Beiträge von Bashir

    Bashir fand das Marschieren schon ausgesprochen anstrengend. Hin und wieder erbettelte er sich einen Platz auf dem Wagen, wenn sein Knie drohte, wegen Überlastung Ärger zu machen. Das war kein großes Problem, die anderen wußten ja um seine alte Wunde. Und er nutzte es nicht über Gebühr aus und überließ seinen Platz auch immer wieder einem der anderen.


    Die Alpen kamen in Sicht. Und irgendwie sahen sie erst unwirklich und unglaublich fern aus. Doch unversehens befanden sie sich dann doch schon in den ersten Ausläufern. Und dann stiegen die Berge recht schnell immer mehr an. Es war anstrengend. Aber zu schaffen. Schwierigkeiten gab es keine nennenswerten. Mal war ein Rad beschädigt, dann ein Faß undicht, dann vertrat sich jemand den Fuß. Alles Dinge, die wohl auf jeder Reise passierten. Nichts, was nicht leicht zu überwinden wäre. Viele Tage waren sie schon unterwegs, als sie die Berge endlich überwanden...


    Sim-Off:

    Ummeldung

    Sie waren auf dem Weg und es funktionierte alles wie am Schnürchen. Der Herr hatte alle Sklaven genau instruiert, jeder hatte seine festen Aufgaben. Am ersten Tag machte sich ein wenig Wehmut breit, alle hatten einfach zu lange in Mogontiacum gelebt, um nicht zwangsläufig so zu empfinden. Doch war es trotzdem bald überwunden und die Neugierde auf Mantua machte sich breit. Viel verändern an ihrem Leben würde sich ja vermutlich nicht. Eine Castra sah aus wie die andere, eine Legion war wie die andere. Und doch: Italia war eben doch etwas Besonderes. Und das nicht nur wegen des wärmeren Wetters.


    Bashir mußte unwillkürlich an seine Reise in die andere Richtung denken. Damals war es ihm gar nicht gut gegangen. Und er war einem ungewissen Schicksal entgegen gegangen. Damals hatte er keinen Blick für die Gegend oder gar für ihre Schönheit gehabt. Jetzt war es ganz anders. Dazu kam, daß sie bisher gutes Wetter hatten. Und so machte die Reise sogar Spaß. Über den Weg machte er sich gar keine Gedanken. Er hätte ohnehin nicht gewußt, wo sie lang gemußt hätte. Und er war sehr sicher, daß sein Herr den Weg kannte und sie sicher führen würde.

    Es war schon merkwürdig zu wissen, daß sie zum letzten Mal, oder zumindest zum letzten Mal für eine sehr lange Zeit, durch die Stadt ritten und nun auf das Stadttor zuhielten. Dort ließ der Artorier den Zug nochmals kurz anhalten. Bashir dachte sich schon, daß wohl jemand am Tor sein mußte, den sein Herr kannte. Allerdings erkannte er den Mann erst, als sie sich schon wieder in Bewegung setzten. Und so blieb ihm nichts übrig, als dem Terentier zum Abschied zuzunicken, als er an ihm vorüberkam. Immerhin waren sie sich im Stall häufiger mal begegnet. Nun ließen sie alles hinter sich. Die Menschen, mit denen sie sich angefreundet hatten. Und diese Stadt, die doch irgendwie ihren besonderen Reiz hatte. Als sie eine Anhöhe erreichten, drehte sich Bashir noch einmal um und dachte an Valentina. Hoffentlich würde es ihr gut ergehen. Dann war der Moment vorüber und die Stadt entschwand seinen Blcken.

    Dieses mal war Bashir nicht schnell genug. Sein Herr saß bereits im Sattel, bevor er den halben Weg zu ihm geschafft hatte. Er mußte wirklich schneller werden! Aber zumindest ging es nun endlich los. So sehr er es bedauerte, Mogontiacum zu verlassen, so sehr haßte er es auch, aufbruchbereit dazustehen und nicht loszukommen. Aber nun waren sie in Bewegung. Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt heißt es. Und den hatten sie nun getan...

    Bashir staunte nicht schlecht, was hier noch so alles los war. Er nahm die wertvolle Glaskaraffe seinem Herrn ab und sorgte dafür, daß sie sorgfältig eingewickelt und sicher verstaut wurde. Hoffentlich überstand sie die weite Reise unbeschadet, es wäre wirklich schade um das kostbare Stück. Nach wenigen Minuten war wieder alles aufbruchbereit und der Sklave gab dies seinem Herrn durch eine unauffällige Geste zu verstehen. Sie konnten jederzeit los, sobald die Verabschiedungen vorbei waren.

    Es war wie ein Wunder, daß sie es tatsächlich geschafft hatten. Aber alles war gepackt und sicher verstaut. Bashir hatte zum Schluß das Pferd aus den Ställen geholt. Mit Bedauern hatte er bemerkt, daß er sich nun doch nicht mehr hatte verabschieden können von seinem neuen Freund. Doch eine Nachricht würde er ihm doch noch zukommen lassen, er hatte sie bereits fertig geschrieben in seinem Beutel stecken. Es würde schon eine Gelegenheit geben, sie abzugeben.


    Hektor schien zu spüren, daß es nicht nur ein Ausritt war, der ihm bevorstand. Als Raetinus nun nach ihm fragte, meldete sich Bashir natürlich sofort. "Ja, err ist berreit, Herrr." Schnell zog er noch den Sattelgurt an, den er bis jetzt locker gelassen hatte. Nach den ersten paar Hundert Metern würde er nochmal nachgurten müssen.


    Als sein Herr sich anschickte, aufzusteigen, faltete Bashir seine Hände ineinander und hielt sie ihm in passender Höhe hin, um ihm dabei behilflich zu sein.

    "In Ordnung, Herr", sagte Bashir und wollte schon wieder losgehen, um das nächste zu holen, das eingepackt werden sollte, da setzte Raetinus dazu an, ihm noch etwas aufzutragen. Bashir wandte sich ihm wieder zu, als die Ausführungen seines Herrn von einem lauten Scheppern unterbrochen wurden. Gemeinsam mit ihm ging er der Ursache des Lärms nach. Eine wertvollle Vase war zerbrochen und Bashir betrachtete die unglückliche Sklavin mit einem mitleidigem Blick. Tun konnte er nicht viel. Außer, die Scherben gleich ein wenig zusammenschieben. Er fürchtete schon, nun zum erstenmal Zeuge einer Züchtigung in diesem Haus zu werden. Doch sie blieb aus. Überrascht schaute der Parther zwischen seinem Herrn und der verängstigten Sklavin, die wohl das gleiche fürchtete, hin und her. Und erleichtert.

    Umzüge waren etwas furchtbares. Bashir lernte das gerade. Und er lernte Alexandros noch mehr schätzen, als er ihn wegen seiner Freundlichkeit ohnehin schon schätzte. Der Mann war ein wahres Organisationstalent. Und er schien niemals die Geduld zu verlieren. Einfach bewundernswert.


    Gerade hatte Bashir eine schwere Kiste verladen, als er den Herrn mit seiner Tabula da stehen sah. Der sah auch schon ziemlich gestreßt aus. Was kein Wunder war. Dabei hatten sie inzwischen fast alles geschafft. "Herrr? Möchtest Du etwas trrinken? Ich kann schnell etwas holen." Er sah keinen Becher in der Nähe und bekam ein schlechtes Gewissen, denn die ganze Zeit hatte er sich keine Gedanken um das Wohlergehen seines Herrn gemacht, sondern nur darum, wieviele Kisten, Säcke und Möbelstücke wohl noch verladen werden mußten.

    "Ja, Herrr", erwiderte Bashir mit einer weiteren Verbeugung und ging dann zu den anderen Sklaven, um ihnen die Neuigkeiten mitzuteilen. Bestimmt würde Alexandros schnell einen Plan aufstellen, wie sie schon anfangen konnten mit Packen.

    Bashir nickte ernst. "Ja, da hat derr Herrr bestimmt Rrecht." Das war nicht nur unter Sklaven so, daß ungerechte Arbeitsteilung zu Unmut führte. Er lächelte Alexandros an. "Ich werrde dirr bestimmt keinen Ärrgerr machen, Alexandrros." Das wr ein ernst gemeintes Versprechen und Bashir blickte ihm dabei offen in die Augen.

    "Ja, Herrr. Natürrlich." Bashir verneigte sich vor seinem Herrn, der ihm mit einem Mal sehr schweigsam vorkam. "Kann ich sonst noch etwas fürr Dich tun, Herrr?", fragte er diensteifrig und bereit, es Raetinus so bequem wie möglich zu machen.

    "Ja, Herrr. Du kannst Dich auf uns verrlassen, mit den unwichtigen Sachen können wirr ja schon mal anfangen." Auch wenn Bashir traurig war, Valentina und seinen neuen Freund Barbatus verlassen zu müssen, war er natürlich auch gespannt, was sie erwarten würde. Und er freute sich geradezu auf die Wärme Italias.


    "Ja, ich kann schrreiben. Aberr ich mache leiderr noch Fehlerr. Ich bin besserr in meinerr Sprrache. Danke, Herrr, das ist sehrr frreundlich von Dirr." Er zeigte seine Freude über die Erlaubnis offen und konnte es kaum fassen.

    Bashir brauchte für sein letztes Teil nicht sehr lange. Seufzend legte er es beiseite. "Sollten wir uns einmal wiederrtrreffen, dann bitte ich Dich, mich das Schwimmen zu lehrren. Würrdest Du das tun?" Immerhin klang es gar nicht so schwer, wie Barbatus es erklärte. Wenn er es konnte würde er das Geheimnis kennen. Und vielleicht war es ihm doch einmal nützlich.


    "Leiderr muß ich jetzt gehen", sagte er und stand auf, um die Sachen zusammen zu räumen. "Danke fürr Deine Hilfe. Und fürr das gute Gesprräch."

    Bashir lächelte und nickte. "Aberr ich finde es interrressant, daß es Menschen gibt, die auf dem Wasserr sich bewegen können und nicht unterrgehen und sogarr auch unterr Wasserr und doch wiederr hochkommen. Es ist wie Zauberrei." Natürlich glaubte er nicht an Zauberei. Oder hoffte zumindest, nicht daran zu glauben. Vermutlich war ein Trick dabei. Aber es war eben faszinierend.


    Er nahm das letzte Lederteil, um es einzufetten. Schade eigentlich, daß die Arbeit so gut wie erledigt war. Es war irgendwie gemütlich, hier mit Barbatus zu sitzen und zu plaudern, den warmen Atem Hektors im Nacken. "Ich glaube, man würrde zuviel Zeit damit verrschwenden, darran zu denken. Und verrsuchen, vorrherr alles mögliche zu tun. Aberr mit zuviel Eile kann man doch nichts wirrklich genießen, nicht wahrr?"

    Bashir lächelte. "Dann bist Du doch so gut wie ferrtig mit Deinerr Ausbildung. So hörrt es sich fürr mich jedenfalls an. Du kannst also schwimmen? Ich kann es nicht. Zwarr gab es einen Fluß bei unserrem Dorrf, aberr derr warr nicht tief. Und wenn es besonderrs heiß warr, dann führrte er manchmal garr kein Wasserr." Er zuckte mit den Schultern. Es gab nie eine Situation, in der er diese Fähigkeit gebraucht hätte.


    "Es wärre doch auch en langweiliges Leben, wenn wirr immerr schon vorrherr wüßten, was uns errwarrtet. Also ich möchte garr nicht wissen, was noch kommt."

    "Vielen Dank, Herr." Und so kam Bashir unversehens auch zu einem Becher mit heißem, verdünnten Wein. Wie gut das tat! Das wärmte richtig gut von innen auf. Natürlich teilte er brüderlich mit seinem Schicksalsgenossen, der leider sehr schweigsam war. Doch bestimmt tat es ihm auch gut, etwas Warmes in den Magen zu bekommen.

    Bashir nickte und wirkte ein wenig niedergeschlagen, doch er faßte sich recht schnell. "Dann werrden wirr alles packen, Herrr. Sagst Du es uns bitte noch, wenn Du den genauen Tag weißt?" Seine Augen brannten, doch auch das unterdrückte er tapfer. Es gab Briefverkehr, das wußte er. Vielleicht... "Herrr... Wirrd es mirr errlaubt sein, Brriefe zu schrreiben? An Valentina? Und vielleicht auch an Barrbatus? Ich weiß, das kostet Geld. Vielleicht... kann ich diese Kosten ja irrgendwie wiederr gut machen?" Italia. Dort war es wenigstens warm. Ein Trost, wenn auch nur ein kleiner.

    Aufmerksam hörte Bashir der Aufzählung der bisherigen Tätigkeiten zu und nickte dann. "Und was kann da noch kommen, Deinerr Meinung nach? Schwimmen? Warr schon Bogenschießen? Theorrie, wie Du sagtest? Das kann doch nicht mehrr ewig dauerrn. Vielleicht wirrst Du sogarr noch Legionärr, bevorr wirr abrreisen. Das würrde mich frreuen. Und werr weiß, vielleicht sehen wirr uns einmal wiederr. Werr weiß, ob Du Dein ganzes Leben hierr bei der Legio II bleibst. Gerrade wenn Du so hoch hinaus willst, wie Du sagst." Er hoffte für Barbatus, daß er seinen Weg machen würde.


    "Ich werrde meine frrüherre Herrrin auf Dich vorrberreiten. Werr weiß, vielleicht hat sie mittlerrweile auch schon jemanden, derr auf sie achtet. Ich... ich hatte schon längerr keine Gelegenheit, sie zu sprrechen. Als ich das letzte Mal an ihrrem Haus warr, da warr sie nicht anwesend." Etwas, das ihn sehr traurig stimmte. Aber da er nie vorher sagen konnte, wann er die Zeit für einen Besuch hatte, konnte er sich auch nicht vorher ankündigen.

    Einen Moment lang schaute Bashir zu, wie Barbatus sich anstellte, war aber völlig zufrieden und wandte sich wieder seiner eigenen Arbeit zu. "Wenn Du schon gerrritten bist, dann kann es eigentlich nicht mehrr allzu lange dauerrn. Es gibt doch einen Ausbildungsplan. Darran kannst Du doch sehen, was Dirr noch bevorrsteht? Ich habe einige Prrobati darrüber rreden hörren, was sie noch vorr sich hatten. Ich glaube, sie haben sich eine Liste gemacht und dann abgehakt, was sie schon geschafft hatten. Du bist bestimmt bald ferrtig mit derr Ausbildung. Was hast Du denn schon alles gelerrnt?" Sicher war es schon eine Menge.


    "Mein Herrr hat mirr verrsprrochen, daß ich mich von ihrr verrabschieden darrf. Allerrdings weiß ich nicht, wie bald wirr abrreisen, ob es also wirrklich möglich ist. Aberr wenn ich nicht selbst zu ihrr kann, dann werrde ich ihrr schrreiben. Und ihrr von Dirr errzählen. Sie ist aberr auch nicht schrreckhaft." Ganz und gar nicht. Bashir mußte unwillkürlich lächeln. Wäre sie schreckhaft, so wäre sie ihrem Bruder ganz sicher nach Rom nachgereist, als dieser von der Legio II zu den Praetorianern versetzt worden war.

    Bashir lächelte. "Ja, da magst Du vollkommen rrecht haben. Bei jedem mag es anderrs sein, jederr mag es anderrs empfinden. Auch ich sprreche aus meinerr Sicht. Ich möchte nie wiederr eine Schlacht errleben müssen, denn darran ist nichts rruhmrreiches, nichts edles. Es ist nurr Blut und Schreie, Schmutz und Sterrben. Und Schmerrz. Ich warr als Soldat mehrr Sklave, als ich es jetzt bin. Ich frreue mich fürr Dich, daß es bei Dirr anderrs ist. Vielleicht liegt es schon darran, daß Du frreiwillig Soldat wurrdest. Ich hatte nie eine wirrkliche Wahl." Vielleicht hätte er seinem Vater widersprechen sollen? Aber damals war er noch viel zu jung gewesen, um seinen eigenen Weg gehen zu können. Der einzige Weg war die Armee, ob mit sienem Vater oder ohne.


    "Wenn Du Dich frrei fühlst und wohl fühlst, dann scheint Dein Leben doch wirrklich in Orrdnung zu sein. Was will man schließlich mehrr verrlangen? Und mirr geht es auch gut. Ich fühle mich nicht gefangen. Und ich habe alles, was ich brrauche." Er wüßte wirklich nicht, was er sich noch wünschen sollte. Alle seine Träume wären auch nicht zu verwirklichen, wenn er frei wäre.


    Er zeigte Barbatus, was zu tun war, was ja auch wirklich nicht weiter schwierig war. Es war einfach eine Geduldsarbeit, die ab und an gemacht werden mußte. "Wenn Dirr Beschädigungen auffallen, dann sag es bitte, dann muß ich es rreparrierren." Aber eigentlich sollte alles in Ordnung sein, seiner Meinung nach.


    "Nun, Du müßest schon aus dem Castellum herraus. Aberr nurr, wenn Du es darrfst. Sicherr bist Du mit Deinerr Ausbildung bald ferrtig? Es geht um meine frrüherre Herrrin. Quintilia Valentina. Sie warr sehrr gut zu mirr und sie hätte mich nicht verrkauft, wenn sie es sich hätte leisten können, mich zu behalten. Wenn Du hin und wiederr schauen würrdest, wie es ihrr geht?" Er blickte Barbatus bittend an. Es war eine große Bitte, das wußte er auch. Aber er sorgte sich eben immer noch um Valentina.