Es fiel ihr schwer, sich von den Geschenken zu trennen. Nicht, weil sie tatsächlich an den Gegenständen selbst hing, sondern weil sie etwas bedeuteten. Sie symbolisierten die Beziehung, die Verbindung, die Caius und sie gehabt hatten, und sie wegzugeben symbolisierte ebenso etwas. Und genau deshalb tat Seiana das. Weil es vorbei war, endgültig und unwiderruflich, und es brachte nicht das Geringste, in der Vergangenheit zu leben. Sie wollte einen klaren Schnitt, so klar und schnell und radikal wie möglich, weil sie glaubte, nur so damit tatsächlich abschließen zu können. Was brachte es denn, wenn sie in den nächsten Wochen immer mal wieder eines dieser Geschenke in die Hand nahm und an das zurückdachte, was sie verloren hatte? Während sie zugleich auch noch daran denken musste, wer es jetzt hatte, wer an ihrer Stelle war? Die Verlobung war ja nicht einfach nur in die Brüche gegangen, nein, Caius hatte sie nahtlos ersetzt mit einer anderen. Seiana nickte auf Katanders kurzen Kommentar hin. Es war ganz eindeutig besser, die Sachen wegzugeben. Sie konnte nicht die Gedanken, die Erinnerungen weggeben, aber sie konnte dafür sorgen, dass es so wenig wie möglich gab, was solche Gedanken und Erinnerungen auslöste.
Als Katander zustimmte, spürte Seiana ein wenig Erleichterung. Das war sehr gut. Dass er zustimmte hieß, dass sie das tatsächlich recht schnell und unkompliziert machen konnten, ganz im Gegensatz zu gestern. Sie ignorierte den leicht überraschten Blick, kommentierte die Summe genauso wenig wie er. Der Preis war durchaus großzügig bemessen, aber Seiana wollte sich einfach nichts vorhalten lassen. Wollte nicht im Mindesten in den Verdacht geraten, sie ziehe aus dieser gescheiterten Verbindung irgendeinen, und sei es auch nur noch so kleinen Vorteil. Und sie wollte auch nicht, dass irgendwer denken könnte, sie stünde in seiner Schuld. Sie hatte die Taberna ausgebaut, und sie lief gut, unter ihrer Führung, genauso wie ihre anderen Betriebe. Sie wollte nicht, dass irgendjemand dachte, sie habe das Caius zu verdanken, weil er ihr geholfen habe. Und: sie wollte ihm auch nichts schuldig sein. Wollte nicht in die Taberna gehen und sich jedes Mal daran erinnern müssen, dass es ein Geschenk von ihm gewesen war, ein Geschenk, das er ihr nur gemacht hatte, weil sie verlobt gewesen waren, weil man solche Geschenke sonst eigentlich nicht machte. Und sie konnte sich noch gut daran erinnern, dass ihr selbst da, als er ihr das von der Taberna erzählt hatte, etwas unwohl gewesen war bei dem Gedanken, dass er nichts dafür wollte. So war sie nun mal.
Und dann sagte Katander noch etwas. Seianas Augenbrauen zogen sich ein Stück zusammen, und sie stand auf – nicht so heftig, dass der Stuhl auch diesmal gekippt wäre, aber doch heftig genug, dass man ihren Unwillen merken konnte. „Ja, das hat er deutlich genug zum Ausdruck gebracht. Aber mir ist es nicht egal. Ich will ihm nichts schuldig sein, und ich will, dass das hier vernünftig vonstatten geht. Dazu gehört ein angemessener Preis, der auf angemessenen Überlegungen und Vergleichen basiert!“ Sie wandte sich von Katander ab und ging ein paar Schritte hinüber zum Fenster. „Elena, würdest du bitte das Geld holen?“ Woraufhin die Sklavin nach einem kurzen Blick zu Katander aus dem Zimmer ging.