Beiträge von Flavia Celerina

    Zitat

    Original von Aretas
    Ein Band löste sich aus seinem Gürtel. Aretas bückte sich schnell danach um nicht von der Frau, die vor den Männern lief umgerannt zu werden. Sie hatte eine kleine Figur in der Hand. Aretas rief ein scharfes „HALT.“ in ihre Richtung, damit sie nicht auf das Band trat. Geschickt fischte er es vom Boden.


    Jenes erschütternde HALT katapultierte mich aus meinen Gedanken, in meinem Gebet wie auch in meinem Gehen hielt ich inne und richtete meinen Blick auf dem jungen Mann, zweifellos ein Sklave, welcher sich mir entgegen gestellt hatte. Ich verstand nicht sogleich, was er wollte, doch ichfürchtete auch kein Unglück, denn dies waren die Nemoralia, an denen die Gewalt verbannt war. Schließlich sah ich zu Bodenund wurde sein Band, das dort lag gewahr wurde.
    Der endlosscheinende Zug schlängelte sich zum Tempel hin. Aufgrund des großen Andrangs, war die Zeit für ein Opfer recht begrenzt. Ein jeder wollte ein Opfer bringen, ein jeder hatte einen Wunsch auf dem Herzen. Ich bat die Göttin um Fruchtbarkeit, auf daß mir der Wunsch nach einem Kind endlich gewährt wurde. Als Geschenk ließ ich ihr mein tönernes Figürchen, welche ich die ganze Zeit mit mir geführt hatte.
    Nach dem Verlassen des Tempels versuchte ich mich von meinen Sklaven abzusondern. Sie sollten nicht Zeugen des Treffens werden, welches ich nun geplant hatte. Mein Cleomedes hatte ihn inzwischen ausfindig für mich gemacht. "Er wartet auf dich, domina," hauchte der Grieche mir ins Ohr. Ein Nicken, dann folgte ich ihm.

    Ein Großaufgebot wand sich durch die Gassen Roms hin zum Tempel der Iuno Sospita, Sänften, Sklaven, Klienten und sonstige Schaulustige, die dem Tross folgten. Ein Ausrufer sorgte dafür, daß jedermann wußte, wer sich da dem Tempel näherte. So wußte auch jedermann, was unser Begehr war - ein Kind. Endlich ein Kind!
    Aufgrund dieses Pflichttermins, trat die seltengewordene Konstellation ein, da Marcus und ich eine gemeinsame Sänfte benutzten. Der Weg zum Tempel schien endlos zu sein. Ich war nicht sonderlich gesprächig. Der Grund hierfür war weniger die Tatsache, daß wir uns nichts zu sagen hatten. Vielmehr war es meine Anspannung, die mich zur Stille zwang. Mir war, als liege auf mir die Last der ganzen Welt. Aus unerfindlichen Gründen, hatte es sich Marcus nicht ausreden lassen, alle Verwandten zu dieser Opferung einzuladen, Aurelier sowie auch Flavier. Wenn ich alleine schon daran dachte, wie unter Gracchus´ kritischen Augen jenes Opfer vollzogen würde welches dann auf ähnliche katastrophale Weise endete, wie beim letzten Mal, dann konnte ich für die nächsten hundert Jahre im Erdboden versinken. Niemand hatte mich vom Gegenteil überzeugen können, warum dieses erneute Opfer nicht noch einmal in einem Fiasko enden sollte.
    Um meine Anspannung auf einem Minimum zu halten, versuchte ich, die an uns vorbeiziehende Kulisse durch den leichten transparenten Vorhang zu beobachten. Dies bereitete mir ein wenig Ablenkung vor dem Bevorstehenden.
    Meine Rastlosigkeit, die bereits am Morgen unübersehbar gewesen war, durfte auch meinem Ehemann nicht entgangen sein. Ungewohnte Freundlichkeit, aufmunternde Gesten schenkte er mir, auch nun in der Sänfte. Seine Worte durchbrachen die erdrückende Stille. Ich wandte ihm meinen Blick zu, erwiderte das Lächeln, welches nur wenig überzeugend sein konnte und meinte nur brescheiden: "Ja."
    Diesmal war unser Aufgebot ein ganzes Stückchen größer und vor allen Dingen prachtvoller. Alle unsere Gaben waren von Marcus höchstpersönlich handverlesen. Nichts sollte dem Zufall überlassen bleiben. Gar nichts! Ich ersparte mir den Gedanken, was ich tun sollte, wäre uns die Göttin auch dieses mal nicht gewogen.
    Endlich erreichten wir den Tempel. Augen zu und durch, sagte ich mir. Und so entstieg ich mit der Hilfe meines Mannes die Sänfte. Das Sonnenlicht blendete mich ein wenig, während die geschickten Hände der Sklavinnen meine Tunika glätteten.
    Alles war bereit, so verkündete es der Opferdiener, der uns empfing. Nun denn, so wollten wir Iuno Sospita nicht länger warten lassen.

    Man sah mir einen Hauch der Erleichterung an, als sich herausstellte, daß ich bei dem beliebten Ratequiz, wer bin ich, nicht vollkommen danebengelegen hatte. Wenigstens etwas!
    "Sextus," meinte ich und deutete ein zartes Lächeln an, sofern dies mein leidendes Antlitz denn zuließ. Natürlich lag es auf der Hand, daß Sextus darauf aus, war, die Umstände meines Zustandes zu erfahren. Nun ja, sicher war es dem einen oder anderen schon aufgefallen. Ich war nun schon über ein Jahr mit Marcus verheiratet und immer noch blieb uns Nachwuchs versagt. Langsam konnte man auf die Idee kommen, hier könne eventuell etwas nicht stimmen. Noch war es nicht offensichtlich, daß die Familienmitglieder hinter meinem Rücken über diese Tatsache tuschelten. Wenn ich jedoch nun herum erzählte, was im Tempel geschehen war, dann war dies nur eine Frage der Zeit, bis es soweit war. Und was war mit Septima? Nun, ich vertraute einfach einmal ihrem Taktgefühl, auf das sie schweigen würde, wie ein Grab. Und glücklicherweise war sie ja auch noch gar nicht da. Oder war sie bereits da, doch sie hatte sich vor Scham in ihre Gemächer zurückgezogen? Nun, beides konnte mir nur recht sein. Am Ende verplapperte sie sich noch.
    Sextus, so war zu erwarten gewesen, ließ sich nicht so einfach abspeisen. Auf charmante Weise hakte er einfach nach, um schließlich doch eine zufriedenstellende Antwort zu bekommen.
    "Ach weißt du, diese Hitze macht mir einfach so sehr zu schaffen," gab ich vor, dabei war es doch am heutigen Tag recht gemäßigt gewesen. Regenwolken waren sogar aufgezogen und alles deutete auf einen baldigen frischen Sommerregen hin. "Erst ist es die Hitze und dann der Wetterumschwung. Man weiß gar nicht… " Nein, man wußte in der Tat nicht, was dieser gräßliche Tag noch alles bereit hielt!
    Da war sie nun, Tiberia Septima, in Fleisch und Blut und natürlich in völliger Sorge um mein Wohlbefinden. Meine Güte, mein Zusammenbruch im Tempel mußte wahrlich spektakulär gewirkt haben. Wie schade, daß ich mich selbst nicht hatte beobachten können!
    "Ah, Septima! Meine Liebe! Ach mach dir keine Sorgen, ich bin schon bestens versorgt. Hier in der Kühle des atriums ist es wesentlich angenehmer als im… äh draußen." Ich hoffte nun auf ihre Verschwiegenheit, gegenüber Sextus.

    Offenbar fand unser neuer Freund etwas schrecklich witzig an Nigrinas und meiner Frage. Ein wahrer Spaßvogel! Oder grinste er einfach nur gerne?
    Nun ja, seine umgehende Antwort ließ keinen Zweifel daran, daß er gut Lachen hatte. Nun war es zumindest an mir, die etwas konsterniert aus der Wäsche guckte.
    "Der Praefectus Urbi…," kam es mir zögernd, doch voller Ehrfurcht über die Lippen. Ein Räuspern folgte, dann ein vorsichtiger Blick zu meiner Verwandten, die, wie ich glaubte, nun von mir erwartete, mich geschickt aus der Affaire zu ziehen.
    "Vescularius Salinator, wenn ich mich nicht irre?" Nein, ich irrte mich nicht. Erst kürzlich hatte ich über ihn gesprochen, oder sollte man besser sagen, ich hatte im Bad mit Septima über ihn hergezogen, weil er in meinen Augen ein Emporkömmling war, der keinerlei Kultiviertheit besaß. Nun saß er mir im wahrsten Sinne des Wortes im Nacken. Doch in einer Sache hatte ich mich ganz sicher nicht geirrt, der Kultiviertheit! Natürlich war es mir nicht entgangen, auf welch unflätige Art und Weise er uns nun musterte, Als seien wir gewöhnliche lupae, die er nur noch aussuchen mußte. Und auch seine anzüglichen Avancen waren einfach unmöglich!
    Glücklicherweise wandelte ich nicht zu sehr offenherzig durch die Welt. Wie es sich gehörte, war ich ordentlich gekleidet. Eine Sommertunika, deren Stoff leicht auf der Haut lag, aber nicht allzu viel zur Schau stellte, aber dennoch manche Stellen besonders betonte. Doch eine leichte Stola erlaubte es mir, auch diese Stellen bei Bedarf abzudecken.
    "Was wir zu bieten haben? Aber aber! Ich bin eine verheiratete Frau und meine liebe Verwandte hier wird es auch bald sein. Nicht wahr, liebste Nigrina?", antwortete ich kokett. Wahrscheinlich hörte das Nigrina heute selbst zum ersten Mal, schließlich war sie ja noch nicht einmal verlobt.

    Auch mein "lieber" Gatte ließ es sich nicht nehmen, nicht auch ein wenig gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Seine Kopfschmerzen, so meinte er, waren wohl anderen Dingen gewichen. Nun ja, ich würde mein Bestes geben, um dies wieder ungeschehen zu machen. Wo nur der Sklave blieb! Es konnte doch nicht so schwer sein, ein paar….. Nanu, was sah ich da, als zuerst Prisca eintrat und kurze Zeit später auch Publius Imbrex?
    "Salve, meine Liebe," grüßte ich erst die Nichte meines Mannes und dann später auch Imbrex.
    "Salve! Aber gewiß doch!," meinte ich lächelnd. Doch gleich wandte ich mich wieder irritiert von den beiden ab um zur Tür zu spähen, wo der Slave anscheinend mit den Blumen herumlungerte und sich nicht traute, hereinzukommen.
    "Was zum…," zischte ich leise und bedachte ihn mit tadelnden Blicken. Schließlich wagte er sich mit seiner brisanten Fracht in das triclinium.
    Mit einer auffordernden Handbewegung bewog ich ihn, endlich die Blüten auf den Tisch zu drapieren.
    Marcus hatte indessen begonnen, einen Brief von Septima vorzulesen. Hach ja, die gute Septima. Sie fehlte mir schon, seitdem sie und Ursus mit Sack und Pack nach Mantua abgereist war.
    "Oh, ein Brief von Septima," rief ich noch erfreut, als er begann, ihrem Brief vorzulesen und mich dabei kurz ansah.
    Inzwischen griff der Sklave in sein mit Blüten gefülltes Säckchen und holte die ersten Blüten hervor, die er frisch gepflückt hatte. Zart rosafabenen und gelbleuchtende Orchideenblüten waren es. Zwar blutete mir das Herz, als ich daran dachte, was er den armen Pflanzen angetan hatte, doch wollte ich damit nur meinem "geliebten" Gatten den Abend damit verschönern. Dementsprechend gehässig fiel mein Blick aus, dem ich ihm nun zuwarf, denn zweifellos mußte er bereits gesehen haben, woraus unsere Tischdekoration bestand.
    Als er jedoch plötzlich verlas, Septima könne nicht nach Rom reisen, da sie schwanger war, verstand ich erst nicht, bis sich das gehörte langsam setzte.Diese Nachricht verpaßte mir das einen solchen Hieb, daß mir der Bissen im Munde stecken blieb und ich einen unseligen Hustenanfall bekam. Meine Güte, wie schrecklich peinlich! Und Septima! Was erlaubte sie sich eigentlich? Vor mir schwanger zu werden?! Mein Gesicht färbte sich augenblicklich puterrot.
    Marcus hatte inzwischen den Brief zu Ende vorgelesen… und wenn mir nicht endlich jemand zu Hilfe kam, dann war es um mich geschehen und mein Mann würde Witwer sein. Vielleichte eine gar nicht so unattraktive Vorstellung….

    Der Augenblick, da Áedáns ölige Händ meine Schultern berührten, entfachte in mir ein wohliges Gefühl des Entspannt seins. Mir schien, als fielen alle meine Sorgen von mir ab, die mich bis hierher begleitet hatten.
    Charis war mit dem Getränk, dem Obst und auch den Bechern zurückgekehrt und versorgte alle, die sich um mich geschart hatten. Dann nahm auch sie in unserer kleinen Runde Platz.


    Der junge Ägypter hatte sich anfangs etwas Zeit gelassen. Die Worte, mit der er seine Geschichte vortragen wollte, sollten wohlüberlegt sein. Das gefiel mir. Und nachdem ich etwas Geduld bewiesen hatte, sprudelte es nur so aus seinem Munde. Die sorgsam gewählten Worte und die Art, wie er sie formulierte, beeindruckten mich. Ob meine sich Freundin Graecaia auch nur einen Hauch dessen bewußt war, welche Freude sie mir mit ihrem Geschenk gemacht hatte?
    Man hätte wohl Parallelen zwischen der bösen Zauberin aus Okhatons Geschichte und mir ziehen können. Doch ich verstand mich nicht im mindesten als böse Zauberin, genauso wenig wie meine Sklaven die verzauberten Nymphen waren.
    Ein Jammer nur, daß mein Gallier von alldem nichts verstand, da er, wie er erklärt hatte, des Griechischen nicht mächtig war. Charis konnte hiefür ein Schlüssel sein. Charis, jaja… Charis!


    Für einen Moment lang schien ich in Gedanken versunken sein, ließ einfach nur den Genuß der Massage auf mich wirken, bis ich schließlich, für alle Anwesenden recht unvorbereitet, eine Frage in den Raum stellte. Für die, die nichts zu befürchten hatten, schien sie wohl eher wirr, da sie den Zusammenhang nicht verstanden, doch meine Charis sollte diejenige sein, die genau wußte, was ich meinte.
    "Sag mir, Áedán, wie verfährt man in Gallien mit Verrätern? Und du Okhaton, was pflegt man in Aegyptus mit jenen zu tun, die sich der Untreue schuldig gemacht haben?"

    In einer einfachen Tunika gewandet, hatte ich mich unter diejenigen gesellt, die sich mit Blumen bekränzt und Fackeln tragend von Rom aus auf den Weg gemacht hatten, hinaus in die Albaner Berge. Hin zum Lacus Nemus, an dessen Ufer sich der heilige Hain mit dem Heiligtum der Diana Nemorensis befand. Auch wenn der Weg über die Via Appia führte, war er dennoch beschwerlich, da ich ihn, wie auch all die anderen zu Fuß bewältigte. Warum, so würde sich mancher fragen, nahm ich eine solche Strapaze auf mich?
    All die Frauen, die sich zu Diana auf den Weg machten, hatten nur den einen sehnlichen Wunsch. Der Wunsch, endlich ein Kind zu empfangen. Keinesfalls wollte ich eine jener verzweifelten Matronen werden, die sich letztendlich ihr Kind aus der cloaca fischten oder aus einer der puticuli holten, wo man sich für gewöhnlich von ungewollten Kindern entledigte, nur um endlich Mutter zu sein. Dies war ein guter Grund, dies alles auf sich zu nehmen.
    Zum anderen hoffte ich, meinen Orpheus dort wieder zu finden. Chimerion, mein thrakischer Sklave und Geliebter hatte ich vor vielen Monaten fortgeschickt, da es immer gefährlicher für ihn wurde, wäre er noch langer in meiner Nähe verblieben.
    Im Schutz der arbores felices, der glücklichen Bäume, die reichlich Früchte trugen, sollte er sich verborgen halten und der Dinge harren.


    Jeder einzelne Schritt, der mich näher an den Lacus Nemus brachte, war ein Schritt zu ihm. Oh, wie sehnte ich mich nach seinen Berührungen, seinem heißen Atem auf meiner nackten Haut.
    Meinen Sklaven hatte ich gestattet, mich zu begleiten. Es lag in ihrem Ermessen, was sie aus ihrer freien Zeit machten. Zumal gab es mir ein gewisses Gefühl der Sicherheit, obwohl die Sklaven diese Gelegenheit jederzeit zur Flucht nutzen konnten. Aus einem unerfindlichen Grund vertraute ich ihnen aber. Die Frage, ob ich damit einen großen Fehler beging, stellte sich mir nicht. Der Faktor Hoffnung war es, der mir die Gewißheit gab, das Richtige zu tun.


    So tat ich nun Schritt um Schritt, eine tönerne Votivgabe in Gestalt einer Mutter mit ihrem Kind in Händen, ein Gebet an Diana auf den Lippen und insgeheim schon in Gedanken bei meinem Liebsten. Die Nacht war längst angebrochen. Der Schein der unzähligen Fackeln war hübsch anzusehen. Das beleuchtete Heiligtum der Göttin war nicht mehr fern...

    Nur in sehr seltenen Momenten hatte ich es gewagt, die Maske für eine Weile wenigstens von meinem Gesicht zu nehmen. Dann war ich es, die für kurze Zeit zum Vorschein kam. Meinem Geliebten war es vergönnt gewesen, mich so kennenzulernen. So und nur so hatte ich seine Liebe gewinnen können. Die Wahrheit war es, die dies möglich gemacht hatte. Und nun?
    Nun war er so unglaublich weit weg, fern von mir, damit ich ihn in Sicherheit wiegen konnte. Doch war er das auch? Die Ungewißheit drängte mich langsam in den Wahnsinn.


    Ich hatte ihm gesagt, nein, ich hatte ihn gebeten, sich von Rom fern zu halten. In den Abaner Bergen sollte er Schutz finden. Dieser Ort, der seit je her den geflohenen Sklaven Schutz bot. Dort sollte er ausharren, auf mich warten, hoffen, daß ich irgendwann ihm und nur noch ihm gehören konnte.
    Im Grunde wußte er genauso gut wie ich, daß es diesen Tag wohl niemals geben konnte, doch er hatte es mir versprochen, mir zuliebe war er dorthin gegangen und fristete jetzt dort sein Dasein als scheinbar entflohener Sklave.


    Oh, wie sehr ich ihn doch vermisste! Jeder Atemzug ohne ihn war eine Tortur! Wie sehr ich mich nach seinen Umarmungen sehnte! Seine zärtlichen Hände auf meiner Haut - ich mußte zu ihm - unbedingt!


    Die bevorstehenden Nemoralia konnten dafür der ideale Vorwand sein, endlich auszubrechen, wenigstens für eine kurze Zeit! Als einfach gewandete Frau aus dem Volk würde ich kaum auffallen unter den vielen, die zum Tempel der Diana wanderten. Meinen Sklaven würde ich den freien Tag gönnen, während ich, nachdem ich zu Diana gepilgert war, endlich meinen cervus erwarten würde. Hernach würde ich wieder zurückfinden in mein tristes Dasein.


    Von nun an drehten sich meine Gedanken nur noch um die Umsetzung meines Plans. Mein Orheus, ich komme zu dir und du wirst mich finden.

    Mein Orpheus wollte nicht von mir lassen. Ständig schlich er sich wieder in meine Gedanken. Oh geliebter Orpheus, warum bist du nur so fern? Den Ausführungen des Sklaven konnte ich von Anbeginn nicht folgen und auch die Katzen im Korb, die er immer noch mit sich herum trug, schafften es nicht, mich von ihm zu lösen. Orpheus du mein Schöner… In der Tat, der Sklave war eine Augenweide! Zu dumm nur, daß ich mich auf diesen dämlichen Keuschheitsschwur eingelassen hatte. Und wenn schon, Iuno hatte mich die ganze Zeit nicht mit ihrer Gunst bedacht, warum sollte sie es nun tun, wenn ich vielleicht… NEIN!
    Doch eine Frage stellte sich mir! Was stellte Prisca mit einem solchen Beau an? Weshalb war sie auf dem Sklavenmarkt so versessen auf ihn gewesen - Prisca, jenes Paradebeispiel für Tugend und Unschuld….


    Irgendwann waren die Worte aus dem Munde des Sklaven versiegt und dann lächelte er mich an, so daß ich für einen Moment seine makellos weißen Zähne zu sehen bekam.
    Oho, ein Sklave, der Wert auf Körperpflege legte. Sicherlich würde man nicht gleich übergeben müssen, wenn er sich mit seinem Mund näherte, ihn öffnete und seine Zunge sich mit der meinen vereinigte. Doch bevor sie das hätte tun können, versuchte er meine Aufmerksamkeit auf den Korb zu lenken.
    "Oh mein Orpheus…", entwich es mir plötzlich, bis ich beschämt realisierte, was ich soeben gesagt hatte. Schnell räusperte ich mich und versuchte, wieder ich selbst zu sein.
    "Äh, stell ihn nur ab. Dorthin!" Ich wies ihm den Platz neben meinem Bett. Doch gleich fingen meine Augen den jungen Griechen wieder ein.
    "Ich frage mich die ganze Zeit, was deine Herrin mit einem Früchtchen wie dir anfängt! Mit welchen Aufgaben hat sie dich denn betraut?", fragte ich, wohlwissend, daß ich meine Faszination nicht verbergen konnte.

    Ich werde mich jetzt doch für den Rest der Woche und für die komplette nächste Woche abmelden. Mit etwas Glück und Muße komme ich morgen Abend noch zum Schreiben. ;)
    Ab 16.8. werde ich dann wieder zurück sein. :)

    Zitat

    Original von Flavia Celerina
    Ab morgen bis einschließlich Montagabend werde ich absent sein. Leider werde ich in der kommenden Woche auch nur sporadisch anwesend sein können. ;)



    Bin wieder da, aber ganz schön geschlaucht! :)

    Der Sklave sah nicht nur ungemein gut aus, er hatte auch ordentliche Manieren, was man nicht immer von neuen Sklaven behaupten konnte. Noch immer hielt er den Katzenkorb in Händen, mit dem Wurf neugeborener Katzen und meiner geliebten Saba. Nun ja, seit ich feststellen mußte, daß sie sich mit einem dahergelaufenene Kater gepaart hatte, war die Liebe etwas abgekühlt. Doch letztlich würde ich sie wieder in meine Arme schließen und sie fortan an einer Kette halten müssen. Was indessen mit ihren Jungen geschehen sollte, interessierte mich nur peripher. In diesem Haus gab es keinen Platz für einen Stall voller Katzen. Apropos Stall, ja…
    "Oh, das trifft sich sehr gut! In naher Zukunft, so haben wir beschlossen, sollen die Ställe abgerissen werden um an ihrer statt neuen Wohnraum, aber auch ein peristyl zu schaffen. Ich würde mich gerne vorher von deinem Können überzeugen, bevor ich dir erlaube, die künstlerische Gestaltung der neuen Räume zu übernehmen. Selbstverständlich werde ich vorher die Erlaubnis deiner Herrin einholen, wobei sie mir schon versicherte, dich dafür zur Verfügung stellen zu wollen. Also, was schlägst du vor, was könntest du tun, damit ich einen Eindruck von deinem künstlerischen Geschick bekomme?" In meinen Gedanken sah ich bereits marmorne Götinnenstatuen, die meine Züge trugen, oder Fresken mit mythologischen Themen, wie Orpheus und Eurydike. Auch hier würden die Protagonisten die Züge des Hausherrn und seiner Gattin tragen. Orpheus, oh mein Orpheus, wo bist du nur? …meine Gedanken begannen wieder abzuschweifen. Räuspernd schob ich meine Sehnsucht beiseite und warf dem jungen griechischen Sklaven einen erwartungsvollen Blick zu.

    Durchaus facettenreich war dieser Tag gewesen! Hatte er doch mit einer schmerzlichen Niederlage begonnen, so hatten die erholsamen Stunden am Meer doch einiges bewirkt, um meine Stimmung wieder aufzubessern. Allein meiner Sklavin Charis war wohl am heutigen Tag der Spaß vergangen, als ich sie mit ihrer Untreue konfrontiert hatte. Daß sie nun noch ihren Dienst in meinem cubiculum verrichten durfte, lag einzig daran, daß noch kein Ersatz für sie gefunden war.
    Charis hatte mich bereits von meiner Tunika befreit, die ich noch zur cena getragen hatte. Mittlerweile was ich in einen bunten seidenen Umhang gehüllt, dem der Kenner seine parthische Herkunft deutlich ansehen konnte.
    Charis hatte bereits begonnen, die Schminke von meinem Gesicht zu entfernen. Nun kämmte sie nur noch ausgiebig mein Haar.
    Just, als ich mich zu meinem Bett begeben wollte, klopfte es an der Tür. Aufmerksam lauschte ich den Worten des Klopfenden.
    "Ah, die Katzen!", seufzte ich. "Geh´ und öffne ihm!", sagte ich meiner Sklavin.
    Indessen hatte ich es mir auf meinem Bett gemütlich gemacht. Sobald der Sklave wieder verschwunden war, würde ich noch ein wenig den griechischen Dichtern meine Aufmerksamkeit schenken.
    Charis öffnete inzwischen die Tür und ließ den Sklaven, samt Katzenkorb herein. Herrje, ich vernahm bereits die dünnen Stimmchen der Katzen! Schande über Saba, daß sie sich dazu hatte hinreißen lassen! Der Sklave indes war eine wahrhafte Augenweide. Heute Morgen hatte ich nicht die rechte Muße, ihm genügend Aufmerksamkeit zu schenken. Doch nun war die Lage etwas entspannter.
    "Tritt näher! Du bist der Sklave, in dessen Lager meine Katze geworfen hat und von dem gesagt wurde, er könne gut mit dem Pinsel umgehen?" .. und wahrscheinlich nicht nur das! Nun fuchste es mich, Prisca den Vortritt gelassen zu haben!

    Priscas bestätigende Worte waren wie Balsam auf meiner armen, geschundenen Seele. Und daß sie mir sogar ihre Hilfe anbot, ließ mich wieder Hoffnung schöpfen, daß ich nicht ganz allein auf weiter Flur stand.
    "Du bist eine wahre Freundin, Prisca! Dafür werde ich dir ewig dankbar sein! Sollte ich dir jemals in einer Sache behilflich sein können, so lasse es mich unbedingt wissen. Ich werde dafür alles in Bewegung setzen. Du hast mein Wort!" Natürlich hatte sie das, würde sie denn hinter mir stehen. Wenigstens eine funktionierende flavsch-aurelische Allianz. Natürlich hätte mich nun auch brennend interessiert, wie wir schon dafür sorgen würden?
    "Äh Prisca, hast du etwa schon einen Plan?"wie wir dieses Weib wieder los werden oder sie zumindest in die Schranken weisen könnten, oder was noch besser wäre, Marcus davon zu überzeugen, daß sie es nicht wert ist.
    Wie schön war es doch, eine aufgeschlossene, junge Frau an seiner Seite zu wissen. Prisca kannte ihren Onkel um ein Vielfaches besser, als ich. Sie wüßte schon, was zu tun war! Das wußte sie doch! Oder?


    Nun, als ich das Gespräch auf Priscas eigene Angelegenheit lenkte, merkte ich schon, wie sehr Gefühle eine Rolle spielten! Gefühle, wie ich sie vor der Hochzeit auch noch hatte. Der Glaube, eines Tages dem Ritter in strahlend weißer Rüstung zu begegnen, der mich dann entführte… Nun ja, spätestens in der Hochzeitsnacht sah ich meiner Traumvorstellung sehr ernüchtert entgegen. Zu wissen, daß Marcus dieser Ritter niemals sein würde, hatte einen bedrückend deprimierenden Nachgeschmack bei mir hinterlassen. Als ich nun Priscas verzweifelte Worte vernahm, wurde es mir ganz warm ums Herz. Hach, wie schöööön! Ich seufzte sehnsuchtsvoll.
    "Oh Prisca, das Geschenk der Liebe ist nur Wenigen in unseren Kreisen vergönnt! Doch wenn du ihn liebst und er dich auch, dann bin ich mir sicher, wird die Liebe einen Weg finden!" Meine Güte, hatte ich das wirklich gesagt? Ja, ganz offensichtlich!
    "Ach Marcus… Laß Marcus nur mal meine Sorge sein!", versuchte ich sie noch zu beruhigen. Doch halt! Da war noch etwas!
    "Was meinst du denn, mit dieser Sache im Garten? Ich hörte, Marcus hätte ihn hinauswerfen lassen…", …doch weswegen, hatte ich nicht in Erfahrung bringen können. Daß noch ein Kuß und eine darauffolgende Ohrfeige eine große Rolle dabei gespielt hatte, ahnte ich nicht.

    Oh! Vielleicht war das sich zur Großmutter gesellen keine so gute Idee gewesen. Nun ja, die burschikose Art der alten Dame war mir nicht entgangen, doch daß sich die Iunia dadurch so angegriffen gefühlt hatte, nun ja, überraschte mich doch sehr. Es waren regelrechte Anfeindungen, die aus ihrem Munde drangen. Wäre unsere Bekanntschaft schon weiter fortgeschritten gewesen, ich hätte sie zur Contenance ermahnt, da wir uns hier schließlich im Tempel der Vesta befanden und nicht auf der Gasse unter Waschweibern. So war ich nur peinlich berührt und hielt es für angemessener, einfach den Mund zu halten.
    Die alte Dame indes, schien vorerst wenig Interesse für das verbale Aufflammen ihrer Enkelin zu haben. Vielmehr war es die Resonz auf Piso, welchen ich schon fast wieder gänzlich verdrängt hatte. Offenbar hatte er bei ihr einen guten Eindruck hinterlassen. Puh, das war noch einmal gut gegangen. Sichtlich erleichtert lächelte ich.
    "Aber natürlich werde ich das!" Allerdings, wenn es nach mir ginge, konnte es noch etwas dauern, bis es zum nächsten Treffen kam.
    Daß die alte Dame durchaus Haare auf den Zähnen hatte, davon konnte ich mich sogleich überzeugen. Meine Güte! Wie sie das schaffte, ihre Enkelin, die sich soeben eher wie ein ungezogenes Gör als eine vorbildhafte Matrona benommen hatte, in die Schranken zu weisen und dabei keineswegs ihre Haltung dabei verlor! Das imponierte mir. Eine weise Frau, in der Tat! Nun strafte sie die Iunia mit Ignoranz und setzte die Konversation fort, so als sei nichts gewesen. Perfekt, um nicht zu sagen bewundernswert! Nun ja, wenigstens war es die Vestalin, die die beiden zänkischen Frauen zur Ruhe aufforderte. Schade eigentlich!


    Der Small-talk setzte sich fort und wie sollte es auch anders sein, worüber unterhielten sich Frauen, wenn sie unter sich waren? Natrürlich über Männer! In unserem Fall waren das unsere eigenen, vollkommen wertfrei, so sollte man meinen.
    "Aurelius Corvinus, Senator und Pontifex. Das ist mein Gatte!", antwortete ich. Wenigsten konnte man mit Marcus ordentlich Eindruck schinden. Allerdings beschränkte sich dies derzeit auch auf das einzigste, was ich mit ihm anfangen wollte.
    Ja, vielleicht war die Claudia die einzige unter uns Frauen, die die richtige Wahl getroffen hatte, unberührt und unverheiratet zu bleiben, jedenfalls solange sie noch jung und frisch war. Was sie darüber in dreißig Jahren denken mochte, stand auf einem anderen Blatt geschrieben.
    "Ich muß schon sagen, verehrteste Claudia Romana, ich bewundere jedes römische Mädchen, welches sich freiwillig dem Dienst der Vesta zur Verfügung stellt!" meinte ich nun zur Vestalin, um ihr meine Ehrerbietung zu erweisen und um ein Gespräch mit ihr zu beginnen.