Beiträge von Publius Matinius Agrippa

    Vor ewig langer Zeit war Agrippa in diesen Räumlichkeiten unterwegs. Fast hätte er vergessen, wie pompös auf der einen Seite und wie schlicht auf der anderen Seite das Domus Flaviana war. Dieser Raum erinnerte ihm an die Zeit als er noch mit Anton des Öfteren debattierte. Der Senat über mehr Macht verfügte und in den Provinzen Curiae vorstanden. Lang, lang ist es hier. Nun jedoch liegt eine neue Ära vor ihm.


    Er trat weiter hinein. Keine Menschenseele war zu sehen. Nicht einmal Sklaven waren vor Ort. Nur einige Krüge. Es war still und leise als würde jemand nach einer ausgelassenen Säkularfeier demnächst zu Bett gehen.

    Agrippa kam mit keiner Sänfte, sondern nutzte die Gelegenheit durch Rom zu flanieren. Nur so war es ihm möglich diverse Neuigkeiten aufzunehmen. Einer seiner Sklaven hatte die Aufgabe das jeweilige vorgetragene Diktat aufzunehmen. Bisher waren etwa 76 Wachstafeln beschrieben, sodass ein weiterer Sklave die Tafeln per Hand tragen musste. Dieser kam fast ins Schwanken als sie die eine oder andere scharfe Kurve nahmen.


    Am Tor angekommen, ersinnt er sich an einem Gespräch, dass auf Befehl vom Augustus bis auf weiteres keine Durchsuchungen bei Senatoren vorgenommen werden sollen. Es gab einige Senatoren, die diesen Umstand begrüßten. Ihm selbst war es egal. Er hatte nichts zu verbergen, außer ein paar Kilo Fleischmasse.


    "Salvente, Beschützer Rom´s! Ich, Publius Matinius Agrippa, habe eine Audienz mit dem Augustus. Darf ich eintreten?", grüßte er freundlich. Respekt hatte jedermann verdient, solange er sich nichts zu Schulden kommen lassen ließ. In Rom wird leider diese Anschauung zu sehr vergessen.

    Agrippa lachte kurz auf. "Wenn ich das wüsste, würde ich dich nicht entsenden." Der alte Senator war gespannt wie schnell sein Gast die Aufgabe erledigen würde. Vor allem, weil der Palatin nicht für seine Flexibilität bekannt war. "Gut, wenn du die Bestätigung erhalten hast, komme zu mir und ich werde dich einführen."

    Wie ein Pfeil kam die Reaktion von seinem Gast entgegen. "Das lobe ich mir. Ohne Nachzufragen. Direkt zur Sache. Also. Ich bitte dich, dass du den Palatium Augusti aufsuchst und in meinem Namen herausfindest wie es um meine Ländereien steht. Nicht der Zustand. Nicht die Ausmaße. Sondern lediglich die Anzahl ist von Interesse." Nach seiner Kenntnis müssten es sich hierbei um satte 65 handeln. "Ich möchte eine Bestätigung wie viele Ländereien mir weiterhin zustehen." Die Aufgabe war ungefährlich, sollte es sich im Nachgang herausstellen, dass sein Gast ein Gauner oder ähnliches war.

    Er zuckte mit der rechten Augenbraue und fragte sich, ob er tatsächlich der Dienstälteste sein soll. War nicht Meridius vor ihm Senator geworden? Wie stand es um diesen Germanicus Avarus? Nach seiner Information waren beide wohl auf. Vielleicht meinte er den Dienstältesten in Rom. Das könnte sein. "Ich muss dich enttäuschen. Denn ich hatte bisher keinen Bezug zum jetzigen Augustus. Er ist erst nach meiner aktiven Zeit bzw. Abwesenheit als Imperator gewählt worden. Jedoch könntest du mit deiner These in einem Punkt richtigliegen. Als ehemaliger Censor ...


    Du bist eigennützig wie jeder Römer in Rom und direkt. Ich verstehe. Doch solltest du dich in Acht nehmen, weil nicht jede Person kann damit umgehen. Es gibt weiter Situationen die ein Schweigen für angebracht halten. Doch das wirst du noch lernen. Denn was wäre ich für ein Lehrer, wenn ich nicht einmal meinem Schüler die einfachsten Verhaltensregeln beibringen könnte.


    Du siehst, ich bin nicht abgeneigt. Doch bevor ich zusage. Erfülle mir eine Aufgabe. Wärst du dafür bereit?"

    Der Hausherr zeigte auf den Platz neben ihm, um zu verdeutlichen, dass sein Gast nicht länger stehen müsste. "Ich danke dir!" Agrippa lächelte. Ersten Test bestanden. "Das täuscht. Es liegt wohl an die wöchentlichen heilenden Massagen und Thermengänge. Nun, sagt aber. Warum bist du erschienen? Ich denke nicht, um mir Honig zu überreichen."


    Agrippa würde dichten, wenn er meine, nicht am Aemilius interessiert zu sein. Immerhin brauchte diese Familie so einige Konsuln aus alten Tage hervor.

    Agrippa war in gebückter Haltung hinter einem Rosenbusch ganz in der Nähe versteckt. Er pflückte eigenhändig das Unkraut aus der Erde heraus. Neben ihm Stand ein Eimer gefüllt mit roten und weißen Rosenblüten. Erst als einer seiner Haussklaven ihm einen Wink schenkte, hatte der Gast seine Aufmerksamkeit erhalten. Agrippa stand auf und ihm wurde der Name seines Besuchers mitgeteilt. "Salve, Nero Aemilius Secundus. Magst du einem alten Senator beim Tragen helfen?" Er deutete auf dem Eimer. Er ging anschließend zu einer Bank und setzte sich.

    Agrippas Leib-Sekretär nahm den Brief in Empfang und öffnete ihn umgehend. Er wisch sich den Schweiß von der Stirn. Bei den Göttern. Ein Tag später wäre fatal gewesen. Bacchus ist gerettet. War es doch vom Dominus einer der persönlich wichtigsten Feste. Ging es doch um viel Wein.

    Ein Sklave, der still und leise in der Ecke saß, stand auf und schenkte den beiden aus einer mit Edelsteinen besetzten Karaffe Wein ein und überreichte die prunkvollen Gläser. "Ja, immer wieder die Götter. Doch der köstliche Wein ist gesät und gelesen durch sterbliche Hände. Ich selbst besitze eine riesige Plantage in Tarraco und es erfüllt mich mit Freude meine eigene Sorte darzubieten. Trink mit mir, Aurelius! Doch wundere dich nicht, dass er vollmundiger und kräftiger ist." Agrippa zwinkerte. "Wir aus dem Süden mögen vielmehr ein Verhältnis von 1 zu 3. Ich warne dich, nicht dass du so schnell trinkst wie du sprichst und aus den Sandalen kippst. Komm! Lass uns liegen." Agrippa zeigte zur hinteren rechten Ecke. Diese diente für kleine intime Empfänge. Die Klinen waren aus feinster roter Seide, die wiederum mit einem Blumenmuster bestickt waren. Darauf befanden sich sehr viele weiche Kissen. "Ich bin tatsächlich auf der Suche nach neuen Verbindungen. Die Zeit in Hispania hat meine Beziehungen in Rom einrosten lassen. Es sind mächtige, aber leicht staubige. Sodass ich grundsächlich offen bin. Du weißt schon, was dich als Klient bedingt? Welche Verpflichtungen du eingehen wirst?" Agrippa griff zu einer Schale Obst. "Iss. Sie werden dir munden. Selbst ein Divus Iulianus speiste genüsslich aus dieser Schale." Agrippa ließ den Becher wieder füllen. "Trink! Alles, was wir hier bereden bleibt unter uns.


    Dass mit den Kampfkünsten interessiert mich intensiver. Ich selbst bin eher unfähig. Ich kann nicht einmal ein Gladius halten. Welche Kampfkünste sind das? Du meinstest klassische, oder sogar exotische?"

    Noch bevor der Nubier seinen Satz beendet hatte. Schauten sich die beiden Wachen mit runzelnder Stirn gegenseitig an, als würden sie damit ausdrücken wollen, dass sie noch nie von einem Senator Namens Nero Aemilius Secundus gehört hatten. "Ähm,... Nun gut. Unser Dominus empfängt wohlwollend unbekannte Bürger für einen Plausch. Sag deinem Dominus, dass Senator Matinius ihn im Atrium empfangen wird."

    Die Wächter öffneten nach dem kräftigen Pochen das Tor. Pickten sich einen von den Nubiern heraus und kamen ohne Umschweife zum Punkt. "Halt! Was ist das Begehren deines Dominus?" Nach der Sänfte her, musste es sich definitiv um einen VIP handeln. Vielleicht ein Senator? Der amtierende Consul?

    Die Irritation wollte nicht enden, als er vernahm, dass die agnatische Linie der Aurelier zu 99,99 Prozent ausgestorben sein soll. Kaum zu glauben. Jedoch, was wusste schon Agrippa? War er über Jahre hinweg in Hispania verblieben. Die Umstände änderten sich eben.


    Agrippa holte einmal tief Luft, lag die Feder ab und stand vom Hocker auf, um sich den Burschen genauer anzusehen. Er würde es nie zugeben, aber seine Augen waren nicht mehr die besten. "Salve Aurelius. Du erinnerst mich an den Cava Curiana am Velino.", grinste leicht Agrippa entgegen. "Ruhig, ruhig... du solltest zukünftig deine Vorhaben nicht direkt ohne Vorwarnung heraussprudeln lassen. Es ist immer sinnvoll, gewisse Dinge für sich zu behalten, um diese bei Notwendigkeit auszuspielen.


    Du sagst also, dass alle Aurelier von uns gegangen sind? Du meinst damit eine bestimmte Familie? Oder tatsächlich alle? Auch die vom Aurelius Antoninus? Wenn das so sein sollte, dann hast du eine wichtige Lebensaufgabe vor dir." Agrippa tat alles dafür die Matinier über Generationen aufrechtzuerhalten. Hatte er doch selbst neun Kinder zu bieten. "So, so ... du möchtest also den schwierigen Weg deiner Ahnen folgen und den Cursus Honorum erklimmen. Das finde ich sehr löblich von dir. Doch habe ich drei Fragen, was genau hast du in Griechenland studiert, wie bist du auf mich gekommen und möchtest du Wein?"

    Ad

    pro Magister

    Paullus Germanicus Aculeo

    Casa Germanitas Quadrivii

    Urbs Aeterna


    Ich möchte dich hiermit unterrichten, dass ich mich seit ein paar Monaten in Rom befinde. Weiter musste ich mit Erstaunen feststellen, dass auf dem Weg von Ostia zur Casa das Rad der Zeit an den einen oder anderen Schrein nagte. Ich bitte dich daher um eine Unterredung, um geeignete Maßnahmen zu ergreifen.


    P. Matinius Agrippa

    Casa Matinia

    Agrippa kannte den verstorbenen Vater von Senator Annaeus recht gut. Erinnerte er sich doch an die vielen gemeinsamen hitzigen Debatten.

    Er blickte betrübt um sich und sah wie jedes Mal keinen Anton mehr.


    Agrippa trat nicht hervor, sondern im Gegenteil, er hob die Hand samt gestreckten Daumen als Zeichen seiner Wertschätzung.

    Das Arbeitszimmer war in der Tat prachtvoll eingerichtet. Viele der vorhandenen Utensilien kamen ursprünglich aus Hispania, andere aus dem fernen Osten wie Syria. Unter anderem zierte eine Schreibfeder das mächtige Schreibpult. Diese stammte aus der Schlacht um Septimanca. Agrippa erinnerte sich sehr gut daran, wurde er doch kurzer Zeit später als Proconsul für die Provinz Hispania durch den Senat ernannt. - Lang ist es her.


    Agrippa saß vertieft an seinem Pult und schrieb einige neue Textpassage für seine Memoiren. Das Thema war derzeit die Erbauung der Bibliotheca in Tarraconis. Nicht spannend, jedoch reichlich Schreibstoff. ... Durch seinem Sklaven aus den Gedanken gerissen, blickte Agrippa in Richtung Tür und sah einen großen, muskulösen, jungen Knaben stehend. "Ähm, salve?", fragte er irritierend.