Beiträge von Decima Seiana

    Seiana machte den Mund auf, und wieder zu. Er hatte ja Recht, dass Silana eher still war. Mussten sie sich deswegen Sorgen machen? Vernachlässigte sie sie zu sehr? Das war durchaus ein Vorwurf, der stach, auch wenn Seiana es nicht wirklich wahrhaben wollte. Bevor sie allerdings etwas darauf hätte sagen können, wechselte Seneca schon das Thema, und Seiana begriff, weswegen er wirklich sauer war. Vielleicht machte er sich tatsäclich Sorgen um Silana, aber das war nicht der Grund, warum er jetzt so schlecht gelaunt war. Sondern die Sache mit dem Theaterstück.
    Was Seiana aus vor allem aus einem Grund nun selbst wütend werden ließ. Nicht weil sie es nach wie vor übertrieben fand, welche Sorgen er sich machte. Sondern weil er Silana und ihr Verhalten ihr gegenüber vorgeschoben hatte. Er wusste, dass sie sich darüber selbst Gedanken machte – und trotzdem hatte er das nun als Munition gegen sie verwendet. „Er ist kein Taugenichts, Aulus“, erwiderte sie scharf. „Und was für Probleme soll ein solches Stück machen? Glaubst du wirklich, dass der gängige Theaterbesucher zu denen gehört, die für die Überfälle verantwortlich sind? Oder er auf eine solche Idee kommen könnte, durch ein Stück, das am Ende nicht mehr als eine Liebesgeschichte ist?“ Sie legte den Papyrus zur Seite und hätte sich am liebsten aus dem Sessel gehievt, um umher zu gehen, aber so sehr regte sie sich noch nicht auf. So starrte sie ihn einfach nur an. „Oder dass ausgerechnet die Barbaren der Stämme jenseits des Limes, die sowieso gegen uns sind, plötzlich auf die Idee kommen sich ein römisches Theaterstück anzusehen – und davon dann auch noch aufstacheln lassen? Ich verstehe ja dass du dir Gedanken machst nach dem, was in letzter Zeit passiert ist, aber das ist übertrieben, Aulus!“

    Wie so oft war Seiana abends in ihrem Zimmer und las ein wenig. Was sonst sollte sie auch tun, wo sie von so ziemlich allem, was auch nur im Entferntesten nach Arbeit aussah, fern gehalten wurde. Und heute war sie tatsächlich ganz froh, ein wenig Ruhe zu haben. Lucia nach längerer Zeit wieder zu sehen hatte sie zwar gefreut, aber es war eben doch etwas mehr als nur ein Besuch gewesen – und die Diskussion mit Menelaos und ihrem Mann hatte Seiana irgendwann als anstrengend empfunden. Sie wusste ja, dass Bedenken er hatte. Sie wusste warum, und sie wusste welche es waren. Sie fand sie nur übertrieben. Und die Alternative wäre gewesen, dass Menelaos absprang.
    So oder so: Seiana war froh, als die Besucher wieder gegangen waren und sie sich guten Gewissens hatte zurückziehen können, was allein schon eine Abwechslung in diesen Tagen für sie darstellte. Als dann noch die Tür aufging und sie beim Hochsehen sah, dass Seneca hereinkam, huschte die Andeutung eines Lächelns über ihr Gesicht. Sie freute sich, dass er vorbeischaute – es war noch recht früh, das hieß in der Regel, dass er nicht einfach nur Gute Nacht sagen wollte, sondern den Abend hier verbringen würde.
    Die angenehme Stimmung, in der Seiana sich befunden hatte, verflog allerdings kaum dass Seneca seinen Mund aufmachte. Stirnrunzelnd ließ sie sinken, was sie gerade las, und warf ihm einen teils irritierten, teils verletzten Blick zu. Er wusste, wie schwer sie sich nach wie vor mit ihrer Rolle als Mutter tat. Es hatte Zeiten gegeben, da war sie eifersüchtig auf ihr eigenes Kind gewesen, eifersüchtig weil sie Senecas Aufmerksamkeit mit Silana teilen musste. Das mochte vorbei sein, und genauso wie die Zeiten, in denen sie ihrer Tochter selbst kaum Aufmerksamkeit oder gar Zuwendung geschenkt hatte... Aber das änderte nichts daran, dass sie sich bis heute schwer damit tat. Fremd vorkam in dieser Rolle. Sie war nicht die zärtliche und fürsorgliche Mutter, die sich über alle Maßen kümmerte, und bis heute machte sie sich selbst manchmal Vorwürfe deswegen, ohne wirklich an diesen Gefühlen etwas ändern zu können. Dass Seneca ihr jetzt aus dem Nichts heraus einen solchen Vorwurf auftischte, traf sie. Und sie reagierte wie immer, wenn sie etwas traf: sie zog sich in sich selbst zurück. Würde kühl und distanziert. „Ich glaube kaum, dass die Gefahr besteht, Silana könnte vergessen wer ihre Mutter ist.“ Seneca hatte sie noch nicht adoptiert, aber das war nur eine Frage der Zeit, und da sie nun ohnehin schon so lange als Zieheltern der Kleinen auftraten, waren sie schon längst dazu übergegangen sich auch so zu bezeichnen. „Ich habe jedenfalls noch keine Anzeichen des Vergessens bei ihr gesehen. Du etwa?“ Obwohl sie getroffen war, meinte sie die Frage durchaus ernst. Wenn etwas mit Silana war, wollte sie es wissen.

    Seiana wusste von dem Besuch der Tiberia, und sie wollte die Gelegenheit gerne nutzen, sie mal wieder zu sehen. Als sie das Triclinium allerdings betrat, wünschte sie sich im ersten Moment, sie wäre nicht aufgetaucht. Im Vergleich zu Lucia kam sie sich... nun ja: unförmig und unschön vor. Um es mal nett zu formulieren. Sie war auch sonst meistens schlichter gekleidet als die Tiberia, das war es nicht, was sie störte. Es war generell ihr Körper, ihre Schwerfälligkeit, und wie sie sich fühlte. Es war schwer in ihrem derzeitigen Zustand wenigstens eine gewisse Eleganz auszustrahlen. Und Seiana nervte das gewaltig – mal ganz abgesehen von den übrigen negativen Begleiterscheinungen dieser Schwangerschaft.
    Allerdings konnte sie jetzt auch schlecht wieder verschwinden, nachdem sie den Raum nun mal schon betreten hatte. Ihre Anwesenheit fiel zwar nicht sofort auf, aber trotzdem konnte jeden Moment jemand aufblicken – und wie würde das dann erst wirken, wenn sie genau in dem Moment ging, ohne wenigstens gegrüßt zu haben.


    Sie setzte also ein Lächeln auf, verbarg dahinter sorgfältig, wie unwohl sie sich gerade in ihrem eigenen Körper fühlte, und kam langsam näher, während sie den Worten der Anwesenden lauschte. Der Künstler, den Seneca für ein Theaterstück engagiert hatte, erläuterte gerade seine Pläne bezüglich des Stücks. Seiana konnte sehen, dass Seneca davon wenig begeistert war. Und Lucia sah es offenbar auch, ihren folgenden Worten nach zu schließen.
    Seiana kannte allerdings Menelaos, sie hatte inzwischen auch das ein oder andere Mal Kontakt mit ihm gehabt. Sie wusste um seine Exzentrizität... und sein Bedürfnis nur der Bühne zu dienen. Sie selbst war jetzt nicht unbedingt derart künstlerisch angehaucht, aber sie wusste nicht zuletzt dank ihres Bruders, wie dieser Typ Mensch tickte – und dass es hoffnungslos war zu glauben, ihn von seinem Vorhaben abbringen zu wollen, nachdem er es mit derart viel Begeisterung vorgetragen hatte. Eher würde er theatralisch verkündigen, dass die Kunst frei war, und alles hinschmeißen, vermutete sie. Sie ahnte zwar, warum Senecas Mimik ihm derart entglitten war, aber damit war ihm auch nicht geholfen. Besser also, wenn sie sich da auch einschaltete... Und sie war ohnehin nicht ganz Senecas Meinung, dass politische Probleme komplett außen vorgelassen werden mussten. Wichtig war, zu welchem Abschluss sie geführt wurden. Ob es eine glaubwürdige Versöhnung gab, die die Zuschauer für ihr eigenes Leben mit nach Hause nahmen. Davon abgesehen: die Barbaren, mit denen es wirklich Probleme gab, würden kaum nach Mogontiacum kommen und sich ein Theaterstück ansehen. Wer eine solche Veranstaltung besuchte, war von den Vorzügen, die das Römische Reich mit sich brachte, ohnehin längst überzeugt.
    „Du darfst von den Barbaren hier nicht zu viel erwarten, Lucia. Sie müssen erst langsam an diese Kunstform herangeführt werden, man darf sie nicht mit zu fremden Konzepten oder zu fernen Ländern überfordern. Am Ende besucht keiner das Theaterstück, weil es mit ihrem Leben hier nichts zu tun hat und sie daher keinen Sinn darin sehen, ihre Zeit dafür aufzuwenden.“ Sie lächelte in die Runde, legte Seneca eine Hand auf die Schulter und grüßte die Gäste dann: „Es freut mich, dass wir uns endlich mal wiedersehen, Lucia. Menelaos, es ist wie immer eine Freude deinen Ideen zu lauschen. Welches Ende hattest du dir denn vorgestellt?“

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    Appius Decimus Massa
    Casa Decima Mercator
    Roma
    Italia


    Salve Massa,


    du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr es mich freut, von dir zu hören. Ich habe selbst viel zu lange keine Nachrichten gesandt, mach dir deshalb also keine Gedanken. Manchmal läuft das Leben so, und die Entfernung, die langen Wege, tragen nichts dazu bei, dass es leichter wäre, Kontakt zu halten.
    Umso schöner ist deine Nachricht, dass du bei der Legio II eingesetzt wirst. Herzlichen Glückwunsch dazu! Ich freue mich schon darauf, künftig wieder mehr von dir zu hören und jemanden von der Familie in der Nähe zu haben. Ich hoffe, mein Brief erreicht dich überhaupt noch in Rom.


    Auch andere Nachrichten dringen nur langsam in die Provinz vor. Dass es in Rom Unruhen gegeben hat, davon habe ich hier nur wenig mitbekommen. Vor allem nicht, wie schlimm es wirklich zu sein scheint. Was du von Plünderungen und Übergriffen erzählst, klingt furchtbar – ich bete zu den Göttern, dass die Urbaner diese Plage bald in den Griff bekommen und die Aufrührer ihre gerechte Strafe bekommen.


    Bei all den schlechten Neuigkeiten aus Rom freut es mich umso mehr, die eine gute aus Germania schicken zu können: Aulus und ich erwarten ein Kind. Bis du hier eintriffst, ist es womöglich schon auf der Welt, so die Götter es wollen und alles gut geht.


    Mögen die Götter dich auf deiner Reise schützen!


    Vale
    Seiana




    Sim-Off:

    Wertkarte Iunia

    „Als ob du dich daran halten würdest...“ murmelte sie vor sich hin, als Seneca etwas dramatisch verkündete, ihr vor anderen keine Komplimente machen zu wollen. Aber sie lächelte leicht dabei. Es reichte ihr ja schon, wenn Seneca wenigstens darauf verzichtete Dinge zu sagen, die offensichtlich übertrieben waren.
    „Nicht groß genug“, erwiderte sie schlicht. „Schon allein deshalb nicht, weil deine Männer fragen würden, warum du daheim überhaupt eine Eskorte brauchst. Und da wären wir wieder bei dem Punkt, wie ein Praefectus wohl wirkt, der Angst vor seiner eigenen Frau hat.“ Sie lächelte ihn verschmitzt an.


    Einen Moment noch nahmen sie sich, bevor Seneca sich dann von ihr löste. „Natürlich.“ Sie erwiderte den Kuss, zog ihn ein wenig in die Länge, und seufzte dann leicht. „Du kannst dir nicht vorstellen, wie froh ich bin, wenn diese Schwangerschaft endlich ein Ende hat...“ Und sie sich erholt hatte von der Geburt. „Geh schon, sonst kommst du noch zu spät.“

    Seiana zog die Augenbrauen hoch, als Seneca auf ihren Kommentar voll einstieg. Aber sie wusste nicht so recht, was er damit meinte, also ließ sie es unkommentiert bis auf ein leises: „Das ist nicht wahr.“ Bei den darauf folgenden Worten lächelte sie leicht. „In Ordnung. So lange du das für dich behältst und nicht vor anderen Leuten verbreitest. Außer dir wird das nämlich keiner so sehen.“ Dafür war er tatsächlich immer noch so gutaussehend wie früher, wenn auch ebenfalls älter geworden. Aber bei Männern war das ohnehin etwas anderes.


    „Du glaubst doch nicht, dass eine Eskorte mich daran hindern wird, es euch allen heimzuzahlen?“ Jetzt huschte ein verschmitztes Grinsen über ihr Gesicht, umso mehr weil sie den Eindruck hatte, dass Seneca ihre vorigen Worte ein wenig falsch verstanden hatte. Zu ernst nahm. Der Sinn war doch gerade, dass er sich nicht sofort wieder in Arbeit stürzte... und sie sich ein bisschen dafür rächen konnte, dass sie neun Monate lang behandelt worden war als bestünde sie aus Glas. „Ich finde Mittel und Wege, verlass dich drauf. Und wehe, du gehst sofort wieder auf irgendeine Grenzmission, die dich tagelang von hier wegführt... das wird es nicht besser machen. Und irgendwann musst du zurückkommen.“

    So lange es um die Geburt ging, hatte Seiana nicht viel mehr als ein vages Lächeln übrig gehabt – das Thema betraf sie viel zu sehr, als dass es sie wirklich amüsiert hätte. Sie konnte das einfach nicht auf die leichte Schulter nehmen. Aber dass Seneca ein paar Tage frei nahm, und wie er ihr das dann präsentierte, das brachte sie dann doch zu einem leisen Lachen. „Wirst du das, ja?“ Gespielt ließ sie sachten Zweifel anklingen in ihrer Stimme, auch wenn sie wusste, dass wohl genau das eintreten würde. Seit sie sich kannten, versuchte Seneca sie glücklich zu machen – etwas, woran sie sich zwar im Lauf der Zeit gewöhnt hatte, was sie aber trotzdem hin und wieder... nun ja: nicht so ganz fassen konnte. Es gab Momente, da saß sie da, dachte an früher, und konnte es nicht glauben. Womit sie ihn verdient hatte. Das waren dann meistens jene Momente, in denen sie abweisend und kühl war wie früher, weil sie nicht wusste wie sie anders damit umgehen sollte. Immerhin: diese Momente waren weniger geworden. Wie schon gesagt: sie hatte zwar nie wirklich angefangen zu glauben, sie hätte ihn verdient, aber sie hatte sich daran gewöhnt, dass es so war. Und seit sie schwanger war, versuchte Seneca nur umso mehr, sie zufrieden zu stellen.
    Bei seiner folgenden Anspielung, die sie nur allzu gut verstand, wandelte sich ihr Lachen etwas, wurde verlegen und verstummte dann ganz. Als er ihr dann auch noch ein Kompliment machte, wollte sie am liebsten einen Schritt zurückmachen, aber sie zwang sich stehen zu bleiben. Bis heute konnte sie damit nicht sonderlich umgehen... zumal sie ihm mitnichten beipflichten konnte. „Du machst dich lächerlich, wenn du behauptest, ich wäre nicht älter geworden“, erwiderte sie ruhig. „Und Praefectus oder nicht, du siehst nach wie vor gut aus.“


    Danach musste sie dann doch wieder lächeln. „Würdest du nicht“, sagte sie ihm auf den Kopf zu. „Sie tut genau das, was du ihr aufgetragen hast. Also tu jetzt nicht so als ob.“ Was Seneca gleich danach auch mehr oder weniger zugab. Natürlich war er froh, dass alle hier aufpassten. Oder anders formuliert: ihr Vorschriften machten. Sie zur Langeweile verdonnerten. „Sie werden es alle bereuen. Wenn das Kind erst mal da ist, werden es alle bereuen. Du eingeschlossen“, drohte sie ihm nur halb im Scherz.

    „Ja“, erwiderte Seiana, ungefähr in dem Tonfall, in dem man einem Kind versicherte, dass man ihm auf jeden Fall glaubte, dass es gerade ein fabelhaftes Zauberwesen gesehen hatte. „Sicher hättest du das.“ Vollkommen überzeugt und sehr beruhigend – und gleichzeitig war trotzdem zu hören, dass sie kein Wort glaubte. Erst als er Ironie durchklingen ließ, reagierte sie mit einem Schmunzeln, aber es war freundlich. Es war nicht nur so, dass sie ihn nicht dabei haben wollte – sie konnte ihn auch verstehen. Wenn sie ehrlich war, hatte sie selbst Angst vor der Geburt, und zwar ziemlich. Aber das ließ sie sich nicht anmerken.
    „Dann wird dir nichts anderes übrig bleiben, als es mit mir auszuhalten. Und mich nicht zu reizen.“ Sie ließ ihre Finger in seinen verschränkt. „Nicht bald genug, wenn du mich fragst... aber nun ja.“ Seiana seufzte leise und zuckte dann Achseln. „Sie hat sehr klare Vorstellungen von ihrer Aufgabe, und die hat sie hier im ganzen Haus verbreitet, bei allen Sklaven, allen Bediensteten... selbst im Stall wissen sie Bescheid und meinen auf einmal, mir Anweisungen geben zu können. Und daran bist nicht zuletzt du schuld.“ Das letzte klang ein wenig vorwurfsvoll. Seneca hatte, so weit sie wusste, noch nicht oft mit ihr gesprochen – aber er hatte ihr gleich zu Beginn eingeschärft, dass sie aufpassen sollte, dass Seiana sich nicht übernahm, gerade weil es nun mal eine späte Schwangerschaft war.

    Seiana schmunzelte leicht bei seiner ehrlichen Antwort. „Männer haben dabei einfach nichts zu suchen.“ Worüber sie ganz ehrlich dankbar war. Es reichte schon, dass Seneca sie in ihrem jetzigen Zustand ständig sah... es fehlte gerade noch, dass er bei der Geburt anwesend wäre und sie dann dort würde sehen können. Um keinen Preis. „Du läufst also keine Gefahr, wenn du etwas anderes behauptest.“
    Er hatte es tatsächlich ernst gemeint damit, sich ein paar Tage freizuschaufeln, die er hier würde verbringen können. Seiana war bis heute nicht der Typ für großartige Freudenausbrüche, aber sie freute sich ehrlich darüber – und Seneca kannte sie mittlerweile schon lange gut genug, um die Anzeichen dafür zu erkennen. „Erstens kann ich zur Zeit niemanden mehr schleifen. Und zweitens wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher, ob du am Ende nicht freiwillig zum Kastell zurückrennst...“ Wenn er da war, riss sie sich freilich noch mehr zusammen als sie es sonst versuchte, aber es war nun mal eine Sache, wenn man immer nur wenige eher wenig Zeit vom Tag miteinander verbrachte, und eine andere, mehrere Tage am Stück zusammen zu sein. Und sie war momentan unleidlich. Obwohl sie die Aussicht auf die Geburt selbst noch weniger leiden konnte als die Schwangerschaft, wurde es endlich Zeit, dass sie vorüber war.
    Als er über ihren Bauch strich, legte sie eine Hand dazu und verschränkte ihre Finger mit den seinen. „Erstaunlich gut, wenn man die Umstände bedenkt. Die ganze Schonerei ist lästig, das Nichtstun liegt mir überhaupt nicht...“ erlaubte sie sich nun doch ein wenig vor ihm zu jammern. Naja, was hieß jammern? Ihre Stimme klang jedenfalls nicht weinerlich, sondern als würde sie Tatsachen aussprechen. Was im Grunde ja auch so war. „Es bringt aber offenbar etwas. Die Hebamme ist auf jeden Fall zufrieden.“ Und dass die Hebamme zufrieden war, war das wichtigste. Seiana sagte sich das jeden Tag vor, damit sie es ja nicht vergaß, und sie bekam es zusätzlich auch regelmäßig zu hören, nicht zuletzt von Raghnall und anderen engen Vertrauten unter ihren Sklaven, die sie schon seit Jahren kannten und wussten wie sie war. Sie war es leid sich das jeden Tag anhören zu müssen... aber sie musste auch zugeben: würde ihr das nicht ständig gesagt werden, sie würde wohl auch nicht so aufpassen.

    Sie hasste es, schwanger zu sein. Sie hatte es beim ersten Kind gehasst, und sie hasste es jetzt. Nicht so sehr die Beschwerden, die damit zwangsläufig einher gingen... auch nicht, weil sie so massiv eingeschränkt war, weil sie fürchterlich aufpasste und sich schonte, auf Anraten von Arzt und Hebamme angesichts ihres Alters. Sondern weil sie es nicht leiden konnte, dass da etwas in ihr heranwuchs, ein fremdes Leben, ein fremder Körper, der ihr im Grunde die Kontrolle über den ihren abnahm.
    Seiana sprach nie darüber, dass sie das so empfand... auch nicht mit Seneca. Sie hatte das Gefühl, dass sie damit ziemlich alleine da stand, und andere Frauen das völlig anders empfanden. Und dass sie das zu einer schlechten Mutter und Ehefrau machte. Aber es war so bei ihr, sie konnte es nicht ändern.
    Und eine gute Mutter war sie ohnehin nicht. Sie bemühte sich, und es war deutlich besser geworden, wie sie sich ihrer Tochter gegenüber verhielt, verglichen damit wie sie nach der Geburt reagiert hatte und in den ersten Monaten. Aber sie war trotzdem froh, dass Seneca anders war als sie. Liebevoller. Auch wenn es in den meisten Ehen anders lief.


    Sie hatte sich aufgesetzt, kurz nachdem Seneca aufgestanden war, und saß am Bettrand, während sie ihn dabei beobachtete, wie er sich fertig machte. Sie könnte sich Zeit lassen, eigentlich, aber Müßiggang hatte ihr noch nie wirklich gelegen. Auch wenn manches besser geworden war, aber das war gleich geblieben. Noch ein Grund, warum sie es nicht leiden konnte schwanger zu sein. „Das ist eine gute Idee. Ich habe schon ein paar Vorschläge, aber er findet vielleicht noch jemand besseren.“ Ein wenig mühsam stand sie auf und griff nach einer Stola, die sie sich um den Körper schlang. „Nun... helfen kann sie sicherlich, wenn sie möchte. Aber Tutorin zu sein ist nicht wirklich eine Aufgabe für eine Iunia.“ Dafür gab es Bedienstete. Davon abgesehen fand Seiana sie ein wenig zu jung für eine solche Aufgabe, auch wenn sie sehr nett zu sein schien.
    Sie ging zu ihm hinüber, rückte die Tunika ein wenig zurecht und küsste ihn dann leicht auf die Wange. „Gute Idee. Dann gibt es jemanden, dem ich auf die Nerven gehen kann. Jeder andere hier geht mir schon längst aus dem Weg...“ Das war vielleicht ein wenig übertrieben, aber nun ja: sie war gereizter als normalerweise. Wie schon erwähnt: Schwanger sein lag ihr nicht. Und der damit verbundene erzwungene Müßiggang genauso wenig. „Bei der Geburt wirst du, mein Lieber, sowieso nicht anwesend sein.“ Einer ihrer Mundwinkel zuckte leicht nach oben.

    Werd ich dann wohl auch mal ausprobieren... nur heute nicht mehr.


    Kurze Ergänzung übrigens zu den Browsern: hab den IE mit Edge verwechselt... hab den IE nun aber auch ausprobiert, und mit dem ist es genauso.

    Nein, zumindest nicht dass es mir aufgefallen wäre - ich hab jetzt noch nicht übermäßig viele Seiten angesurft, aber es waren auch zwei Foren darunter.


    Wenn's nur das nicht immer vollständige Laden wäre, wär's ja nicht so schlimm (irgendwann klappt es schon), aber auf den Posteingang kann ich momentan halt nur übers Handy zugreifen. Mein Problem ist, dass ich mich damit nur ziemlich begrenzt auskenn und ich keine Ahnung hab, wie ich das wieder zum Laufen kriegen könnte.


    Vielleicht noch ein paar Infos:
    - gestern Abend gab's bei mir ein Update von Windows 10; davor hat es funktioniert
    - Chrome lädt die Forums-Seite nach wie vor gar nicht
    - FF und IE scheinen auf demselben Stand zu funktionieren (gelegentliche Aussetzer beim Laden, manche Seiten wie Posteingang gehen gar nicht)

    Seit heute hat mein Rechner ein Problem mit dem IR-Forum... zuerst wurde es gar nicht mehr geladen (browserunabhängig, hab's mit Firefox, Chrome und Internet Explorer ausprobiert) - allerdings nur das Forum, die Hauptseite hat funktioniert.


    Nachdem ich bei Kaspersky das IR-Forum als vertrauenswürdige Ausnahme hinzugefügt hab, geht das jetzt wieder, allerdings:
    - die Seite lädt trotzdem nicht immer komplett; manchmal ist nur der Hintergrund zu sehen und gar nichts anderes, manchmal ist der untere Teil nicht vollständig geladen (zum Erstellen dieses Posts musste ich z.B. die Seite fünf Mal neu laden, bis unten auch der Button "Neues Thema erstellen" mit drauf war...)
    - manche Unterseiten laden auch weiterhin nicht; dazu gehört z.B. die Anzeige-Seite nach dem Log-in, obwohl der dann klappt, sowie der Posteingang - Fehlermeldung lautet nur "Fehler: Verbindung unterbrochen"; und es bringt auch nichts, die konkrete Unterseite als Ausnahme hinzuzufügen


    Ich hab auch mal sowohl Kaspersky als auch das Kaspersky-Add-on als auch die Windows-Firewall ganz ausgeschaltet, aber besagte Unterseiten wurden trotzdem nicht geladen. Woran könnte das noch liegen?

    Die Stille, die sich zunächst ausbreitete, schien in Seianas Ohren zu dröhnen. Sie wünschte sich, er würde etwas sagen, irgendetwas, damit sie wusste woran sie war... aber lange warten musste sie nicht, und mehr noch: er wandte sich ihr zu. Berührte sie. Als sie seine Hand an ihrer Schulter, in ihren Haaren spürte, dauerte es noch einen Augenblick, aber dann wich die Anspannung aus ihrem Körper. Seiana drehte sich ebenfalls leicht zu ihm und griff nach seiner Hand, ließ ihre Finger durch seine gleiten. „Wenn es nicht so unerwartet gewesen wäre, wäre es auch nicht so schlimm gewesen. Aber überraschen kann es mich ja jetzt nicht mehr, dass er auch in Mogontiacum ist.“ Sie setzte sich nun ebenfalls auf und bewegte sich dabei so, dass sie sich an ihn lehnen konnte. „Danke“, flüsterte sie. Sie wusste nicht mal selbst so genau, wofür sie sich bedankte... hauptsächlich wohl dafür, dass er einfach da war. „Es ist schon in Ordnung hier. Lassen wir uns lieber Zeit mit der Suche, um etwas Vernünftiges zu finden.“ Ansonsten gab es nicht viel, was er oder sie hätten tun können. Seiana hoffte nur, dass die Albträume sich nicht wieder einnisteten, so wie sie es früher des Öfteren getan hatten. Sie konnte gar nicht ausdrücken wie froh sie war, dass sie mittlerweile wieder besser schlafen konnte als früher, wo sie über Jahre hinweg damit teils große Probleme gehabt hatte. Aber das war nichts, wogegen Seneca etwas tun konnte.

    Ein bisschen verdutzt und mehr als ein bisschen erschrocken registrierte Seiana, dass alles nur noch schlimmer wurde, als sie Sevilla berührte. Wo sie gerade noch verweint, aber wenigstens halbwegs gefasst gewirkt hatte, fing sie jetzt an zu schluchzen. „Aber...“ murmelte sie hilflos, unschlüssig was sie tun sollte. Sie war einfach nicht gut in solchen Situationen. Aber für den Moment schien es zu reichen, in jedem Fall begann Sevilla zu erzählen. Und auch wenn Seiana nicht sofort schlau wurde aus dem, was sie sagte – wer noch mal diese Marga, und warum fing sie jetzt von einem Marktbesuch an? –: immerhin redete sie.
    Es dauerte denn auch nicht allzu lange, bis Sevillas Worte Sinn ergaben. Seiana erstarrte, als sie begriff, worum es ging. Schwanger. Ihre Nichte war schwanger. Für einen Augenblick war ihr Kopf leergefegt, bis auf diesen Satz. Sie schloss für Momente die Augen. Das war... gute Güte. Das bedeutete Probleme. Und kaum war ihr das durch den Kopf geschossen, begannen ihre Gedanken zu rasen, viel zu schnell, als dass sie alles bewusst hätte realisieren können. Sie atmete tief ein und zog sich selbst einen Stuhl heran, auf den sie sich nun setzte. Ruhe bewahren. Das war das einzige, was half – wer wüsste das besser als sie? Sie konnte ja viel besser nachvollziehen, wie Sevilla sich fühlen musste, als ihr lieb sein konnte. Sie war nur deutlich älter gewesen... und zwar allein, aber gewohnt, mit allem auch allein fertig zu werden.
    Ruhe bewahren also. So verständlich Sevillas Reaktion war, es half nicht. Genauso wenig wie die Vorwürfe laut auszusprechen, die Seiana ebenfalls teilweise durch den Kopf schossen. Auch wenn ihre Nichte nichts davon wusste und nie etwas davon erfahren sollte, sie war die letzte, die das Recht hatte einer anderen Vorwürfe in dieser Hinsicht zu machen. Und davon abgesehen: auch das brachte sie nicht weiter. Jetzt hieß es erst mal eine Lösung finden... und nachdem es nicht so viele Alternativen gab, war es auch nicht schwer, an diese zu denken. Allerdings wusste Seiana immer noch nicht so recht, wie sie reagieren sollte, wie sie jetzt am besten mit Sevilla umging. Ihr einfach die Varianten hinklatschen kam nicht wirklich in Frage, aber sie war sich nicht sicher, wie sie das jetzt verpacken sollte, damit ihre Nichte sich nicht noch mehr aufregte. „Hör zu... beruhig dich erst mal, ja? Versuch dich ein bisschen zu beruhigen. So kannst du nicht klar denken“, erwiderte sie und legte ihr erneut eine Hand auf die Schulter. „Diese Marga und du, seid ihr euch wirklich sicher? Wer weiß noch davon?“

    Zu sagen, sie hätte sich in Germanien mittlerweile eingelebt, wäre wohl ein wenig zu viel des Guten... aber zumindest der Anfang war gemacht. Und nicht alles von dem, was hier anders war, fand Seiana schlecht. Dass Mogontiacum so viel kleiner war als Rom, war so ein Punkt, der ihr sogar ausgesprochen gut gefiel... Sicher, ein so abgeschottetes Leben wie in den Albaner Bergen war hier nicht möglich, aber es war immer noch weit besser – ruhiger – als alles, was sie in Rom erwartet hätte. Beim Eingewöhnen half ihr zudem Sevilla, die immer ein offenes Ohr hatte, wenn Seiana das ein oder andere über die Einheimischen, die Mentalität, die Örtlichkeiten wissen wollte.
    Als sie nun die Nachricht erhielt, dass ihre Nichte zu einem spontanen Besuch vorbei gekommen war, ließ sie Sevilla freilich nicht warten. Nur kurze Zeit nachdem sie gekommen war betrat Seiana das Tablinum – und blieb erst mal wie angewurzelt stehen, als sie sah, in welchem Zustand ihre Verwandte war. „Sevilla?“ fragte sie im nächsten Augenblick und kam rasch näher, auch wenn sie dann einen Schritt vor Sevilla wieder stehen blieb. Sachte und ein wenig zögerlich berührte sie sie mit einer Hand auf der Schulter, unschlüssig, was sie sonst noch tun sollte, und mit wachsender Besorgnis. „Was ist los?“

    „... hätte das auch nichts geändert“, vollendete sie den Satz leise für ihn. Was hätte er schon tun wollen, sollen, können? Er hätte sich nur ebenso zurückhalten müssen wie sie. Und sie hätte nur noch schlechter die Möglichkeit gehabt gegenüber dem Decurio so zu tun, als würde sie ihn nicht kennen – was ihr nach wie vor als die beste Variante erschien, mit dieser Situation umzugehen. Und so wie Seneca jetzt reagierte... er lag neben ihr, rührte sich kaum, sagte nur wenig. Sie konnte es ihm nicht verübeln, aber dennoch drängte sich ihr der Gedanke auf, dass es vielleicht besser gewesen wäre, ihm auch jetzt nichts davon zu erzählen. Aber dafür war es nun zu spät... und so sah sie sich gleich darauf mit einer Frage konfrontiert, die zu erwarten gewesen war, die sie aber trotzdem nicht beantworten wollte. „Er hat mich zur Castra Praetoria gebracht“, antwortete sie leise, und rührte sich dabei ebenso wenig wie er, lag nur da, auf dem Rücken, und starrte nach oben, wo irgendwo in der Dunkelheit die Decke war. Sie wusste, dass das nicht reichte. Sie hatte sich dazu entschlossen, ihm wenigstens jetzt die Wahrheit zu sagen, da konnte sie ihn kaum damit abspeisen, dass sie über alles weitere nicht reden wollte. „Er hat mich kaum angerührt, es war mehr... was er gesagt hat. Wie er es gesagt hat. Die Drohungen.“ Sie hatte so wahnsinnig Angst gehabt, sie konnte sich noch viel zu lebhaft daran erinnern. Seiana presste Lippen und Lider für einen Moment fest aufeinander, bevor sie weiter sprach. „Er hat nichts davon getan. Und er hat auch seine Männer zurückgehalten.“ Am Ende hatte er sie 'nur' barfuß quer durch Rom zur Castra geschleppt, so dass ihre Fußsohlen blutig gelaufen waren, als sie schließlich den Carcer erreicht hatten. Die Angst hatte sich dennoch nicht so leicht abschütteln lassen, und es half auch nicht gerade, dass sie den damaligen Centurio noch einmal gesehen hatte – im Hof der Castra Praetoria, wo er mehr als nur etwas merkwürdig auf sie gewirkt hatte. „Als ich inhaftiert war, bin ich ihm noch mal begegnet. Zuerst dachte ich auch da, er würde handgreiflich werden, aber... am Ende hat er nur sehr verwirrt gewirkt.“ Genauer gesagt hatte sie ziemlich stark den Eindruck gewonnen, dass er nicht ganz bei Sinnen gewesen war in jenem Moment – so oder so hatte er ihr auch bei dieser zweiten Begegnung Angst eingejagt. „So zu tun, als würde ich ihn nicht kennen, war die einzige Reaktion, die mir einfiel.“