Während sich schon einige Kondulanten mit der Zeit in der Halle eingefunden hatten, saß der duccische Pontifex noch immer auf seinem Zimmer - ja, seinem, denn jetzt war es wieder seines, seines allein.. - und starrte auf eine Stelle am Boden nahe des Holzfußes, der mit den anderen zusammen das an der Wand angelehnte Regal stützte. Seit Fusas Tod hatte er das Zimmer nicht verlassen, zumindest nicht so, dass die anderen Bewohner des Hauses es hinbekommen hatten, er war nämlich öfter in der Nacht in den Wildgarten gegangen. Phelan saß auf seinem - ... - Bett und trug die schwarze Trauertracht, welche seinen Körper eine lange Zeit zieren würde, wie es eben die Tradition verlangte. Einen Todesfall in der Familie hatte es schon lange nicht mehr gegeben, sehr lange sogar. Dass es dieses Mal ein Todesfall in seiner Familie innerhalb des großverzweigten Stammbaums der Wolfrikskyn sein würde, hätte er nicht erwartet. Wieso auch? Aufgrund der Schwangerschaft seiner verstorbenen Frau hatte man doch eher an eine Erweiterung des Familienzweiges durch seinen Sohn gedacht, doch die Götter hatten etwas anderes für die Familie des Geronson geplant.
Die Götter.. Dieses Thema umkämpfte die Gedankenwelten in seinem Kopf. Auf der einen Seite setzte er sich intensiv mit der Frage, nein, Frage ist das falsche Wort.. er setzte sich eher mit seinem Zorn und seiner Enttäuschung auseinander, mehr als mit der Frage, wieso sie ihm das antaten. Auf der anderen Seite verdrängte er dieses Thema, um eben dieser Frage auszuweichen. Dieser Zustand war so Kopf-zermürbend, dass er seit Tagen nichts anderes tun konnte, als eben genau auf diese Stelle zu starren, wenn er nicht gerade in den Wildgarten flüchtete.
Nun aber, hatte er sich wieder halbwegs hergerichtet. Doch was man sah, war kein Decimus Duccius Verus in Trauertracht, der um seine verstorbene Frau trauerte, sondern man sah einen alten, emotionslosen Decimus Duccius Verus, der sich zu der Aufbahrung seiner Frau schleppte, dessen blonde Haare plötzlich ausgeblichen zu sein schienen und quasi für seinen Zustand stanten, einen Zustand der Antriebslosigkeit, Ermüdung und verlorenen Lebenskraft. Natürlich hatten seine Haare über die Jahre ihren blond-strahlenden Glanz verloren, doch war ihm das nie aufgefallen, da die letzten Jahre eben sehr schöne Jahre waren. Mit seiner Tochter kam er nach Mogonitacum zurück, fand wieder zu seiner Familie, ergriff wieder sein vollwertiges Amt als Pontifex und führte seine Tochter zum Cultus Deorum als Aeditua, gewann einen strebsamen Klienten, der letztlich seine Tochter ehelichte - gut, dieser Umstand hatte ihm schon ein paar bemerkbare erbleichte Strähnen verschafft - und bekam endlich seinen lang ersehnten Erben, an den er schon die Hoffnung aufgegeben hatte. Sein Erbe.. Segen und Fluch zu gleich.
Phelan stand auf. Sein Äußeres, so wie gerade beschrieben, sein Blick, seine Mimik, emotionslos, nichtssagend, reglos. Er war ein anderer Mensch geworden, sowohl sein Wesen als auch seine Erscheinung betreffend.
Langsam schritt er zur Tür und hielt noch einige Momente den Türgriff fest, bevor er sie öffnete und auf den Gang schritt. Die Fassung würde er tragen können, aber das war auch schon alles.
Als der duccische Pontifex die Treppe herunterschritt und in den verdunkelten Raum trat, inmitten dessen seine Frau zwischen tänzelnden Flammen aufgebahrt woden war, ruhten schon einige Blicke von denen auf ihm, die ihn bemerkt hatten. Nach und nach nahm er ohne große Worte zu wechseln die Kondolenzen entgegen und hoffte, dass dieser Gang zu seiner aufgebahrten Frau ewig dauern würde, vergebens..
Nun stand er vor ihr. Seine Regung, unverändert. Er starrte einfach nur, bis er bemerkte, dass sein Vetter mit seiner Frau bereits neben ihm stand. Sein leerer Blick traf Vala, unfähig zu realisieren, dass dieser anscheinend alle Zelte abgebrochen hatte, um hier bei ihm zu sein. Mit der Zeit begriff er und nickte anerkennend, mehr war gerade nicht möglich.