Beiträge von Decima Seiana

    Seiana saß da und grübelte. Katander war gerade hier gewesen, wie sie es gewünscht hatte, und sie hatten sich unterhalten. Wobei unterhalten das falsche Wort war. Viel gesprochen hatte keiner von ihnen beiden, und wenn, dann irgendwie… aneinander vorbei, hatte sie den Eindruck gehabt. Nicht so, dass es Missverständnisse gegeben hätte, aber so, dass keiner so wirklich auf das einging, was der andere gesagt hatte. Sie hatte gefragt, wie es ihm ergangen war – er hatte lediglich oberflächlich geantwortet, in einer Art, in der klar wurde, dass er nicht darüber reden wollte. Er hatte gefragt, wie es ihr ergangen war, und sie hatte ebenso geantwortet wie er. Sie hatten auch das Thema Archias kurz angeschnitten, aber auch hier wurde deutlich, dass keiner so wirklich über den Aelier reden wollte. Seiana wusste, wie nahe Katander ihm gestanden hatte, und sie konnte sich vorstellen oder vermutete zumindest, dass ihm sein Tod nahe ging. Aber sie selbst konnte nicht verdrängen, was passiert war, vor und nach der Entlobung, so viel Zeit inzwischen auch vergangen sein mochte. Und Katander… nun, Seiana mochte sich irren, aber sie hatte den Eindruck bekommen, dass Katander ebenso wenig über Archias reden wollte wie sie. Warum, darüber konnte sie nur mutmaßen, aber ihre Vermutung war, dass er ebenso wenig wie sie wirklich begriff, warum sein Herr sich getötet hatte – und bevor er womöglich schlecht über seinen toten Herrn und Freund sprach, mied er das Thema lieber. Aber das war nur eine Vermutung.


    Erst, als die Sprache auf Elena gekommen war, war Katander ein wenig aufgetaut – ebenso wie Seiana. Sie erzählte ihm, dass sie sie nach Hispania geschickt hatte, zurück auf die Landgüter ihrer Familie, und dass sie ihn ebenfalls dorthin zu schicken gedachte. Dass Katander in Rom blieb und Elena wieder hergeholt wurde, war für Seiana keine Option. Sie wollte sie nicht hier haben. Und das aus mehreren Gründen.
    Elena kannte sie zu gut, wusste zu gut, was in Seiana vorging, und sagte ihr, was sie darüber dachte. Bisher war das nie ein Problem gewesen – aber mittlerweile wollte Seiana das nicht mehr. Elena machte sich Sorgen um sie, darum, wie sie sich verändert hatte, und sie hatte mehr und mehr das Gefühl bekommen, dass darin ein Vorwurf lag, auch wenn dem nicht so war. So oder so wusste sie aber, dass Elena es für falsch hielt, dass sie sich immer mehr verschloss und immer kälter wurde – sie selbst allerdings war anderer Ansicht, und das war der Punkt, an dem ihre Freundschaft auf Dauer zerbrechen konnte, wenn er überstrapaziert wurde. Und dazu war es mehr und mehr gekommen. Seiana hatte sich zunehmend bedrängt gefühlt, selbst dann, wenn Elena gar nichts gesagt hatte. Es hatte gereicht, wenn sie sie einfach nur angesehen hatte, auf diese spezielle Art. Und als es dann so weit gekommen war, dass Seiana sich sogar bedrängt gefühlt hatte, wenn sie nur an Elena dachte, hatte sie kurzerhand beschlossen, dass das ein Ende haben musste. Da war ihr entgegen gekommen, dass Elena zugleich tieftraurig gewesen war über Katanders Verschwinden. Sie mochte ihre Sklavin sein, aber sie kannten sich von klein auf und waren schlicht Freundinnen – Seiana hätte es nie fertig gebracht, sie wegzubefehlen. So aber konnte sie ihr den Vorschlag machen, zurück nach Spanien zu gehen, wo sie sich erholen, Ablenkung finden konnte. Und Elena hatte dankbar eingewilligt, nicht ohne klar zu machen, dass sie es am liebsten sähe, wenn Seiana mitkäme – aber sie hatte eingewilligt. Und für Seiana hatte ihr Abschied vieles einfacher gemacht. Es gab nun niemanden mehr in Rom, der sie wirklich gut gekannt hätte, sah man einmal von Raghnall ab, der sie aber zum einen bei weitem nicht so gut kannte wie Elena, und der sich zum anderen ohnehin raushielt.
    Dann war da Katander selbst. So wenig er auch etwas für das konnte, was sein Herr getan hatte – es änderte nichts an der Tatsache, dass die beiden in ihren Augen einfach zusammen gehörten. Bliebe er hier, würde er sie ständig an Archias erinnern, und das wollte sie nicht. Sie hatte mit dieser Sache abgeschlossen. Sie wollte nicht ständig eine lebende Erinnerung für ihre Fehler und ihr Scheitern vor ihrer Nase herumlaufen haben.
    Und zu guter Letzt: Elena und Katander waren ein Paar. Und sie waren glücklich zusammen, oder jedenfalls waren sie es gewesen, selbst nach der Entlobung – bis Katander verschwunden war, nach Archias’ Tod. Seiana hatte keinen Grund zu der Annahme, dass die beiden nicht dort weitermachen würden, wo sie aufgehört hatten. Und das war etwas, was sie am allerwenigsten vor ihren Augen haben wollte. Sie war sich nicht einmal so sicher, ob sie das überhaupt würde ertragen können auf Dauer.
    Nein, dass Elena zurück nach Rom kam und die beiden hier blieben, war ganz und gar keine Option. Aber Katander schien zum Glück nichts dagegen zu haben, im Gegenteil, er wirkte heilfroh über die Aussicht, Rom den Rücken kehren zu können. Und das war Grundvoraussetzung für das, was Seiana ihm als nächstes eröffnet hatte: dass sie ihn und Elena freilassen würde. Hätte sie den Eindruck gehabt, Katander wolle gern in Rom bleiben, hätte sie auch nur vermutet, er könnte entscheiden hier mit Elena zu leben, wenn er frei war, hätte sie damit noch länger gewartet, aber Katander schien weg zu wollen – nicht einfach nur zu Elena, sondern weg, weg von Rom. Also hatte sie es ihm gesagt, und sie hatte auch gleich zwei entsprechende Schreiben aufgesetzt, die die Freilassung bestätigten. Damit, und mit ihrer Zusage, dass sie sich um finanzielle Belange kümmern würde, war Katander dann verschwunden, um seine Abreise zu organisieren.


    Und nun saß Seiana da und grübelte, über das Gespräch, über Katander und Elena, und über Archias. Sie hatte Archias überreden wollen, dass sie gemeinsam zur Hochzeit Elena und Katander die Freiheit schenkten. Dieser nicht umgesetzte Beschluss war letztlich das einzige gewesen, was wirklich noch offen geblieben war von dieser ganzen Sache. Das nun doch noch tun zu können… war unerwartet, und es verlieh diesem Abschnitt ihres Lebens eine Form von förmlichem Abschluss, den sie bislang nicht hatte finden können. Sie war ja nicht einmal dabei gewesen, als Archias die Verlobung hatte austragen lassen, weil er, dickköpfig wie er war, darauf bestanden hatte das selbst – und allein – zu tun. Jetzt hatte sie doch noch etwas bekommen, was sie hatte tun können, etwas zu erledigen, etwas, was einen offiziellen Charakter hatte. Sie hatte sich im Grunde schon damit abgefunden, dass sie das nie haben würde, und dass es nun doch so war… Sie wusste nicht so recht, ob das gut war oder schlecht. In diesem Augenblick fühlte es sich einfach nur merkwürdig an. Mit einem Seufzen setzte sie sich zurecht, zog ihre Schreibutensilien zu sich und begann, den Brief an Faustus aufzusetzen.

    Zitat

    Original von Iullus Quintilius Sermo
    Gilt das auch für die Provinzen, oder ist eine Anreise nach Rom erforderlich?


    Bisher gab es die ständigen CC's nur in Rom, aber ich seh keinen Grund, warum diese nicht auch in den Provinzen abgehalten werden sollen. Sim-on gibt es in den Provinzen Zweigstellen der Schola bzw. das Museion, sim-off spricht eh nichts dagegen.


    Zitat

    Original von Ferros Atticos
    Bei Bedarf könnte ich gerne anbieten, den Lateinkurs I wieder anzubieten, erfolgreich absolviert hatte ich den glaub ich, und allzu stark dürften meine Lateinkenntnisse noch nicht eingerostet sein, außerdem wäre es eine schöne Gelegenheit das ganze mal wieder etwas aufzufrischen, auch wenn ich verstehen kann, daß es merkwürdig anmutet, wenn ausgerechnet ein Grieche den Römern Latein beibringen soll. ;)


    Zitat

    Original von Quintus Claudius Felix
    Bei Altgriechisch könnte ich ein wenig helfen. Hatte es bis letztes Jahr in der Schule. :D


    Sind das Angebote? :D Wenn ihr Sprachkurse anbieten möchtet, herzlich gerne. Ich würde sie dann nur als reine sim-off-Kurse anbieten, da sim-on die meisten ID's Latein können – und ein guter Teil auch Griechisch.


    Zitat

    Original von Iulia Corona
    Aber mal was richtig zum Thema Kurse. Ich kenn mich ehrlich gesagt mit dem Angebot nicht so ganz aus, aber die Kollegen Horaz und Cicero fände ich auch mal Interessant in einem Kurs.


    Gleiche Frage *g* Ist das ein Angebot? Neue Kurse können wir immer gebrauchen, du kannst gerne einen Kurs über Horaz und/oder Cicero erstellen und ihn abhalten :)

    Ein Bote brachte folgenden Brief sowie eine beigefügte Tafel vorbei:


    Geschätzter Consul Vetilius,


    anbei übersende ich dir den Finanzbericht der Acta Diurna, wie es nun im Gesetz verankert ist. Ich bitte dich darum, diesen dem Senat zeitnah vorzulegen. Für Rückfragen deinerseits oder des Senates stehe ich selbstverständlich gerne zur Verfügung.


    Mögen die Götter dich behüten!


    [Blockierte Grafik: http://img46.imageshack.us/img46/6479/siegelds.png]



    Finanzbericht der Acta für das abgeschlossene Geschäftsjahr*




    Sim-Off:

    *1. Quartal 2010; da das ganze Sim-Off-Jahr 108 n.Chr. ist, lass ich das einfach weg :)
    **Stand: 1.1.2011
    ***Stand: 1.4.2011

    Nachdem sie eingetreten war, schloss sie sorgfältig und leise die Tür hinter sich. Langsam setzte sie einen Fuß vor den anderen, bis sie ungefähr in der Mitte des Raums stand, jede Bewegung ein Ausdruck von unbedingt ausgeübter Körperbeherrschung, von einer Kontrolle, die keinen Ausbruch duldete, eine Kontrolle, die selbst für ihre Verhältnisse ihresgleichen suchte.
    Und die dennoch nicht perfekt war.
    Mit ruhigen Handgriffen entzündete sie eine Öllampe, deren warme Flamme den Raum in ein rötliches rot, rot wie Blut Licht tauchte blutige Rinnsale ergossen sich über den Boden, leckten an den Möbeln, tanzten auf den Wänden, sprudelten ihren Körper hinauf und hinab, das sie, vorübergehend ausbrechend aus der Kontrolle, in einer allzu hastigen Bewegung sofort wieder löschte. Wie versteinert stand sie dann einen Augenblick da und starrte in das nun wieder dunkle Zimmer, nur schwach erhellt vom Mondlicht, das durch das Fenster hereindrang. Es reichte aus, entschied sie. Es wäre unsinnig, eine Verschwendung, redete sie sich ein, ein zusätzliches Licht zu entzünden, das sie nicht brauchte.


    Sie wandte sich ab von dem Tisch, auf dem die Lampe stand, und begann sich auszuziehen. Erneut war jeder Handgriff ruhig, bedacht, bewusst gewollt, wurde mit großer Sorgfalt und Bestimmtheit durchgeführt. Sie zwang sich unter jene Kontrolle von zuvor, die wie ein Käfig ihren Körper umklammert hielt und damit auch ihren Geist einsperrte, in vorgegebenen Bahnen hielt.
    Die Palla legte sie zuerst ab, wickelte den Stoff von ihrem Körper, und sie legte ihn sorgsam über die Lehne eines Stuhls. Die Fibeln, die die nächste Lage Stoff rafften und hielten, folgten als nächstes, wurden geöffnet und auf die Sitzfläche des Stuhls gelegt, Stück für Stück, bis ihr Kleid nur noch von einer gehalten wurde. Während sie auch diese löste, das Kleid ablegte und die Gelegenheit nutzte, um sich zwischen den Beinen abzureiben, vermied sie jeden Gedanken daran, was sie tat oder warum, sondern fragte sich stattdessen, wo wohl der Gürtel abgeblieben sein mochte, den sie an diesem Abend noch getragen hatte… bis ihr auffiel, dass das ebenfalls eine Überlegung war, die ihre Gedanken letztlich auf einen Weg bringen würde, den sie sie nicht einschlagen lassen wollte, weshalb sie diese Grübeleien rigoros abschnitt. Das Kleid legte sie anschließend über die Palla, und während sie dies tat, während ihre Finger sacht über den Stoff fuhren, strichen sie über etwas, was nicht da sein sollte, über eine Unebenheit, eine Ruptur. Diesmal gelang es ihr nicht rechtzeitig, zu stoppen, und wieder gab es einen Aussetzer in ihrer Kontrolle, wurden ihre Bewegungen unsicher, als in ihr Bewusstsein die Erkenntnis vordrang, dass es sich um eine jener Stellen handelte, an denen ihr Kleid einen Riss davon getragen hatte.
    Ein Zittern lief über ihren Körper, und diesmal redete sie sich ein, dass es an der kühlen Nachtluft lag. In einer fast schon trotzigen Geste nahm sie den Stoff noch einmal auf und besah ihn sich genauer, fast als wolle sie sich beweisen, dass da… nichts war. Nichts, was sie schrecken könnte. Was sie unterkriegen könnte. Ihre Finger glitten über den Stoff, untersuchten ihn, und sie wusste, dass sie sich etwas würde überlegen müssen. Sie hatte nicht vor, das Kleid – oder die Palla, oder sonst etwas, was sie an diesen Abend erinnern könnte – zu behalten, aber die Sklaven könnten sich wundern, wenn sie das sahen. Sie könnten Fragen stellen. Das Beste würde sein, sie ließ alles lichterloh in einem Feuer rot wie Blut verbrennen. Von Raghnall. Oder, noch besser, sie erledigte das selbst. Mit einer plötzlich heftigen Bewegung riss sie auch Palla und Fibeln an sich und trug sie zu ihrem Schreibtisch, wo sie sie in die Truhe dahinter stopfte, eine von jenen Truhen, an die die Sklaven nicht gingen, weil sie dort ihre Arbeit und ihre Wertsachen aufbewahrte.


    Im Anschluss daran… stand sie zunächst einfach nur wieder da. Kämpfte mühsam um ihre Beherrschung, suchte verzweifelt nach etwas, was sie nun tun könnte, um sich abzulenken, um zu verhindern, dass ihre Gedanken wieder begannen zu schweifen, dass ungewollte Bilder wieder die Oberhand über ihren Geist gewannen. Ihr Blick wanderte zu der einfachen Waschschüssel, die im hinteren Bereich, in der Nähe ihres Betts, stand, aber damit wollte sie gar nicht anfangen, ahnte sie doch, dass sie nicht so schnell würde aufhören können, wenn sie einmal begann sich zu waschen.
    Und so ging sie einfach nur zu ihrem Bett und ließ sich darauf nieder, langsam, ihre Bewegungen nun seltsam kraftlos, setzte sich zunächst und ließ sich dann auf die Seite sinken, bis sie lag. Mit einer Hand tastete sie hinter sich und zog die Decke über sich, wickelte sich ein und zog ihre Beine eng an den Körper. Und starrte blicklos vor sich hin.


    Sie fürchtete sich.
    Nicht davor, dass ihr hier etwas passierte, aber davor genug loszulassen, dass sie sich entspannte – und sich dann nicht mehr kontrollieren konnte.
    Nicht vor der Nacht, aber vor dem Schlaf, und den Träumen, die dieser mit sich bringen mochte.

    Auch wenn sie es niemals laut zugegeben hätte, war Seiana doch erleichtert, als die Iunia ihre Frage als den Hinweis begriff, als der sie gedacht war: das Einläuten des Abschieds. Sie wollte nicht so wirken, als ob sie sie hinauswarf, schon gar nicht in Anbetracht des immer noch dünnen Eises, auf dem sie sich zu bewegen schienen, aber sich weiter mit ihr über Allgemeinplätze zu unterhalten, das schaffte Seiana einfach nicht. Sie war ohnehin nicht sonderlich gut im höflichen Geplänkel und Floskelaustausch, sie war es nie gewesen, und trotz einiger Fortschritte würde sie es wohl auch nie wirklich sein. Aber bei Axilla wollte ihr so gar nichts einfallen, oder besser: alles was ihr einfiel, klang seltsam hohl in ihren Ohren. Es war besser, es gar nicht erst zu versuchen, als etwas derartiges zu erzwingen. „Nein, ich habe auch nichts. Dann wünsche ich dir noch einen schönen Tag...“ Das Ende des Satzes blieb merkwürdig offen. Die Atmosphäre, die gegen Ende ihres Gesprächs irgendwie wieder an Spannung gewonnen hatte, hinderte Seiana daran, noch einmal Axillas Cognomen auszusprechen. Die Tatsache, dass sie es zuvor bei der Begrüßung jedoch getan hatte, hinderte sie zugleich daran, nun ihren Gentilnamen zu nutzen. Also entschied Seiana sich dafür, keinen der beiden Namen zu nennen, sondern Axilla einfach zuzulächeln, das für aber eine Spur herzlicher, als sie es für gewöhnlich tat.


    Als die Iunia dann gegangen war, blieb Seiana noch einen Augenblick sitzen und überlegte. Dann winkte sie einen Sklaven zu sich. „Bring mir Schreibunterlagen und etwas zu trinken in die [bibliotheca]Bibliothek[/url]. Und dann schick Katander dorthin.“

    Seiana stimmte nicht in das Lachen mit ein, aber sie verzog ihre Lippen immerhin zu einem Schmunzeln. „Möglich, dass das ebenso eine Rolle gespielt hat.“ Das wäre wenigstens noch ein halbwegs verständlicher Grund gewesen. Nicht dass sie das befürworten würde, aber dass ein Mann mögliche Feinde – oder Unterstützer von Feinden – aus dem Weg schaffte, wenn er gefahrlos die Möglichkeit dazu hatte, war nichts Ungewöhnliches. Rein aus einer Laune heraus, weil er beleidigt worden war, war jedoch in ihren Augen bedenklicher. Sie unterdrückte ein Seufzen und stellte ihren Becher beiseite. „Nun... entschuldigt bitte, wenn ich mich nun zurückziehe. Ich habe noch einiges zu erledigen. Dir, Quintilius, danke ich für die Botschaft, die du mir gebracht hast. Ich wünsche dir noch viel Erfolg und eine gute Reise zurück nach Germanien.“ Sie lächelte vage zum Abschied, erhob sich dann und verschwand.

    [Blockierte Grafik: http://img51.imageshack.us/img51/2204/iaret.jpg]


    Iaret machte eine vage Kopfbewegung. So wie sie es darlegte, konnte man es natürlich auch sehen, obwohl er Tieren ein derartiges Empfinden nicht zusprechen wollte. Ein Vogel sang und ein Fisch lebte im Wasser, weil es ihm von den Göttern so gegeben war. Und aus eben diesem Grund war er auch Arzt.


    Er kommentierte die Worte der Sklavin allerdings nicht weiter, machte sie doch zum einen damit klar, dass sie anderer Meinung war – was eine weitere Unterhaltung überflüssig machte, und Iaret mochte nichts, was überflüssig war –, und waren sie zum anderen inzwischen vor der Tür der Claudia angekommen, die er behandeln sollte. „Salve, Claudia. Mein Name ist Iaret“, grüßte er in ruhigem Tonfall zurück und stellte sich vor, während er sie aufmerksam betrachtete. Etwas blass um die Nase schien sie zu sein, ansonsten fiel ihm auf den ersten Blick nichts weiter auf, was ungewöhnlich wäre. Er kam näher heran, zog sich einen Stuhl herbei, ohne zu fragen, und ließ sich neben ihr nieder, um ohne weitere Umschweife zur Sache zu kommen. „Unter welchen Beschwerden leidest du?“





    MEDICUS

    Ohne dass sie darüber hätte nachdenken müssen, trugen ihre Schritte sie durch das Haus bis zu ihren Gemächern. Vor der Tür blieb sie stehen, hob langsam die Hand – und zögerte dann zum ersten Mal, seit sie sich im Atrium in Bewegung gesetzt hatte.
    Sie wollte sich waschen.
    Rein waschen.


    Für einen kurzen Moment blitzte wieder die blutige Vision vor ihrem inneren Auge auf.
    Rote Schlieren von unbestimmbarem Ursprung durchziehen das Bild, in dessen Zentrum sie ist, nackt, stehend, liegend, schwebend, rote Schlieren schlängeln sich um ihren Körper, schlingen sich um ihn, und der Hintergrund tränkt sich mehr und mehr in Rot, bis keine einzelnen Rinnsale mehr auszumachen sind.
    Sie verdrängte das Bild, versuchte es zu ersetzen, durch etwas Klares. Wasser. Sie wollte sich waschen, nicht mit Blut, mit Wasser, sie wollte ein Bad nehmen und so lange im Blut Wasser Blut bleiben, bis sie sich wieder sauber fühlte.


    Ihre noch immer erhobene Hand senkte sich in einer leichten Vorwärtsbewegung, bis sie auf dem Holz der Tür zu ruhen kam. Das Bad würde warten müssen. So sehr sie das auch wollte, so dringend das Bedürfnis danach auch war… sie konnte das jetzt nicht. Sie würde Sklaven wecken müssen. Und selbst wenn nicht, selbst wenn sie alles allein herrichtete – was so schwer nicht sein konnte –, würde sich Lärm dabei nicht vermeiden lassen. Weshalb das Risiko bestand, dass jemand wach wurde. Und das wollte sie nicht. Mehr noch, sie konnte nicht. Sie wollte um jeden Preis vermeiden, dass jemand, irgendjemand, sie so sah. Dass irgendjemand etwas bemerkte und etwas sagte oder sie auch nur ansah, auf andere Art als sonst. Sie hatte das unbedingte Gefühl, das nicht ertragen zu können, dann zusammenzubrechen. Und das ging nicht. Sie musste Haltung zeigen. Beherrschung wahren. Etwas anderes kam nicht in Frage.
    Ein Zittern lief durch ihren Körper, und sie ließ die Stirn gegen das Holz sinken, lehnte sich dagegen. Sie wollte sich säubern von dem ganzen Schmutz, aber sie konnte das Risiko nicht eingehen, so viel stand fest. Und nach einem weiteren Moment richtete sie sich wieder auf, straffte die Schultern und betrat ihr Cubiculum. Was sie dort zur Verfügung hatte, würde reichen. Musste reichen. Alles andere musste bis morgen warten.

    [Blockierte Grafik: http://img51.imageshack.us/img51/2204/iaret.jpg]


    Wieder ein Blick. Gerade eben hatte sie sich noch für ihre Fragen entschuldigt, aber das schien sie nicht daran zu hindern, weiter zu fragen. Und sie verzichtete nicht darauf, weiter bei diesem Thema zu bleiben, bei dem Iaret nicht wirklich eine Antwort hatte. Er hatte seine Eltern, seine Familie geliebt, früher, als Junge, als er noch dort gelebt hatte vor langer Zeit. Er hatte Frauen geliebt. Er liebte – auf seine Art – Crios, der ihn begleitete, seit dieser ein kleiner Junge gewesen war, der sein Sohn war in allem, nur nicht im Blut. Aber sein Beruf? Er war dazu berufen, daran hegte er keinen Zweifel, hatte es auch nie getan. Er spürte Faszination für den menschlichen Körper in sich, für die Vorgänge darin, für alles, was Auswirkungen darauf hatte, was man tun konnte, um ihn zu beeinflussen. Und natürlich ging es ihm um die Wahrung des Lebens. Doch der Begriff Liebe erschien ihm... unangebracht dafür. „Weder die Frage nach Liebe noch nach Treue hat sich mir je gestellt. Liebt ein Vogel das Singen? Fragt sich ein Fisch je, ob er dem Wasser treu bleiben soll?“ Er deutete ein Achselzucken an, während er ihr in die Villa hinein folgte, die sie mittlerweile erreicht hatten. „Nein, ich habe sie nicht gezählt“, bestätigte er ihr, ohne auf die Sache mit dem Helfen einzugehen. Dass er Menschen half, lag in der Natur der Sache, aber das war nicht wirklich, was ihn antrieb. Seine Tätigkeit brachte das mit sich, und natürlich war das ein positiver Effekt, aber Iaret... hatte mehr ein wissenschaftliches Interesse an dem, was er tat, denn ein altruistisches.





    MEDICUS

    Sie stand eine gefühlte Ewigkeit im Atrium. Wie lang, wie viel Zeit verging, wusste sie später nicht zu sagen. Sie stand einfach nur da, presste die Ballen auf die Augen, ließ die Hände dann irgendwann wieder sinken und starrte erneut vor sich hin, als sich in ihr wieder... diese taube Leere ausbreitete.
    Und sie klammerte sich regelrecht daran. Die Leere war das einzige, was sie aufrecht hielt, das einzige, was sie daran hinderte abzustürzen, das einzige, was die Bilder verdrängte, die immer wieder, immer wieder, immer wieder in ihre Gedanken zu drängen drohten. Die unterschwellig brodelten und an die Oberfläche drangen, die Schicht durchbrechen wollten, die darüber lag. Und sie stand da und klammerte sich unbewusst an die Leere, an die Taubheit, die das alles verdeckte.


    Irgendwann bewegte sie sich doch. Sie wusste immer noch nicht, was nun, oder wohin, aber irgendetwas in ihrem Kopf... konnte die Leere nicht mehr aufrecht erhalten. Es bröckelte, wie bereits mehrfach in dieser Nacht. Und sie konnte es nicht aufhalten.
    Berührung.
    Ein Schauer lief durch ihren Körper.
    Bewegung.
    Dann noch einer.
    Schweiß.
    Und noch einer.


    Als sie die Leere nicht mehr festhalten, die Bilder nicht mehr aufhalten konnte, hätte sie am liebsten geschrien. Geschrien, gebrüllt, getobt. Sich die Kleider vom Leib gerissen, die auf ihrem Körper zu brennen schienen, und sich die Haut zerkratzt, bis Blut rann und alles reinwusch. Während sie starr im Atrium stand, tobte vor ihrem inneren Auge eine Vision, die sich langsam, aber sicher in Blut ertränkte. Blut rann an ihrem Körper hinab, sammelte sich auf dem Boden und floss in das Becken, wo sich das Wasser im Mondschein dunkel färbte, blutige Schlieren zogen sich noch darüber hinaus, auf die andere Seite des Impluviums, als hätte die Flüssigkeit ein merkwürdiges Eigenleben entwickelt, als könnte sie selbst bestimmen, wohin sie rann, wo sie sich ausbreitete.
    Und Seiana selbst stand nur stumm da... bis sie sich mit Gewalt in die Realität zurück zwang. Sie mochte nicht wissen, was nun, aber sie wusste ganz sicher, was nicht. Sie konnte nicht schreien. Sie konnte nicht toben. Sie konnte das Atrium nicht in Blut tränken, schon gar nicht in ihrem eigenen. Es war mitten in der Nacht, und sie war hier nicht allein. Selbst wenn es nur die Sklaven gewesen wären, hätte sie sich zusammengerissen, aber es waren nicht nur die Sklaven, Mattiacus war auch hier. Und selbst wenn nicht... selbst wenn niemand hier gewesen wäre... Sie hätte es sich nicht erlaubt, zusammenzubrechen. Sie hätte es sich nicht erlaubt, einen Moment der Schwäche zu zeigen. Es ging nicht. Sie konnte nicht. Sie wusste nicht, ob sie in der Lage sein würde sich wieder aufzurichten, aufzustehen und weiterzumachen, wenn sie sich einmal, ein einziges Mal, erlaubte schwach zu sein. Und weil sie das nicht wusste, weil sie sich nicht sicher sein konnte, blieb ihr nichts anderes übrig, als Stärke zu zeigen, selbst dann, wenn sie allein war.


    Als sie sich zur Seite wandte und endlich ging, hatte sie die bizarre Vorstellung in ihrem Kopf, dass ihre Füße blutige Spuren auf dem Boden hinterließen.

    „Wenn du das gerne möchtest, kannst du das selbstverständlich tun“, nickte Seiana. Die Subauctores arbeiteten weitestgehend selbstständig, wenn die Peregrina also das Risiko eingehen wollte, war es ihre Sache.
    Bei den folgenden Worten zog Seiana nur eine Augenbraue hoch. Sie wusste nicht, mit welchen Römern Roxane gesprochen hatte, aber sie konnte nicht so recht glauben, dass tatsächlich jeder nur Teile darüber gewusst hatte. So oder so hielt sie es jedoch für müßig, mit ihr darüber zu diskutieren. Wenn sie über die Bauwerke schreiben wollte: wunderbar. Derartige Texte fanden immer ihren Platz in der Acta. „Wie gesagt: du kannst gerne darüber schreiben. Ich würde mich freuen, wenn wir einige Artikel dieser Art in der Acta veröffentlichen können.“ Diesmal folgte ein knappes Lächeln, gefolgt von einem angedeuteten Kopfschütteln. „Nein, im Augenblick nicht. Politische Themen bieten sich immer an. Berichte über laufende Gerichtsverfahren. Aber aktuell kann ich dir kein spezifisches nennen.“

    [Blockierte Grafik: http://img51.imageshack.us/img51/2204/iaret.jpg]


    Er hörte, wie sie irgendetwas flüsterte, ging aber nicht darauf ein, sondern bewegte sich weiter durch die Straßen. Dann allerdings stellte sie eine Frage, die ihn tatsächlich verblüffte. Der Blick, den er ihr nun zuwarf, verriet ein bisschen von seinem Erstaunen. „Ob ich meinen Beruf liebe?“ wiederholte er in einem Tonfall, der im Gegensatz zu seinem nicht verriet, ob er erstaunt war – oder was er sonst über diese Frage dachte. Er deutete ein Kopfschütteln an, als sie sich entschuldigte, damit ausdrückend, dass es kein Problem war, ohne das allerdings zu sagen. Einen Augenblick schwieg er, nahm sich Zeit zu überlegen. Er konnte nicht wirklich sagen, ob er liebte, was er tat. Er tat es aus vollstem Herzen, er kannte nichts anderes, konnte sich nicht vorstellen, je etwas anderes zu tun – aber er konnte nicht sagen, ob er es liebte. „Es ist meine Berufung“, antwortete er schließlich.





    MEDICUS

    [Blockierte Grafik: http://img51.imageshack.us/img51/2204/iaret.jpg]


    Iaret warf der Frau einen kurzen Blick zu, als diese ihn nach seinen medizinischen Kenntnissen fragte. Letztlich implizierte das, dass sie ihm nicht so ganz traute, was in ihm wiederum die Frage aufwarf, warum sie zu ihm gekommen war. Wenn man es positiver formulieren wollte, konnte es aber auch heißen, dass sie einfach nur sicher gehen wollte, ihre Herrin bekäme eine gute Behandlung. Iaret konnte es im Grunde auch egal sein. „Griechenland und Alexandria“, war das einzige, was er sagte. Seine Antwort genauer auszuführen hielt er nicht für nötig, da er nicht davon ausging, dass die Sklavin etwas mit Orten oder Namen würde anfangen können. Erneut flog sein Blick zu ihr, als sie die nächste Frage stellte. Für einen Moment schien ein Blick aus stechenden Augen sie zu durchbohren. „Ja, man kann Kräuter und Mixturen auch kaufen.“ Der Blick ruhte noch kurz auf ihr, aber er fragte nicht nach, was sie bräuchte oder warum. Wenn sie mehr wissen wollte, würde sie schon den Mund aufmachen.





    MEDICUS

    Es tut mir leid, dass die ständigen CC's jetzt seit über einem Jahr brach liegen - und dass es seit ca. einem dreiviertel Jahr auch keinen außerordentlichen CC mehr gegeben hat.


    Aber: ja, es kommt definitiv was. Ich überarbeite derzeit ein paar, und wenn alles klappt, dann wird die Schola noch diese Woche zumindest mit einem ständigen CC wieder starten.

    [Blockierte Grafik: http://img51.imageshack.us/img51/2204/iaret.jpg]


    Iaret folgte der Frau, während Crios in der Taberna zurückblieb, ohne dass sie noch ein Wort miteinander gewechselt hätten. Der junge und der alte Grieche lebten und arbeiteten schon lange genug miteinander, dass sie perfekt aufeinander eingespielt waren – was eigentlich hieß, dass Crios die Eigenarten seines Lehrmeisters in- und auswendig kannte und zwar durchaus manche Schlupflöcher nutzte, es sich aber im Traum nicht einfallen ließ, wirklich aufzubegehren.


    Rasch gingen sie durch die Straßen, und als die Frau, die den Griechen führte, ihn ansprach, verlangsamte er ebenso wenig wie sie seinen Schritt. „Stell deine Frage.“ Ob sie eine Antwort bekommen würde, war eine andere Sache, aber vom Fragen stellen würde er sie nicht abhalten.



    Sim-Off:

    Ich bleib mal in dem Thread, bis das durch ist, okay?





    MEDICUS

    [Blockierte Grafik: http://img51.imageshack.us/img51/2204/iaret.jpg]


    Kaum hatte die Frau angefangen zu sprechen, kam auch schon der zuvor Gerufene aus dem hinteren Bereich der Taberna. In seinen Haaren zeigten sich silberne Strähnen, sein Gesichtsausdruck mutete eher finster an, ein Eindruck, der noch verstärkt wurde durch eine Nase, die in der Vergangenheit augenscheinlich mehr als einmal gebrochen worden war. „Eine Claudia“, murmelte Crios ihm zu, während er begann, auf die Worte der Frau hin ein paar zusätzliche Sachen in eine Tasche zu packen, die Iaret von hinten mitgebracht hatte. Der kommentierte weder diesen Satz noch die Anmerkungen der Frau, sondern streckte einfach nur fordernd die Hand nach seiner Tasche aus und meinte dann: „Dann zeig wohin.“





    MEDICUS

    [Blockierte Grafik: http://img210.imageshack.us/img210/4457/crios.jpg~Crios~


    „Claudia, sagst du?“ Crios musste nicht lange überlegen. Das war die Sorte Kundschaft, die sein Lehrmeister Iaret selbst übernahm. „Da bist du hier richtig. Moment,“, machte er, wandte sich kurz ab und rief nach hinten: „Iaret!“ Dann sah er wieder zu der Frau. Kurz überlegte er, ob sie eine Bedienstete war oder doch eine Sklavin – aber für Iaret, ihn und ihre Arbeit spielte das letztlich keine Rolle. „An was leidet sie? Je genauer wir das jetzt schon wissen, desto besser.“




    „Das kann ich verstehen“, antwortete Seiana. Verus hatte scheinbar ein Talent dafür, Menschen so vor den Kopf zu stoßen, dass sie ihm nicht mehr über den Weg laufen wollten. Aber man konnte ja nie wissen, wann man mit der Kanzlei zu tun bekam.
    Für einen Augenblick entstand dann ein Schweigen, das sich irgendwo an der Grenze zur Peinlichkeit entlang zu hangeln schien. Auch wenn das bisherige Gespräch zeigte, dass ihr Verhältnis zu der Iunia sich genug gebessert hatte in den vergangenen Monaten der Zusammenarbeit, dass sie sich normal mit ihr unterhalten konnte – sobald ihr der Gesprächsstoff ausging, meinte sie die alte Anspannung wieder zu fühlen.


    Bevor das Schweigen sich aber dazu entschließen konnte, auf die falschen Seite dieser schmalen Grenze zu kippen, beschloss Seiana, das Gespräch zu beenden. Sie stellte den Weinbecher auf den Tisch zurück und formte ihre Lippen zu einem vagen Lächeln. „Nun, ich werde meinem Bruder in den nächsten Tagen schreiben, was den Octavius betrifft. Und ich danke dir noch mal, dass du Katander gebracht hast.“ Bei diesen Worten wurde ihr Lächeln ein wenig ehrlicher. „Hast du sonst noch etwas zu besprechen?“

    [Blockierte Grafik: http://img210.imageshack.us/img210/4457/crios.jpg~Crios~


    Crios war gerade im hinten im Lager gewesen, um Nachschub für ein paar der Regale zu holen, als er jemanden rufen hörte. Mit einigen Amphoren und Päckchen mit Kräutern auf den Armen kam er wieder nach vorne, lud das Zeug erst mal auf der Theke ab und wandte sich dann an die Frau, die im Raum stand. „Salve. Wie kann ich dir helfen?“