Beiträge von Decimus Duccius Verus

    Ziemlich abgeschlafft von diesem anstrengenden Tag kehrte der duccische Pontifex in die Villa zurück, um seinen Feierabend mit seiner Familie beim allabendliche Schmausen ausklingen zu lassen. Dass ein Bote diese Nachricht am Mittag zur Villa gebracht hatte, wusste er nicht. Der Bote konnte natürlich nicht wissen, dass der Pontifex an diesem Tag diverse Außentermine wahrzunehmen hatte. Sogar Phelans Vetter Witjon schien nicht genau zu wissen, wo er ihn hätte finden können, was aber ebenfalls nicht verwunderlich war, da der werdende Großvater sich in letzter Zeit eher zurückgezogen hatte und sich eher mäßig der Familie mitteilte - im Gegensatz zu früher war er DEUTLICH stiller geworden.


    Völlig unbehelligt kam er also in den Speisesaal und setzte sich gegenüber von Octavena auf seinen Platz neben seinem Vetter, der als Sippenoberhaupt rechtmäßig am Kopf des Tisches saß. Dass er gerade das Tischgebet an die Götter verpasst hatte, war ihm ziemlich gleichgültig, entschuldigte sich aber trotzdem kurz bei seiner Familie aus Gründen der Etikette. "Entschuldigt bitte." Danach griff er sich etwas Brot und etwas Käse und goss sich einen Schluck Bier ein. Der kurze Blick, den er Witjon zugeworfen hatte, sollte diesem zeigen, dass Phelan bereit war für den allabendlichen Bericht des Tages - er war ja bislang noch völlig ahnungslos.

    Auf Runas Worte antwortete der werdende Großvater nicht mehr. Ihr Sorgen waren völlig unbegründet. Natürlich sah es gerade nach außen so aus, als würde der Junge verwahrlosen - das musste man den Außenstehenden ja einräumen - aber ein Mann seines Standes und dazu noch ein Germane würde doch nicht seinen Erben verstoßen. Er hatte Pläne mit ihm, viele Pläne.. und diese würde er auch ohne Kompromisse mit seinem Junior umsetzen. Was dem kleinen Wesen an dieser Stelle noch nicht bewusst war, ist die Tatsache, dass seine Erziehung am dem Kindesalter deutlich strenger und liebloser ausfallen würde, also wenn seine Mutter noch am Leben und sein Vater somit nicht mit den Göttern hadern würde.


    Als sich Curio dann auch noch für Runa versöhnend bzgl. der Hilfe bei der Erziehung äußerte, winkte der duccische Pontifex kurz ab unter dem Motto 'Das wird nicht nötig sein'. Sein Klient würde bestimmt mit der ein oder anderen Sache bzgl. seines Sohnes betraut werden, aber das lag noch in ferner Zukunft und würde erst am dem späteren Knabenalter von Belang sein.


    Nachdem Runa sich aus für ihren Vater unnachvollzieharen Gründen vom Tisch entfernt hatte, wartete er auf Curios Antwort bzgl. der Finanzen und trank einen Schluck Bier.


    "Zwei Grundstücke? Umland von Mogontiacum?" fragte sein Patron abgesetzt zwischen zwei Schlücken Bier. "Von wem hast du geerbt? Jemand nahestehendes?" fragte er nüchtern ohne überrascht zu wirken. Natürlich hatte Witjon wesentlich mehr Ahnung von Geschäft und Wirtschaft als er, doch als Procurator der Freya Mercurioque war Phelan schließlich auch nicht auf den Kopf gefallen, was das anbelangte. "Sorge dafür, dass alles die Verwaltung der Güter betreffend vor der Geburt geregelt ist, damit du dich auf anderes konzentrieren kannst." Zufrieden ob der Tatsache, dass finanziell alles abgesichert zu sein schien, kam nämlich - als hätte er es vor einigen Momenten geahnt und deshalb etwaige Formulierungen getroffen - seitens seines Klienten ein weiteres Anliegen bzgl. seiner Karriereplanung. "Richtig." der duccische Pontifex hatte das - es sei ihm verziehen - etwas aufgrund der noch nicht verarbeiteten Geschehnisse verdrängt. "Sollst du bekommen." Auch wenn Phelan immer noch in nüchternem Tonfall und ohne große Regungen sprach, schien ihn dieses Gespräch auf andere Gedanken zu bringen, ihn abzulenken.
    An seine eigenen Karrierepläne dachte er gerade überhaupt nicht. Das Flamenamt war wieder etwas aus greifbarer Nähe gerutscht, da er etwas die Spur verloren hatte - auf germanisch würde man sagen: Keen Kopp for jehävt. Er wollte sich aber auch noch nicht mit dem Gedanken daran auseinandersetzen, haderte er doch mit der ganzen Götterwelt..

    "Gut." wiederholte auch der werdende Großvater und trank das erste mal einen Schluck Bier aus dem für ihn vorgesehenen Becher. Rational gesehen, war es ja eine gute Sache. Der duccisch-helvetische (ja, anders herum schien es nämlich nicht der Fall zu sein, auch wenn dies helvetische Mauern waren) Haushalt gedeihte, seine Tochter war versorgt und der Erbe war unterwegs. Runas enttäuschte Reaktion ließ ihn dabei völlig kalt. Der sonst so empathische Phelan hatte momentan genug mit sich selbst auszumachen, als sich noch genügend um Andere sorgen zu können.


    Was seine Tochter danach faselte, ließ ihn eine Augenbraue anheben und somit das erste mal bewegende Gesichtszüge annehmen. Endlich meldete sich nun auch Curio zu Wort, der anscheinend die Interessen eines helvetisch-duccischen Haushaltes vertreten wollte. Erneut zog der duccische Pontifex seinen Becher zu sich und ließ ihn kurz kreisen. "Das Temperament hat sie von ihrer Mutter.." entgegnete er seinem Klienten, trank danach einen Schluck, stellte den Becher wieder auf den Tisch und rutschte anschleißend mit dem Stuhl etwas zurück, um sich ein wenig besser aufrichten zu können.


    "Wer spricht denn davon, dass dein Bruder keinen Platz in unserer Sippe bekommt?" fing er in neutralbleibendem Ton an zu erwidern "Er wird seinen Namen erhalten, wenn ich sicher bin, dass ihn mir die Götter nicht wieder wegnehmen." Auch wenn sein Tonfall neutral war, schwang eine große Portion Skepsis mit. "Er wird dann mit der Tochter meines Vetters zusammen in der Villa aufwachsen." Was Tiberia Lucia davon hielt, wusste er nicht. Was er aber wusste war, dass sie keine Wahl haben würde.


    Nachdem diese Sache nun geklärt war - zumindest für ihn, wenn es nach ihm ginge, hätte man darüber gar kein Wort verlieren brauchen - kamen die rationalen Großvaterbelange wieder an die Reihe. Dabei richtete er sich an den seinen Klienten. "Iullus. Ich hoffe, eure Finanzen stehen der Schwangerschaft nicht im Wege?"

    Für alle seeligen Geister, die diesem Gespräch beiwohnten und es verfolgten, war es klar, welche Reaktion Verus auf seine Worte seitens seiner Tochter bekommen würde. Er hatte Runa anscheinend richtig damit in Fahrt gebracht, denn sie begann mit einer Art Erziehungs-Tirade, nur eben für den Vater.. Das dies völlig unangemessen war und der duccische Pontifex vor allem nach dem, was er für sie und ihren Ehemann, seinen Klienten wohlgemerkt, getan hatte, eigentlich mit der Faust auf den Tisch hätte schlagen müssen alla 'Hast du vergessen mit wem du hier redest? Du vergreifst dich DEUTLICH im Ton, Fräulein!' oder in Richtung von Curio alla 'Zügele dein Weib, Bursche!'. Doch.. es passierte nichts dergleichen.
    Auch als Runa aufstand und wie ein Offizier auf und ab ging, es hätte nur noch gefehlt, dass sie ihm ab und zu mit ihrer Vitis auf die Finger schlug, blieb Phelan teilnahmslos. Was sie da erzählte war vermutlich das, was sie als Tochter von ihren Eltern mitbekommen hatte und nicht das, was wirklich 'hinter den Kulissen' abgelaufen war. Natürlich waren die Götter dafür verantwortlich! Wer denn auch sonst? Das war alles kein Zufall. Er hatte die Hochzeit gebilligt, weil er diverse Zeichen vermutlich fehlinterpretiert hatte, und nun die Quittung dafür bekommen. Natürlich war es Fusas Bestimmung, ihm einen Sohn zu schenken.. dafür waren Ehen doch gut, Nachwuchs und am Besten dabei einen Erben hervorzubringen! Gefühle? Er konnte sich am Schluss eben sehr gut mit seiner Frau arrangieren, was aber eben nur daran lag, dass sie ihm einen Erben schenkte und ihm vorher weniger auf den Sack gegangen war. Zuneigung.. ja, das trifft es, aber Liebe? Bei den Göt.. Nein, lieber nicht bei den Göttern. Sie hätte in Angst gelebt? Lachhaft.. schließlich war sie dank ihres Vaters eine wohlhabende Römerstochter mit viel Land und Prestige. Zahlreiche hochrangige Männer hätten sich ihr nur zu gerne angenommen. War es denn so schwer zu begreifen, dass sein Zustand in erster Linie auf den Zweifel an den Göttern zurückzuführen war, als auf den Verlust seiner Frau, der natürlich auch schmerzlich war? Die Germanen trauerten natürlich um ihre Toten, aber die Trauer war nie von langer Dauer. Seine Trauer bleib, den die Götter schienen ihn verlassen zu haben.


    All diese Sachen nahm er also nur mit halbem Ohr wahr und war zu müde, um darauf boshaft zu reagieren. Übel konnte man ihm das auch eigentlich nicht nehmen, bei dieser Ambivalenz seiner Tochter, war das doch nur all zu nachvollziehbar. Erst knallte sie ihm eine wutvolle Erziehungs-Tirade vor den Latz und fast im selben Atemzug bekam er die Nachricht, dass er Großvater werden würde. Normalerweise hätte er jetzt aufspringen müssen alla 'Ein Zeichen! Die Götter haben mich doch nicht verlassen!', aber er blieb sitzen, denn es war nichts der gleichen. Er sah seine Tochter an, die mitterweile vor ihm auf die Knie gegangen war und seine Hände genommen hatte. "Gut." war das einzige, was er ihr entgegnete, was nicht darauf zurückzuführen war, dass er sich nicht freute, sondern eher darauf, dass es ihm dank seines momentanen Zustandes an jeglicher Empathie und Emotionalität mangelte. Das Rationale ergriff die Oberhand. Auch wenn seine Worte und sein Gesicht nicht das zeigten, was ein werdender Großvater eigentlich zeigen sollte, konnte Runa merken, wie ihr Vater ihre Hände kurz drückte. "Wann ist es soweit?"

    Der Ianitor der Casa Helvetia, Liam, öffnete dem Pontifex und geleitete ihn ins Atrium, wo bereits seine Tochter und ihr Gatte, sein Klient, wie ein Begrüßungskommando auf ihn warteten. Ohne große Umstände wurde er von Runa begrüßt und an den Tisch gebeten, wohingegen Curio ihn mit Handschlag und vertrauter Anrede, wenn auch recht distanziert, grüßte. Die Begrüßung seines Klienten erwiderte er mit Handschlag und einem knappen Nicken, woraufhin er sich an den Tisch setzte.


    Obwohl Runa die Casa für ihn anscheinend auf Vordermann gebracht hatte, viel dem Duccier das nicht auf, da er recht teilnahmslos auf den Tisch starrte und seinen Blick dort beließ, selbst dann, als Runa ihn direkt mit dem ersten und vermutlich zugleich wichtigsten Punkt auf ihrer Agenda konfrontierte.


    "Die Ziehmutter stillt ihn." antwortete er recht knapp und neutral.

    Nach und nach nahm der duccische Pontifex die Beileidsbekundungen der sich zaghaft annähernden Kondulanten entgegen, während er vor seiner aufgebahrten, verstorbenen Frau stand. Neben ihm tauchte nun auch Witjon auf, dessen vielsagenden Blick er mit einem leichten Nicken erwiderte. Das Gespräch zwischen seinen Vettern bekam er nur mit halben Ohr mit, auch wenn die beiden direkt neben ihm standen. Auch wenn Phelan es vor einigen Augenblicken nicht wirklich gezeigt hatte, wie dankbar er Vala für seine Anteilnahme und vor allem rasche und spontane Rückkehr war, war er es und zwar zutiefst. Sein Vetter würde ihm das schon nicht übel nehmen.


    Irgendwann kondulierte ihm auch die Hebamme Alpina, die seine Frau sozusagen auf dem Sterbebett in den Tod begleitet hatte. Ihre tröstenden Worte nahm er mit einem Handschlag und einem leichten Nicken mit schiefem Lächeln entgegen, wobei diese in ihm eher Unbehagen gegenüber den Göttern auslöste, obwohl Alpina vermutlich das Gegenteil bezwecken wollte. Dann bemerkte Phelan auch die Ziehmutter, die seinen Sohn, der immer noch keinen Namen hatte, auf dem Arm hielt. Kurz hob er seine Hand, als wolle er dem Säugling über den Kopf streicheln, da ließ er seinen Arm auch schon wieder senken - es ging einfach nicht, noch nicht.

    Die Wochen nach der Aufbahrung seiner verstorbenen Frau wurden allmählich erträglicher, was gleichwohl nicht bedeutete, dass sie unbedingt besser waren. Je mehr Zeit zwischen den dunkeln Tagen und dem Jetzt verstrich, desto mehr konnte Phelan sich davon distanzieren - den Umständen entsprechend, natürlich. Wovon sich der duccische Pontifex aber noch immer nicht distanzieren konnte, waren die Gedanken an die Götter - genau genommen ging es dabei um das 'Wieso?'.
    Von Selbstzweifeln auf der einen und Gleichgültigkeit auf der anderen getrieben, erreichte er zum verabredeten Zeitpunkt die Casa Helvetia, wohin seine Tochter ihn bestellt - ja bestellt, das traf es besser als eingeladen - hatte, um mit ihm über irgendetwas - natürlich war klar, worum es gehen sollte - zu sprechen. So klopfte er drei mal relativ motivationslos an die Türe und wartete, dass man ihm öffnen würde.

    Zitat

    Original von Iullus Helvetius Curio
    Übrigens meine ich mich auch aus dem Lateinunterricht erinnern zu können, dass im klassichen Latein auch die Umlaute eigentlich keine Umlaute waren und Caesar tatsächlich als Káesar ausgesprochen wurde, was dann wiederum den Sprung zum Kaiser kleiner macht.


    Auch eine Mitreferendarin mit Fach Latein sagte mir, dass das "ae" nie so ausgesprochen worden wäre. Man hätte es als "ai" ausgesprochen, daher eben das "Kaiser".

    Während sich schon einige Kondulanten mit der Zeit in der Halle eingefunden hatten, saß der duccische Pontifex noch immer auf seinem Zimmer - ja, seinem, denn jetzt war es wieder seines, seines allein.. - und starrte auf eine Stelle am Boden nahe des Holzfußes, der mit den anderen zusammen das an der Wand angelehnte Regal stützte. Seit Fusas Tod hatte er das Zimmer nicht verlassen, zumindest nicht so, dass die anderen Bewohner des Hauses es hinbekommen hatten, er war nämlich öfter in der Nacht in den Wildgarten gegangen. Phelan saß auf seinem - ... - Bett und trug die schwarze Trauertracht, welche seinen Körper eine lange Zeit zieren würde, wie es eben die Tradition verlangte. Einen Todesfall in der Familie hatte es schon lange nicht mehr gegeben, sehr lange sogar. Dass es dieses Mal ein Todesfall in seiner Familie innerhalb des großverzweigten Stammbaums der Wolfrikskyn sein würde, hätte er nicht erwartet. Wieso auch? Aufgrund der Schwangerschaft seiner verstorbenen Frau hatte man doch eher an eine Erweiterung des Familienzweiges durch seinen Sohn gedacht, doch die Götter hatten etwas anderes für die Familie des Geronson geplant.


    Die Götter.. Dieses Thema umkämpfte die Gedankenwelten in seinem Kopf. Auf der einen Seite setzte er sich intensiv mit der Frage, nein, Frage ist das falsche Wort.. er setzte sich eher mit seinem Zorn und seiner Enttäuschung auseinander, mehr als mit der Frage, wieso sie ihm das antaten. Auf der anderen Seite verdrängte er dieses Thema, um eben dieser Frage auszuweichen. Dieser Zustand war so Kopf-zermürbend, dass er seit Tagen nichts anderes tun konnte, als eben genau auf diese Stelle zu starren, wenn er nicht gerade in den Wildgarten flüchtete.


    Nun aber, hatte er sich wieder halbwegs hergerichtet. Doch was man sah, war kein Decimus Duccius Verus in Trauertracht, der um seine verstorbene Frau trauerte, sondern man sah einen alten, emotionslosen Decimus Duccius Verus, der sich zu der Aufbahrung seiner Frau schleppte, dessen blonde Haare plötzlich ausgeblichen zu sein schienen und quasi für seinen Zustand stanten, einen Zustand der Antriebslosigkeit, Ermüdung und verlorenen Lebenskraft. Natürlich hatten seine Haare über die Jahre ihren blond-strahlenden Glanz verloren, doch war ihm das nie aufgefallen, da die letzten Jahre eben sehr schöne Jahre waren. Mit seiner Tochter kam er nach Mogonitacum zurück, fand wieder zu seiner Familie, ergriff wieder sein vollwertiges Amt als Pontifex und führte seine Tochter zum Cultus Deorum als Aeditua, gewann einen strebsamen Klienten, der letztlich seine Tochter ehelichte - gut, dieser Umstand hatte ihm schon ein paar bemerkbare erbleichte Strähnen verschafft - und bekam endlich seinen lang ersehnten Erben, an den er schon die Hoffnung aufgegeben hatte. Sein Erbe.. Segen und Fluch zu gleich.


    Phelan stand auf. Sein Äußeres, so wie gerade beschrieben, sein Blick, seine Mimik, emotionslos, nichtssagend, reglos. Er war ein anderer Mensch geworden, sowohl sein Wesen als auch seine Erscheinung betreffend.
    Langsam schritt er zur Tür und hielt noch einige Momente den Türgriff fest, bevor er sie öffnete und auf den Gang schritt. Die Fassung würde er tragen können, aber das war auch schon alles.


    Als der duccische Pontifex die Treppe herunterschritt und in den verdunkelten Raum trat, inmitten dessen seine Frau zwischen tänzelnden Flammen aufgebahrt woden war, ruhten schon einige Blicke von denen auf ihm, die ihn bemerkt hatten. Nach und nach nahm er ohne große Worte zu wechseln die Kondolenzen entgegen und hoffte, dass dieser Gang zu seiner aufgebahrten Frau ewig dauern würde, vergebens..


    Nun stand er vor ihr. Seine Regung, unverändert. Er starrte einfach nur, bis er bemerkte, dass sein Vetter mit seiner Frau bereits neben ihm stand. Sein leerer Blick traf Vala, unfähig zu realisieren, dass dieser anscheinend alle Zelte abgebrochen hatte, um hier bei ihm zu sein. Mit der Zeit begriff er und nickte anerkennend, mehr war gerade nicht möglich.

    Während Witjon nicht allzu sehr darauf erpicht zu sein schien, durch die Annahme der Einladung Valas diesem gegenüber eine gewisse Nettigkeit seinerseits zu zeigen, ging Phelan relativ vorbehaltslos an die Sache heran. "Mal rauszukommen" würde ihm sicher gut tun, wo doch seine Frau in den letzten Wochen vor ihrer Niederkunft befand (und Ehefrauen in diesem Zeitraum besonders garstig bzw. deren Bedürfnisse schlecht zufrieden zu stellen waren).
    Witjon wollte sich neben seines hauptsächlichen Zuständigkeitsbereiches in Nida auch über die "Machenschaften" des hiesigen Kaiserkultes vergewissern, wobei sich der duccische Pontifex gerne anschließen wollte.


    Auch wenn Vala vordergründig andere Pläne hatte, erahnte Phelan schon, worauf das ganze Hinauslaufen könnte und wurde dahingehend auch bestärkt, als sein Vetter seine Absichten in dem kleinen Lager abseits des größeren Lagers eröffnete: Eine Jagd, um die Familienbande enger zu knüpfen (wobei es hier eher um die Beziehung Valas zu seinen Vettern als andersherum ging).


    Dankend und äußerst wohlwollend dem Vorschlag Valas gegenüber nahm er den Speer an, den Witjon ihm reichte. Gejagt hatte er lange.. nein.. ewig nicht mehr! Nicht verwunderlich war es also, dass ihm sofort die beiden sagenumwobenen Jagdausflüge aus seiner Jugend einfielen.. gemeint waren jener mit der Familie, wo sie den blutrünstigen Wolf erlegten, der die Viehbesitzer plagte, und jener mit seinem Vetter, bei dem sie einen vortrefflich schmeckenden Eber erlegt hatten.


    Witjon stimmte ein, woraufhin der duccische Pontifex aus seiner kurzen Rückblende zurück in den Moment geholt wurde. "Ich hoffe, du hast die Fertigkeiten deiner Ahnen nicht im Süden verlernt, Vetter. Wohlan denn!" gab er schmunzelnd mit großkotzigen Tönen an, ohne zu wissen, ob er nach all den Jahren mit seinem Speer heute irgendetwas treffen würde außer dem weißen Kleid, welches den Boden ihrer Heimat bedeckte.

    "Mh." erwiderte der duccische Pontifex zufrieden, drehte sich dann nach einigen Momenten wieder vom Feuer weg und zu Curio hin. "Ich nehme an, dass falls du mit ihm sprechen solltest.." das wollte er sich nicht nehmen lassen "du mir sicher berichten wirst, was dieses Treffen ergeben hat." Einbuchten konnten sie den Fremden damals nämlich nicht und daher bereitete es ihm großes Unbehagen, diesen Mann noch immer unbeaufsichtigt in der Stadt zu wissen.


    Allmählich nahm er wieder Platz, der gemütlichere Teil des Gespräches konnte beginnen.


    "Wie läuft es in der Casa Helvetia, Iullus?"

    Schon ob des ersten Satzes beschlich den duccischen Pontifex, dass er hier das ein oder andere hören würde, was er gewiss missbiligte.


    Mit hochgezogenen Augenbrauen verfolgte er die Worte seines Klienten und Schwiegersohns. "von ihrem göttlichen sechsten Sinn geleitet", der Mann konnte einem nur Leid tun in aller Nacht derartige Strapazen mitmachen zu müssen. Was man nicht alles der Götter oder eben der Frau wegen tat.. Dass die beiden mitten in der Nacht zu irgendeinem heiligen Hain aufgebrochen waren, stimmte ihn grummelig, allerdings entschied er sich, nichts zu sagen, es war schon geschehen und anscheinend gut gegangen. Solche Flausen war er von seiner Tochter gewohnt und es war ihm eine Genugtuung zu sehen, dass auch ihr Mann nicht Herr darüber zu werden schien.


    Ohja, die Augenbrauen blieben oben, aber nur, um kurz darauf schlagartig keilförmig in Richtung Nase zu zeigen. Mit einem tiefen Grunzen erhob er sich und ging ein paar Schritte in Richtung Kamin, sodass Curio das Gesicht seines Patrons nicht sehen konnte.


    "Es wundert mich.. nein, es enttäuscht mich regelrecht, dass du mich mit einer Frage behelligst, deren Antwort du dir selbst geben kannst." Auch wenn ein gewisser Unmut in seiner Stimme zu hören war, blieb der duccische Pontifex noch recht ruhig, seufzte allerdings. Jetzt hatte er seine Tochter schon aus dem Haus und die beiden strapazierten immer noch seine Nerven. Was wollten die Götter eigentlich von ihrem treuen Diener? Nunja.. wenn sie ihm bald einen Erben schenken würden, wollte er sich jetzt nicht wegen solcher Nichtigkeiten aufregen.


    "Du solltest selber wissen, dass keltische Druiden äußerst gefährlich sind und gemieden werden sollten. Ebenso solltest du wissen, dass man einen solchen Mann nicht in seine eigenen vier Wände einläd, was ich dir hiermit übrigens verbiete." Bald, wenn die Götter es so wollten, würde Runa ein Kind empfangen. Nicht auszudenken, wenn dieser Fremde ihr Heim mit seiner Magie versuchen würde.


    Entschlossen drehte er sich zu Curio um. "Aber du wirst allein darüber entscheiden, ob du ihn außerhalb deines Hauses treffen wirst." Diese Antwort würde seinen Klienten definitiv verwirren. "Du musst lernen, mögliche Folgen möglicher Risiken selber einschätzen zu können." Wie gewitzt. Eigentlich wollte Curio die Zustimmung seines Patrons. Dieser überließ ihm allerdings die Entscheidung, was den jungen Mann nun keinen Schritt weiter brachte, da diese Antwort sozusagen die Erwartung implizierte, Abstand von diesem Druiden zu halten.


    Das war Lektion Nummer 1524. Ehrlichkeit bringt einen nicht immer ans Ziel. :D

    Langsam schritt er über den Flur in Richtung Treppe und ging diese ins Erdgeschoss hinunter, als sei es der Abstieg in ein anderes Leben. In seinem Zimmer, wo er seine Kinder hatte mit ihrer verbluteten Mutter zurückgelassen hatte, schien seine Welt aus den Fugen geraten zu sein. Das Gefühl, welches ihn beschlich, konnte er nicht deuten, zu vieles ging ihm durch den Kopf.


    Unten warteten in der Eingangshalle die übrigen Familienmitglieder inklusive seines Schwiegersohnes zuzüglich einiger Bediensteter. Mit bleichem Gesicht und einem leeren Blick verkündete er auf den letzten Stufen der Treppe stehen bleibend in monotonem Ton "Die Götter gaben mir den Erben und nahmen mir das Weib. Sie haben mich verlassen." Langsam nahm er die letzten Stufen der Treppe, ging wortlos an den Wartenden vorbei und verließ in Richtung Wildgarten die Villa.

    Als ihm seine Frau noch einmal versicherte, dass es ein Junge war, wurde dem duccischen Pontifex sein Erbe zu Füßen gelegt. Nun war es an ihm, das Kind anzunehmen. So stand er vom blutbefleckten Boden auf und schritt zu der Stelle hinüber, wo Runa das quietschende Etwas abgelegt hatte. Ein paar Spritzer des Blutes, welches an seinen Stiefeln klebte, benetzten die Leinentücher, in der das Kind eingewickelt war, wie bezeichnend.. Ein paar mal umkreiste er das Kind. Die Ähnlichkeit war unverkennbar.. germanisch. Er zweifelte keineswegs, dass seine Frau ihm das Kind eines anderen unterjubelte. Die Zeit der Freude über den Erben, war allerdings noch nicht gekommen und würde vermutlich längere Zeit getrübt sein. Phelan nahm das Kind auf, was symbolisierte, dass er es annahm. Kurz darauf gab er es Runa zurück in ihre Arme.


    Wieder vor dem Sterbebette seiner Frau kniend, griff er nach Fusas Hand. Nicht, dass es jemals die große Liebe zwischen den beiden gewesen sei, aber in den letzten Monaten waren die beiden doch näher zusammengerückt als in all den Jahren nach ihrer Hochzeit und Runas Geburt. Ihm gingen einige Sachen durch den Kopf, sodass er sich kaum auf das besinnen konnte, was hier gerade unter seinen Fingern wegblutete, seine Frau. Wieso nahmen ihm die Götter seine Frau? War das der Preis, den er für seinen Erben zahlen musste? War es nicht schon genug gewesen, dass er sich ihrem Willen hingab und seinen Klienten mit seiner Tochter verheiratete? Hatte er den Göttern nicht immer treu gedient?


    Sein Blick wanderte gerade nach oben, um Abschied von seiner Frau zu nehmen, da sah er in die leeren Augen und spürte, wie sie ihren letzten Lebensatem ausgehaucht hatte. Die Götter nahmen ihm seine Frau? Nein! Sie rissen sie unter seinen Fingern weg! So vieles blieb ungesagt, so vieles sollte also ungehört bleiben.
    Leere. Absolute Leere beschlich den duccischen Pontifex, wobei er sich nicht sicher war, ob sie auf dem Verlust seiner Frau oder Verlust der Gunst der Götter gründete, welche ihn anscheinend für etwas bestrafen wollten, auch wenn er sich nicht sicher war, was es war.


    Kommentarlos ließ er Fusas Hand auf das blutgetränkte Bett gleiten, stand, nachdem er ein paar Momente mit geschlossenen Augen Inne hielt, auf und ging in Richtung seiner Kinder. Er schaute noch kurz auf das Kind hinab, welches in Runas Armen lag, und verließ anschließend das Zimmer in Richtung Erdgeschoss, ohne irgendwem noch einen Blick zuzuwerfen.

    Wie üblich bot der duccische Pontifex seinem Klienten etwas zu trinken und deutete ihm anschließend sich zu setzen.


    "Salve Iullus. Was hast du zu berichten?" Noch nicht lange war Curio sein Schwiegersohn, weshalb etwas noch etwas merkwürdig war einen Mann, den man als seinen Klienten schätzen gelernt hatte, mit dem Praenomen anzusprechen.. Aber wat mutt dat mutt.

    ... er hätte sich nie und nimmer ein Bild davon machen können, womit er konfrontiert wurde als er im Türrahmen stand und seine in einer Blutlache schon fast dahinsiechend wirkende Frau vorwand. Alpina, Runa, Marga und die Mädchen, die bei der Geburt halfen, nahm er gar nicht war. Sein Blick fokussierte sich tunnelartig auf das Bett mit Frau und Kind. Ja.. Kind.. da war ja was. Kreidebleich und mit offenem Mund ging er fast schon etwas zögerlich auf das Bett zu und kniete sich nach ein paar Sekunden es Wartens davor. Erst als er quietschende Schreie vernahm bermerkte er, dass da ein zerknautschtes etwas eingewickelt in Leinentüchern in den Armen seiner Frau lag. Seine Augen konnten sich gar nicht entscheiden, wo er zuerst hinschauen sollte.. Die Szenerie machte ihm bewusst, dass es sehr schlecht um seine Frau stehen musste, färbte sich doch schon seine Hose an den Knien voll Blut, welches am Bett heruntergelaufen war. Doch anstelle dem Unvermeidlichen ins Auge zu schauen, legte er seine Hand in Bauchhöhe des Babys auf die Leinentücher "Es.. ist ein Junge?" fragte er und realisierte von Sekunde zu Sekunde mehr, dass er endlich seinen lang ersehnten Erben hatte, was ihm ein leichtes Lächeln auf die Lippen zauberte.

    Schnell. Schnell war gar kein Ausdruck für die Art und Weise, wie er zur Villa Duccia gehasstet war, als er die Nachricht über den Zustand seiner Frau bekommen hatte. Stoßgebete begleiteten seinen Weg und halfen ihm dabei, seine Gedanken von einem worest-case-Szenario abzuhalten.
    Phelan riss die Türen der Villa auf, wobei reissen bei solch massiven Türen wohl leicht übertrieben war, und stapfte in die Eingangshalle, wo Albin bereits wartete und ihn entsprechend instruierte auf die Frage "WO IS MIN FRU!?" Das der alte Mann ihm am liebsten gesagt hätte "In ihrem Bett do Döskopp!", war verständlich, aber er tat es nicht, da er ihn das Gefühl beschlich, dass er danach keinen Kopf mehr haben würde. Werdende Väter während der Geburt sollte man nicht reizen.
    Ein wenig später gesellten sich auch andere Familienmitglieder zu ihm in die Halle, wo sie gemeinsam auf Nachricht von oben warteten. Auf und ab stapfte der duccische Pontifex mit verschränkten ARmen hinter dem Rücken und mit nach vorne gebeugtem Torso, sodass seine Haare hin und her baumelten.


    "JETZT TU DOCH AUCH MAL WAS!" keifte er schließlich den alten Albin an, der mit hochgezogenen Augenbrauen und unbeeindruckter Manier der warteten Gesellschaft beiwohnte, als seine Tochter völlig außer Atem, kreidebleich und besorgniserrenged dreinschaute vor ihm stand. Auch wenn es nur ein zwei gestammelte Sätze oder sogar nur Wortfetzen waren, realisierte er erst gar nicht, was Runa gerade gesagt hatte. Erst als Witjon beruhigend hinter ihn trat, ihm seine Hand auf die Schulter legte sagte, dass er gehen sollte, folgte Phelan seiner Tochter, die anscheinend gerade die Schwester eines gesunden Jungen geworden war.


    Auf dem Weg nach oben schoss ihm vieles durch den Kopf, aber...

    Liebe Gemeinde,


    ich entschuldige mich herzlichst für mein Fernbleiben, aber ich bin beruflich momentan mehr eingespannt, als es normalerweise der Fall ist.


    Ich freue mich auf mein "freies Wochenende" und schaue, dass ich jetzt wieder einsteige.


    Gruß DDV

    Natürlich wäre es undenkbar gewesen, dass Curio so einen Vorschlag bzw. Antrag im Ordo stellte, ohne diesen seinem Schwiegervater und Patron im Vorhinein darzulegen. Undenkbar war hingegen nicht, dass der duccische Pontifex seinen Klienten 'einfach mal machen ließ', da er ihn für fähig genug erachtete. Allerdings bezog sich diese Freiheit im Wesentlichen nur um das Ausformulieren der einzelnen Punkte, welche der junge Aedituus seinem Patron in erläuterenden und freien Worten dargelegt hatte.
    Somit hörte Phelan das Endprodukt heute zum ersten Mal und nickte bei wohlgefällig bei jedem dieser eben nun ausformulierten Punkte. Seine Zufriedenheit drückte er mit einem leisen [SIZE=7]"Mhm."[/SIZE] aus und warf danach seinem Vetter Witjon einen Blick mit hochgezogenen Augenbrauen und einem Nicken zu - frei nach dem Motto 'Ers guter Junge.', woran der Procurator sicher nicht zweifelte, immerhin hatte er, ganz zum Entsetzen Alriks, als Sippenführer der Heirat mit Runa zugestimmt.


    Oft ging bei derartigen Anträgen, welche oft, abhängig von der Person, von denen sie vorgestellt wurden, etwas skuril und nach Schall und Rauch klangen - sie waren eben oft nicht mehr als nur ein Versuch sich einzubringen, um einen symbolischen 'Das hast du gut gemacht'-Orden an die Brust gesteckt zu bekommen -, ein Raunen durch die Ränge. Am heutigen Tage blieb dies bis auf wenige Ausnahmen, vermutlich ging es dabei eher um privatere Dinge, aus. Der Grund lag ganz klar auf der Hand: Der Antrag war gut vor- und aufbereitet, die Argumente waren stichhaltig und die Intention absolut nachvollziehbar.


    Demnach äußerte sich der duccische Pontifex zustimmend als Erster - auch wenn er das in der Regel nicht tat.. Patronat und so.


    "Werte Herren! Nicht nur begrüße ich das Anliegen, sondern pflichte Helvetius in jedem seiner Ausführungen zu. Durch die abgezielte Transparenz wird nicht nur vor den Honoratioren und allen Amtsträgern der Stadt Mogontiacum deutlich, ob eine Weste frei von Tadel ist oder eben nicht, sondern auch vor den Municeps. Dass diese Transparenz nicht nur hinsichtlich der Wahlen sondern auch generell ein stimmiges Klima in unserer Stadt herbeiführt und das Vertrauen in die Führung der Stadt stärkt, liegt meines Erachtens klar auf der Hand."


    Das sollte es seinerseits fürs Erste gewesen sein.