Seiana schloss flüchtig die Augen, als sie Senecas Worte hörte. Natürlich hatte er etwas gemerkt. Und beinahe genauso natürlich ließ er das nicht auf sich beruhen. Hatte er das jemals, wenn er gemerkt hatte etwas war nicht in Ordnung? Sie konnte sich nicht daran erinnern, und sie war sich nicht so sicher, was sie davon halten sollte. Ein Teil von ihr war gerührt, dass er sich Gedanken machte, fühlte sich geborgen, weil er sich kümmerte um sie. Das änderte nur nichts daran, dass sie über manche Dinge nicht reden wollte. Aber: vor den Kopf stoßen wollte sie ihn auch nicht. Sie tat das oft genug mit ihrer manchmal schroffen Art, der kühlen Ruhe, die sie umgab, der Distanziertheit, sie nach wie vor hin und wieder an den Tag legte. Er hatte jemanden verdient, der ihm vertraute, und sie bemühte sich wirklich, jemand zu sein, der ihn verdiente. Und dann war da noch dieser verräterische Teil in ihr, der sich nach der Geborgenheit sehnte, die Seneca ihr geben wollte. Sie hatte so etwas jahrelang nicht gehabt, und so hatte sie sich eingetrichtert, dass es so etwas für sie nicht gab – und war irgendwie allein mit allem fertig geworden. Die Sehnsucht nach jemandem, der sie unterstützte, machte nur verwundbar, und sie hatte sich alle Mühe gegeben, um nicht mehr verwundbar zu sein. Trotzdem konnte sie nicht leugnen, dass sie die Sehnsucht danach nie wirklich hatte ausmerzen können... sie hatte sie nur sehr effektiv verdrängt. Aber jetzt, wo Seneca und sie verheiratet waren, kam die Sehnsucht wieder. Und obwohl es ihr unendlich schwer fiel, mit alten Gewohnheiten zu brechen, die Sicherheit aufzugeben, die das bedeutete, flüsterte sie jetzt trotzdem auf seine Frage hin: „Nein.“ Einen Moment schwieg sie, starrte an die Decke, dann fügte sie an: „Ich hab gelogen. Ich kenne den Decurio.“ Unwillkürlich lief ein Schauer durch sie. „Er war... er war der, der mich abgeholt hatte... als Rom eingenommen war.“ Was eine eher freundliche Umschreibung dafür war, dass er sie gefangen genommen hatte – und komplett außen vor ließ, wie er mit ihr umgesprungen war.
Beiträge von Decima Seiana
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Seiana nickte leicht. Es hätte sie auch gewundert, wenn der Duccius etwas ähnliches wie die ehemalige Schola hier hätte aufziehen wollen – trotzdem hatte sie sich vergewissern wollen. Bei seinen nächsten Worten lehnte sie sich leicht zurück und wusste nicht so recht, ob sie schmunzeln oder das Gesicht verziehen sollte... Freilich tat sie keins von beidem, aber wäre sie an seiner Stelle gewesen, sie wäre genauso vorgegangen. Sie war so vorgegangen, als sie noch Acta und Schola vorgestanden hatte. Es war fast immer besser, sich erst mal anzuhören was andere zu sagen hatte. „Ich würde zunächst damit beginnen in Erfahrung zu bringen, welche öffentlichen Schulen es hier bereits gibt und welcher Art sie sind. Du hattest in Rom gesagt, dass es damit hier nicht sonderlich gut bestellt ist, aber ich gehe davon aus, dass es trotzdem die ein oder andere geben wird. Je genauer wir den aktuellen Status kennen, desto besser, um die richtigen Maßnahmen festzulegen“, antwortete sie. „Eine Möglichkeit dabei ist immer, Anreize zu schaffen, um mehr Lehrende hierher zu locken. Sie könnten einen finanziellen Zuschuss bekommen, wenn sie Kinder mit unterrichten, deren Eltern sich den Unterricht nicht selbst leisten können. Wer Unterstützung braucht, um geeignete Räumlichkeiten zu finden, könnte diese bekommen. Sie könnten anderweitige Zuwendungen bekommen – bessere Plätze im Theater und Feierlichkeiten, solche Dinge, das würde auch ihr Ansehen steigern. Um das Thema generell ein wenig ins Gespräch zu bringen, sollten wir versuchen namhafte Gelehrte wenigstens auf einen Besuch hierher zu bekommen – der Einladung eines Statthalters folgt der ein oder andere sicher.“ Spätestens wenn auch das verbunden wurde mit zusätzlichen Anreizen... „Und es sollte eine Bibliothek geben. Die Schola hatte hier einen gewissen Grundbestand, ich weiß nicht, was aus diesem geworden ist nach der Schließung, und auch nicht was aus dem Grundstück wurde... wenn das in Besitz der Stadt übergegangen ist, könnte das als Ausgangspunkt verwendet werden. In jedem Fall sollte es einen Ort geben, an dem Schriften gesammelt werden, die den Lehrenden und Schülern zugänglich gemacht werden.“
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Nur mit halbem Ohr lauschte Seiana den Erzählungen einer... sie wusste nicht einmal genau, wessen Gattin das nun genau war. Irgendeines Decurios, meinte sie. Was eine ungewohnte Erfahrung für sie war, normalerweise legte sie sehr viel Wert darauf, zu wissen mit wem sie es zu tun hatte. Allerdings: es waren einfach so viele neue Gesichter und Namen gewesen, die sie in der vergangenen Zeit kennen gelernt hatte, und gerade am heutigen Abend gab es noch mehr davon. Dazu kam, dass sie sich von diesen gesellschaftlichen Anlässen und dem damit einhergehenden Regeln ziemlich entfremdet hatte, seit sie Rom den Rücken gekehrt hatte... und sie hatte eigentlich gehofft, weiterhin ihre Ruhe haben zu können. Das allerdings war als Frau eines Praefectus recht utopisch, was ihr eigentlich auch klar gewesen war, und so hatte sie nicht nur keinerlei Einwände erhoben, als Seneca davon gesprochen hatte eine größere Saturnalienfeier veranstalten zu wollen, sondern geplant und organisiert. Und jetzt stand sie da, bemühte sich um einen Teil der Gäste, während Seneca sich irgendwo anders um einen anderen Teil der Gäste kümmerte, und lauschte einer Erzählung, die sie gar nicht wirklich interessierte. Trotzdem spielte sie ihren Part. So langsam kam sie da auch wieder hinein, das höfliche Lächeln, die interessierte Miene, die kleinen Gesten, die zeigten, dass man aufmerksam war, selbst wenn eigentlich woanders sein wollte. Es fiel ihr nicht mehr ganz so schwer wie noch bei ihrer Hochzeit, um nur ein Beispiel zu nennen, oder auch der duccischen Hochzeit, die sie gleich zu ihrer Ankunft besucht hatte. Und vor allem: man sah es ihr kaum noch an. „Sicher“, hörte sie sich erwidern auf die Frage, mal etwas gemeinsam zu unternehmen, „das klingt sehr gut.“
„Wunderbar!“ rief ihr Gegenüber erfreut aus, und schloss dann direkt die Frage an: „Und was gibt es Neues aus Rom?“
Das überrumpelte Seiana. Vor allem, weil sie keine Ahnung hatte, was sie antworten sollte. Tratsch hatte sie noch nie interessiert, aber während sie in Rom in verschiedenen Positionen und für ihre Familie aktiv gewesen war, hatte sie sich dennoch informiert, weil das notwendig gewesen war. Seit sie sich jedoch in die Albaner Berge zurück gezogen gehabt hatte, war sie nicht mehr auf dem Laufenden gewesen, da konnte sie noch nicht mal mit Neuigkeiten aufwarten, die zum Zeitpunk ihrer Abreise aus Italia neu gewesen waren. Aber das so einfach zugeben? „Uhm“, machte sie erst mal und überspielte den Moment erst mal mit einem Lächeln – mehr musste sie gar nicht tun, denn im nächsten Augenblick stand schon Raghnall neben ihr.http://i271.photobucket.com/al…/Raghnall_zpsanv8vzez.png
Der sich, nicht zum ersten Mal, als Retter in der Not erwies. „Seiana!“ Ihr Leibsklave sprach sie immer so an, jedenfalls wenn sie unter sich waren, aber heute waren Saturnalien – so ziemlich die einzige Gelegenheit im Jahr, wo er sich das bei einem Anlass wie diesem hier herausnahm. „Du entschuldigst doch bitte, ich wollte unbedingt noch mit Vettia Paulina hier sprechen. Vettia, Verehrteste, mir wurde gesagt dass du eine absolute Kennerin der hiesigen Gastronomie bist, ist es wahr, dass die Taberna Silva Nigra nur die zweite Wahl darstellt?“ Seiana warf dem Gallier für einen kurzen Moment einen dankbaren Blick zu, der sie von dem Gespräch erlöst hatte. Es waren Saturnalien, er hätte heute sonstwo feiern können – trotzdem war er nicht nur hier, sondern sprang für sie in die Bresche, wenn es nötig war. Vettia Paulina hieß die gute Dame also... Seiana musterte sie noch ein, zwei Momente lang, versuchte sich das Gesicht einzuprägen mit dem Namen dazu, dann löste sie sich unauffällig von den beiden und ging ein paar Schritte weiter, um für einen Augenblick durchzuatmen. -
Mit einem Ruck wachte Seiana plötzlich auf. Sie konnte nicht sagen, woran es gelegen hatte, ob der Albtraum sie letztlich geweckt hatte, oder ob es doch etwas anderes gewesen war, Senecas Stimme, seine Berührungen. Sie realisierte im ersten Moment noch nicht einmal, dass er wach war, als sie mit klopfendem Herzen da lag, an die Decke starrte und sich in der Realität zurecht zu finden suchte. Erst nach ein, zwei Augenblicken bemerkte sie, dass Seneca nicht ruhig neben ihr schlief, sondern ihr zugewandt war. Sie vielleicht auch angesprochen hatte, sie wusste es nicht. Sie bemühte sich um ein erzwungenes Lächeln, obwohl sie nicht wusste, wie gut er das würde sehen können. „Tut mir leid, wenn ich dich geweckt habe“, murmelte sie, während sie immer noch recht steif da lag und die letzten Nachwirkungen des Traums zu vertreiben versuchte.
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Seiana presste leicht die Lippen aufeinander, als Seneca nachfragte, sogar noch ein zweites Mal. Dann zwang sie sich zu einem Lächeln. Bemühte sich, sich nichts mehr anmerken zu lassen davon, dass sie aufgewühlt war, dass sie... erschüttert war. Sie hatte nicht vor, ihm etwas zu erzählen, jetzt genauso wenig wie vorhin. Sie gestand sich ja nicht mal selbst ein, wie sehr, wie hätte sie da mit ihm darüber reden sollen? „Nein, gar nicht. Wie kommst du auf so eine Idee?“, fragte sie, stand auf und ging zu ihm hinüber, um ihm sacht durch das Haar zu fahren. Wie er darauf kam, er könnte etwas angestellt haben, war ihr tatsächlich schleierhaft. „Keine Sorge. Ich bin nur... müde. Der Tag war anstrengend, mit allem, was heute nach der Ankunft noch passiert ist.“ Sie küsste Seneca, erst auf die Wange, dann auf den Mund, war aber mit dem Herzen nicht ganz dabei. „Lass uns schlafen.“ Mit diesen Worten legte sie sich hin... aber obwohl sie tatsächlich auch müde war, dauerte es lange, bis sie schließlich einschlief. Sie bemühte sich, nicht an damals zu denken, an die Zeit zum Ende des Bürgerkriegs, sie wollte keine Erinnerungen hoch kommen lassen. Aber natürlich rumorten sie trotzdem in ihr – vielleicht sogar deshalb noch mehr, weil sie sie so vehement zu unterdrücken versuchte. Und als es ihr endlich gelang einzuschlafen, kamen die Albträume. Sie kamen sich langsam, vergifteten behutsam, schleichend ihr schlafendes Bewusstsein, ohne das etwas zu merken gewesen wäre... aber sie wurden stetig heftiger, bis Seiana sich im Schlaf stöhnend hin und her warf.
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„Im Zweifel in der Castra. Bis wir etwas anderes gefunden haben, kann es ja durchaus etwas dauern“, erwiderte Seiana mit einem Nicken und lächelte Sevilla an, bevor sie sich weiter aufmerksam umsah und den Ausführungen ihrer Verwandten lauschte. „Dann gibt es ja so einiges, was wir hier unternehmen können. Wenn wir denn Zeit dafür finden.“ Sie schmunzelte Seneca flüchtig an. Er als Praefect der Ala hatte sowieso alle Hände voll zu tun, und sie... nun ja, abgesehen von der Haussuche, um die sie sich wohl hauptsächlich kümmern würde, jedenfalls wenn ihrem Mann einfach die Zeit fehlte, würde sich demnächst auch mit dem Legaten treffen, um über dessen Vorhaben hinsichtlich der Bildungspolitik zu sprechen. „Die Schola...“ fragte sie daher auch nach, „damit meinst du den Außenposten der ehemaligen Schola Atheniensis, oder?“ Seiana wusste, dass es hier ebenfalls einen gegeben hatte, aber sie war sich nicht sicher, ob Sevilla den meinte. Allerdings konnte es eigentlich nur der sein... zumindest meinte sie sich zu erinnern, dass Duccius Vala gesagt hatte, abgesehen davon habe es in Germania bisher nicht allzu viel Bemühungen gegeben im Bereich der Bildungspolitik.
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Seiana fühlte sich unglaublich müde – in etwa so, wie Seneca wirkte, wenn sie ihn ansah. Das kam davon, wenn man nach wochenlanger Reise direkt nach der Ankunft auf eine Hochzeit ging, und der Zwischenstopp in den Thermen war wohl auch keine allzu gute Idee gewesen. Aber zu dem Zeitpunkt hatte sie auch noch geglaubt, dass an diesem Tag nicht viel mehr anstand als sich in der Castra genug einzurichten, um die erste Nacht bequem schlafen zu können. Und dann war da noch diese Sache mit dem Helvetius, die Seiana am liebsten sofort wieder vergessen wollte, es aber beim besten Willen nicht konnte, so sehr sie sich auch anstrengte es zu verdrängen.
Als Seneca sie mehr oder weniger gebeten hatte bei ihm zu bleiben, hatte Seiana für einen Moment gezögert. Die ganzen Leute, die Gespräche, das Aufrechterhalten einer freundlichen Fassade... was noch schwerer geworden war nach dem sie Helvetius wieder gesehen hatte. Und das alles zu einem Zeitpunkt, zu dem sie sowieso schon erschöpft war. Sie wollte nicht unbedingt allein sein, aber sie sehnte sich nach Ruhe, und das hatte sie nun mal am ehesten, wenn sie allein war. Andererseits war es in all den vergangenen Jahren doch immer Seneca gewesen, der ihr ein Gefühl der Ruhe, der Geborgenheit hatte vermitteln können, durch schlichte Anwesenheit, einfach durch die Art wie er war... und sie hatte sich eigentlich auch deshalb darauf gefreut endlich anzukommen, weil sie dann wieder Zeit mit ihm allein haben würde.
Also war sie ihm gefolgt, und machte sich jetzt ebenso wie er fertig um zu schlafen. „Ja“, stimmte sie ihm zu, als er über den Abend zu sprechen begann. „Ungewöhnlich, aber nett, so kann man das gut zusammenfassen.“ Sie bemühte sich um ein Lächeln – das ihr bei seinen nächsten Worten auf den Lippen gefror. Etwas ruckartig wandte sie sich ab und ging zu einer Schüssel mit Wasser, die bereit gestellt worden war, um sich das Gesicht zu waschen. „Hat er das?“ fragte sie, gespielt beiläufig, und dachte zu spät daran, dass gespielte Empörung wohl besser gewesen wäre angesichts einer gebrochenen Nase. Sie räusperte sich. Wenigstens eine Nachfrage wäre jetzt an der Reihe, danach wie genau das passiert war... aber der Helvetius hatte recht deutlich zu verstehen gegeben, dass zumindest er sie zu kennen glaubte, etwas, was Seiana standhaft geleugnet hatte. Sie wollte das nicht erklären müssen. Sie wollte einfach gar nicht darüber reden. „Es ging“, sagte sie daher einfach nur auf Senecas letzte Frage hin, zuckte flüchtig zusammen, als sie seine Berührung spürte – und bemühte sich dann rasch um ein Lächeln, das sie ihm zuwarf, bevor sie sich das Gesicht abtrocknete. „Natürlich bin ich müde... aber kein Wunder nach so einem Abend. Du siehst auch nicht mehr taufrisch aus“, verlegte sie sich aufs Necken, um abzulenken. -
Dass es in Rom Irritationen – und mehr als das – ob der Berufung des Ducciers zum Statthalter gab, war Seiana bewusst, aber die politische Lage in seiner Heimat konnte sie nicht beurteilen... von daher wusste sie nicht, was da zu erwarten gewesen war. Allerdings schien es doch reibungsloser zu laufen, als zumindest er geglaubt zu haben schien.
Dann kam der Duccius schon auf das Projekt zu sprechen, das er bereits in Rom zumindest ansatzweise vorgestellt hatte. Worüber sie mittlerweile lange genug Zeit gehabt hatte nachzudenken – und es war wohl nicht falsch, langsam wieder etwas zu haben womit sie sich beschäftigen konnte. Natürlich könnte sie sich auch hier so weit es ging zurückziehen... aber auf Dauer war das auch nicht das, was ihr gut tat. Dass sie nun hier in Germanien war hatte den Vorteil, dass sie vielleicht einen Mittelweg finden konnte, der in Rom kaum möglich war. „Noch mal... danke für dein Angebot. Und dein Vertrauen. Ich übernehme die Aufgabe gern“, erwiderte sie. „Hast du ungefähre Vorstellungen davon, was diese Institution leisten soll? Sollen Lehrer beschäftigt werden, die unterrichten, wie in der Schola? Oder sollen eher freie Lehrer und Schulen gefördert werden?“ -
Während die Männer sich irgendwo in der Castra der Legio Secunda verzogen, schlug die Tiberia vor, den hiesigen Thermen einen Besuch abzustatten. Was Seiana für eine sehr gute Idee hielt – auch wenn sie sich danach sehnte, endlich irgendwo anzukommen nach der langen Reise: momentan wartete ohnehin nur eine andere Castra auf sie, und obwohl sie durchaus auch allein dort aufgeschlagen wäre und das Nötigste mit den Soldaten geregelt hätte, war es ihr doch definitiv Recht einfach zu warten, bis Seneca fertig war.
Jedenfalls wenn sie die Wartezeit so verbringen konnte, in den Thermen. Nach der langen Reise und mit dem Wissen, dass die Zeit auf der Straße endlich vorbei war, ließ sich das Wasser noch viel besser genießen. Sie warf einen flüchtigen Blick zu Silana und der Amme, die ebenfalls mitgekommen waren und ein kleines Stück abseits waren. Silana. Die sie als Decima Silana vorgestellt hatte, als Kind entfernter, verstorbener Verwandter, das sie als Mündel unter ihre Obhut genommen hatte, eine Lüge, die ihr ziemlich leicht über die Lippen gekommen war – deutlich leichter als Seneca, das wusste sie. Es war das erste Mal, dass das Mädchen in einer Therme war, und es schien ihr zu gefallen – in jedem Fall planschte sie ähnlich fröhlich herum wie Esquilina, und die Amme ließ sie gewähren, genauso wie Seiana. Silana war gerade noch so jung genug, dass es nichts ausmachte, auch in Gesellschaft nicht... und die Reise war, wie bereits erwähnt, lang gewesen.„Ja...“ stimmte Seiana der Tiberia zu. „Ich werde wahrscheinlich noch Tage brauchen, bis ich das wirklich glauben kann.“ Sie lächelte flüchtig und lehnte sich leicht zurück. „Aber spätestens wenn wir ein Zuhause gefunden haben wird das hoffentlich auch vorbei sein.“
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Seiana zog eine Augenbraue hoch, als Seneca so schnell bei der Hand war zu versichern, dass ihm ein längerer Weg nicht nur egal sei, sondern sogar gut tun würde. So wie sie ihn kannte, war sie sich nicht so ganz sicher, ob das wirklich so stimmte... oder ob er das nicht etwa nur sagte, damit sie sich nicht eingeschränkt fühlte in der Auswahl.
Dass er das Stadthaus hingegen ausschloss, war auch in ihrem Sinn, da waren sie einer Meinung. Seiana nickte also, als er die Rolle beiseite schob und einen entsprechenden Kommentar dazu sagte. „Ja, da hast du recht, das Stadthaus hätte ich auch ausgeschlossen. Aber die Auswahl zwischen den anderen beiden ist nicht ganz so einfach.“ Die Villa. Das Landgut. Beide waren groß genug, fand sie, komfortabel genug, beide waren außerhalb der Stadt. Beide hatten ihre Vorzüge. Seiana versuchte logisch vorzugehen – in der Nähe der Stadt zu sein bot sicher einen Vorteil, und die Villa war auch sonst nicht zu verachten. Die Waagschale, wenn sie es so betrachtete, neigte sich eher dazu. Allerdings schaffte sie es nicht wirklich den Gedanken zu verdrängen, wie gut es ihr getan hatte, in den Albaner Bergen zu leben, recht abgeschottet von allem. Sie wusste, dass sie das so nicht weiter führen konnte... nicht bei den Plänen, die der Legat hatte. Aber das Landgut bot immerhin die Chance, ein bisschen so zu leben wie sie es in der vergangenen Zeit getan hatte. Seiana zog die Rolle zu sich und betrachtete noch einmal die Einzelheiten. Sie traf eigentlich keine Bauchentscheidungen – und eigentlich sagte ihr Kopf ihr, dass die Villa mehr Sinn machte. Deswegen hatte sie ja überhaupt gefragt, wie es bei Seneca mit dem Weg aussah. Aber etwas in ihr sehnte sich nach einem Zuhause, das mehr Ruhe und Abgeschiedenheit versprach als eine Villa in Stadt- und Theaternähe. „Das Landgut sagt mir mehr zu, um ehrlich zu sein.“ -
Dankeschön
Aber bist du sicher, dass das reicht? Beim Verbrauch der letzten Wochen bin ich mit meinem z.B. gar nicht dabei - ich konnte seit mindestens September nichts mehr produzieren, weil mir Balsam schlicht gefehlt hat. Hätte ich welchen gekriegt, wäre der Verbrauch der letzten Wochen ja höher gewesen als er tatsächlich war.
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Nachdem Balsam absolute Mangelware ist, und das mittlerweile seit Wochen schon - könnte bitte am Produktions-Punkte-Verhältnis was geändert werden?
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Ein bisschen Zeit war inzwischen vergangen seit ihrer Ankunft in Mogontiacum – wenn auch nicht genug, als dass Seiana hätte sagen können, sie hätte sich schon eingelebt. Zum Teil lag das daran, dass sie noch im Praetorium wohnte, weil es naturgemäß etwas dauerte, bis sie etwas anderes gefunden hatten, zum Teil aber auch schlicht daran, dass diese Provinz so... so anders war als alles, was sie gewohnt war. Und so sehr sie sich bemühte offen zu sein, so sehr ihr dabei zupass kam, dass sie Roms Größe und Glanz kein bisschen vermisste, war sie doch kein Mensch, der sich freudig in so etwas hinein stürzte. Sie war jemand, der Zeit brauchte, um sich einzugewöhnen. Vor allem an eine Umgebung, in der es kaum Römer gab, die in südlicheren Provinzen sozialisiert worden waren – etwas, das beispielsweise in Alexandria anders gewesen war, wenn sie sich daran richtig erinnerte.
„Danke für die Einladung, Legatus“, erwiderte sie mit einem leichten Lächeln, als sie herein gebeten worden war zu dem Duccius und dieser sie begrüßte. „Nein, keine Sorge. In Rom ist man ganz andere Wartezeiten gewohnt.“ Ein Sklave fragte sie nach ihren Wünschen, und Seiana ließ sich eine leichte Weinschorle bringen. „Das ist das Problem an der Spitze. Irgendjemand wartet immer auf einen. Wie war dein Einstand hier?“
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Nachdenklich betrachtete Seiana die drei Schriftrollen, die am Ende übrig geblieben waren. Nicht, dass sie eine zahlenmäßig wirklich hohe Auswahl gehabt hätten zu Anfang, Mogontiacum war nicht übermäßig groß, und es gab noch weniger, die gerade etwas für sie Passendes verkaufen wollten. Trotzdem hatten sie zumindest ein paar passende Häuser besichtigen können, und akribisch wie Seiana war, hatte sie sich bei jedem davon mit den Vor- und Nachteilen beschäftigt, bevor sie die Auswahl überhaupt erst auf diese drei verengt hatte. Seneca hingegen hatte sie an ihren Überlegungen nicht komplett teilhaben lassen... nicht weil sie ihn ausschließen wollte, aber er hatte ohnehin genug zu tun, gerade jetzt in seinen ersten Tagen als Praefectus, und davon abgesehen wusste sie, dass er anders war, dass er nicht solchen Wert auf das genaue Abwägen von Vor- und Nachteilen legte wie sie. Im Gegensatz zu ihr traf er Entscheidungen auch gern aus dem Bauch heraus.
Entsprechend hatte Seiana jetzt allerdings weniger zu überlegen. Wirklich entschieden hatte sie noch nicht, was ihr Favorit war, alle drei hatten ihre Vorteile, aber welche das waren, hatte sie für sich schon aufgelistet gehabt bevor es nur noch diese drei waren. „Wie schnell möchtest du denn gerne hier im Castellum sein können?“ fragte sie Seneca schließlich. Die vorliegende Auswahl hatten sie gemeinsam getroffen, und dass das Stadthaus in Mogontiacum noch dabei war, zeigte eigentlich dass er nicht gesteigerten Wert darauf legte, so schnell wie möglich hier sein zu können. Trotzdem war ihr das wichtig, ihn danach noch mal zu fragen, bevor sie sich womöglich für einen Favoriten aussprach. Sie kannte ihn. Am Ende würde er ihr zustimmen, einfach um sie glücklich zu machen, ohne Rücksicht darauf was für ihn angenehmer wäre. Das zu wissen war einer der Gründe, warum sie sich so geborgen bei ihm fühlte... und gleichzeitig einer von jenen, warum sie bis heute glaubte, ihn eigentlich nicht verdient zu haben.
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Seiana nickte bestätigend. Etwas außerhalb der Stadt, das war auch das, was sie sich vorstellte. Sicher, Mogontiacum war weit davon entfernt so groß zu sein wie Rom, aber dennoch... sie hatte sich an das Leben auf einem Landgut gewöhnt, an die Ruhe, an den Platz. Es konnte ja immer noch nahe an der Stadt sein, deutlich näher als ihr Landgut in den Albaner Bergen an Rom war – und wenn es nach ihr ging, konnte es auch näher an Mogontiacum sein als am Castellum, aber das sollte letztlich Senecas Entscheidung sein. Immerhin war er es auch, der dann ständig hin und her würde pendeln müssen. Sevillas Rückfragen allerdings brachten sie dann doch dazu, wenigstens etwas ihre Präferenz kundzutun: „So nah am Castellum der Alae muss es nicht sein, nicht wenn es nach mir geht jedenfalls... dann könnten wir auch gleich im Praetorium bleiben.“ Was noch dazu sicher angemessener sein würde als alles, was sie in den Wohngebieten direkt um das Castell finden würden. Erfahrungsgemäß lebten dort die Familien und Gefährtinnen der einfachen Soldaten, aber nicht die Ehefrauen der Offiziere. Seiana bezweifelte, dass sie dort fündig werden würden. „Davon abgesehen wäre mir ein richtiges Landgut lieber. Es muss nicht übermäßig groß sein, aber mit etwas Platz darum herum. Wenn es etwas in einer Siedlung wird, dann doch lieber in Mogontiacum direkt.“
Sie lächelte Sevilla an, als es um die Hochzeit ging. „Eingeladen bist du jetzt ja schon. Wir können sicher bei einem Abendessen noch einmal gemeinsam darauf anstoßen.“ Sie folgten der jungen Frau, die jetzt mit der Stadtführung begann, und Seiana sah sich entsprechend der Worte um. Es war deutlich kleiner als Rom... aber das hatte auch auf viele Städte auf dem Weg hierher zugetroffen. Es traf auch auf Tarraco zu. Und all das, was Rom so besonders machte, konnte für sie mittlerweile nicht mehr die Nachteile überwiegen, die die Stadt hatte. Es wäre sicherlich angenehmer gewesen, hätte Seneca ein Kommando in Hispania bekommen... aber so anders Germanien auch war als alles, was sie kannte: sie hatte das Gefühl dass es hier immer noch besser sein würde als nach Rom zurückzukehren.
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Seiana war zu sehr damit befasst, was dieses Wiedersehen in ihr anrichtete, und vor allem damit, sich so schnell wie möglich einfach nichts anmerken zu lassen, um großartig darauf zu achten wie ihre Reaktion – insbesondere ihre erste, unwillkürliche, die sie nicht im Griff gehabt hatte – ankam. Sie konzentrierte sich darauf, eine neutrale, wenn auch etwas versteinerte Miene beizubehalten, ihre Atmung ruhig zu halten, ihre Stimme sicher. Sich nichts anmerken zu lassen von dem Aufruhr in ihr hatte einfach Priorität, und während ihr Herz rasend schnell pochte und ihre Brust eng wurde, kontrollierte sie umso mehr, was sie konnte. Was zur Folge hatte, dass sie generell noch weniger empathisch reagieren konnte als ohnehin schon. Als Susina Alpina zunächst zwischen ihr und ihrem Mann hin und her blickte, reagierte Seiana darauf genauso wenig wie darauf, als sie im nächsten Augenblick das Gesicht vor Schmerz verzerrte und leicht gebückt davon ging – umso weniger, als der Decurio genau in diesem Moment etwas erwiderte, etwas, das Seiana ganz und gar nicht hören wollte. Dass sie so tat, als ob sie ihn nicht kannte, war kein Wink mit dem Zaunpfahl, es war ein Schlag mit dem ganzen Zaun. Sie wollte nicht darüber reden. Sie wollte nicht laut sagen müssen, dass sie den Mann kannte, und schon gar nicht woher. Sie wollte nicht einmal daran zurückdenken, wollte sich nicht erinnern, wollte die Angst und den Schmerz und die Verzweiflung jener Wochen und Monate nicht erneut durchleben müssen, und sei es auch nur in ihren Gedanken. Genau das wühlte der Anblick des Helvetius aber in ihr auf, und sie hatte alle Hände voll zu tun, es wenigstens annähernd unter Verschluss zu halten. Sie würde ganz sicher nicht zulassen, dass es wirklich ausbrach.
Ihre Miene verschloss sich noch ein kleines bisschen mehr auf die Worte des Decurios hin, und auf ihren Lippen lagen schon die Worte, dass sie beim besten Willen nicht wusste, wovon der Mann sprach – aber Seneca kam ihr zuvor mit einer ersten Antwort, und selbst die brach er ab, als nun auffiel, dass Alpina davon gegangen war. Seiana folgte den beiden Männern und stand ein wenig... nun ja: unschlüssig daneben. Sie wusste, es war kein schöner Gedanke, aber ein Teil von ihr war froh dass das gerade passiert war – dass es Alpina nicht gut ging –, weil es ablenkte vom vorigen Thema, hoffentlich genug, dass es erst gar nicht mehr aufkam. Gleichzeitig wusste sie aber nicht, was sie hätte tun sollen. Beide Männer kümmerten sich bereits, in erster Linie war es sowieso Sache des Decurios. „Bleib doch am besten sitzen, wenn es dir nicht gut“, meinte Seiana zu ihr, als Alpina wieder aufstand.
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Seiana wäre lieber nach Hause gegangen, nachdem der Teil der Zeremonie, der in der Villa Duccia abgehalten wurde, abgeschlossen war – erst recht als klar wurde, dass ein kleinerer Teil mitkommen würde zur Casa Helvetia. Aber Seneca schien zu wollen, und sie konnte es auch irgendwo verstehen, war es doch die Familie seines Patrons. Und davon mal abgesehen: ein wirkliches Zuhause, zu dem sie gehen konnten, hatten sie ja ohnehin noch nicht. Im Castell der Ala würden nur jede Menge verpackter Kisten auf sie warten. Sie blieb an Senecas Seite, während des Zuges und als sie in der Casa Helvetia dem zweiten Teil des Rituals beiwohnten, und als er die junge Helvetia erneut ansprach, nickte sie zu Senecas Worten. Genau... wenn sie schon hier waren, dann hieß es gleich die Gelegenheit zu nutzen. „Oh, mach dir keine Gedanken“, versicherte sie ihr, als diese sich entschuldigte, „du hast uns doch schon deine Unterstützung angeboten. Es sollte doch ausreichen das einmal zu tun.“ Sie lächelte ihr zu und begrüßte dann die sichtbar Hochschwangere, die auf den Ruf der Helvetia zu ihnen trat. „Salve, Susina Alpina“, begrüßte Seiana die Frau. „Es freut mich, deine Bekanntschaft zu machen. Herzlichen Dank für dein Angebot – ich muss sagen, die Gastfreundschaft hier ist überwältigend.“
Sie lächelte, ein wenig unverbindlich, und innerlich unschlüssig ob sie nach dem offensichtlichen Zustand von Alpina fragen sollte oder nicht. Das allerdings war ziemlich bald hinfällig, weil nun Alpinas Mann zu ihnen trat. Und als Seiana ihn sah, während er auf sie zukam, da erstarrte sie neben Seneca, und für einen Moment blieb ihr die Luft weg. Sie kannte den Mann. Sie bezweifelte, dass sie sein Gesicht je würde vergessen können. Ihn aber so unerwarteterweise wieder zu sehen, kam einem Schlag in die Magengrube gleich. Für Momente fühlte sie sich um Jahre zurückversetzt, in die Zeit als der Bürgerkrieg gerade in den letzten Zügen lag, als die Rebellen Rom eingenommen hatten und zahlreiche Menschen festsetzten, die unter Vescularius höhere Posten inne gehabt hatten. Sie eingeschlossen. Wie der Mann, der da auf sie zukam, sie abgeholt hatte damals, das würde sie wohl noch weniger vergessen können als sein Gesicht. Und auch jenes Gespräch in der Castra Praetoria, als sie noch mal aufeinander getroffen waren und er halb von Sinnen auf sie gewirkt hatte, hatte sich in ihr Gedächtnis eingegraben.
Für einen Moment mochte sich der Schock über das Wiedersehen auf ihrer Miene abgezeichnet haben – für jenen Moment, den sie brauchte, um sich davon wenigstens etwas zu erholen. Dann aber machte Seiana dicht. Sie verschloss sich, setzte eine höfliche, neutrale, setzte alles daran um die Maske wieder aufzusetzen, die sie jahrelang perfektioniert gehabt hatte. Sie hatte sie in der vergangenen Zeit nur noch selten gebraucht... aber das änderte nichts daran, dass sie Übung darin hatte, und jetzt, in diesem Augenblick, drängte alle in ihr danach, sich dahinter zu verbergern. Als der Soldat sie also erreicht hatte und grüßte, mit einer... Gelassenheit, die sie unangenemessen fand – zeigten seine Worte doch, dass auch er sich erinnern konnte –, da gelang es ihr, einfach nur vage zu lächeln. „Nein, nicht dass ich wüsste“, erwiderte sie auf Senecas Frage. Sie wünschte sich, sie hätte gewusst dass sie auf ihn treffen würde, wünschte sich sie hätte das durchdenken, hätte sich vorbereiten können... dann hätte sie abwägen können, was die beste Art zu reagieren war. So aber, so spontan damit überfallen, flüchtete sie sich in die einzige Reaktion, die ihr in diesem Augenblick sinnvoll erschien, die einzige, die ihr die Sicherheit bot, nicht unvorbereitet über Dinge reden zu müssen, über die sie nicht einmal vorbereitet reden wollte: sie leugnete schlicht ihn zu kennen. „Salve, Decurio. Es freut mich auch deine Bekanntschaft zu machen. Meinen Glückwunsch zur baldigen Vaterschaft.“ -
„Herzlichen Dank“, erwiderte Seiana mit einem Lächeln auf die Glückwünsche, ging aber sonst nicht weiter darauf ein. Nicht ihre kürzliche Hochzeit sollte hier Thema sein, sondern die, die gerade stattfand.
Auf die Ankündigung des Geschenks reagierte der Helvetius eher verhalten, etwas, das Seiana sich nicht so recht erklären konnte... Aber sie ging mit einem gekonnten Lächeln darüber hinweg und wandte sich mehr der Braut zu, um über ihre Verwandten zu reden. „Nein, tut mir leid. Die Wahlen haben erst stattgefunden, als wir schon abgereist sind, und auf dem Weg hierher hat uns noch keine Nachricht über den Ausgang erreicht.“ Als die Duccia dann von den Kindern Magnus' erzählte, lauschte Seiana aufmerksam. „Ich werde nachher sehen, wo ich Sevilla finde.“ Die Feier würde ja länger gehen, sicher würde sich da eine Gelegenheit ergeben, mit dem Mädchen zu sprechen, selbst wenn es nur kurz war. Wenn sie schon hier war, gleich am Tag ihrer Ankunft, dann wollte sie auch mit ihrer Verwandten sprechen.
„Ich freue mich auf euer Kommen“, bekräftigte Seiana die Einladung, die Seneca ausgesprochen hatte, und bedankte sich dann für die Angebote des frischgebackenen Ehepaars: „Das wäre wunderbar, mit etwas Unterstützung der Einheimischen wird es sicherlich einfacher, sich hier einzuleben und zurechtzufinden. Und ich würde mir auch sehr gerne von dir die Stadt zeigen lassen, Duccia, so bald wir uns hier etwas eingerichtet haben. Hab vielen Dank für dein Angebot.“ Sie lächelte ihr zu und nickte dann leicht, als die Duccia das Ende ihres kurzen Gesprächs einleitete. „Wir wünschen euch noch eine schöne weitere Feier, und einen guten Start in euer gemeinsames Leben.“ -
Als die Zeremonie vorbei war und zunächst die Familien gratuliert hatten, die Schwester des Bräutigams eingeschlossen, kam die Helvetia wieder zu ihnen zurück und stellte ihnen nun das Brautpaar vor. „Salvete“, grüßte Seiana die beiden mit einem Lächeln. „Auch von mir die herzlichsten Glückwünsche zu eurer Hochzeit. Mögen die Götter eure Ehe segnen und euch immer zur Seite stehen.“ Sie erwiderte das Grinsen ihres Mannes mit einem leichten Schmunzeln. „Verzeiht bitte, dass wir bei eurer Hochzeit ohne Geschenk da stehen, das wir euch heute hätten überreichen können – wie der Legatus sind wir heute erst in Mogontiacum angekommen und wurden von ihm kurzfristig eingeladen, ihn zu begleiten.“ Da war es dann ein bisschen schwierig gewesen, noch etwas zu organisieren, zumal Seiana nicht einfach irgendetwas schenken wollte. „Wir werden euch aber in den nächsten Tagen einen Mosaikenleger vorbei schicken, der euch für euer gemeinsames Heim ein Mosaik ganz nach euren Wünschen anfertigen wird.“
Auf die Worte des Brautpaars zur Feier hin nickte sie und bestätigte Senecas Worte: „Die Zeremonie war zwar ungewohnt für uns, aber ich fand sie sehr schön, ja.“ Aber das, was er dann über den Legatus sagte, ließ Seiana innerlich ein wenig zusammenzucken. Sie liebte ihn gerade deshalb, weil er offener war, weil er ehrlich war, weil er nicht so rundgeschliffen in den Tanz auf dem römischen Parkett passte. Aber das hier war, nach ihrer eigenen Hochzeit, im Grunde die erste offizielle Veranstaltung, auf der sie gemeinsam waren... und Seiana stellte gerade fest, dass sie sich erst daran gewöhnen musste, dass Seneca auch bei solchen Gelegenheiten kein Blatt vor den Mund nahm. Davon abgesehen fand sie, dass man über den Duccius einiges sagen konnte... aber dass er schlecht aussah nicht. Aber das war etwas, was sie ganz sicher nicht laut aussprechen würde. „Ja, bei der Entsendung des Legatus haben wir sie kurz kennen lernen können. Mit Annaeus Modestus hat sie eine gute Partie gemacht. Ich hoffe sie hat nicht allzu große Schwierigkeiten, sich in Rom einzuleben“, antwortete Seiana dann auf Silvanas Frage nach ihrer Verwandten. „Wie geht es eigentlich Sevilla, Secundus und Venusia? Ich habe die drei noch nicht gesehen, nehmen sie an der Feier auch teil?“ nutzte sie dann die Gelegenheit, sich nach den Kindern ihres Onkels und deren Mutter zu erkundigen. -
Zitat
Original von Aulus Iunius Seneca & Susina Alpina
Helvetia Coriolana„Salve, Helvetia“, lächelte Seiana der Unbekannten zu, die schließlich auf Seneca und sie zukam und sich ihnen vorstellte, und hörte Seneca zu, wie er antwortete. Ihr fiel durchaus auf, dass er zunächst die Vorstellung von ihnen beiden vergaß, aber bevor sie unauffällig dazu überleiten konnte, bemerkte er das schon selbst. Sie lächelte weiterhin, auch als er die neuen Aufgaben erwähnte... über die sie sich selbst noch gar nicht so sicher war, weshalb ihr eigentlich lieber gewesen wäre er hätte nichts davon gesagt. Aber sie lächelte einfach gekonnt darüber hinweg. „Hab vielen Dank“, meinte auch sie zu der jungen Frau, und nahm sich wie empfohlen etwas zu trinken – eine Weinschorle –, bevor sie der Helvetia zum Hain folgte. „Die Familien des Brautpaars würden wir auch gerne kennen lernen im Lauf des Abends.“ So wie ein paar andere der Gäste... wenn man schon so direkt nach der Reise hier war, konnte man die Gelegenheit auch gleich nutzen. Bei dieser Hochzeit tummelten sich mit Sicherheit auch die wichtigeren Personen Mogontiacums, und für den Praefecten der Ala konnte es nicht schaden, diese so bald wie möglich kennenzulernen – und sich ihnen vorzustellen. Aber das sagte sie nicht laut. „Und die Feier folgt germanischen Traditionen? Hat deine Familie dazu auch Bindungen?“ fragte sie, noch bevor die Zeremonie dann schließlich stattfand. Sie stand bei Seneca, ohne ihn zu berühren, aber allein seine Nähe zu spüren ließ sie flüchtig lächeln, als sie dem Ritual folgte.