An der Seite meines Mannes schritt ich voran, dem Tempel entgegen. Meine äußere Erscheinung ließ keinen Raum für Spekulationen übrig, wie mein Seelenzustand war, wie glücklich oder unglücklich ich war. Mein Gesichtsausdruck blieb neutral, auch dann als Marcus sich mir kurz zuwandte. Böse Zungen konnten vielleicht später behaupten, erkannt zu haben, ich wirkte etwas abwesend, da ich mich vorerst nicht viel um die Menschen um mich herum gekümmert hatte. Obwohl einige unter ihnen mir verwandtschaftlich nahe standen oder wir miteinander bekannt waren. Ich spielte einfach nur meine Rolle nach außen hin, so wie es von mir verlangt wurde. Nicht mehr und nicht weniger.
Der Anblick der Opfertiere wenigstens, hatte mich in eine Art Mitleidsstimmung versetzt. Unwissend, was ihnen bevorstand, liefen sie in ihren sicheren Tod hinein. Ich mochte ihr Blut nicht sehen, den Gestank frischgeschlachteter Tiere nicht riechen. Ich wünschte, alles wäre bereits vorbei und ich wieder zu Hause, um endlich nicht mehr den Blicken ausgesetzt zu sein, von denen ich glaubte, nein fest überzeugt war, daß sie auf mich gerichtet waren. Wer konnte schon mit Bestimmtheit sagen, welche üblen Gerüchte schon über mich im Umlauf waren?
Beiträge von Flavia Celerina
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Na Bravo! Jetzt saß ich aber gehörig in der Klemme! Kaum hatte Titus seinen letzten Satz beendet, war es kaum vermeidbar gewesen, nicht zu Marcus zu schauen und zu erröten. Dieser reagierte lediglich mit fast sprachloser Irritation. Nur ein Ähm konnte er hervorbringen, was in seinem Fall wohl nicht verwunderlich war. Gerade erst kürzlich hatte ich doch das Gegenteil behauptet. Nun war es ausgerechnet sein trauernder Neffe, der ihm seine Glückwünsche entgegenbrachte. So fühlte ich mich gleich doppelt schuldig. Nicht nur, weil ich Anlaß zur falschen Spekulation gab, nun hatte ich auch noch den armen Titus in Verlegenheit gebracht, demjenigen, dem ich eigentlich hätte Trost spenden sollen.
Es bedurfte keiner großen hellseherischen Fähigkeiten, um herauszufinden, was wohl genau in diesem Moment in Marcus´Kopf vorging. Selbst äußerlich war eine gewisse Veränderung festzustellen. Nur noch wenige Atemzüge und er würde explosionsartig in der Luft zerbersten. Alleine schon die bildliche Vorstellung dieses Gedankens versetzte mir ein noch schlechteres Gewissen.
"Mein lieber Titus," begann ich schließlich lächelnd, um Aufklärungsarbeit zu leisten. "Ich glaube du hast mich da etwas falsch verstanden. Als ich sagte, mir bekommt die Ehe gut, da meinte ich, äh.." Tja, wie drückte ich es am besten aus?
"Nun, ich habe leider etwas zugenommen, was ich aber bestimmt bald, mit gezielten Übungen versteht sich, wieder herunter bekomme!", meinte ich hoffnungsvoll, merkte aber schnell, daß dies auch sehr ungeschickt ausgedrückt gewesen war, da mein lieber Gatte und ich doch bestrebt waren eine überschaubare Anzahl an Nachkommenschaft in diese Welt zusetzten. -
Der kleine Hoffnungsschimmer, den ich hegte, währte nur sehr kurz. Marcus entschuldigte sich bei mir für sein Verhalten. Darüber war ich natürlich sehr erleichtert, doch als er die Piraten erwähnte, fuhr ich zusammen, wie ein Dieb, den man beim Stehlen ertappt hatte. In der Tat, ich fühlte mich ertappt, denn wenn Marcus nun eins und eins zusammenzählte, konnte er sich durchaus ausmalen, was wirklich mit mir geschehen war, während der Entführung. Ich hatte ihm damals nur die halbe Wahrheit erzählt. Das unerträgliche unvorstellbare hatte ich ihm verschwiegen, weil ich mich so sehr deswegen geschämt hatte und weil ich glaubte, dies könne er zum Anlaß nehmen, mich zu verschmähen. Doch durch mein panisches Verhalten hatte ich mich verraten. Womöglich glaubte er sogar, ich trüge immer noch das Kind dieses Verbrechers in mir. Dieser Glaube verstärkte sich noch um ein Vielfaches als er vom Scheitern unserer Ehe sprach. Als nächstes, glaubte ich nun zu wissen, würde er mir vorschlagen, daß wir uns trennen sollten. All meine Ängste drehten sich nun darum. Ich konnte das nicht zulassen. Ich würde zum Gespött der ganzen Stadt werden.
Doch wenn ich ihm zeigte, daß ich es ehrlich meinte und bemüht war, den Schein einer funktionierenden Ehe nach außen zu wahren, dann konnte er mich doch nicht einfach abservieren. Um es nicht noch schlimmer zu machen, beschloß ich, ihm reinen Wein einzuschenken und alles, was ich bislang im Verborgenen gehalten hatte, zu beichten. Daß ich mich dabei höchst unbehaglich dabei fühlte, spielte nur eine untergeordnete Rolle. Ich würde mich noch weitaus unwohler fühlen, wenn ich mich nirgends mehr blicken lassen konnte!
"Ich muß dir etwas gestehen Marcus. Ich habe dir nicht die ganze Wahrheit über meine Entführung erzählt. Da gibt es etwas, worüber ich nicht gerne spreche. Eigentlich hatte ich geglaubt, es bereits überwunden zu haben. Doch es hat mich soeben wieder eingeholt." Ich sprach ruhig und gefasst und wollte auf gar keinen Fall in Tränen ausbrechen, wenn ich mich ihm gleich offenbaren würde. Ob ich damit das richtige tat? Wer konnte das schon sagen. Jedoch würde ich mich ungleich besser fühlen, wenn mir eine Last von meinen Schultern genommen wurde. Welche andere Last ich mir damit aufbürden würde, war mir noch bewußt. -
Meine Tränen wollten nicht versiegen. Leise, aber unablässig weinte ich still vor mich hin. Was hatte ich nur falsch gemacht? War ich zu fordernd gewesen? Zu ungeduldig? Geduld war seit jeher eine meiner Schwächen gewesen, obwohl mir doch das Leben so oft schon die Gelegenheit gegeben hatte, sie zu erlernen. Diese Lektion hatte ich aber nur unzureichend angenommen. Ich hatte sie ausgesessen, doch nie gelernt, das Beste daraus zu machen. Nun hatte ich die Quittung dafür erhalten. Meine Ehe war bereits ein Scherbenhaufen, kurz nachdem sie begonnen hatte. Wie sollte ich das meiner Familie nur erklären? Ganz zu schweigen, der Skandal, wenn gerüchteweise davon etwas nach außen drang. Ich konnte nicht einfach gehen. Marcus besaß die Macht, mich als Schuldige in diesem Drama darzustellen. Niemand würde mir glauben, wenn ich behauptete, mein Ehemann habe mich vergewaltigt. Man würde mich als prüde, oder schlimmer noch als frigide verspotten. Die feinen Damen in den Thermen würden sich über mich das Maul zerreißen. Ich konnte es mir bereits lebhaft vorstellen.
Nein, gehen konnte ich nicht. Nach außen hin hatte ich die glückliche Ehefrau zu geben. Wie es in mir aussah, durfte niemand erfahren. Schneller als mir lieb gewesen war, musste ich erkennen, ich war wieder gefangen in einem Käfig aus Gold. Nur durch mein zukünftiges Verhalten hatte ich Einfluß darauf, ob dieser Käfig mein Gefängnis oder mein Zuhause werden sollte. Dabei war es doch nur ein wenig Zuneigung gewesen, nach der ich gestrebt hatte.
Gerade in jenem Moment, in dem ich so verletzbar war, streckte er seine Hand nach meiner Schulter aus. Mein Atem stockte. Die Unsicherheit überfiel mich, ob ich mich dagegen sträuben oder alles über mich ergehen lassen sollte. Ich entschied mich für das letztere um ihm keinen Grund mehr dafür zu liefern, mir noch mehr Gewalt anzutun. Er zog mich zu sich heran und umarmte mich. Bald spürte ich seinen Atem hinter meinem Ohr. Er begann mich zu streicheln. Meine Angst ließ nach. Genau dieses Gefühl der Geborgenheit war es doch, die ich mir gewünscht hatte. War dies die Chance noch einmal von vorne zu beginnen, um zu retten, was zu retten war? Jetzt war sie zum Greifen nahe. Es lag nun an mir, sie zu ergreifen, ihm zu verzeihen und mich meiner Pflichten zu erinnern.
Besonnen drehte ich mich mit dem Gesicht zu ihm hin, so daß wir uns hätten in die Augen blicken können, wäre es nicht zu dunkel gewesen. Ich nahm all meinen Mut zusammen und ergriff sie, die Chance.
"Bitte verzeih mir, was ich heute Nachmittag gesagt habe. Das hätte ich nicht tun dürfen. Es war dumm von mir." Mich hatte es einiges an Überwindung gekostet, über meinen Schatten zu springen. Nun lag es nicht nur allein an mir, zu retten, was noch zu retten war. -
Noch immer war ich im Zweifel, ob ich wachte oder träumte, obwohl es doch immer deutlicher wurde, daß dies kein Traum war. Alles schien so außergewöhnlich real. Und Träume verursachten auch keine Schmerzen. Nein, es konnte kein Traum sein!
Doch ganz unerwartet und für mich rätselhaft, ließ Gorgus von mir ab. Zwar lag er immer noch auf mir und ich konnte seinen schweren Atem auf meiner Haut spüren, konnte ihn riechen. Dies konnte nur eines bedeuten, so war jedenfalls mein Gedanke. Noch mehr Angst als zuvor überfiel mich. Ich konnte kaum atmen, da sein Körper auf meinen Brustkorb drückte.
"Bitte.. tu mir nicht weh! Schlag mich nicht, nicht schon wieder! Bitte!“, wimmerte ich ihm leise entgegen. Ich wusste, bei Gorgus hatte dies wenig Sinn, denn er ergötzte sich jedes Mal an seinen Gewalttaten.
Gorgus? Aber Gorgus war doch tot! Spielten nun meine Sinne vollkommen verrückt? War ich an einem Punkt angelangt, an dem ich durchdrehte? Langsam wurde mir klar, dass es Marcus gewesen sein mußte, der mir das angetan hatte.
Endlich gab er mich frei und rollte sich neben mich. Trotz daß dies das Werk meines Mannes gewesen war, fühlte ich mich so schmutzig und benutzt. Leise weinte ich vor mich hin, rollte mich zusammen und blieb mit einem Abstand zu ihm auf meinem Bett liegen.
Was hätte ich denn nur sagen können? Ich konnte nichts sagen. Genauso wenig ich mir vorstellen konnte, was in ihm gerade vorging.
Das erste, was mir in den Sinn kam, war wegzulaufen. Nach Hause zu meiner Familie, zu Chimerion. Irgendwohin wo ich sicher war, denn hier war ich es nicht mehr. Wir waren bereits nach so kurzer Zeit am Abgrund unserer Ehe angekommen. Er und ich gleichermaßen, wir hatten uns beide zu weit vorgewagt und drohten nun ins bodenlose hinabzustürzen. -
Ich war früh zu Bett gegangen. Für die cena hatte ich mich entschuldigen lassen. Mir war der Appetit gründlich vergangen. Wenige Stunden vorher hatte ich mich mit Marcus zum ersten Mal gestritten. Ich wollte ihn nicht sehen. Heute nicht mehr. Und morgen? Da war ich mir noch nicht sicher.
Es hatte lange gedauert, bis ich eingeschlafen war. Dieses Gewitter, das draußen gewütet hatte, ließ mich immer wieder aufwachen. Ich hatte noch nie Gewitter gemocht. Schon als Kind nicht. Diese elementare Kraft hatte immer etwas Bedrohliches für mich gehabt. Auch wenn ich wußte, daß ich im Inneren der Villa sicher war. Irgendwann hatte es nachgelassen. Nun prasselte nur noch der Regen gegen die Fenster. Endlich glitt ich langsam tiefer in meinen traumlosen Schlaf. Es war ein fester Schlaf. Selbst als die Tür zu meinem cubiculum geöffnet wurde, bemerkte ich dies nicht.
Die nasse wütende Gestalt, die sich gierig meinem Bett näherte, nur mit einem bestimmten Gedanken behaftet, die durchnässte Tunika, die zu Boden ging, all dies blieb unbemerkt. Vorerst noch. Doch als meine Decke hinfort gezerrt wurde und mir kalt wurde, erwachte ich langsam. Noch waren meine Augen geschlossen. Zuerst glaubte ich, meine Träume würden mich wieder heimsuchen. Solche Träume, die ich schon lange nicht mir geträumt hatte. Die Träume, die ich überwunden geglaubt hatte.
Gorgus, der elende Pirat war wieder zurückgekehrt und wollte sich nun nehmen, was er sich geraubt hatte. Er stürzte sich auf mich und packte mich, gefühlstot, brutal, darauf aus, Schmerzen zu bereiten. Jetzt war ich wach, versuchte mich wieder zu wehren, schrie um mein Leben, so wie damals. Nein, das war kein Traum.
"Nein, laß mich! Laß mich! Bitte laß mich. Bitteeee!",schrie ich verzweifelt, jammernd, wimmernd. Doch ich mußte schnell feststellen, daß es damals, wie auch heute wenig Sinn machte, sich zu wehren oder zu schreien. Nein, Gorgus hatte kein Mitleid für mich empfunden. Damals nicht, genauso wenig wie heute. Er nahm sich keuchend, Stoß um Stoß, was ihm gehörte. -
Das mußte ich mir nun wirklich nicht länger geben! Ausflüchte, nichts als Ausflüchte! Er war abends müde. Mir kamen gleich die Tränen! Ich hatte wohl einen alten Mann geheiratet, der äußerlich noch eine recht ansprechende Fassade bot, doch in seinem Inneren alt wirkte. Da fehlten mir einfach nur noch die Worte.
Nein, ich ließ mich nicht noch einmal hinreißen, etwas zu erwidern. Nicht auf seine Frage, die eh nur eine leere Versprechung gewesen wäre noch darauf, daß wir uns am Abend wiedersehen würden.
Ich ging einfach und ließ ihn mit seinen Ausreden alleine zurück. Noch ahnte ich nicht, wozu er noch fähig war. -
Langsam hob sich eine meiner Augenbrauen, ganz nach flavischer Manier. Es begann mir zunehmend zu missfallen, was das Mädchen da erzählte. Dieser scheinbare so unterhaltsame Nachmittag schien zu kippen. Einmal Schlafmohn zu nehmen war einerlei, doch auf ihn ständig angewiesen zu sein, war eine ganz andere Sache. Marei war noch ein Kind und eine Sklavin dazu. Nicht, daß ich mir den Schlafmohn nicht hätte leisten können. Ganz und gar nicht. Aber für eine Sklavin. Nein, mir widerstrebte es, daß dieses Kind dieser Droge auf Verdamm und Verderb ausgeliefert war. Ich wußte um die Wirkung dieses Stoffes. Von Zeit zu Zeit nutzte ich selbst seine betäubende Wirkung, um der Realität zu entfliehen, wenigstens für einige Stunden.
"Marei, du brauchst diese Milch nicht, um zu wachsen. Diese Milch wird dich krank machen. Ich verbiete es dir, diese Milch, weiterhin zu trinken!" Das klang wohl jetzt sehr hart in ihren Ohren. Aber es war das Beste für ihre Gesundheit und meinen Geldbeutel, worauf es mir allerdings in diesem Moment am wenigsten ankam. -
Der Text hatte mich vollkommen gefangengenommen. Es war stets ein atemberaubendes Gefühl, ein Buch zu entdecken, dessen Inhalt sich mir noch nicht offenbart hatte. Im Grunde fehlte nun nur noch ein Becher mit gutem Falerner und ein wenig Obst, an dem man gelegentlich naschen konnte. Aber es war schon spät! Um diese Zeit noch einen Sklaven zu finden, der schnell hinunter in den Keller lief, um den Wein zu holen und aus der Küche ein wenig Obst mitbrachte, grenzte nahezu an ein Wunder. Und zum selber laufen hatte ich nun wirklich keine Lust!
"Achja", seufzte ich leise aber zufrieden, denn trotz der fehlenden Gaumengenüsse, fühlte ich mich wohl. Doch plötzlich war mir, als sei ein Geräusch an mein Ohr gedrungen. Ich sah auf und horchte. Es war ein leises Geräusch gewesen, kaum hörbar. Ach, sicher nur Einbildung, dachte ich mir und wollte mich wieder Plautus widmen. Doch wie aus dem Nichts kommend stand da eine Gestalt im Gang. Vor Schreck stieß ich einen spitzen Schrei aus und fuhr vor Entsetzen auf, als hätte ich soeben eine Maus entdeckt, die auf dem Boden umher rannte. Die Schriftrolle war mir aus der Hand geglitten und zu Boden gefallen.
"Was.. Wer bist du?" Angsterfüllt griff ich nach meiner Öllampe, damit die dunkle Gestalt aus der Dunkelheit entlarvt wurde. Als ich genauer hinschaute, wurde mir bewußt, wer dort im Gang stand und mich anstarrte.
"Du???" Diese Sklavin war es, auf deren Anwesenheit ich gut und gerne verzichten konnte. Die mir schon bei unserer ersten Begegnung negativ aufgefallen war. Sie war anmaßend gewesen. Und jetzt war sie auch noch schwanger, denn ich hatte sie erst kürzlich beobachtet und festgestellt, daß sie in andern Umständen war und ihren Bauch auf solch unverschämt provokante Weise vor sich her schob, als wolle sie mir aufzeigen, was mir noch nicht gelungen war. Sie war wohl die allerletzte, der ich an einem Abend wie diesem begegnen wollte. Eine Begegnung der unliebsamen Art, sozusagen! Diese Sklavin hätte ich nicht einmal in den Keller geschickt, um mir den Wein zu besorgen, den ich jetzt gerne getrunken hätte!
"Was suchst du hier? Du willst doch nicht etwa stehlen?" schnauzte ich sie forsch an, noch ehe sie mir eine ihrer Unverschämtheiten entgegen schleudern konnte. Natürlich war es vollkommen absurd zu glauben, diese kleine Barbarin könne lesen. Marcus hatte sie im Garten eingesetzt. Wozu sollte eine Sklavin, die im Garten arbeitete lesen können? -
Ich hätte schreien können! Aus Wut aber auch aus Verzweiflung. Was war nur in ihn gefahren, daß er mich auf diese Art abspeiste, wie eine dumme Sklavin, die gehen konnte, wenn sie nicht mehr gebraucht wurde! Waren wir mit unserer Ehe schon so weit vorangeschritten, daß wir uns nichts mehr zu sagen hatten? Dies war nicht mehr der Mann, den ich unbedingt hatte heiraten wollen. Natürlich, ich hatte mir nichts vorgemacht. Die Liebe zwischen uns mußte erst noch wachsen. Das hatten wir beide gewußt. Doch wie konnte sie das, wenn ihr jeglicher Nährboden entzogen wurde?
Ich war schon aufgestanden, bereit zu gehen. Da fasste ich mir ein Herz. Nein, betteln wollte ich nicht. Doch er sollte wissen, wie es in mir aussah! Und wenn er mich dafür verdammte!
"Das ist wirklich sehr schade Marcus! Sehr schade! Was kann ich denn nur tun, damit ich deine Aufmerksamkeit auf mich lenken kann. Sag es mir bitte! Bin ich so abstoßend für dich? Was habe ich nur getan, daß du mich so behandelst? Was? Du willst einen Erben, Marcus? Indem du dich vor mir versteckst, wirst du keinen Erben bekommen. Das kann ich dir versichern!"
Oh, ich war in Fahrt und mußte mich im Zaun halten, um nicht noch zorniger zu werden. Doch nun, nachdem ich etwas Dampf abgelassen hatte, ging es mir besser. Ich atmete tief durch, strich über meine erhitzen Wangen. Wahrscheinlich war ich puterrot geworden. Keine besonders schöne Vorstellung. -
Nun ja, vielleicht war dies in der Tat etwas zu barsch von mir formuliert worden, denn die Enttäuschung in Marcus´ Gesicht schien nicht aufgesetzt. Er hatte offensichtlich wirklich damit gerechnet, bereits beim ersten Mal sein Soll erfüllt zu haben. Ich wußte ja, Männer waren in dieser Beziehung immer etwas eitel gewesen. Vielleicht hätte er sich einmal überlegen sollen, öfter sein Glück zu versuchen. Natürlich erwähnte ich diesen Gedankengang mit keinem Wort. Eine Flavia bettelte nicht! Schon gar nicht bei ihrem Ehemann, damit er sie in ihrem cubiculum häufiger mit seiner Gegenwart bedachte.
Offensichtlich hegte er ähnliche Gedanken, zumindest für einen kurzen Moment. Ich war schon ganz Ohr und hoffte er würde mir im Vertrauen seine intimsten Gedanken mit mir teilen wollen. "Ja?" fragte ich schnell nach. Noch war ich voller Hoffnung schon bald wieder in den Gemuß zu kommen. Doch vergebens! Schnell lenkte er vom Thema ab.
"Ja," seufzte ich ein wenig enttäuscht. "Es ist ganz gut."
Mir war gerade der Appetit vergangen. Eigentlich war ich jetzt satt. Den letzten Bissen der Muschel-Aprikosen-Kombination legte ich zurück auf meinen Teller und griff nach einem Tuch um meine Finger und meinen Mund damit zu säubern.
"Gibt es sonst noch etwas, Marcus?" fragte ich, keinen Hehl daraus machend, wie unzufrieden ich war. -
Diese Trauben waren einfach vorzüglich! Ich konnte mich gar nicht daran satt essen. Besonders die Trauben aus Kampanien vom flavischen Landgut mundeten mir am besten. Nicht nur der Wein, der daraus hergestellt wurde, war exquisit, auch die Früchte selbst eigneten sich vorzüglich zum Verzehr. Diese hier konnten sich damit durchaus messen lassen. Doch beinahe hätte ich mich an einer der Früchte verschluckt, als Titus das Leben erwähnte, welches auf diese Weise weiterginge. Nun steckte ich aber wahrhaftig in der Zwickmühle! Warum nur hatte ich auch diese unüberlegte Bemerkung gemacht. Doch nun das Gegenteil zu behaupten, fand ich auch äußerst unpassend, angesichts des Verlustes, den Titus hatte hinnehmen müssen. Zumal ihn diese Vorstellung für einen kurzen Moment seine Trauer vergessen ließ. Ach herrje! Wie kam ich den nur wieder aus der Nummer heraus?
"Äh ja… Das Leben geht weiter!" meinte ich schließlich verlegen. Jetzt hätte eigentlich nur noch Marcus gefehlt, um das Missverständnis komplett zu machen.
Die Götter schienen mir heute nicht hold zu sein! Kaum hatte ich diesen Gedanken zu Ende gedacht, hörte ich auch schon Schritte und wenig später die Stimme meines Mannes. Das war in der Tat ein wenig viel des Guten. Still seufzte ich in mich hinein und schloß kurz meine Augen. Dann wandte ich mich mit einem Lächeln zu Marcus hin um ihn zu begrüßen.
"Salve Marcus! Titus ist eben erst angekommen." Eigentlich wäre dies nun die geeignetste Gelegenheit gewesen, den Rückzug anzutreten. Die beiden Männer hatten bestimmt einiges zu bereden, nicht zuletzt die Beisetzung Minervinas. Und diese Gelegenheit hätte ich so gerne ergriffen, hatte da nicht diese dumme Bemerkung im Raume gestanden. Allerdings hatte ich auch nicht das Bedürfnis, zugegen zu sein, wenn Titus auch nur ein Wort über meine vermeidliche Schwangerschaft verlor. Wohl oder übel blieb ich sitzen und mir wurde heiß und kalt zur gleichen Zeit. -
Ich kam wahrscheinlich ungelegen. Ursus hatte sicher einiges zu tun. Jedenfalls beschäftigte er sich gerade mit einem Schriftstück. Doch ich folgte seiner Einladung und trat näher, nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte.
Ein gedrücktes Lächeln kam mir nur über die Lippen, als ich auf einem der Stühle Platz nahm. Mir viel gleich der große Obstkorb auf. Leckere pralle Trauben neben rotbäckigen Äpfeln und hinreißenden Pflaumen, die nur darauf zu warten schienen, bis man ihre Süße auf der Zunge genoß. Natürlich stürzte ich mich nicht gleich auf die süßen verführerischen Früchte. Obwohl es mir bei diesem herrlichen Anblick schwer fiel. War ich doch dem Obst, gleich welcher Sorte verfallen.
"Oh, danke. Mir geht es gut. Wirklich! Ich habe mich gut eingelebt und die Ehe scheint mir auch gut zu bekommen." Ich deutete auf meinen Bauch, was er, wie mir im Nachhinein erst einfiel, hoffentlich nicht misßverstand und glaubte ich sei in guter Hoffnung. Nur hatte ich feststellen müssen, daß ich seit der Hochzeit einiges an Gewicht zugenommen hatte. Unweigerlich mußte ich an Antonia denken, die seinerzeit das gleiche Problem plagte, bevor sie schwanger wurde.
"Ja, das habe ich mir schon gedacht," seufzte ich, als er Marcus erwähnte. Doch ich wollte darauf nicht näher eingehen. Titus hatte genug Probleme mit sich selbst. Der Tod seiner Schwester mußte ihm doch schwer zu schaffen machen, obwohl er nun sehr gefasst wirkte. Ich traute mich nicht, ihn direkt darauf anzusprechen. Wenn er darüber reden wollte, würde er schon von sich aus anfangen, dachte ich mir.
Schließlich griff ich nach einigen Trauben, die mir vom Obstkorb aus so verführerisch zugelächelt hatten. "Dabei helfe ich dir natürlich gerne!", meinte ich nur und kostete dann die süße Frucht. -
Eigentlich hatte ich nichts Explizites im Sinn gehab. Um ehrlich zu sein, hatte ich sogar Langeweile. Draußen regnete es, man konnte also auch nicht Zerstreuung im Garten finden, so wie ich es im Sommer über gerne getan hatte. Zum lesen fehlte mir die Muse und für häusliche Tätigkeiten hatte ich noch nie viel übrig gehabt.
Ich streunerte durch die Gänge der Villa, um gelangweilt den Sklaven bei ihrer Arbeit zu zusehen und sie gelegentlich zu ermahnen, dabei von Dingen zu sprechen, von denen ich eigentlich keine Ahnung hatte. Aber auch diese Art des Zeitvertreibs war auf Dauer sehr ermüdend.Es lag eine bedrückende Schwere in der Stimmung all derer, die die Villa Aurelia ihr Zuhause nannten. Der Tod Minervinas hatte wohl jeden sehr getroffen, gleich ob es sich um Herrschaften oder Sklaven handelte.
Mir war sie eine gute Freundin gewesen und mein erster Kontakt zur aurelischen Familie, als ich damals nach Rom gekommen war. Wie schrecklich war doch da die Nachricht von ihrem Tod! So jung. In der Blüte ihres Lebens.Als ich am tablinum vorbei kam, bemerkte ich, daß die Tür einen Spalt weit offen stand. Vielleicht war Marcus schon zurück. Wir hatten uns schon eine Ewigkeit nicht mehr gesprochen. Ich vermisste die Nachmittage, an den wir uns einfach nur uns selbst Zeit nahmen. So wie vor der Hochzeit.
Kurz entschlossen öffnete ich die Tür und trat ein.
"Marcus, bist du schon da?" Nein, er war es nicht. Es war Titus, Minervinas Bruder und Neffe meines Gatten.
"Oh, Titus! Entschuldige bitte. Darf ich eintreten? Ich wußte gar nicht, daß du da bist." -
Die Bibliothek der Villa Flavia hatte sich wirklich mit Ihresgleichen messen können! Unzählige Schriftrollen, Abschriften der großen Meister der Literatur, wichtige Traktate der Wissenschaften, teils von unschätzbarem Wert, aber auch Triviales, wie die Abenteuer des Sklaven Gaius, der besonders unter den Flavieren eine große Anhängerschaft hatte, sowie Schmachtfetzen von denen in einigen Jahren kein Hahn mehr krähte, waren darin vereint.
Oft hatte ich dort lange Abende verbracht, beim stöbern und entdecken interessanten Lesefutters. Ab und an hatte ich dabei Gesellschaft gehabt. Einige Mitglieder meiner Familie teilten die gleiche Leidenschaft mit mir. Oft kam es jedoch auch vor, daß ich die Abende mit Margo, dem alten kauzigen Bibliothekar verbrachte. Anfangs hatten wir so unsere Schwierigkeiten miteinander. Hatte der alte Mann doch geglaubt, ich würde ihm die Bibliothek durcheinander bringen. Bis ich ihn eines Besseren belehren konnte. So lernten wir uns mit der Zeit einander schätzen. Von da an gingen wir gelegentlich gemeinsam auf die Suche nach verlorengegangen Schriften oder machten uns auf die Reise in das Land der Phantasie, der Tragödie und der Komödie. Wir waren an einem Punkt angekommen, an dem wir uns "Freunde" nennen konnten, trotz unseres Standesunterschiedes, war doch der Bibliothekar nur ein weiterer Sklave in den Diensten der Flavier.Nach meinem Umzug in die Villa Aurelia vermisste ich diese Abende zusehends. Ich dachte an die nahenden langen Winterabende, die nur durch ein gutes Buch und ein Becher Wein einigermaßen erträglich wurden. Doch wie in jeder anderen herrschaftlichen Villa Roms, gab es auch in dieser eine Bibliothek.
Eines Abends, von Langeweile und Neugier getrieben, verließ ich mein cubiculum. Im Nachtgewand und nur mit einem Öllämpchen bewaffnet, huschte ich durch die Gänge der Villa. Bei Tage mochte es in diesen Korridoren sehr geschäftig zugehen, doch am späten Abend hatte sich bereits der Schleier der Nacht über das gesamte Anwesen gelegt. Ich bemühte mich, keinen unnötigen Lärm zu veranstalten. Vorsichtig betätigte ich die Türklinke, stieß die Tür langsam auf und trat ein ins Reich des geschriebenen Wortes. Ahh, bereits der Duft der Papyri hieß mich willkommen!
Es brauchte seine Zeit, bis ich mich zurecht fand. Doch bald wurde ich fündig. In einer verborgenen Nische machte ich es mir gemütlich und begann im Schein meines Lämpchens zu lesen. Ich hatte eine ganz amüsante Schrift entdeckt. Eine Komödie von Plautus, die ich noch nicht gelesen hatte. Still in mich hinein kichernd saß ich nun dort und vergaß über das Lesen hinaus die Zeit, noch fiel mir auf, daß ich irgendwann nicht mehr allein war.Sim-Off: Reserviert!
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Soooo,....
der Wäscheberg ist beseitigt, die Burg wieder bewohnbar, das Seminar besucht...
Was ich damit sagen will, eine Woche nach Ende meines Urlaubs melde ich mich wieder voll zurück und hoffe, nun wieder voll einsatzbereit zu sein.
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Die göttliche Bastet selbst mußte ihre Finger im Spiel haben, denn so viel Glück konnte ein einziges Katzenwesen nicht innehaben. Die Göttin hatte ihr abermals einen Weg zur Flucht geebnet und diesmal würde sie sich nicht von den geschmeidigen Worten, unschuldig anmutender Kinder verlocken lassen. Saba machte einen Satz und verschwand in den nahen Hecken. Und nicht genug! Von hieraus rannte sie weiter, bis sie schließlich einen für ihre Zwecke nützlichen Baum fand. Selbstredend waren ihr die Geschehnisse noch gut in Erinnerung, als sie das letzte Mal auf einen Baum geklettert war. Doch diesmal würde es keiner dieser schrecklichen Menschen wagen, sie vom Baum zu holen! So als wäre es ihr übliches Tagewerk, erklomm sie mit wenigen Sätzen den Baum und blieb auf einem kräftigen, mit genügend Blättern ausstaffierten Ast sitzen. So schnell würde man sie hier nicht entdecken. Nun, da sie sich in Sicherheit wähnte, war erst einmal die Zeit gekommen, sich der intensiven Fellpflege zu widmen.
Derweil im Inneren der Villa
Ich wußte sofort, daß etwas nicht stimmte! Wenn ich meine Katze nicht in meiner Umgebung wußte, dann fühlte ich mich nicht wohl. Der Umzug alleine war schon eine große Belastung für das Tier gewesen, hassten Katzen doch nichts mehr, als sich von einem Ort zu einem fremden begeben zu müssen.
Unmöglich, daß ich hier herumsaß und darauf wartete, bis einer dieser nichtsnutzigen Sklaven mir meine arme Saba wieder brachte. Derjenige unter den Sklaven, der sie hatte entwischen lassen, konnte sich sowieso warm anziehen!
Diesmal wollte ich es nicht irgendeinem Dilettanten überlassen, der sich mit Felinen überhaupt nicht auskannte. Diesmal machte ich mich höchst selbst auf den Weg. Nur Charis eilte mir hinterher, als ich den Garten betrat und "SABA!!!" brüllte. -
Wenigstens hatte man ihn nicht hungern lassen. Das beruhigte mich fürs erste. Doch als ich sah, mit welcher Wonne er in das Stück Braten verschlang, konnte ich mir schon denken, welche Art von Kost man den Sklaven verabreichte. Bisher hatte mich das in keinster Weise interessiert, doch bei Chimerion war es etwas anderes. In mir brannte das Gefühl, meinem Sklaven gegenüber etwas gutmachen zu müssen, obwohl er doch derjenige war, der Schuld auf sich geladen hatte.
Chimerions Antwort auf meine Frage brachte mich anfänglich ganz aus dem Konzept. Eigentlich hatte ich damit bezweckt, ihm noch einige Vergünstigungen angedeihen zu lassen. Doch davon wollte er offenbar nichts wissen. Vielmehr war es die Verrichtung seiner Notdurft, die ihn beschäftigte. Mein Blick folgte seinem, der mich ohne Umschweife zu einem Kübel brachte, indem die Sklaven immer den Unrat entsorgten. In meinem ganzen bisherigen Leben hatte ich noch niemals zuvor auch nur ansatzweise einen Gedanken daran verschwendet, ein solches Exemplar auch nur mit dem kleinen Finger zu berühren. Doch offenbar war es das, wonach es ihm verlangte.
Den beschwichtigenden Worten Chimerions lauschend, erhob ich mich und näherte mich zögernd jenem Gefäß, welches in höchstem Maße die Unreinheit verkörperte, mit der sich meinesgleichen niemals abgab. Es kostete mich einiges an Überwindung, bis ich den Eimer schließlich an seinem Henkel ergriff und ihn Chimerion brachte.
"Keine Ursache, das war das Mindeste, was ich tun konnte.", meinte ich schließlich lächelnd um den Anflug des Ekels aus meinem Gesicht zu verbannen. Jedoch verging mir gleich wieder das Lächeln. Chimerion begann frei zu sprechen, ohne sich rechtfertigen müssen. Er sprach von Liebe, was auch mein Herz höher schlagen ließ. Doch er zeigte mir auch auf, wie wichtiger ihm die Freiheit, seine Freiheit gewesen war. Sie war ihm so wichtig gewesen, daß er dafür seine Liebe aufgab. Wut und Trauer gleichermaßen keimten in mir auf. Ich hatte auf einmal große Lust etwas zu zerschmettern, doch ich bewahrte die Contenance. Ich wollte nichts mehr davon hören, ihn aufgeben zu müssen. Was war denn schon Freiheit?
Mir wollte das Herz zerspringen. Ich konnte mich nicht mehr im Zaun halten.
"Nein! Nein, das kann ich nicht! Was denkst du denn? Meinst du, Corvinus hat mich geheiratet, weil er mich liebt? Er liebt mich nicht und ich ihn auch nicht. Diese Ehe dient alleine nur dem Zweck der Politik und dem Fortbestand seines Namens. Es ist eine Vernunftehe, so wie sie fast ausschließlich in unseren Kreisen geschlossen wird. Mehr nicht! Von Liebe war niemals die Rede. Ich will dich, Chimerion! Du bist derjenige, den ich liebe und den ich nicht aufgeben kann! Niemals! Wieso bedeutet dir die Freiheit so viel mehr, als ich? Würdest du mich lieben, wenn du frei wärest? Ist es das, was du willst? Doch wenn du frei bist, dann wirst du mich verlassen. Ist es nicht so?"
Ich hatte mich in Rage geredet. Meine Wangen glühten rot in meinem verheulten Gesicht. Dies war die unglücklichste Stunde meines Lebens. -
Belustigt lachte ich über die Naivität der kleinen Sklavin. Sie war eben einfach noch ein Kind und genoß dadurch sozusagen noch einen gewissen „Welpenschutz“, denn ein derartiges Verhalten hätte ich einem ausgewachsenen Sklaven niemals durchgehen lassen. Eines Tages würde die Zeit kommen, da auch diese kleine Sklavin ihre Grenzen aufgezeigt bekam. Im Moment jedoch diente ihre Arglosigkeit einzig meinem Amüsement.
"Nun, welche Sklaven für den Garten verantwortlich sind, kann ich dir gar nicht sagen, denn offen gestanden interessiert es mich auch nicht. Nur das Resultat ihrer Arbeit ist für mich Relevant. Verstehst du?" Genüßlich wollte ich zu den Trauben greifen, mußte dann aber feststellen, daß keine mehr übrig waren. Ein wenig verdrießlich darüber bedachte ich erst Marei und dann Charis mit einem giftigen Blick. Keine Ahnung, wie Marei dies aufnehmen würde, Charis jedoch verstand sofort, ohne daß ich auch nur ein Wort verlieren mußte. Sofort eilte sie davon, um mehr Trauben zu holen.
Derweil belausche ich nur mit halbem Ohr das unbekümmerte Gerede der kleinen Sklavin und bemerkte deren Stimmungswandel vorerst nicht. Ich schnappte einige ihrer Worte auf. Sie sprach von einer seltsam schmeckenden Milch und ich dachte mir nichts weiter dabei. Doch dann wurde ich wieder aufmerksamer. Die anfängliche Kurzweil, die mir die Sklavin mit ihrer Unbeschwertheit beschert hatte, war längst gewichen. Ich richtete einen ernsten Blick auf das Kind, das offenbar der Spross einer lupa war, was im Grunde nichts Außergewöhnliches war. Doch diese Milch, von der sie sprach, interessierte mich. Wenn ich mit meiner Annahme richtig lag, dann handelte es sich um den milchigen Saft des Schlafmohns, welcher berauschende Eigenschaften hatte.
"Und diese Milch?", fragte ich ernst. "Trinkst du sie noch immer?" -
Nein! Er wollte mich begleiten! Wer hätte das gedacht? Ich lächelte über beide Backen, denn ich freute mich. Und meine Freude war aufrichtig. Nicht jeder Mann opferte sich freiwillig, sich stundenlang unter unzähligen Frauen und, wenn er Glück hatte, einer Hand voll Männern aufzuhalten und dort den einschlägigen Gesprächen zu lauschen.
"Aber natürlich werde ich das übernehmen! Ich schätze, Prisca wird auch unter den geladenen Gästen sein." Schließlich war sie ja auch dabei gewesen, als ich die Germanica in den Thermen getroffen hatte.
Aber jetzt wollte ich endlich die Leckereien auf meinem Teller genießen. Natürlich waren mir Marcus´ irritierten Blicke aufgefallen. edoch kümmerte ich mich nicht weiter darum. Nicht jeder wußte diese exzellente Kombination aus maritimen Früchten und derer, die auf Bäumen wuchsen, gepaart mit einer exorbitanten Fischsauce, zu schätzen. Doch die Frage, die nun aus dem Mund meines Gatten huschte, ließ mich erschrocken aufblicken!
"Wie bitte? Wer? Ich! Wie kommst du denn… äh, ich meine, nein. Nicht daß ich wüßte!" Manchmal hatte er wirklich abstruse Ideen! Nach dem Trauerspiel vor zwei Wochen konnte er doch nicht erwarten, daß er in dieser Hinsicht erfolgreich gewesen war! Das bedurfte noch einiger Übung! Vieler Übung!