Faustus Decimus Serapio
Tribunus Angusticlavus
Legio XXII Deiotariana
Nikopolis
Aegyptus
Lieber Faustus,
vielen Dank für deinen Brief und Dein Geschenk! Die Farbe ist wirklich traumhaft, ebenso wie der Stoff selbst. Und dann… auch wenn die Entlobung nun schon eine Weile her ist: Danke dafür, dass Du so verständnislos bist. Was Deine Vorschläge geht: ich würde mich freuen, wenn Du Dich bei den beiden Männern, die Du vorgeschlagen hast, einmal umhören würdest. Ich weiß, dass ich nicht länger unverheiratet bleiben kann, und dass ich selbst offenbar nicht in der Lage dazu bin, einen Mann zu finden, dürfte hinreichend bewiesen sein. Wenn Du also Gelegenheit hast, einen der beiden zu fragen, dann mach das! Beide Männer klingen interessant, sowohl nach dem was Du mir geschrieben hast, als auch nach dem, was in Rom über sie gesagt wird. Der Terentier scheint durchaus in der Lage zu sein, hart durchzugreifen, was aber einen guten Statthalter auszeichnet, denke ich. Und über den Octavier wirst du ganz sicher weit mehr wissen als ich. Darüber hinaus vertraue ich Deinem Urteilsvermögen voll und ganz – mehr als meinem eigenen nun, offen gestanden. Hast du Livianus und Lucilla schon gefragt? Oder soll ich sie darüber informieren?
Ich kann mir gut vorstellen, dass Lucilla das mit dem Bürgerrecht deutlich kritischer sehen wird. Und ich muss ganz offen gestehen, dass ich finde, dass sie da nicht ganz Unrecht hat. Sicher besitzt unsere Familie noch nicht allzu lange das Bürgerrecht, aber sieh Dir an, was sie erreicht hat in dieser Zeit! Solltest Du Celeste tatsächlich heiraten wollen – willst Du das denn, ich meine, willst Du so weit gehen? –, glaube ich, dass sie dann zumindest erst mal keinen leichten Stand haben wird und sich erst mal beweisen muss. Aber Du kannst Dir meiner Unterstützung sicher sein!
An der Schola unterrichte ich momentan nur allgemeine Kurse, für mehr fehlt mir gerade die Zeit. Noch kümmere ich mich fast allein um meine Betriebe, allerdings werde ich mir da bald Unterstützung suchen. Sofern ich tatsächlich Auctrix werde, werde ich mich mehr Zeit brauchen, denke ich. Übrigens: sie wollten mich deswegen im Senat dazu hören. Kannst Du Dir das vorstellen? Ich habe vor dem Senat Roms gesprochen! Und das als erste Frau seit wie vielen Jahren? Du kannst Dir nicht vorstellen, wie aufgeregt ich gewesen bin deswegen! Die Entscheidung steht noch aus, aber ich glaube, ich habe meine Sache ganz gut gemacht. Die Stimme meines Patrons wird mir sicher sein, immerhin hat er mich ja vorgeschlagen, und auch einige andere – darunter Tiberius Durus – haben sich noch während der Befragung positiv für mich geäußert. Auch der Praefectus Urbi war einer von denen, die Interesse gezeigt und Fragen gestellt haben, aber bei ihm kann ich schwer einschätzen, wie seine Wahl ausfallen wird.
Warum Livianus nicht gewählt wurde – ich weiß es nicht. Vielleicht war seine Rede vor dem Senat zu provokant. Er hat auch einige andere Anträge eingebracht vor der Wahl, die womöglich dem ein oder anderen Senator nicht gefallen haben. Ich weiß leider auch nicht, wer den Acta-Artikel verfasst hat und auf diese Weise gegen uns zu hetzen versucht. Allerdings gibt es wenig, was ich tun kann um das zu beeinflussen. Ich meine, ich möchte verhindern dass die Leute auch noch anfangen darüber zu tratschen, ich würde meine Position als Lectrix missbrauchen, um unliebsame Artikel über die Decima verschwinden zu lassen. Es ist eine Gratwanderung, damit umzugehen, und ich denke es ist das Beste, wenn wir uns einfach darauf konzentrieren zu zeigen, dass es nicht der Wahrheit entspricht. Was das Brot angeht… nun, diese Geschichte hängt mit dem Aelier zusammen. Er hat mir doch die Taberna Medica geschenkt, weißt Du noch? Das war ein Verlobungsgeschenk, eindeutig. Und nachdem die Verlobung gelöst war, habe ich darauf bestanden, ihm entweder die Taberna zurückzugeben oder ihm den Kaufpreis zu zahlen. Er hat dann schließlich seinen Sklaven vorbei geschickt, um das Geld zu holen, und zwei Stunden später stand jemand vor der Casa Decima und hat das Brot verteilt. Und das auf eine Art… ich wäre am liebsten im Boden versunken vor Scham. Ich musste dem Mann fast noch einmal denselben Preis zahlen, damit er das Brot wenigstens dort verteilt, wo es wirklich gebraucht wird. Ich war danach sogar beim Tresvir Capitalis, um mich zu erkundigen, ob ich das nicht irgendwie verhindern kann, weil ich mir sicher war, dass Archias meinen Ruf ruinieren wollte, aber gerichtlich, meinte er, wäre wohl kaum etwas zu machen. Allerdings war das ausgerechnet ein Freund von Archias, und er hat versprochen, mit ihm zu reden – und es scheint funktioniert zu haben, jedenfalls habe ich seitdem meine Ruhe. Dennoch wünschte ich, Meridius würde nach Rom zurückkehren, aber nach dem letzten Schicksalsschlag wird das immer unwahrscheinlicher, fürchte ich.
Sei übrigens vorsichtig in Alexandria. Als ich dort war, waren die Verhältnisse ja noch recht ruhig, aber ich habe gehört, dass sich seit meiner Abreise dort einiges zum Negativen gewendet hat, und das, was Du mir schreibst, unterstreicht das noch. Und sei noch vorsichtiger, wenn es dann für Dich in die Wüste geht! Ich will Dich nicht verlieren, schon gar nicht gegen irgendwelche Barbaren oder kopflose Wesen oder was auch immer dort sein Unwesen treibt. Ich hoffe, Fortuna bleibt Dir weiterhin treu!
Deine
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