Beiträge von Flavia Celerina

    Ich flehte ihn an, er möge wieder zu mir zurückkommen. Do so sehr ich auch bettelte, er starb in meinen Armen. Meine Tränen benetzen sein Gesicht. Oh, wie schwer, wie unerträglich war dieser schreckliche Moment, als ich mir bewußt wurde, das dies das Ende war. Niemals würde ich ihn mehr schmecken können, seine Hände würden niemals mehr meine Haut berühren und mich erschauern lassen. Er war tot…tot…tot!
    Mein lautes Klagen hatte den Ägypter herbeigerufen, ich jedoch reagierte nicht auf das, was er zu mir sprach. Auch nicht auf die Anfeindungen meines neuen Sklaven, der Okhaton des Mordes verdächtigt hatte. Ich war stattdessen am Boden zerstört. So war mir nun auch er genommen worden, von einem heimtückischen Mörder!
    Als sich beide Sklaven schon wieder von mir entfernt hatten, um ihren Zwist untereinander auszumachen, kam alsbald noch ein weiterer Mann zu mir. Unsanft ließ ich mich von ihm nach oben ziehen. Ich mußte nur noch ein grauenhaftes Abbild von mir selbst gewesen sein, halbnackt, völlig verdreckt, mit Chimerions Blut beschmiert undverheultem Gesicht.
    Der Mann fragte mich, ob ich das war. Ich! Wie hätte ich ihn töten können? Er war doch mein Ein und Alles! Verständnislos sah ich ihn deshalb an.
    "Nein... nein!" Ich schüttelte verwirrt mit dem Kopf. Wie konnte er mich so etwas fragen?
    "Der Mörder, er kam .. ich weiß nicht woher er kam.. er war schon auf und davon, als ich ihn fand", brachte ich schließlich heraus. Doch eigentlich hätte ich mit ja antworten müssen, denn ich hatte Chimerion auf dem Gewissen! Hätte ich ihn freigelassen, dann hätte er nun nicht tot zu meinen Füßen gelegen.


    edit: Dialog geändert

    Auch ich glaubte, etwas gehört zu haben. Als ich dann Cleomedes Stimme hörte, fuhr ich hoch. Auch wenn mich mein Liebster zurück ziehen wollte, sie wies ich ihn dieses Mal ab. Hektisch suchte ich nach meinen Kleidern. Irgendetwas war um uns herum, ich spürte es. Und dieses etwas war uns sicher nicht wohlgesonnen! Ich beschwor Chimerion, er solle sich in Acht nehmen. Er winkte nur ab, wollte meine wilden Vorahnungen, wie er sie nannte nicht erst nehmen. Dies seien die Nemoralia, meinte er. Niemand würde uns heute in dieser herrlichen lauen Sommernacht etwas antun wollen, niemand. Alles blutige Handwerk sei heute verboten. Doch ich kannte die Verkommenheit Roms!
    Dann knackten am Boden liegende Zweige. Es war jemand hier, wir waren nicht mehr allein. Endlich hatte ich meine Palla zu fassen bekommen, mit der ich nur ungenügend meine Blöße bedecken konnte. Mein angstvoller Blick ging ins Nichts, aus dem die Geräusche kamen. Was sollte ich nur tun?
    Mein Geliebter hatte sich nun auch erhoben und nachzusehen. Er entfernte sich einige Schritte. Er ließ mich allein! Die Angst gewann die Überhand. Weder Cleomedes noch mein Orpheus waren bei mir. Gänzlich eingeschüchtert stand ich da und zitterte vor Angst. Dann wieder ein Geräusch, wieder knackten Zweige, dann der Klang eines Handgemenges, ein Schrei. Wie angewurzelt blieb ich stehen, selbst zu atmen traute ich mich nicht mehr. Meine Ohren versuchten jedes Geräusch aufzufangen. Schnelle Schritte im Unterholz, die sich von mir entfernten. Oh ihr Götter, sie entfernten sich von mir!
    Dann ein Stöhnen, ein ersterbendes Stöhnen. Nein, ich wagte mich nicht. Ich wollte nicht. Ich konnte nicht . Doch dann hörte ich meinen Namen, der mit dem letzten Hauch Leben ausgestoßen wurde. Nun konnte ich nicht mehr anders. Trotz meiner unbändigen Angst setzte ich einen Schritt vor den anderen, bis ich bei ihm war.
    Leblos lag er am Boden. Ein Dolch hatte seine Brust durchbohrt. Alles war voller Blut. Mein schriller Schrei änderte daran nichts mehr. Neben meinem toten Geliebten ging ich zu Boden, umklammerte ihn und beklagte ihn lautstark.

    Sim-Off:

    Was lange währt, wird endlich gut! ;)


    Es war immer mit Peinlichkeiten verbunden, wenn sich jemand in der Öffentlichkeit so gehen ließ. Und wenn dann auch noch die Bloßstellung durch eine Zurechtweisung folgte, wie es in diesem Fall durch die Vestalin selbst geschehen war, dann war das noch peinlicher. Die Iunia wäre in diesem Moment wohl am allerliebsten im Erdboden versunken, wenn sie es gekonnt hätte. Nun ja, gewisse Umständen wußten dies zu verhindern und so bat sie vielmals um Entschuldigung bei all denen, die Zeugen ihrer Entgleisung geworden waren. Die Claudia zeigte sich versöhnlich. Was sollte sie auch anderes machen?
    Ich fand es indes besser dies unkommentiert zu lassen, ich dachte mir meinen Teil. Schließlich war ihre Großmutter ja auch nicht ganz unschuldig gewesen. Die Germanica blieb ziemlich ungerührt, sie war wohl ein wahrer Hausdrache par excellence. Wahrscheinlich stand es um die Beziehung zwischen Großmutter und Enkelin auch nicht zum besten. Allerdings war es auch ein schlimmer Fauxpas, solche privaten Angelegenheiten nach außen zu kehren. Stattdessen lächelte ich einfach nur belanglos und übersah die ganze Sache großzügig.


    Laevina jedenfalls zeigte sich äußerst beeindruckt, als ich Marcus erwähnt hatte. Pontifex und Senator, meine Güte! Das hörte sich auch schon außerordentlich pompös an. Wahrscheinlich konnte man da in ihren Kreisen gar nicht mithalten. Die Alte, die einer vertrockneten Pflaume ähnelte, nach ihrem Gatten zu fragen, wäre wohl auch eher unpassend gewesen. Für gewöhnlich waren Damen in ihrem Alter bereits lange Jahre verwittwet, es sei denn, ihr Gatte war robust und hatte sich gut gehalten. Erst die Enkelin hatte es wohl zu etwas gebracht. schließlich war ihr Gatte ebenfalls Senator.
    "Oh ja, das bin ich, meine Liebe! Ja, das bin ich." War ich tatsächlich stolz auf Marcus? Ich mußte gestehen, darüber hatte ich nie einen Gedanken verloren. Er war schon von Anbeginn eine gute Partie gewesen. Eben würdig für eine Flavia, wie mich. Ob unsere Ehe glücklicher verlaufen wäre, wenn er nicht der gewesen wäre, der er war? Das waren alles Spekulationen, zu denen ich mich nicht hinreißen ließ. Ich war einfach der Tradition gefolgt: Patrizierweibchen heiratet Patriziermännchen, zusammen sorgen sie für einen Stall voll Patrizierkinderchen… Ups! Genau da war der Haken!
    Glücklicherweise mußte ich der Konversation folgen und war deswegen nicht gezwungen mir wieder Gedanken über den ausbleibenden Nachwuchs zu machen.


    Natürlich wunderte es mich nicht, daß die Vestalin Marcus kannte. Aha, bei ihrer Priesterprüfung hatte sie ihn kennengelernt. Marcus erzählte nie viel über seine Arbeit im Cultus Deorum. Ich fragte mich, was wir uns eigentlich noch zu erzählen hatten? In letzter Zeit hatte es nur noch ein Thema gegeben - ein Kind! Indessen heimste ich noch mehr Lob für meinen Mann ein.
    "Ja, in der Tat! Das ist er!", antwortete ich der Claudia. Ich sah wieder zu der Iunia hinüber, deren -Gesichtsfarbe sich langsam wieder normalisierte.
    "Wie steht es mit deinem Gemahl, Iunia? Ich hörte, er stellt sich erneut zur Wahl.", fragte ich sie.


    Unsere Unterhaltung setzte sich fort. Die Germanica erkundigte sich, ob auch ich im Dienst der Götter stand.
    "Nein, leider nicht!", antwortete ich ihr. Was hieß denn da leider? Mir reichte es schon, bei den Opferungen zugegen sein zu müssen, wenn das Blut der Opfertiere floß. Wenn ich mir nun vorstellte, dies immer selber tun zu müssen, dreht sich mir der Magen um. Nein, dieses blutige Handwerk war nichts für mich! Umso besser, daß nun die ganze Aufmerksamkeit auf Romana gelenkt wurde. Allein schon wegen der Tatsache, daß sie diese Bürde ihres Amtes freiwillig auf sich genommen hatte, gebührte ihr schon Respekt! Und die Ehre, die ihr und ihrer Familie damit zuteilwurde, nicht zu vergessen. So konnte ich den beiden verfeindeten Damen, die sich allerdings hier einmal einig waren nur zustimmen!
    "Ja, es ist eine besondere Ehre, die dir dadurch zuteilwird, Claudia! Ich fand es sehr beeindruckend, als ich hörte, du hättest aus freien Stücken deinen Weg gewählt. Dieser Umstand ehrt dich außerordentlich, meine Liebe. Wir alle haben dir deswegen Respekt zu zollen!"
    Nun ja, was Romana dann noch über diverse fremde Kulte sagte, so war ich hin und hergerissen, ihr zuzustimmen, schließlich sympathisierte ich mit dem Isis-Kult. Wie konnte sie auch diese schrecklichen, blutrünstigen Christianer mit den Anhängern der Isis in einen Topf werfen? Natürlich widersprach ich ihr nicht. Ich wollte mich ja nicht zum Gespött der Leute machen, die Flavia, die sich mit einer Priesterin der Vesta anlegte! Nein, nein, das ließ ich schön bleiben!
    "Ja, diese furchbaren Christianer! Wehret den Anfängen, sage ich nur!", pflichtete ich ihr schließlich bei.

    Genau das war einer jener Augenblicke, in denen wieder all meine Vorurteile gegenüber Plebejern im Allgemeinen und Salinator im Speziellen bestätigt wurde. Was glaubte er, wen er vor sich hatte? Zwei halbseidene Borsteinschwalben, die nur darauf aus waren, sich an reiche, oder besser gesagt an neureiche Kerle wie den Praefectus Urbi zu hängen, um mit ihm die nächste Nacht klarzumachen? Und dann dies anzüglichen Blicke!
    Doch was geschah, wenn man es sich mit genau diesem Praefectus Urbi verscherzte? Er war der Stellvertreter des Kaisers und wie man so hörte, machte er auch eifrig Gebrauch von seiner Macht, die ihm der Kaiser verliehen hatte.
    Also gab es nun zwei Möglichkeiten, um seine Würde als Patrizierin zu behalten. Wenn ich mich nun gänzlich entrüstet zeigte, Salinator sogar einen Wüstling nannte, dann war zwar meine Eitelkeit gestillt doch konnte ich auch davon ausgehen, daß meine Familie oder die meines Gemahls darunter zu leiden hatte.
    Die andere Möglichkeit war, ihn geschickt um den Finger zu wickeln, so daß er am Ende den kürzeren zog und man erhobenen Hauptes das Schlachtfeld verlassen konnte. Die letzte der bediden Möglichkeiten barg lauter Gefahren und es gab keine Garantie für ein erfolgreiches Ende. Aber einen Versuch war es dennoch wert.
    So lächelte ich nur überhörte die Anzüglichkeiten in seinen Worten.
    "Diese Wette würdest du in jedem Fall gewinnen, mein Lieber. Und wenn ich nicht die wäre, die ich bin, wäre es mir geradezu ein Vergnügen, dir dies zu beweisen."

    Mit einem kleinen Hofstaat war ich von zu Hause aufgebrochen um die Einladung zur cena, die mir mein Sklave überbracht hatte, wahrzunehmen. Einige Sklaven, die mich und meine Begleitung bewachten, und einige Sklaven, die nicht nur mir den Abend verschönern sollten, hatte ich mitgenommen. Ich selbst hatte mich wieder nach allen Regeln der Kunst herausputzen lassen, eine feine seidene Tunika, die in einem sanften Orangeton gehalten war und mit Goldfäden bestickt war, mein Goldschmuck und die ägyptische Ohrringe, die mit roten Korallen verziert waren. auch die Ornatrix hatte sich wieder selbst übertroffen. Mein schwarzes Haar war kunstvoll geflochten und zurechtgesteckt worden und türmte sich nun auf meinem Kopf.
    Auf den Tiberier war ich besonders neugierig. Ich hatte ja schon viel von ihm gehört, doch bisher nie selbst getroffen. Das sollte sich nun ändern!
    "Salve Tiberius!", begrüßte ich ihn.
    "Darf ich dir Aurelia Prisca vorstellen? Sie ist die Nichte meines Gatten. Im Übrigen läßt er sich für heute Abend leider entschuldigen. Du weiß, die Arbeit!" Ja, ja, die Arbeit! Marcus hatte noch nie etwas für Pferde übrig gehabt. Darin teilte er nicht meine Vorliebe. Nun denn, sollte er zu Hause bleiben. Mir würde der Abend sicher Abwechslung verschaffen.

    Ägypten…. Ja, Ägypten. Von klein auf war es mein Wunsch gewesen, das Land am Nil mit eigenen Augen zu sehen. Da es mir bisher nicht vergönnt gewesen war, war ich eine begeisterte Sammlerin alles Ägyptischem geworden, sei es Kosmetik, Katzen oder auch Sklaven. Ja, Ägypten. Vielleicht sah ich es schneller, als es mir lieb sein konnte. Dort würde ich mein Exil erwählen, wenn… ja wenn er mich davonjagte. Dorthin würde er mir nicht folgen. Mir nicht! Einer anderen vielleicht, doch nicht mir.
    Nein, wir spendeten uns keinen gegenseitigen Trost, obwohl wir uns unabhängig voneinander wegen der gleichen Sache grämten.


    "Du wirst dich von mir scheiden lassen!" Diesmal klang es weder wie eine Feststellung, geschweige denn wie eine Frage. Es war die einzig logische Schlußfolgerung. Warum sollte er dann noch eine infertile Frau neben sich dulden, der er keinerlei Gefühle entgegenbringen konnte.
    "Denn, denn hast du eine bessere als mich verdient!" Eine andere, die schon gleich nach dem ersten Mal schwanger wurde, die ihn nicht mit ihrem Sklaven betrog und die über seine Eskapaden stets hinwegsah und sich niemals beklagte.
    Es war mir nicht leicht gefallen, dies auszusprechen. Doch so war es! Wer seiner Aufgabe nicht gerecht wurde, mußte ausgetauscht werden. Wie sehr wünschte ich mir jetzt in diesem Augenblich einen Halt, der mich vor dem finalen Sturz in die Tiefe schützte.

    Bevor ich dem Griechen folgte, sah ich mich noch einmal um, damit uns auch bestimmt niemand folgte. Es wäre ein handfester Skandal geworden, hätte man mich hier im Hain mit meinem Sklaven, der gleichzeitig mein Geliebter war, überrascht. Doch alle waren mit anderen Dingen beschäftigt. Und meine beiden Sklaven, die mich begleitet hatten, hatte ich sowieso schon aus den Augen verloren.


    Cleomedes führte mich ins Dickicht. Ich folgte ihm auf einem schmalen Pfad, der nur offensichtlich nur selten benutzt wurde. Von Zeit zu Zeit, sah sich Cleomedes um, um sicherzustellen, daß ich ihm noch folgen konnte.
    Der Saum meiner Tunika verhedderte sich an einen Ast und riß ein, doch dies sollte nicht das einzige sein, was mich später noch an meine kleine Exkursion erinnern sollte. Auch einen kleinen Kratzer an meiner Hand trug ich davon, als ich einen Dornenbusch passieren wollte.
    Und dann war er da, mein Orpheus! Plötzlich stand er direkt vor mir, so daß ich völlig überrascht war. Seine Gegenwart war so unwirklich. Doch als er mich zu sich in seine Arme zog, da wußte ich, dies war kein Hirngespinst. Unsere Zusammenkunft bedurfte keiner vielen Worte - nur Taten. Ein intensiver Kuß, der uns beiden aufzeigte, was wir die ganze Zeit entbehren mußten. Ich weinte vor Glück, als ich ihn wieder spüren durfte. Voller wildem Verlangen rissen wir uns förmlich die Kleider vom Leib um dann, begleitet von tausenden von Küssen, uns zu vereinigen. Oh, wie süß war diese Frucht, die ich kosten durfte, in jenem Augenblich der vollkommenen Extase. Was hätte ich dafür gegeben, daß dies niemals endete?
    Außer Atem lagen unserer Körper dicht beieinander. Nein, ich wollte mich nicht von ihm trennen, nicht jetzt! Niemals! Doch die Vernunft wußte es besser…

    Ach ja, ich erinnerte mich wieder, was er mir gegenüber schon einmal erwähnt hatte. Wie grausam und tragisch manchmal die Wege des Schicksals sein konnten! Nicht nur die Freiheit und seine Familie, nein auch seine Liebe hatte er verloren. Auch wenn wir doch so verschieden waren, so fühlte ich mich plötzlich seltsam mit ihm verbunden. Ich hatte zwar weder Familie noch Freiheit verloren, dennoch aber die Illusion auf eine glückliche Ehe, das gemeinsame Kind hatte es bisher auch eher vorgezogen, nicht gezeugt zu werden und mein Geliebter war so unglaublich weit weg! Auch wenn die Albaner Berge nur zwei Stunden etwa mit dem Reisewagen entfernt waren, so war diese Distanz doch schier unüberwindbar für mich.
    "Ja, so ist die Liebe! Sie macht uns trunken und läßt uns leiden, wenn der, den wir lieben fern von uns ist. Ich kann dir sehr gut nachfühlen. Auch ich glaubte, mein Herz müßte… zerspringen, als er ging."
    Ein weitere tiefer Zug verschaffte erneut Linderung. Ich schloß die Augen. Meine Glieder waren ganz leicht.
    "Chimerion!", sagte ich leise. "Du fehlst mir so sehr!"

    Meine Hand ruhte auf Marcus´ Arm, als ich die Treppen zum Tempel hinaufstieg. Ich hatte dabei einen fahlen Beigeschmack in meinem Mund. Selbst das schöne Wetter konnte mich heute nicht ablenken, noch meine Anspannung auflösen. Die stetige Angst, das Opfer könnte erneut abgelehnt werden, begleitete mich heute auch Schritt und Tritt.
    Wir passierten den Eingang. Alles kam mir so seltsam vertraut vor. Der Blick ging zum Bildnis der Göttin, die bei meinem letzten Besuch so wenig Mitleid mit mir gehabt hatte. An dem Wasserbecken kam ich schließlich zu stehen und nachdem Marcus geendigt hatte, tat ich es ihm gleich. Auch ich reinigte mich und hoffte, dadurch auch meine Furcht einfach so hinweg waschen zu können. Freilich war aber meine Furcht tiefer verankert, als das sie mit dem Wasser hätte entfernt werden können.
    Doch um nicht erneut zum Tagesgespräch zu werden, mußte ich mich nun zusammenreißen, damit meine Nerven nicht wieder mit mir durchgingen. Ein wenig Optimismus hätte mir wahrscheinlich auch besser gestanden, ich jedoch war ein gebranntes Kind, das erneut das Feuer suchte. Wie hätte man mir dies also verübeln können?
    Ich sah kurz zu Marcus. Ja, ich war jetzt bereit, das Voropfer gemeinsam mit ihm zu vollziehen.

    Für den jungen Flavius würde Aquilius wohl sein ganzes Leben die Messlatte sein, an der er sich würde messen lassen müßte. Nein, der arme Aulus war ganz und gar nicht wie Aquilius! Von Aquilius ging stets etwas knisterndes aus. Das hatte sogar ich, seine nächste Verwandte bemerkt. Wie sehr mußte er erst auf andere Frauen gewirkt haben? Aquilius hatte Klasse. Er war eben Aquilius! Und dann hatte er sich einmal eine Schwäche geleistet, als er Rom den Rücken gekehrt hatte. Oder war es am Ende sein größter Triumph? Weil er das gewagt hatte, woran andere nicht einmal dachten?
    Nun ja, Aquilius war Schnee von gestern, nun war es an Piso, in seine Fußstapfen zu treten, sei es in den Dingen der Politik oder auch bei Prisca. Nun ja, und Prisca, war einfach nur entzückt von ihm! Die Ärmste, die so viel Schmach hatte hinnehmen müssen. Doch nun war das Glück zu ihr zurückgekehrt!
    "Aber, aber! Nun steigere dich nicht so hinein! Du mußt wissen, Prisca ist sein Ein und Alles. Sie giebt er nicht einfach so bedenkenlos her. Doch du wirst sehen, am Ende wird sich alles zum Guten wenden!" Man mußte es sich einfach nur lange genug einreden und dann war es auch am Ende so, oder auch nicht.


    Glücklicherweise nahm er wieder Vernunft an, denn solche unüberlegte Aktionen konnten alles zunichtemachen. Besser war es, wenn man einen Plan hatte und sich dann auch noch daran hielt.
    "Schön," meint ich nur lächelnd, innerlich jedoch stellte sich mir aber schon die Frage, wie ich das alles einfädeln sollte, daß ich Marcus dazu brachte, ihn nicht gleich wutendbrand vor die Türe setzen zu lassen. Allein das würde mich wohl schon an meine Grenzen bringen. Noch schwieriger würde es sein, ihn zum Zuhören zu bewegen, damit, und das wäre mein größter Triumph, er einer Verbindung zustimmen würde.
    Ja, ja, das mit Vera war eine tragische Sache! Doch die lebendige Nigrina war wesentlich interessanter! Umso mehr überraschte es mich, als ich hörte, es gäbe schon einen Hochzeitskandidaten, zudem auch noch einen Aurelier!
    "Ach tatsächlich?", ich ließ keinen Zweifel an meiner Überraschung. "Davon hat mir Marcus gar nichts erzählt!" Und das hätte er mit Sicherheit, da es sich ja auch noch um eine Flavia handelte. Womöglich war das auch nur sein Wunschgedanke, daß Nigrina einen Aurelius heiraten sollte. Auf jeden Fall machte mich dies noch neugieriger auf seine Schwester.
    "Ja, mit Sicherheit! Bring sie einfach mit, wenn du kommst. Am Ende feiern wir noch eine Doppelhochzeit!", meinte ich scherzhaft. Fragte sich dann nur, welche Örtlichkeit man dann wählte.
    "Gut, Aulus! Dann verbleiben wir so! Ich sollte nun besser wieder aufbrechen, es ist spät geworden." Damit erhob ich mich dann auch. Charis war sofort zur Stelle.
    "Wir sehen uns dann in der Villa Aurelia! Mögen dir die Götter bis dahin gewogen sein!"

    Zweimal hatte er sich der Liebe hingegeben. Doch waren seine Worte so schrecklich leer, gänzlich ohne Gefühl. Ich fragte mich, ob er jemals so etwas wie Glück empfunden hatte, wenn er bei einer Frau gelegen hatte. War es am Ende seine Erlebnisse, die ihn zum Sklaven gemacht hatten, die ihn nun abstumpfen ließen? Oder war dies nur eine Schutzfunktion, um nicht auch noch sein Innerstes verlieren zu müssen?
    "Sie mußte fort? Und du schließlich auch? Ich verstehe nicht! Wo mußte sie hin? Und du?" Womöglich lag es auch schon an dem Opium, welches mir langsam die Sinne vernebelte. Und wenn schon! Wenn mir die Droge eine traumlose Nacht bescherte und allen Schmerz in mit abtötete, der an mir zerrte.
    "Okhaton, hast du jemals die wahre Liebe erfahren?", fragte ich ihn dann plötzlich. Die wahre Liebe… Ob sie nur ein Mysterium war? Wer konnte schon von sich behaupten, die wahre Liebe gefunden zu haben?

    Spürte ich da einen Hauch von Schüchternheit oder Zurückhaltung? War es ihm peinlich, darüber zu sprechen? Oder sprach aus ihm einfach nur die Unwissenheit? Ich hoffte auf eine der ersten beiden Möglichkeiten. Und als er sagte, er habe bereits schon einmal geliebt, so war ich doch sehr erleichtert. Doch mit jedem weiteren Satz sank meine Hoffnung. Nein, er konnte mir nicht helfen! Ja, es gab Männer und Frauen, die keine Kinder bekommen konnten. Dann half selbst kein Zaubermittelchen, kein Liebesspiel nichts. Dann war es einfach der Wille der Götter…
    Ich nickte nur, meine Enttäuschung stand mir ins Gesicht geschrieben. Meine Hand fuhr über meine Stirn, denn genau daß war es, was ich nicht hören wollte. Jetzt gab es nur noch die Möglichkeit, die Verzweiflung einfach im Dampf des Opiums zu ersticken, wenigstens für heute Nacht.
    "Du hattest schon Geliebte? Also mehr als eine?" Oder hatte ich ihn da einfach nur falsch verstanden?
    "Erzähl mir von deinen Geliebten? Wie waren sie und wie habt ihr euch geliebt?" Eigentlich fuhr ich mir der Konversation nur fort, um der Langeweile zu entgehen, die sich bereits anzukündigen versuchte.

    Okhatons Antwort verwirrte mich erst. Sie war in keinster Weise zufriedenstellend, fast schon provozieriend. Stille war eingekehrt, gefährliche Stille. Prüfend sah ich ihn an, wußte erst nicht was ich darauf erwidern sollte. Es genügte nur ein Wort meinerseits und sein schönes Leben hatte ein Ende. Doch wollte ich das? Wollte ich einfach so mein Spielzeug opfern. Nein, nicht heute! Vielleicht niemals. ZU sehr kostbar erschien er mir, als daß ich ihn aufgeben wollte. Wieder sog ich den Dampf des Opiums ein und wieder schien es mir, als sei die Last meiner Sorgen nur halb zu schwer.
    "Ja, das bin ich wohl. Und du? Hast du niemals die Liebe kennengelernt? Was muß also eine Frau tun? Welche Spiele der Liebe bringen einen Mann dazu, daß er nicht mehr anders kann, als einen Nachkommen zu zeugen, wenn es bisher zu lange gedauert hat?" Vielleicht wußte mein Sklave Rat, was ich noch tun konnte. Vielleicht existierte ein geheimnisvolles, jahrtausendealtes Wissen um die Kunst der Verführung, die die Fruchtbarkeit und die Bereitschaft einer Frau, ein Kind zu empfangen, noch steigerte.
    Ja, so verzweifelt war ich schon, daß ich meinen Sklaven um Rat bitten mußte.


    Saba, meine Katze, die die ganze Zeit schlafend neben mir gelegen hatte, war erwacht und maunzte. Seit ihrer Rückkehr war sie dazu verdammt, Leben an einer feingliedrigen, goldenen Kette zu fristen, an der ein Halsband befestigt war, welches mit Lapislazuli besetzt war. Immer noch vermisste sie ihre Jungen, die einer der unzähligen Sklaven dieser Villa umgehend entfernt hatte. Schließlich war diese Villa kein Tierasyl. Was letztlich aus ihnen geworden war, entzog sich meiner Kenntnis.
    Nun stich ich über ihr seidiges Fell, was sie beruhigte und auch mir ein gutes Gefühl gab.

    Der erholsame Tag am Meer lag nun schon einige Tage zurück; ich hatte bereits Kenntnis von Septimas Zustand erlangt und meine nun ehemalige Leibsklavin Charis war in Ungnade gefallen und durch einen treueren Sklaven, Cleomedes ersetzt worden. Alles um mich herum wendete sich von mir ab, so schien es mir. Der Appetit war mir längst vergangen.


    Nach der cena hatte ich mich umgehend in meine Gemächer zurückgezogen. Ich wollte allein sein. Nunja, ich wollte nicht ganz allein sein. Zu meiner Unterhaltung hatte ich mir Okhaton rufen lassen. Er sollte mich mit seinem Gesang, seiner Musik und seinen Geschichten ablenken. Um den Schmerz, der in meiner Brust loderte, zu betäuben, hatte ich mir eigens etwas Opium besorgt. Mittels eines Röhrchens sog ich hin und wieder den Dampf der brennenden Kugel ein.
    Wie durch ein Wunder wurde ich nach und nach von meinen Sorgen befreit. Mir war klar, daß dies nur von kurzer Dauer war. Dennoch genoß ich diese kurzfristige Leichtigkeit.


    Der Ägypter saß auf seinem gewohnten Platz, neben meinem Bett auf dem Boden. Ich hatte mich aufgesetzt, um mir noch einige Trauben aus der Obstschale zu nehmen. Ich mochte es, wenn er bei mir war. Mir war, als sei er der einzige, der mich verstand. Mit seinen Liedern berührte er stets mein Herz. Und seine scheinbar unbekümmerte Art gefiel mir, auch wenn er noch immer etwas schüchtern war. Doch mir gegenüber hatte erschon fast all seine Scheu abgelegt.
    Sanft strich ich ihm übers Haar, fütterte ihn mit eine Traube, dann ließ ich mich wieder ganz entspannt zurück auf mein Bett fallen.
    "Okhaton," unterbrach ich ihn in seinem Spiel. "Was muß eine Frau in Aegyptus tun, um ein Kind zu bekommen." Wie immer, wenn ich mit ihm allein war, sprach ich griechisch. Mir machte dies nichts aus. Es war eine gute Übung für mich.

    Mein Lächeln verging mir aber schon bald wieder, als er mir nämlich deutlich klarmachte, daß er mein Schaupiel durchschaut hatte. Ja, warum sollte ich mir etwas vormachen? Warum konnte ich nicht endlich diese überdrüssig gewordene Maske abstreifen und meine wahren Gefühle zeigen. Ja, es machte mir etwas aus, daß sie schwanger war und ich nicht! Ja, es störte mich, wenn ich allein daran dachte, wie sie ihr Bäuchlein vor sich her schieben würde und ja, es war beschämend, daß sie früher Mutter werden würde, als ich.
    Dann hörte ich sein Seufzen und sah sein Gesicht, in dem all das Leid gestanden schrieb. So vieles, was unser Leben schwieriger machte, war geschehen. Und dann auch noch auf sie Ankunft der freudestrahlenden Tiberia warten, die zudem auch noch schwanger war?
    „Ja, das werden wir,“ sagte ich leise und wich seinem Blick aus, denn in diesem Moment spürte ich, wie schwer es für Marcus sein mußte. Auch wenn so vieles zwischen uns stand, so fühlte ich mich dennoch in diesem Augenblick mit ihm verbunden. So gerne hätte ich mich ihm genähert, hätte ihm tröstend über die Wange gestrichen oder ihn sogar geküßt. Mein inneres Ich aber sagte, daß ich die Ursache war, für all seine Sorgen.


    Er ergriff meine Hand und roch daran. Der Duft meiner Haut zeugte noch von der langwierigen Behandlung, die ich mir heute gegönnt hatte.
    „Das ist die neue ägyptische Kosmetik, die Alexandros für mich besorgt hat. Damit hat er mich von Kopf bis Fuß einsteichen lassen. Es soll die Haut besonders Zart machen, sagte er. Und gut duftet es auch noch.“ Ich war nun schon eine langjährige Kundin von Janpau L’Gautis der seinen Laden direkt hinter dem Isis-Tempel hatte. Vor Jahren hatte ich den Tipp von Antonia bekommen. Dafür mußte ich ihr jetzt noch dankbar sein!


    „Du wirst dich von mir scheiden lassen, wenn sich Iuno Sospita uns abermals ihre Gunst verwehrt,“ sagte ich völlig tonlos und sah ihm dabei direkt in die Augen.

    Etwas spät bemerkte ich, daß er eingenickt war. Doch warum hätte es mir peinlich sein sollen. Er wollte mich doch sprechen. Wahrscheinlich ging es um die Opferung, die für den kommenden Tag angesetzt war. Marcus war regelrecht davon besessen gewesen, daß alles perfekt vorbereitet war. Vielleicht war es ihm dann wohler, wenn er zu seiner Germanin ging.
    Ich nahm in einem Korbsessel Platz, so daß ich ihm gegenüber sitzen konnte. Voller Erwartung war mein Blick auf ihn gerichtet. Und dann begann er auch schon. Auf seltsame Weise wurde mir unwohl bei der Erwähnung von Septimas Namen. Als sie in ihrem letzten Brief schrieb, sie sei schwanger, wäre ich beinahe dem Tode geweiht gewesen. Warum also behelligte er mich damit schon wieder?
    Ich ließ mir nichts anmerken. Auch als er mir mitteilte, daß sie kommen würde. Sie kam? Hierher? Nach Rom? Auch das noch! Nicht nur, daß sie es gewagt hatte, vor mir schwanger zu werden. Nun kam sie auch noch nach Rom, um ihr Schwangerenbäuchlein zu präsentieren!
    "Ach ja wirklich?", kommentierte ich seine Mitteilung.
    Ungünstig? Ja! Sehr ungünstig! Außerordentlich ungünstig! Doch ich wollte mir nicht die Blöße geben. So viele Schmach hatte ich schon erleiden müssen, da kam es dann auf das bißchen auch nicht mehr an.
    "Ach nein, wieso denn? Es wäre doch ganz nett, wenn sie käme," meinte ich und lächelte völlig unverfänglich dabei.

    Caesus erreichte mich im ungünstigsten Augenblick. Einige Sklavinnen waren gerade zugange, mir ein Ganzkörperpeeling aufzutragen. Selbstredend taten sie dies unter Alexandros´ Oberaufsicht.
    "Ja, des geht abar jetzt nicht!" ,protestierte Alexandros, noch bevor ich etwas sagen konnte. Und in der Tat, er hatte recht. Mein ganzer Körper war von einem Gemisch aus Honig, Sand und diversen Ölen umhüllt.
    "Sag ihm, ich komme, sobald es mir möglich ist." Damit schichte ich ihn ihn erst einmal wieder fort.
    Einige Zeit später, ich duftete lieblich nach einem geheimnisvollen orientalischen Duft und war, wie gewohnt gut frisiert und gekleidet, erreichte ich das tablinum meines Gemahls.
    "Du wolltest mich sprechen?", fragte ich. Mir war bewußt, seit dem der Sklave bei mir gewesen war, waren einige Stunden vergangen. Aber was war denn so wichtig, als das es nicht hätte warten können?

    Ja, genau dafür waren Freundinnen da, stimmte ich ihr nickend zu. Und ein guter Nebeneffekt war es, daß man sich mit gewissen Problemchen nicht mehr alleine herumschlagen mußte. Ich war davon überzeugt, zusammen konnten wir es schaffen, dieses Weib loszuwerden. Wahrscheinlich war sie dabei viel durchtriebener und einfallsreicher, als ich es mir je hätte träumen lassen. Ja, Prisca wußte sicher, wie! Sie wußte es doch? Oder? Erwartungsvoll sah, nein starrte ich sie an, um endlich ihren Plan für den Coup zu erfahren. Leider mußte der Plan noch etwas auf sich warten lassen.
    Meine Hoffnung begann wieder zu sinken. Doch vielleicht nach ein bißchen Bedenkzeit, würde Prisca sicher wissen, wie wir vorzugehen hatten. Doch dann kam ein Aber!
    "Ja?" ,fragte ich voller Erwartung. Oh ja ,das hörte sich vernünftig an. Sobald sich die Germanin mir gegenüber eine Unverschämtheit erlaubte, würden wir zuschlagen! Ja, genau! Ganz ohne Gnade! Und dann gnadeten ihr die Götter, ja! Äh, wie bitte.. Beweise, äh.. ?
    "Nun ja, genaugenommen… nein. Ich bin ihr erst einmal begegnet, als sie in der Villa eintraf. Und stell dir vor, obwohl ich ihr gedroht habe, ihr und ihrem Bastard, hat sie kein Wort zu mir gesprochen! Ist das nicht unverschämt, Prisca? Das ist ausgesprochen unverschämt!" Schon wieder echauffierte ich mich.
    "Seitdem ist sie mir nicht mehr über den Weg gelaufen," meinte ich fast schon enttäuscht. Ich mußte gestehen, es lag ein weiter steiniger Weg vor uns, um die Germanin zu überführen.
    "Marcus ablenken? Ja, aber nur wie?" Es war schon schwer genug, ihn von seiner Arbeit loszureisen. Wie in aller Götter Namen sollte ich es anstellen, ihn abzulenken - von ihr? Wenn ich länger darüber nachdachte, kam mir die Idee, Im Grunde hatte ich es ja schon gesagt. Prisca war die Antwort! Für Marcus war seine Nichte ein und alles und wenn nun ein dahergelaufener Flavier kam…
    "Ja natürlich werde ich das! Und ganz nebenbei können wir ihn auf diese Weise von dieser Germanin ablenken." Auch wenn ich noch nicht wußte, wie ich das anstellen sollte, wirkte ich doch sehr zuversichtlich. Dann ergriff ich auch noch ihre Hand, obwohl ich für solcherlei Annäherungen nicht viel übrig hatte.
    "Aber natürlich! Warum sollte es nicht? Du hast den großen Vorteil daß er dich auch liebt, vergiß das nicht! Alles wird gut, Prisca!" Genau, alles wurde gut! Und mir wurde gleich schlecht. Aber nein, nicht jetzt, das war der schlechteste Augenblick. Jetzt galt es, Prisca zu unterstützen.
    "Ja, das kann ich mir vorstellen!" Und das stimmt auch, ich konnte es mir lebhaft vorstellen. Dieser Mann, der ansonsten nahezu zu keiner Gefühlsregung fähig war, wurde zum Tier, wenn es um seinen Besitz ging.
    "Ich werde mit ihm reden, Prisca. Und mich wird er anhören müssen. Also mach dir keine Vorwürfe. Du weißt doch, der Mann ist der Herr, doch die Frau hat das Sagen!" Ob das auch in Priscas Fall zutraf? Man würde sehen. Zumindest fand ich mich kurzfristig in die Rolle von Priscas Mutter versetzt, die ihre Tochter trösten mußte, weil sie Ärger mit dem Vater hatte.
    Ja, ja, das mit Caius! Das würde sie ewig begleiten, dieses Trauma.
    Ich schüttelte nur den Kopf, als sie meinte, sie würde nur über sich reden. Nein, es tat gut, darüber zu reden, wenn man feststellen könnte, daß es anderen auch nicht besser ging.
    Doch dann überraschte sie mich wirklich. Nein, sie rührte mich zu Tränen mit ihrer Frage dereinst ihre pronuba zu werden.
    "Ach Prisca, das freut mich. Natürlich würde ich das wollen. Und ich bin mir ganz sicher, daß sich alles noch zu Guten fügen wird," sagte ich und wischte mir schnell die Träne ab, die entwischt war. "Aber ich kann nich deine pronuba werden!"

    Unter Áedáns begnadeten händen und mit geschlossenen Augen lauschte ich den Worten der Sklaven, die mir mitteilten, was in ihrer Heimat Verrätern drohte. Ich nahm das Gehörte auf, konnte mir bei Okhatons Ausführungen ein gewisses Grinsen nicht verbieten und schwieg vorerst. Was nun in Charis vorgehen mußte? Sicher hatte sie sich denken können, daß es um sie ging. Noch würdigte ich sie keines Blickes. Mein Ägypter hatte bereits damit begonnen, mich mit seinem Lautenspiel zu beglücken. Er wußte zweifellos, wie er mir Gutes tun konnte.
    Doch dann, wie aus dem Nichts hob ich meine Hand. "Es ist genug! Du kannst aufhören, Áedán!" Als ich mich aufsetzte, kam mir Charis zu Hilfe, um mir die Tunika wieder zu schließen.
    "Es ist ein Verräter unter uns!", verkündete ich und sah dabei in die Runde.
    "Einer von euch hat mein Vertrauen mißbraucht! Einer von euch hat mich verraten!" Nachdem ich dies gesagt hatte, schwieg ich einen Moment und sah in die Gesichter meiner Sklaven. Betroffenheit, Verwunderung und schlechtes Gewissen sah ich dort, bis sich mein Blick auf Charis verankerte. "Was soll ich nur mit machen, Charis?", fragte ich sie und sofort, als hätte sie darauf gewartet, begann sie zu schluchzen.
    "Es tut mir leid, Herrin. Ich wollte das nicht! Das mußt du mir glauben!" Ich nickte.
    "Ja, ich weiß. Aber dennoch werde ich dich strafen müssen. - Sobald ich für dich Ersatz gefunden habe, wirst dich in Zukunft aus meiner Gegenwart entfernen, Charis." Die Sklavin wollte noch etwas erwidern, mich darum bitten, es mir noch einmal zu überlegen, doch ihr bittender Blick stieß auf Granit.


    edit: falsche Farbe erwischt