Es war seltsam, wieder im Atrium zu sein. Alles schien sich mit einen Mal verändert zu haben. Der Raum, den sie tagsüber am liebsten meidete, hatte nun fast schon etwas Einladendes. Er hatte nichts mehr bedrohliches an sich. Fast schon ein Platz, um loslassen zu können.
Siv war auf eine der Klinen zugegangen und setzte sich. Das Schweigen, das zwischen den beiden Frauen anhielt, hatte etwas Bedrückendes. Das krampfhafte Suchen nach Worten, etwas was man in den Raum hinein sagen konnte, um damit die Stille zu vertreiben, es hing zumindest über Fhionn. Was konnte sie denn noch sagen? Was würde es jetzt noch nützen? Das, was sie an diesem Abend gesagt hatte, war ungehört verhallt. Niemand wollte es hören, außer vielleicht Siv. Doch auf Siv wollte auch niemand mehr hören.
Vergessen wollte sie jetzt nur noch. Die schrecklichen Bilder ihrer Tat wollte sie wenigsten für eine kurze Zeit aus ihrem Kopf verbannen. Auch an das, was dem noch folgen würde, wollte sie nicht denken. Langsam nahm auch sie neben Siv auf der Kline Platz. Sie spürte die Anspannung der Germanin und konnte ihr auch gut nachfühlen. Ihr ging es im Grunde ja genauso.
Stille beherrschte den Raum. Nur das leise Atmen der beiden Frauen war zuhören. Fhionn beobachtete das Spiel der Schatten, das durch die Flämmchen der Öllampen erzeugt wurde. Eine Erinnerung schob die Bilder des heutigen Abends beiseite. Eine Erinnerung an zu Hause, damals, als alles noch scheinbar gut war. Damals, an jenem Abend, hatte sie in ihrem Haus gesessen und auch dem Tanz des Flämmchens ihrer Öllampe zugeschaut. Eigentlich hatte sie auf die Rückkehr ihres Mannes gewartet. Die Kinder schliefen längst schon und auch ihre Augen wurden langsam müde. Stunde um Stunde war so vergangen. Es waren unruhige Zeiten gewesen auch wenn sie nicht viel von den Geschehnissen mitbekommen hatte. Die Männer des Dorfes bereiteten sich auf eine bevorstehende Auseinandersetzung vor. Der Drang der Besatzer, sich immer weiter nach Norden auszubreiten, war nicht spurlos an ihrem Dorf vorbeigegangen. Man fühlte sich solidarisch mit den Brüdern jenseits der Grenze. Die Brigantes waren von jeher ein stolzes und kriegerisches Volk gewesen, auch wenn man ihnen vor Jahrzehnten schon die Flügel gestutzt hatte.
"Du auch haben Familie, zu Hause, früher?" fragte Fhionn, zu Siv gewandt, ganz unerwartet in die Stille hinein.