Beiträge von Decima Seiana

    Natürlich. Seiana hatte geahnt, wie die Iunia reagieren würde, weil sie irgendwie immer so reagierte, jedenfalls wenn die Decima mit ihr sprach. Seiana gönnte sich einen Schluck Wein und schwieg einfach nur, während sie die Iunia weiterhin ansah und darauf wartete, dass sie etwas Zusammenhängendes sagte. Sie war müde, und sie war immer noch... fertig von den Neuigkeiten. Vor allem von der Nachricht vom Freitod des Aureliers. Sie hatte keinen Nerv, sich darüber Gedanken zu machen, was die Iunia in diesem speziellen Augenblick dazu bewegte, sich so zu geben wie sie sich gab. Vermutlich war sogar tatsächlich ein Anteil Überraschung dabei, denn das hatte sie ganz sicher nicht wissen können, was sie erwartete. Wenn sie nur nicht so... so unschuldig tun würde. Und sie entschuldigte sich irgendwie laufend, was Seiana noch mehr entnervte. Ihr wäre es lieber gewesen, wenn die Iunia einfach mit offenen Karten gespielt hätte. Hätte ich nicht erwartet, dass ausgerechnet du ausgerechnet mir das anbieten würdest. Immerhin hab ich dich übertrumpft. So etwas in der Art, damit hätte Seiana umgehen können. Mit offener Ablehnung. Offener... Herablassung. Offen zur Schau gestelltem Anderssein. Aber das hier gehörte vermutlich ebenso mit zu dem, was sie so anders, sprich, besser machte. Seiana zuckte kurz unwillig mit dem Kopf, wie um eine lästige Fliege zu vertreiben – indes, die Fliege waren ihre Gedanken, und ebenso wenig wie eine Fliege ließen sich diese so einfach vertreiben. Aber sie verbannte sie dennoch. „Dann hätten wir das geklärt. Hast du irgendwelche Fragen?“ Sie musste ihr die Möglichkeit geben, Fragen zu stellen. Immerhin war sie nicht nur die Auctrix, sie war selbst lange Zeit Lectrix gewesen, und die Germanica war nicht hier, um Axilla einzuarbeiten. Nein, das würde wohl oder übel sie selbst übernehmen müssen, wenigstens bis zu einem gewissen Grad.

    Zitat

    Original von Iullus Quintilius Sermo
    War das ein Lächeln? Ein Zucken vielmehr, ja. Offenbar war die Decima doch nicht so emotionslos wie Sermo sich eingebildet hatte. "Allerdings habe ich das," beantwortete er daraufhin ihre Frage. Er erinnerte sich nur zu gut an diese Verhandlung. Das war kurz nach seiner Eskapade in der Subura gewesen, als er den Verliesen der Cohortes Urbanae einen Besuch hatte abstatten dürfen...müssen. "Ich war damals noch Liktor meines Patrons, des ehrenwerten Senators Purgitius Macer, der zu dem Zeitpunkt amtierender Praetor war. Der Octavius führte damals in Familiensache die Anklage gegen einen Mann, der angeblich seinen Verwandten ermordet haben sollte." Sermo strich sich mit Daumen und Zeigefinger über den Kinnbart, für einen Moment die Erinnerung hervorkramend. "Wirklich gut hat er sich nicht angestellt wie ich finde. Der Täter wurde zwar letzten Endes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Das aber nur, weil er selbst ein Geständnis im Carcer abgelegt hatte. Ich glaube nicht, dass die Anklage und Beweisführung des Octavius allein das bewirkt hätte." Er schüttelte überzeugt den Kopf. "Nein, eigentlich gab es gar keine Beweisführung, glaube ich. Als einziger Zeuge wurde ein Decimus gerufen, der in dem Fall ermittelte. Decimus...Serapio hieß er." Ob die Auctrix den Mann wohl kannte? Rom war zwar ein Dorf und die Welt klein, aber die Gens Decima war immerhin auch mit zahlreichen Mitgliedern gesegnet, die reichsweit verstreut lebten. Immerhin lag der Ursprung der Gens sogar in Hispania, wo vermutlich ein großer Teil der Verwandtschaft noch an den Wurzeln haftete und dortigen Landbesitz pflegte und mehrte, wie es sich für traditionsbewusste Römer gehörte.


    "Der Skandal, wahrhaftig. Diese desaströsen Geschehnisse sind allerdings eine ausführliche Berichterstattung wert." Er nickte beipflichtend. Zu diesem Zeitpunkt hatte er ja noch keine Ahnung, was dort wirklich passiert war. Und selbst wenn, er hätte es wohl auch nicht sofort verraten. Nicht, ohne etwas dabei für sich herauszuschlagen. "Wie weit sind denn die Ermittlungen in diesem Fall vorangeschritten? So etwas Ungeheuerliches muss doch zügig aufgeklärt werden!" Er sprach dem Ton inbrünstiger Überzeugung. Natürlich, die Götter mussten geehrt werden und die Erinnerung an die Ahnen gepflegt. Aber Übermaß war niemals gut, auch nicht in der Verehrung der höchsten Weltenwesen.


    "Selbstredend lässt meine Zeit das zu," erklärte er der Decima daraufhin mit einem breiten Lächeln. Er sparte sich diesmal ein allzu direktes Kompliment und blieb lieber sachlich, denn das schien der Dame wohl eher zu liegen. "Eine Stadtführung, die alle Sehenswürdigkeiten und jedwedes Wissenswerte in und über Ostia einschließt. Ich möchte doch vermeiden, dass du diese Stadt verlässt, ohne sie wirklich gesehen zu haben." Er machte Anstalten sich zu erheben, während er einen kurzen Blick zum Fenster hinauswarf. "Wir können sofort los, wenn es dir recht ist. Das Wetter ist beinahe fantastisch. Außerdem wartet noch ein Kontrollbesuch im Hafen auf mich, das trifft sich ohnehin sehr gut." Der Himmel war nur wenig bewölkt, während eine allzeit zugegener Meeresbrise die salzige Luft landeinwärts trieb. Sermo mochte diesen Ort mittlerweile sehr gern. Einzig das ewige Plärren der Möwen nervte bisweilen nicht unwesentlich, wenn diese sich sogar in der Stadtmitte auf den Dreck in der Gosse stürzten.


    Aufmerksam hörte Seiana zu, als der Duumvir von dem Prozess berichtete, den er verfolgt hatte. Was er über den Octavier und dessen Leistung berichtete, ließ Raum für Hoffnung, auch wenn es sich hier um eine subjektive Einschätzung handelte. Immerhin aber war auch ihre eigene Meinung vom Auftreten des Octaviers nicht die beste... und der Punkt mit der Beweisführung kam ihr sehr bekannt vor. Auch in dem jetzt laufenden Verfahren hatte der Octavier nicht sonderlich viel vorgebracht, außer diesem einen Dokument, das er vorgelegt hatte. Dann jedoch warf der Quintilier einen Namen in die Unterhaltung, der sie aufsehen ließ. „Serapio? Sieh an“, machte sie. Sie musste ihrem Bruder ohnehin mal wieder schreiben, obwohl sie wusste, dass er mit der Legion irgendwo im Süden Ägyptens unterwegs war und ein Brief sehr lange brauchen würde, bis er ankam, wenn er den überhaupt seinen Weg zu ihm finden würde... Es wäre sicherlich besser, jemanden persönlich hinzuschicken, überlegte sie, und während eine Idee begann, Gestalt in ihrem Kopf anzunehmen, machte sie sich zugleich eine weitere, kleine Notiz – falls Faustus ebenfalls bereits mit dem Octavier zu tun gehabt hatte, dann mochte es interessant sein, was er über ihn wusste. Vielleicht hatte er sogar eine Idee, woher diese Klage kam.


    „Es bleibt abzuwarten, ob die Wahrheit wirklich irgendwann ans Tageslicht kommt“, meinte sie dann zu dem Skandal, nach außen wie stets, innerlich ein wenig vorsichtig. Dieses Eisen war eindeutig zu heiß, um leichtfertig damit umzugehen. „Natürlich muss die Sache zügig aufgeklärt werden, da stimme ich dir zu. Es gestaltet sich aber schwierig, bei all den Geschehnissen und Gerüchten zum Kern zu kommen.“ Seiana musterte den Quintilius. „Und zugleich muss natürlich ein Weg gefunden werden, die Götter wieder zu besänftigen, was es nicht gerade einfacher macht.“ Sie nippte an ihrem Becher und setzte dann wieder ihr Lächeln auf, als es um die Stadtführung ging. „Eine Stadtführung durch Ostia also.“ Seiana erhob sich, als der Mann vorschlug, sofort aufzubrechen. „Ich hatte ohnehin vor, heute ein wenig hier zu bleiben, aber ich werde die Stadt sicherlich mit anderen Augen kennen lernen, wenn ein Duumvir sie mir zeigt.“

    Seiana unterdrückte ein entnervtes Seufzen – und bemühte sich ganz allgemein, die Gereiztheit zu beherrschen. Das brachte sie nicht weiter, weder in diesem Moment noch in irgendeinem anderen. Und, immerhin: die Iunia kam ohne Umschweife zur Sache, etwas, das Seiana sehr zupass kam. Sie war nicht sonderlich erpicht darauf, höfliches Geplänkel mit ihr auszutauschen. „Aurelius Corvinus steht für die Acta nicht mehr zur Verfügung“, brachte sie es also auf den Punkt, und parallel zu diesen Worten schob sie ihr die Wachstafel hin, die sie bekommen hatte. Dass sie nur wenige Stunden nach dieser Botschaft die Nachricht erhalten hatte, dass der Aurelier sich umgebracht hatte, verschwieg sie. Sie wusste nicht, ob die Iunia schon davon gehört hatte, aber falls dem so war, würde sie es gleich mitbekommen. Anderenfalls... nun, Axilla konnte immer noch fragen, aber Seiana hatte nicht vor, genug aus sich herauszugehen, dass sie ihr das von selbst erzählt hätte. „Was bedeutet, dass ich erneut umstrukturieren muss. Germanica Aelia wird den Posten als Auctrix PPA wieder übernehmen. Ich hatte an dich gedacht, was den Posten der Lectrix betrifft. Auf Probe zunächst, selbstverständlich.“

    Als der Grieche ihr Zimmer betrat, sah Seiana erwartungsvoll auf – und stockte gleich darauf, als sie bemerkte, wie er an der Tür stehen blieb. Er zögerte, er sah sie nicht einmal an, er schien... verlegen? Das war eine ihr völlig neue Seite an ihrem Sklaven. Xanthias hatte sich in den letzten Wochen als vieles erwiesen, aber ganz sicher nicht als jemand, der leicht verlegen wurde. Ihre Brauen zogen sich ein wenig zusammen. „Xanthias. Komm, setz dich“, meinte sie, während sie parallel mit ihrer Hand eine die Worte unterstreichende Geste machte. „Hast du den Auftrag ausgeführt?“ So wie er wirkte, vermutete sie fast, irgendetwas hätte ihn komplett daran gehindert – auch wenn sie sich nicht ganz vorzustellen vermochte, was das gewesen sein könnte.

    Es dauerte eine ganze Weile, bis es schließlich an der Tür klopfte, und obwohl Seiana sich darauf schon eingestellt hatte – immerhin wusste sie, dass die Iunia zwar durchaus feste Tage hatte, an denen sie kam, aber die Zeiten innerhalb dieser unregelmäßig waren –, gefiel ihr die Wartezeit dennoch nicht. Sie hatte ein Problem mit dieser Frau, nach wie vor. Sie bemerkte selbst, dass sie kritischer war ihr gegenüber, als sie es bei anderen gewesen wäre. Sie bemühte sich durchaus, sich das nicht anmerken zu lassen, und ihre ohnehin kühle Art unterstützte sie dabei, aber immer ließ sich das eben doch nicht vermeiden. Ihr Vorhaben jetzt war... nein, ganz sicher keine Form der winzigen Wiedergutmachung. Axilla half ihren Kollegen, wenn diese sie darum baten, sah über die Artikel, und dabei, das war das, was sie mitbekommen hatte, hatte sich herausgestellt, dass sie ein gutes Auge besaß. Und ein gutes Gespür. Beides war notwendig.


    Als es also klopfte, bat sie Axilla herein – und spürte schon wieder diese fast schon irrationale Gereiztheit, als sie sah, wie die Iunia, erstarrt wie ein Kaninchen vor der Schlange, an der Tür stehen blieb. „Ja“, antwortete sie entsprechend knapp, bevor sie sich besann und eine halbwegs einladende Geste mit der Hand machte. „Setz dich bitte. Kann ich dir einen verdünnten Wein anbieten?“

    Seiana saß da, auf ihrem Stuhl, und starrte ins Leere. Die Nachricht Aurelius Corvinus', dass er nicht mehr für die Acta zur Verfügung stünde, hatte sie erschüttert – aber bei weitem nicht so sehr wie die Nachricht von seinem Tod, die sie kurz danach erhalten hatte. Sie konnte es nicht so recht fassen, weder dass es geschehen war, noch warum... obwohl der Tod eines Römers durchaus würdig war. Im Gegensatz zu Caius, dessen Tod sie ebenfalls immer noch nicht so ganz fassen konnte. So oder so: gemeinsam mit dem Skandal, der Rom derzeit aufwühlte, verhießen diese Neuigkeiten nichts Gutes. Und sie kam nicht umhin darüber zu grübeln, was das letztlich für sie und ihre Amtsübernahme hieß.


    Aber es gab Wichtigeres zu tun. Unter anderem galt es die Frage zu beantworten, wer den Aurelier ersetzen sollte. Im Grunde kam in ihren Augen dafür nur Germanica Aelia in Frage, die den Posten ja bereits lange innegehabt hatte, bevor sie selbst zur Auctrix gewählt worden war. Nur fehlte ihr dann eine Lectrix. Oder ein Lector, je nachdem. Seiana grübelte, aber unter all denen, die für die Acta arbeiteten, gab es nicht wirklich viele, die in Frage kamen. Mit einem Seufzen rief sie einen Sklaven herein. „Hol mir Iunia Axilla her, so bald sie kommt.“

    Ion nickte. „Du hast Glück, sie ist gerade da.“ Er ließ den Tiberier eintreten und wies ihm den Weg zum Officium Auctrix, wo er kurz anklopfte, den Besuch ankündigte und hinter ihm die Tür wieder schloss.


    „Salve, Tiberius“, grüßte Seiana den Mann, der in ihr Officium gekommen war. „Setz dich doch – darf ich dir verdünnten Wein anbieten?“ Sie wartete ab, bis er Platz genommen und geantwortet hatte, bevor sie fortfuhr: „Wie kann ich dir helfen?“

    Seiana hatte sich unterdessen mit anderen Dingen beschäftigt, hatte sich vor allem der Acta gewidmet, den Aufgaben, die dort anstanden. Demetrios gab ihr kurz Bescheid, dass er Aristea für eine andere Aufgabe brauchte, und sie signalisierte ihm, dass es in Ordnung sei. Xanthias konnte genauso gut alleine gehen, die Aufgabe selbst war bei weitem nicht so anspruchsvoll – für den Griechen mochte sie eher lächerlich anmuten, darüber war Seiana sich im Klaren, aber es ging auch nicht um die Aufgabe an sich.


    Als es, einige Stunden später, klopfte, sah sie auf von ihrer Arbeit. „Herein.“

    Sim-Off:

    Eins, zwei oder drei... letzte Chance... vorbei *g*


    Mann konnte friedfertig sein. Aber Mann war zugleich auch wie ausgewechselt, was Frau noch mehr verwirrte als sowieso schon. Mit anderen Worten: Seiana konnte mit des Ducciers Reaktion nichts anfangen. So rein gar nichts. Nicht das Geringste. Fast schien es, als sei vergangene Nacht gar nichts passiert. So wie er sich gab, wie er sie musterte, wie er sprach, hätte das hier auch ein Aufeinandertreffen im Stoakurs sein können, oder jenes unten im Garten, wo sie sich förmlich entschuldigt hatte – oder es wenigstens versucht hatte. Dass sie diejenige war, die zuerst zurückgewichen war, kam ihr dabei gar nicht in den Sinn. Sie verstand es nicht. Sie verstand es einfach nicht, weder was passiert war, noch wie es dazu gekommen war, und schon gar nicht wie der Duccier sich nun verhielt.


    Sie drehte ihre Haare zu einem einfachen Knoten zusammen und zögerte Momente lang, auch dann noch, als die beiden Sklaven auftauchten, mit denen sie hergekommen war. Erwiderte seinen Blick, der ihre so unschlüssig wie der seine abschätzend war. Und für einen winzigen Moment hatte sie fast so etwas wie ein Déjà-vu, weil sie etwas sagen wollte – und es vergaß, während er sie ansah. Das Lächeln, das er dann plötzlich zeigte, trug nicht dazu bei, dass sie sich wieder erinnerte, sie wusste nur, dass da irgendetwas gewesen war... Aber da war einfach zu viel, zu viel Tumult in ihren Gedanken, so viel, dass sie schon wieder begann all das in dem Eismeer zu ertränken, das sie irgendwo in sich angelegt hatte, für all die Momente, in denen ihr etwas zu viel wurde. Und so, nach einem weiteren Moment des Schweigens, neigte sie ebenfalls leicht den Kopf. „Vale bene“, war das Einzige, was ihre Lippen verließ.


    Erst als sie bereits auf dem Heimweg war, fiel ihr ein, was sie noch hatte sagen, oder vielmehr, wessen sie sich hatte versichern wollen: dass das Geschehene unter ihnen bleiben würde.

    Um ihre Mundwinkel zuckte es, zum ersten Mal ehrlich amüsiert, als der Quintilius ihr zustimmte, was den Kurs betraf. Sicherlich würde die Stoa noch Stoff für weit mehr bieten, aber für einen Einführungskurs hatte der Octavier sich in seinen Vorträgen nicht zu knapp gehalten. Im Gegensatz zu seinen Ausführungen vor Gericht. Die Einschätzung des Duumvirs allerdings bezüglich dessen, was vor Gericht Erfolg hatte und was nicht, fand sie durchaus interessant. „Nun... wie unschlagbar seine Argumente sind, wird sich erst noch zeigen.“* Immerhin ein Beweisdokument hatte der Octavier vorgelegt, aber das überging Seiana. Der Quintilius hatte nicht gefragt, weder danach noch nach ihrer Einschätzung, oder danach was der Octavier überhaupt vorgebracht hatte, um seine Anklage zu untermauern. Oder danach, was die ganze Sache überhaupt sollte, was nicht nur Seiana schleierhaft war, sondern auch ihrem Onkel, beispielsweise. „Du hast den Octavier bereits erlebt während einer Verhandlung? Wie hat er sich damals gemacht?“ erkundigte sie sich stattdessen. Der Duumvir schien nicht allzu viel von dem Mann zu halten, der die Klage gegen ihren Onkel führte, das war nicht allzu schwer zu merken.


    „Für die Acta geplant...“ Seiana macht eine kleine Kunstpause. „Alles, was von Interesse sein könnte. Der Prozess, über den wir uns gerade unterhalten haben, gehört sicherlich dazu. Der Skandal im Hain der Diana ebenso.“ Ihre Miene wurde ernster, als sie dieses Thema anschnitt. Der Grat, auf dem sie diesbezüglich wanderte, war dünn, war schon beim ersten Artikel dünn gewesen, den sie veröffentlicht hatte, und würde dünner werden mit jedem weiteren, das ahnte sie. Es war schwer, das Gleichgewicht zu halten angesichts dessen, was passiert war – und vor allem wen es involvierte nach allem, was sie bisher wusste. „Eine Stadtführung?“ Beinahe klang so etwas wie Überraschung in ihrer Stimme durch, die nach oben zuckende linke Augenbraue mochte ebenso ein Hinweis darauf sein. Dann lächelte sie erneut. „Wenn deine Zeit es zulässt, gerne.“



    Sim-Off:

    *Ich tu jetzt mal so, als ob es einen Tag Verhandlungspause geben würde... *g*

    Aurelia Narcissa
    Villa Aurelia
    Roma


    Salve Aurelia,


    ich möchte dir danken für die Zeilen, die du mir gesandt hast. Es hat mich gefreut, von dir zu lesen, und lass mich dir ein weiteres Mal versichern, dass es nichts gibt, wofür du dich entschuldigen müsstest. Ganz im Gegenteil hat mir unser Gespräch tatsächlich gefallen, und es hat mich ebenso zum Nachdenken angeregt. Eine solche Unterhaltung sollte nicht Ursache für eine Entschuldigung sein müssen, und ich glaube, sie geschah im richtigen Rahmen – wenn Ort, der dazu gedacht ist Wissen weiter zu geben, nicht der richtige ist für ein Gespräch, in dem auch kontroverse Themen erörtert werden, welcher ist es dann?


    Deine Einschätzung zu erfahren zu jener Schrift, die du bei mir erstanden hast, war sehr interessant für mich. Ich gebe dir Recht, dass Sapphos Schriften häufig unter falschen Vorzeichen gelesen werden – anderenfalls hätte ich sie kaum in meinem Sortiment. Und sie war eine Ausnahmeerscheinung, auch hierin gebe ich dir Recht, wiewohl sie auch zu Lebzeiten Schwierigkeiten gehabt hat, nach allem was wir über sie wissen. Vielleicht gehörte sie zu jenen Menschen, die eine Idee hatten... vielleicht ist sie auch einfach nur dem gefolgt, was sie für richtig hielt, ging jener Beschäftigung nach, die sie erfüllte. Heute wie damals gibt es nicht allzu viele Frauen, die dies wagen, und ich halte es für einen glücklichen Umstand, dass ein Teil ihrer Werke erhalten blieb.


    Ebenso erfreut hat mich der kurze Satz in deinem Brief, dass du einen Weg gefunden hast für dich, der dir akzeptabel erscheint in unserer Welt. Werte Aurelia, ich würde unser Gespräch gerne nicht nur brieflich fortsetzen. Aus diesem Grund möchte ich dich zu einer Cena einladen in die Casa Decima Mercator. Ich hoffe, ich bin mit dieser Einladung nicht zu forsch – es mir verzeihen, falls es doch so ist. Sofern es dir jedoch ebenso geht wie mir, bitte ich dich mir einen Termin zu nennen*, an dem es sich für dich einrichten lässt mich zu besuchen.


    Vale bene,


    [Blockierte Grafik: http://img442.imageshack.us/img442/8797/seianaunterschriftkj1.png]



    Sim-Off:

    *Nur der Form halber. Komm einfach vorbei :)

    Selbst noch gefangen in ihren Gedanken, was möglich war und was nicht, was vom Schicksal vorgegeben war und was nicht, lauschte Seiana den Worten der Aurelia. Und sie stellte fest, dass sie etwas in ihr berührten. Alle großen Entwicklungen haben mit einer Idee angefangen. War es das? War es so einfach? War alles, was nötig war, eine Idee? Seiana neigte ihren Kopf ganz sacht zur Seite, überlegte kurz jetzt schon etwas einzuwerfen, entschied sich aber dann zu schweigen und Narcissa weiter zuzuhören, hörte, wie die Aurelia weiter sprach, wie sie sich vortastete, zurückzog, erneut vortastete, nur um einen weiteren Rückzieher zu machen. Und überrascht stellte Seiana fest, dass es ihr beinahe einen Stich versetzte zu sehen, wie die Aurelia sich nun verschloss. „Vielleicht hast du Recht.“ Sie wusste nicht, was sie dazu brachte, dieses Zugeständnis zu machen. Eine Idee. Sie selbst war ja nicht davon überzeugt, dass sich etwas ändern ließ. Dass etwas geändert werden sollte. Andererseits gehörte gerade sie, trotz ihrer Überzeugungen, zu jenen Frauen, die dennoch alles im Rahmen des Möglichen taten, um über die ihr zugedachte Rolle hinaus tätig sein zu können. „Fraglich, wie sehr sich die Götter für unser Treiben interessieren, solange wir ihnen geben, was ihnen zusteht im Gegenzug für ihre Gaben.“ Zu mehr konnte aber auch sie sich nicht durchringen. Das Gedankengut, das die Aurelia ins Spiel gebracht hatte, war nicht unbedingt neu für sie... aber Seiana hatte sich zu lange schon damit abgefunden, mit der Welt, wie sie war, zu lange, um einfach so aus ihrer Haut zu können. Auch wenn Narcissa sie mit ihren Worten durchaus zum Nachdenken brachte.


    „Nein“, wehrte sie die Entschuldigung der Jüngeren dann ab, mit einem angedeuteten Lächeln. „Mach dir darüber keine Gedanken. Ich danke dir für das Gespräch – und sei versichert, dass ich es für mich behalten werde.“ Als die Aurelia nun andeutete, gehen zu wollen, erhob Seiana sich, und ihre Stimme klang ehrlich, als sie weitersprach. „Ich würde mich freuen, würde diese Begegnung nicht unsere einzige bleiben.“

    Ihr Onkel schien es zu befürworten, dass sie mit dem Octavius sprach, jedenfalls interpretierte Seiana seine Worte so. Sie nickte leicht. „Ich werde versuchen, mit ihm in ein Gespräch zu kommen.“ Am besten hier, nach einem weiteren Termin im Gericht, fand sie. Wenn man sich zufällig über den Weg lief. Sie glaubte nicht, dass es sonderlich gut war, zu ihm nach Hause zu gehen oder sich gar einen Termin geben zu lassen. Die Chance war anders größer, glaubte sie, dass er ihr wenigstens etwas erzählte, auch wenn er ihr kaum auf die Nase binden würde, was ihn genau zu der Klage getrieben hatte. „Ich halte dich auf dem Laufenden, falls ich etwas herausfinde.“ Sie schwieg einen Moment lang, dann knüpfte sie erneut, im weitesten Sinn, an das Thema an. „Ich habe noch eine Frage... ich habe ja bereits gesagt, dass ich nicht allzu viel von Gesetzen und ihrer Auslegung verstehe. Und ich muss gestehen, dass mich das stört.“ Sie deutete ein Lächeln an, eines ihrer wenigen ehrlichen, in dessen Genuss nicht viele kamen, zumeist Verwandte, und diese auch nur selten. „Du führst für die Schola doch den Cursus Iuris durch. Ich würde ihn ebenfalls gerne absolvieren. Allein schon für die Berichterstattung in der Acta kann es mir nur nützen, je mehr ich weiß.“

    Ebenso höflich wie vage blieb Seianas Lächeln bestehen, aber diesmal verzichtete sie darauf, das Thema Gerüchte noch einmal zu kommentieren – auch wenn sie nicht so recht daran glaubte, dass der Duumvir ihr aus einem anderen Grund Recht gab denn aus dem einen, dieses Thema zu beenden. Sie hätte es nicht anders gemacht. Seine anschließenden Worte notierte sie sich erneut, überlegte bereits in Gedanken, ob sich daraus wirklich ein Artikel machen ließe. Die Lex ließ sich abdrucken, das sicherlich, sie sollte darüber hinaus jedoch recherchieren lassen, ob es in anderen Städten ähnliche Planungen gab. Sich vielleicht einige Abschriften kommen lassen und vergleichen, um so selbst zu einer Einschätzung der ostiensischen Lex zu kommen, wo der Gesetzestext womöglich verbesserungswürdig war, ob er Lücken aufwies – oder Lücken aufzeigte, die andere hatten.


    Sie sah auf, als er geendet hatte. „Das klingt sinnvoll.“ Wieder ein vages Lächeln, das nicht verriet, was sie davon hielt, dass er ihr im Grunde nur ein paar Brocken hingeworfen hatte. Die Möglichkeit zur Revanche indes bot sich gleich bei seiner nächsten Frage. „Das lässt sich jetzt noch nicht abschätzen.“ Im nächsten Augenblick änderte sich etwas. Ihre Miene blieb unbewegt, zu viel Erfahrung hatte sie inzwischen in absoluter Beherrschung. Es geschah ihr nur selten und nur in sehr aufwühlenden Momenten, dass sie etwas nach außen durchdringen ließ, von dem sie nicht wollte, dass es nach außen drang. Seiana lächelte also weiterhin – aber der Ausdruck in ihren Augen bekam eine andere Note, wurde aufmerksam und zugleich ein wenig schärfer. „Sicherlich ist dieses Klage interessanter, und sei versichert, über sie wird berichtet werden.“ Für einen Augenblick fragte sie sich, was der Quintilius mit diesem Themenwechsel bezweckte. Sie lehnte sich ein wenig zurück, nippte kurz an ihrem Getränk. „Nun, seine Reden vor Gericht waren... knapp, wenn du meine Einschätzung wissen möchtest. Anders als sein Kurs, wie du dich sicher erinnern kannst.“ Jetzt wurde ihr Lächeln kühler. „Andererseits bin ich Laie. Womöglich verfolgt er genau damit einen Plan. Ich maße mir nicht an, die Arbeit eines Juristen zu beurteilen, nur insoweit es nötig ist für die Acta.“

    Ein Bote der Acta gab folgenden Brief aus Rom ab:


    Titus Aurelius Ursus
    Legatus Legionis
    Castra Legionis I Traianae Piae Fidelis
    Mantua
    Italia


    Salve Aurelius,


    deinen Wünschen gemäß wurde der Text, den du über die Acta verteilt wissen wolltest, umgesetzt und veröffentlicht. Neben einer Abschrift erlaube ich mir, dir mit diesem Brief eine Rechnung über 146 Sesterzen zu stellen mit der Bitte, diese bis PRIDIE ID OCT DCCCLX A.U.C. (14.10.2010/107 n.Chr.) zu begleichen.* Ich danke dir für das Vertrauen, das du in die Acta gesetzt hast.


    Darüber hinaus möchte ich die Gelegenheit nutzen dir zu sagen, dass es mich freuen würde, solltest du eines Tages wieder die Zeit finden, für die Acta schreiben zu können, sei es nun als freier Mitarbeiter oder als Subauctor. Auch wenn nun dein Onkel nicht mehr als Auctor tätig ist, sei versichert, dass stets ein Platz für dich in der Redaktion ist, so du ihn möchtest.


    Die besten Grüße für dich und deine Frau!


    [Blockierte Grafik: http://img442.imageshack.us/img442/8797/seianaunterschriftkj1.png]



    Sim-Off:

    *WiSim, Konto-Nr. 1027

    Seiana runzelte flüchtig die Stirn, während sie ihrem Onkel zuhörte. Entweder er war sehr vorsichtig in seiner Einschätzung, oder aber er hatte kein gutes Gefühl bei der Sache. „Ich verstehe bei weitem nicht so viel von den Gesetzen wie du, aber ich habe auch den Eindruck, dass er nicht wissentlich etwas falsches getan hat.“ Dass der eine Mann, dessen Adoption Livianus vollzogen hatte, ein Freigelassener gewesen war, hatte er ja nicht wissen können – oder jedenfalls stellte sich Seiana die Sache so dar, dass er davon nichts gewusst hatte.


    Was Mattiacus im Anschluss dann meinte, ließ Seianas Brauen ein weiteres Mal zusammen wandern und verlieh ihr kurz einen düsteren Gesichtsausdruck. Ihr Onkel sprach nichts aus, was sie sonderlich überraschte, im Gegenteil – diese Gedanken hatte sie sich selbst bereist gemacht. „Ich habe auch das Gefühl, dass da irgendetwas anderes dahinter steht. Ich bin mir nur nicht sicher, was dahinter stehen könnte.“ Sie sprach mit gesenkter Stimme, obwohl um sie herum niemand stand im Augenblick, und auch sie sah kurz zur Basilica hinauf, bevor sie Mattiacus wieder ansah. „Ich kenne den Ankläger. Flüchtig nur, aber... Ich hatte überlegt, ein Gespräch mit ihm zu suchen. Vielleicht erzählt er mir ja, warum er diese Anklage erhoben hat. Die Chance mag gering sein, aber...“ Sie deutete ein Schulterzucken an. „Was meinst du dazu?“

    Zitat

    Original von Manius Tiberius Lupus
    Ich ließ einen Sklaven an der Porta klopfen.


    Ion, der Türsklave der Acta, war es, der einem weiteren Tiberius öffnete. „Salve“, grüßte er den Besucher, höflich und reserviert zugleich. „Wie kann ich dir helfen?“

    Zitat

    Original von Spurius Tiberius Dolabella
    Dolabella sah sich nach seinem Eintreten erst einmal um ohne ein Wort zu sagen


    Seiana sah auf, als sie ein Klopfen hörte, und signalisierte Caius Columnus mit einem Kopfnicken, dass dieser den Besucher eintreten lassen solle, als er ihn ankündigte. Sie legte den Stylus beiseite, mit dem sie gerade Notizen in eine Wachstafel geritzt hatte, erhob sich und sah dem Mann aufmerksam entgegen, der nun eintrat. „Salve, Tiberius“, grüßte sie ihn, mit freundlicher Höflichkeit und dem für sie so typischen vagen Lächeln, das nichts so richtig zu verraten schien. „Kann ich dir einen verdünnten Wein anbieten?“ fragte sie dann zunächst, während sie mit einer leichten Geste zu einer Karaffe wies, die gemeinsam mit einigen Bechern am Rand des Tisches bereitstand. „Setz dich bitte. Was verschafft mir die Ehre deines Besuchs?“

    Nach dem zweiten Verhandlungstag wartete Seiana draußen vor dem Gebäude. Sie hatte ohnehin schon länger mit ihrem Onkel sprechen wollen, und nun, diese Verhandlung, bot sich dazu an, fand sie. Es gab mehrere Dinge, die sie ihn fragen wollte, und irgendwie schienen sie es nicht zu schaffen, in der Casa Decima vernünftig miteinander zu reden. Entweder war er beschäftigt oder unterwegs, oder sie war es... Und gerade sie stürzte sich regelrecht in die Arbeit, die sie hatte. Diese Gelegenheit allerdings wollte sie nutzen, und so wartete sie, bis Mattiacus ebenfalls hinaustrat, und begrüßte ihn mit einem leichten Lächeln. „Salve, Onkel.“ Mit einer Kopfbewegung deutete sie auf das Gebäude, dass er gerade verlassen hatte, während ihr Lächeln zugleich verblasste, ihr Gesichtsausdruck ernster wurde. „Wie schätzt du die Lage ein?“