsch, hurtich, Arbeit ruft.' Uff, also wieda zurück.


    "Ja, dominus" sagt Sertorio. Wenn's Probleme gab, würd' er die selber lösn. Niki sah nich' blöd aus, keine Römerin jednfalls. Das würd' schon gutgehn, man schaut halt mal, was geht.


    Sertorio neigt kurz seinen Schopf und verschwindet inne Küche. Wahrscheinlich würd' er erstmal holzhackn gehn, sinnvolle Tätigkeit nach der ganzn Fragerei und Antworterei ohne richtiges Ziel. Die Römer sin' seine Dienstherrn, und gut is'.

    "Ja, heiß", bestätigt Sertorio gleichgültig. Piratarie war'n Gewerbe wie jedes annere auch, Piratn konnte man buchen, quasi, warn Dienstleister und man wurde ja auch von allen anneren übers Ohr gehauen.


    'Hügl, Berge un' Wald hamma auch', sagt sich Sertorio. Wie soll Meer schon sein? Wasser bis anne Enden der Erde halt.


    "Wenne gerade auf's Meer schaust, siehste nu' eine riesige blanke Fläche Wasse' ohne nix sonst. Kein Ende in Sicht. Weite. Unendlichkeit. Un' wenne auf'm Meer bist, haste Unendlichkeit überm Kopf, untern Füßn und um Dich 'rum. Du has' keine Grenze, für nix. Das Meer riechste schon meilenweit, das Meer schmeckste, ohne davon zu trinkn, das Meer spürste, selbst wenne nich' auf'm Meer bis'. Das Meer is' Dein bester Freund un' Dein größter Feind, 's is' der Vater aller Dinge, alles kommt aus'm Meer, das Meer macht lebendich und tötet." Sertorio gestikuliert, spannt seine Arme um die Weite des Meeres, die Höhe des Himmels und die Tiefe der See, mit der Wurst inner Hand.


    "'S Meer is' in Dir drin, 's läßt Dich nie mehr los" sagt Sertorio un' verstummt. Hat ziemlich viel geredet, findet er. Ach, 's Meer.

    "Neja, nich' wirklich, also ich meine, nur im Spiel unter Freunden. Retiarius mit'm alten Netz, Holzstange und Holzschwert und so am Strand." Sertorio muß unwillkürlich lächeln, während er mit dominus Aurelius Ursus erstaunlicherweise wieder ins Haus geht. Hätter jetz' nich' anfangen soll'n mit was, oder wie? Aber die Erinnerung an den heißen Sand unter den nackten Füßen, die verschwitzen sandverklebten Körper, der Spurt ins kühle Wasser, Tauchen, Kraulen, an Land, weitermachen, dann um ein Feuer hockn, die untergehende Sonnenscheibe anschaun un' froh sein bis es zu kalt is'.


    "Ansonst'n für'n Hausgebrauch, wie'ma so sagt. Gibt immer Leute, die unbedingt Ärger haben wollen" Sertorio zuckt mit den Schultern, wennse Ärger wolltn kriegtn se ihn. Kein Problm, nich' dafür. Besoffene, die im Wirtshaus vom Vater Streit anfingen, irgendwelche Jungs im falschen Revier, Wichtichtuer, Ärsche noch un' nöcher, die nich' kapiertn, was "nein" oder was Ehre heißt.

    Sim-Off:

    Hier gibt's 'was inne Schüssel un' innen Becher. Für alle - die da o'm un' die da unt'n. :)


    Holzfällen. Nachdem Sertorio im Laufe der Tage mindestens zwei kleine Wäldchen verhackstückelt und damit die verschiedenen Feuerchen uner die Kessel inner Küche geschürt un' am Leben gehalten hatte, wusch, schälte, schnipselte, stückelte, schnitt, zerkleinerte, hobelte, raspelte, mahlte er Wagenladungen von Gemüse, Obst und Getreide und wusch die Kessel, Pfannen, Bräter, Bestecke, Tonschalen und Schälchen. In der dritten Woche paßte er auf, daß der Puls für die Sklaven nich' anhing, rührte um, warf unbemerkt vielleicht ein paar gute Fleischabfälle oder Fischteile hinein, rührte'n Puls, krümelte vielleicht unbemerkt Pfeffer, Liebstöckl oder Salz innen Puls.


    Es ging Sertorio zwar tierisch auf'n Sack, jedenfalls das Gemüse, das Obst, das Getreide un' das Geschrr, aber beim Holzhack'n konnt'er sich dann austob'n. Der Kasten mit'n Holscheit'n war doppelt so hoch mit Holz gefüllt wie'er tief war, Brennzeuch für noch'n doppeltn Winter.


    Aben's, wennde Küche leer un' dunkl war, rollt er sich auf'n Sack vorm Herdfeuer zusamm'n, worum er Niki als einziges gebetn hatte. Er hatte vonne Fürze seiner Zimmergenossn genuch un' wollte überhaupt seine Ruh am Ab'nd.


    Inner viertn Woche hatter echtn Zoff mit Niki, weiler fünf Fische ohne lange zu denkn auf'n Mist schmiß, er roch roch noch nich', die Augn war'n aba schon blind. "Friß' Dein' Dreckscheiß selbe'" grollte er, als sie die Fische doch noch weiterverarbeiten wollte.


    Inner Folge, nach'm kurzn Schlagabtausch un'nem verbeultn eisern'n Schöpfer hörte Sertorio auf, Gemüse, Obst un' Getreide zu waschn, schäln, schnipseln, stückeln, schneidn, zerkleinern, hobeln, raspeln un' mahln, sondern schupte un' nahm die Fische aus, öffnete Austern, Muschln, Krebse un' fing an, zu kochn. Pfeffer, Liebstöckel, Oregano, frischen Koriander, Zwiebel, entkernte Rosinen, Passum, Essig, Liquamen, Defritum, Öl mit gebratenem Thunfisch, Puls für die Sklaven in einem Fond aus Fisch- un' Gemüseabfällen mit oder mit ohne Garneln.


    Die Fische kamn nich' mehr tot auf'm Karrn, sondern lebendig innem Bottich mit Salz- oder Süßwasser innen Hof, wo Sertorio mit'n Fisch'n rumhing, sie fütterte, beobachtete, ihnen stumme Gesellschaft leistete, bis einer oder mehrere von den Bottich-Bewohnern auf'm Speiseplan standen.

    "Bin Fischer", sagt Sertorio. "Vater is'n Gastwirt, anner hispanischen Küste im Nor'n." setzt Sertorio geschwätzig hinzu. Bom, also Konwasazion mach'n, was'n noch?


    "Ham mich halt beim Fischn 'rausgefischt, Piratn halt. Blöd, aba was soll' mer machn." Sertorio ist sich nich' klar, ob das wirklich so blöd war oda eigentlich gar nich' schlecht. Daheim war's öde gewor'n, irgendwie. Auch wenne große Stadt Scheiße is', lauter Krach, Enge, keine Natu'. Außer dem pimfichen Gartn. Mit Mauern drumrum.


    "So Scheiße isses hier wohl nich', oda müß'ma hier hungern?" Der Winter daheim war sicher wieder lausig gewesn, die Erntn war'n nich' gut im Herbst, mehr Wasser als Gerste im Puls, un' sowieso nu' Puls mit Puls un' Puls als Beilage.

    'Weiß nich', wenn'de artich fragst ...' denkt sich Sertorio, wischt den Gedankn aba wech wien Kreidestrich auf'ner Wachstafl. Sonst hätter mehr seh'n woll'n, mehr seh'n woll'n, wo.


    "Hmpft" grunzt Sertorio unbestimmt, er denkt kurz an Caelyn, scheiße, das war ja woh' schiefgelaufen. Is' auch nich' wichtich, Aurelius Ursus sieht nich' so aus' als ob ihn das eh' wirklich interessiert.


    "Nee, Schweinkram, naja, nicht Jugendfreies macht man nich', 'n ernsthafter Tätowierer würd' sich weigern." Die Rose von Jericho zählt nich', das is' Kunst un' auch nich' off'nsichtlich.

    "Tätowierung'n wachs'n mit, das is' nun mal so. Wie bei Narben." erwidert Sertorio. Gesehen hatte er n'ch keine Tätowierung, entweda wa'er er blind oda die war'n zu weit unt'n unter'm Stoff. Sertorio muß dem Tätowierer sag'n wo er das Teil hinmach'n soll, er will sich seinen Rück'n nich' verschandeln lass'n mit Scheißarbeit. Aba da er schon einige Motive hat mach'n lass'n, wird der Nadler schon mit Respekt 'rangehen. Sonst war das dessn letzta Job, das war kla'. Scheißarbeit macht ma nu' einmal im Leb'n und nie wieda.


    "Klar, domine",sagt Sertorio. Da kannste' einen drauf lassn, Aurelius Ursus, daß das nich' meine einzige is'.
    "Aber nich' alle Motive sin' an einer jugendfreien Stelle", jetzt grinst er. Sein Sternzeichen 'cancer', Krebs, hängt anderthalb Handbreit unterhalb seines Bauchnabels.
    "Auf'm rechten Arm is'ne Pilgermuschel, die bei u.ns in der Gegend vorkommt, und auf'm Herz'n ein kleiner Segler in volla Fahrt" Naja, un' eben seine Unvollendete auf'm Rück'n. Un'n kleines Monogramm inner Leiste. Was sich so ansammelt ...

    "Ja, domine", sagt Sertorio und nickt. Da hater vadammt recht, der Aurelius Ursus. Wär' blöde, wenn alle Aurelier urplötzlich unter Krämf'n verreckt wär'n, un' sich herausstellt, daß man schlechtn Fisch faarbeitet hat. Ups, so'n Prech. Gäb' aba'n schlechtes Licht auf die Küche.


    "Ich geh' mit" bekräftigt Sertorio, noch war'n ihm seine Herren nich' im Weech, un' schlechte Ware wollte er selbst nich' fakochn oda essn. Berufsäthos, halt. Daß Aurelius Ursus Fisch gerne ißt, nimmt Sertorio befriedigt zur Kenntnis. Fisch schmeckt für viele nach nix, darum wolln'se lieber Esel, Pferd oder Wild. Auch gut, aber stumpft die Zunge irgen'wann ab.


    Tätowierer hier in Rom? Geil. Dachte, die gibt's nur im Hafn, wundert sich Sertorio, und krempelt seinen linken Tunika-Ärmel hoch:


    "Kein Problem, Domine. Den da hab' ich mir vor drei Jahr'n machen lassen" lächelt er leicht und fährt sich mit der Zunge über die Lippen. Ein plastischer, sechszackiger Stern, einem sidus Iulium ähnlich, prangt auf Sertorios Oberarm. Leicht verzogen, weil die Haut sich damals noch ausgedehnt hat, Sertorio wuchs noch ein paar Zentimeter. (Jene Tracht Prügel, die er von seinem Vater dafür bekam, hatte mehr geschmerzt, als die Tätowierung selbst.)


    Die Schlange auf Sertorios Rücken zischelt heimlich, die wird nur der Tätowierer zu sehn krieg'n.


    "Was für'n Motiv, Domine? Ein Leo?" fragt Sertorio neugierig, er erinnert sich an die vielen Darstellungen des aurelischen Wappens im Haus.


    [SIZE=7]edit:/ sidus Iulium = sechszackig tsts.[/SIZE]

    "Domine", sagt Sertorio und neigt seinen Schopf zu Gruß, als sich Aurelius Ursus umdreht.


    'Tilla was? Nee, geh' ma nich' wirklich davonaus. Aba'n Gartn unne Ställe, 's balneum unne Küche unne Schlafräume hab' ich gesehen', denkt sich Sertorio, das reicht schon erstmal. ''Ne weitere Führung wär' auch sinnlos gewesn, weil das nich' die Bereich gewesn wär'n, auf die's ankommt. Aba jetz', nich?'


    Sie gehen auf einem anderen Weg hinaus in den Garten, vorbei anner Bank, wo er gestern mit Caelyn saß, währenddessen redet Aurelius Ursus unaufhöhrlich weiter. Inhalt: inner Küche arbeitn.


    Die Küche kennt Sertorio schon und Niki auch. Der Mann is' klever, ohne Frage, hat'n Händchen für Aufgabenverteilung. Inner Küche is' Sertorio am liebstn, wenn er nich' auf'm Meer is. Meer is' nich', also Küche, supa. Vielleicht kanner da ja auch schlafn nachts.


    Sertorio geht hinter Aurelius Ursus her und beobachtet ohne weitere Gedanken dessen Hintern, Rücken, Nacken und zurück.


    Als sie vor dem Holzhaufn stehn, den er kleinmachen soll, kommter sich halbwegs wie zuhause vor, wenn es nich' so überhaupt nich' nach Meer riechn würde. Holzhackn war immer gut. Zack, einer wech, zack, noch einer. Wenner echten Frust hatte, hater aufn Scheit 'n Gesicht gemalt und zugehaun, daß die Hälftn flogn. Hilft ungemein. Den ersten Scheit wird er dem Piratenkapitän widmen, den nächst'n dem alten Stinker, der ihn als erstes an Bord gevögelt hat unne'n Drittn dem Sklavenhändler. Aller guten Dinge sin' drei, vergebn, vergessn.


    "Hast Du dazu noch Fragen?" Ne, wieso? Was'n daran unklar?


    "Magst Du Fisch, domine?" fragt Sertorio stattdessen.