Ah, es war doch jemand da! Bashir atmete erleichtert auf, wunderte sich aber, daß die Tür nur einen Spalt breit geöffnet wurde. Merkwürdige Sitten waren das hier! "Salve. Mein Name ist Bashirr. Ich diene Trribun Serrvius Arrtorrius Rraetinus und er schickt mich, seinerr Familie etwas zu brringen." Hoffentlich konnte er wirklich auf die Gastfreundschaft dieses Hauses rechnen. Wenn schon nicht für sich selbst, dann wenigstens für Hektor. Unwillkürlich schaute Bashir zu dem treuen Tier herüber, das unübersehbar eine Raufe voll Heu und vor allem Wasser gut brauchen konnte.
Beiträge von Bashir
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Das Forum Romanum. Ein wunderlicher Ort. So viele Menschen, so viele prächtige Bauwerke. Und doch hatten bereits zwei Taschendiebe versucht, dem staunenden Bashir seine magere Geldbörse zu entwenden. Im Vergleich zu den Dieben seiner Heimat schienen sie ihm ungeschickt zu sein. Zumindest hatte er bis jetzt verhindern können, daß ihm das Geld gestohlen wurde.
Eigentlich war Bashir schon ziemlich erschöpft gewesen von der Reise. Doch da er noch ein bißchen was von Rom sehen wollte, war er doch noch gegangen, um wenigstens das Forum zu besuchen. Um diese Zeit war hier natürlich lange nicht so viel los wie am Vormittag. Bashir wußte dies, doch er staunte auch jetzt schon darüber, wieviele Menschen unterschiedlichster Herkunft und unterschiedlichsten Standes hier noch unterwegs waren.
Gerade umrundete er eine kunstvoll gestaltete Statue und fragte sich, wen dies wohl darstellte, als er eines Mannes angesichtig wurde, er aussah wie ein parthischer Adeliger. Aber... das war ja wohl unmöglich! So jemand würde niemals frei in Rom herumlaufen können! Bashir rieb sich die Augen. Doch noch immer sah er den Mann. Der unwillkürliche Drang zu ihm zu gehen und mit ihm zu sprechen kämpfte in seinem Inneren mit der Scheu als Unfreier einem solchen Mann dreist gegenüberzutreten. Doch die Entscheidung wurde ihm abgenommen vom Anblick einer auflodernden Flamme auf dem Turban des edlen Mannes. Anscheinend hatte er irgendwie Feuer gefangen und der Mann merkte es nicht einmal. Bashir hatte keine Zeit zu überlegen, ob das eine gute Idee war. Er sprang auf den Mann zu, riß ihm den Turban vom Kopf und trat wüst darauf herum, um die Flammen zu ersticken.
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Rom war riesig. Noch viel mehr, als es von weitem ausgesehen hatte. Bashir hatte sich gründlich überschätzt und die Schwierigkeit, dieses Haus zu finden, gründlich unterschätzt. Stunden war er nun durch die Straßen geirrt und schon lange hatte er keinen Blick mehr für die Bauwerke oder die Menschen, obwohl beides gleichermaßen faszinierend war.
Endlich, endlch, stand er vor der Porta des Hauses der Artorier. Zumindest hoffte er, daß es das richtige Haus war und der Mann, der es ihm gezeigt hatte, ihn nicht einfach veralbert hatte. Unerfahren wie er war, machte er sich keine Gedanken darüber daß es vermutlich einen Nebeneingang gab, der für Personal und Lieferanten vorgesehen war. Daher klopfte er nun laut vernehmlich an die Porta und hoffte, daß jemand zuhause war.
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Staubig, hungrig und müde, aber dennoch auch glücklich, endlich am Ziel zu sen, ritt Bashir nach einer kurzen Überprüfung seiner Person durch die Wachen in die Stadt hinein. Er sah nun einmal aus wie ein Parther. Was daran liegen könnte, daß er einer war. Und schon aus diesem Grunde hatte er bei den Männern Aufmerksamkeit erregt.
Doch das war nun überstanden und er konnte sich auf die Suche nach dem Haus der Familie seines Herrn machen.
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Nachdem Bashir das Castellum und schließlich auch Mantua hinter sich gelassen hatte, atmete er tief durch. Das hier war fast so etwas wie Freiheit. Zumindest konnte er sich kaum vorstellen, daß irgendwer sich freier fühlen konnte, als er in diesem Moment. Das Wetter war trocken, sonnig und nicht zu heiß. Die Straße war auch nicht zu voll. Bashir ritt ohnehin meist eher neben der Straße, wo er Hektor in einen leichten Trab fallen ließ. So kam er schnell vorwärts, ohne das Pferd zu sehr zu ermüden.
Seine Reise verlief ohne besondere Ereignisse. Er nächtigte in Gasthöfen, wo er sich für gewöhnlich einen Schlafplatz im Stall zuweisen ließ. Das war günstiger und da er nicht wußte, was er noch an Geld brauchte, wollte er mit seinen Mitteln lieber sparsam umgehen. Außerdem hatte er die Hoffnung, daß sein Herr ihm den Rest schenken würde, wenn er etwas mit zurück brachte.
Mantua war allerdings weiter von Rom entfernt, als Bashir sich das vorgestellt hatte. Und so dauerte auch die Reise länger, als er vorher gedacht hatte. Aber hatte sein Herr nicht gesagt, daß er sich Zeit nehmen sollte? Dort lag nun die größte Stadt der bekannten Welt: Rom. Das letzte mal, als er diese Stadt gesehen hatte, war sie ihm wie ein Monster vorgekommen. Doch heute lag sie strahlend in der Sonne! Verlockend und einfach wunderschön, so aus der Ferne betrachtet.
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Nun hatte es unerwartet doch noch einen Tag länger gedauert, bis Bashir sich auf den Weg machen konnte. Zu viel war noch im Haus zu tun gewesen, als daß er abkömmlich gewesen wäre. Doch nun, der Morgen war noch so jung, daß feiner Dunst auf den Wiesen lag, ritt der parthische Sklave auf Hektor, dem Pferd seines Herrn auf die Porta Praetoria zu.
"Salvete", grüßte er in höflichem Tonfall die wachhabenden Soldaten. "Ich bin Bashirr, ein Sklave von Trribun Arrtorrius. Ich habe einen Auftrrag fürr meinen Herrrn zu errledigen, in einigen Tagen werrde ich wiederr da sein." Er hatte keine Ahnung, ob die Wachen über die Bediensteten der hohen Offiziere Bescheid wußten.
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Aufmerksam hörte der Sklave seinem Herrn zu und nickte. "Demnach ist die Suburra derr Stadtteil, wo die sehrr arrmen Menschen und die Verrbrrecher wohnen? So einen Stadtteil gibt es in jederr Stadt und wenn Du mirr sagst, wo in Rrom das ist, werrde ich den Berreich meiden. Sorrge Dich nicht um mich, Herrr. Ich kann mich wehrren, ich warr doch auch einmal Soldat. Und ich werrde gut aufpassen und als errstes soforrt Deine Familie aufsuchen." Er nahm bei aller Freude seine Aufgabe sehr ernst. Und er hing an seinem Leben, schließlich war er noch jung und sein Leben ganz und gar nicht so schlecht, daß er dessen bereits überdrüssig wäre.
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Und ob Bashir es eilig hatte. Er empfand diese Aufgabe als reines Vergnügen, auch wenn ihm durchaus klar war, daß solch eine Reise anstrengend war und auch nicht ganz gefahrlos. Aber er durfte reiten! Tagelang! Und erhielt nun auch noch die Erlaubnis, sich einige Sehenswürdigkeiten in Rom anzuschauen! "Du ahnst nicht, welch Frreude Du mirr machst, Herrr. Soll das Päckchen denn fürr jemand bestimmtes sein? Oderr einfach fürr die Familie? Meinst Du, ich darrf eine Nacht bei ihnen überrnachten?"
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Bashir folgte seinem Herrn. Er war so aufgeregt, wie schon lange nicht mehr. Allein dieser Vertrauensbeweis! Und dann war es ja auch durchaus ein Erlebnis, nach Rom zu kommen. Und dieses mal nicht in Ketten und mit ungewissem Schicksal. Vor allem, wenn er sich Zeit nehmen durfte, wie sein Herr es ihm anbot. "Herrr, ich danke Dirr. Ich werrde alles zu Deinerr Zufrriedenheit errledigen, ganz bestimmt. Und wenn Du errlaubst, werrde ich mirr in Rrom das Forrum ansehen mit seinen Tempeln. So viel habe ich schon davon gehörrt. Gleich morrgen frrüh werrde ich aufbrrechen." Er fragte nicht nach Geld und Vorräten für die Reise. Er war sicher, daß sein Herr ihm beides zukommen lassen würde, bevor er aufbrach. Und Bashir nahm sich fest vor, den Auftrag schnell und zuverlässig auszuführen. Das Päckchen nahm er vorsichtig entgegen. So wie sein Herr das betonte, enthielt es wohl etwas zerbrechliches. Also würde er sehr aufpassen müssen.
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Bashir war sich nicht sicher, ob er wach war oder träumte. Hatte er gerade wirklich gehört, was er gehört hatte? "Ich, Herrr? Ich soll nach Rrom rreiten? Ganz allein?" Das war ein Vertrauen, wie Bashir es sich nicht zu erträumen gewagt hätte. "Ich werrde Dich nicht enttäuschen, Herrr!" Seine Augen verrieten, wie ehrlich er es meinte. Er war stolz, daß Raetinus ihm vertraute. Glücklich, daß er beweisen durfte, was er wert war. Freute sich auf den tagelangen Ritt auf Hektor. Was wohl in dem Päckchen war? Aber das durfte ihn nicht interessieren. Es war auch nicht wichtig. Er würde es abliefern.
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Schnell drückte Bashir den Stapel Decken, den er gerade zu den Sklavenunterkünften hatte bringen wollen, jener ungeschickten jungen Sklavin in die Arme, die vor der Abreise die Vase hatte fallen lassen. Und eilte, nachdem er eine kurze Entschuldigung gemurmelt hatte, in Richtung Stimme. Er hatte gar nicht mitbekommen, daß der Herr heimgekommen war. Etwas außer Atem kam er vor Raetinus zum Stehen. "Hier bin ich, Herr."
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Nicht nur die Menschen hielten Einzug, sondern auch die Tiere. Weiterhin war Bashir für die Pflege von Hektor zuständig und diese Aufgabe nahm er sehr ernst, zumal sie ihm ja auch viel Freude machte. Hektor schien ebenfalls froh zu sein, daß die Reise ein Ende gefunden hatte. Zufrieden tauchte er seine Nase ins angebotene Heu und ließ sich von Bashir gründlich striegeln. Seine Pferdewelt war ganz offensichtlich wieder vollkommen in Ordnung.
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Nachdem ihr Herr ihnen gesagt hatte, welches das richtige Haus war, hatten die Sklaven die Wagen entladen und begonnen, die Habseligkeiten ihres Herrn hereinzubringen. Bashir machte es viel mehr Spaß, auszupacken und alles an seinen richtigen Platz zu schaffen, als vorher das einpacken. Das Haus war dem bei der Legio II sehr ähnlich. Und nach wenigen Stunden sah es schon fast wieder so aus wie ihr gewohntes Zuhause. Außerdem durchzogen angenehme Düfte bald die Räume, denn das Abendessen wurde bereits vorbereitet. Sie alle freuten sich schon darauf. Und auch auf ihre bequemen Schlafstätten.
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Bashir konnte es kaum glauben, daß der Wachsoldat nichts von dem neuen Tribun gewußt hatte. Wurden hier denn die Posten an den Toren nicht über so etwas informiert? Aber es stand ihm nicht zu, darüber zu urteilen. Außerdem konnte er nicht ausschließen, daß der Soldat, der durchaus belustigt wirkte, ihn ein wenig veralberte. Er verneigte sich also leicht. "Bitte entschuldige. Wirr werrden einfach vorr der Prrincipia auf unserren Herrrn warrten. Hab Dank fürr Deine Frreundlichkeit." Jetzt war es wieder ein Glück, daß diese Legionslager alle gleich aufgebaut waren. Sie würden die Principia ohne Probleme finden.
Mit einem Wink forderte Bashir die anderen Sklaven auf, ihm zu folgen. Die Tiere wurden vom Gras weggezerrt und angetrieben, um die letzten paar Meter hinter sich zu bringen. Sie schienen das zu spüren und folgten brav.
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Bashir hatte keine Ahnung, daß der Soldat sie eigentlich durchsuchen müßte. Also wunderte es ihn auch nicht, daß es nicht geschah. Bürgen sollte er? Er war ein Sklave. Eigentlich bürgte sein Herr für alles, was er tat. "Wirr sind acht mit mirr. Und Du kannst uns alle hierr sehen." Er machte eine Geste zu den anderen, die nun alle näher kamen um zu hören, was Bashir da mit den Wachen zu reden hatte. "Sagst Du uns dann bitte noch, wohin wirr müssen? Ich weiß zwarr, daß alle Lagerr gleich aufgebaut sind, doch gibt es ja mehrrerre Trribune. Welches derr Häuserr, die fürr die Trribune sind, ist das Rrichtige?"
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Bashir runzelte die Stirn. Hatte der Mann denn Kürbisse auf den Augen? Sah er nicht die Karren, die Sklaven, die mit dem Tribun gekommen waren und seitdem hier direkt am Tor herumlungerten? "Mein Name ist Bashirr", antwortete er jedoch höflich und mit gezwungener Geduld. "Ich bin ein Sklave des Trribuns, derr vorrhin hierr herreingekommen ist. Wirr gehörren alle zu seinem Haushalt." Er deutete auf die anderen. "Serrvius Arrtorrius Rraetinus ist derr Name unserres Herrrn. Wirr haben eine weite Rreise hinterr uns. Von Gerrmanien." Es war doch wirklich Unsinn, hier draußen so lange zu warten. Wo sie doch noch so unendlich viel Arbeit vor sich hatten.
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Es dauerte und dauerte. Die Sklaven langweilten sich. Und die Tiere auch. Die Zugochsen fingen an, den Wegesrand nach vorwitzigen Grashalmen abzusuchen, um sie abzuzupfen. Bashir ließ sie gewähren. Und hoffte, daß sein Herr bald wieder auftauchen würde. Seufzend stand er wieder auf und trat auf die Wachsoldaten zu. "Salvete, Milites", grüßte er höflich. "Sagt, können wirr mit dem Gepäck nicht schon hinein und anfangen, das Haus einzurrichten? Es gibt noch sehrr viel zu tun und hierr so lange zu warrten ist irrgendwie Zeitverrschwendung. Unserr Herrr möchte sicherr heute Abend ein anständiges Mahl zu sich nehmen und in einem orrdentlichen Bett schlafen." Sein Tonfall war so bittend wie sein Blick. Er fand, einen Versuch war es wert, auch wenn er vielleicht vergeblich war.
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Da waren sie nun also. Nach ein paar kleinen Irrwegen hatten sie das Castellum der Legio I erreicht. Warum sie allerdings draußen vor dem Castellum warten mußten, verstand Bashir nicht so ganz. Aber eine Anweisung des Herrn stellte man nicht in Frage. Also blieb der ganze Troß zurück und bemühte sich, die Straße nicht allzu sehr zu blockieren. Geduldig dirigierten Bashir und der Wagenlenker den Ochsenkarren an die Seite. Dann suchten sich alle schattige bequeme Plätze. Wasserflaschen wurden herumgereicht. Denn nun konnte es dauern...
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Die dünne Luft im Hochgebirge hatte Bashir schon einige Mühe gemacht. Und kaum hatte er sich daran gewöhnt, ging es schon wieder talwärts. Italia lag vor ihnen und sie alle seufzten erleichtert auf, denn die steilen und schmalen Bergspfade hatten allen zu schaffen gemacht. Sogar die Ochsen machten auf einmal einen fröhlicheren Eindruck. Naja, vermutlich war letzteres doch nur Einbildung.
Der Weg wurde nun leichter und das Klima angenehmer. Bashir fühlte sich gleich viel wohler. Nun waren sie ihrer neuen Heimat nicht mehr fern, das letzte Stück Weg war schnell zurückgelegt. Schließlich hielten sie auf einer Anhöhe, um den Blick über Mantua zu genießen. Hier war alles viel heller, die Häuser leuchteten im Sonnenschein.
"Endlich", seufzte auch Bashir, als Raetinus das Ende der Reise verkündete. Nun erfaßte Aufregung die ganze Reisegesellschaft. Endlich würden sie wieder feste Wände um sich haben, bequeme Schlafstätten und warmes, sorgfältig zubereitetes Essen. Auch wenn davor noch viel Arbeit auf sie alle wartete, immerhin mußten sie ein Haus einrichten, so freuten sich doch alle darauf, bald wieder ein richtiges Heim zu haben.
Und so setzten sie sich wieder in Bewegung.
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Und für seinen treuen Sklaven das gleiche: Mantua, Italia
Danke!